Hat ein Arzt dagegen schon in der Vergangenheit die Richtgröße überschritten, so kann er sich nicht mehr auf das Privileg der Beratung vor Regress (§ 106 Abs. 5 e SGB V, gültig seit 1.1.2012) berufen, weil dann keine "erstmalige Überschreitung der Richtgröße mehr vorliegt. Mit der Einführung des Grundsatzes der Beratung vor Regress sind auch nicht frühere Richtgrößenüberschreitungen auf Null gestellt (BSG, 22.10.2014 - B 6 KA 3/14 R).
Enthält ein internistischer Allgemeinarzt einem Patienten, der zu einer Vorsorgeuntersuchung erscheint, wesentlichen Informationen vor und informiert ihn insbesondere nicht darüber, dass er einer (Krebs-) Risikogruppe angehört und dass hierfür eine klare und eindeutige Empfehlung zur Koloskopie gilt, ist dies aus medizinischer Sicht nicht zu verstehen und als grober Behandlungsfehler zu werten. Der Arzt hat daher dem Patienten, dem danach krebsbedingt verschiedene Organe entfernt werden mussten, Schmerzensgeld in Höhe von EUR 158.270,80 zu zahlen (OLG Köln, Urteil vom 6.8.2014 - 5 U 137/13 -).
Eine Patientenidentität über 20% in einer ärztlichen Praxisgemeinschaft indiziert die missbräuchliche Nutzung der Kooperationsform Praxisgemeinschaft. Eine hohe Patientenidentität spricht stets dafür, dass die für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnende Ausübung der ärztlichen Tätigkeit stattfindet (BSG, Beschluss vom 02.07.2014 - B 6 KA 2/14 B).
Ist ein von einem Zahnarzt eingelieferter Zahnersatz mangelhaft und nachbesserungsbedürftig (hier: bei fünf Zähnen abstehende Kronenränder), so handelt der Zahnarzt grob fehlerhaft, wenn er den Patienten vor Abschluss der Behandlung entlässt, ohne ihn ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die von ihm eingegliederte Brücke nachbesserungsbedürftig ist (OLG Hamm, Urteil vom 12.09.2014 - 26 U 65/13).
Wie vermeidet der in der Klinik tätige Honorararzt einen Honorarverlust (Anmerkung zum BGH-Urteil vom 16.10.2014, Aktenzeichen III ZR 85/14)?
Der Bundesgerichtshof entschied am 16.10.2014, dass ein in einer Klinik tätiger Honorararzt seinen Honoraranspruch gegen den Patienten verliert, wenn seine ärztliche Tätigkeit nicht von einem in der Klinik angestellten oder verbeamteten Arzt angefordert wurde.
Ein Patient, der ausschließlich von einem Chefarzt behandelt werden will, muss dies vorab hinreichend deutlich machen (OLG Hamm, Urteil vom 2.9.2014 - 26 U 30/13).
Setzt ein Pflegedienst für die Pflege entgegen der vertraglichen Vereinbarung (ohne negative Auswirkungen auf den Pflegezustand des Patienten) durchweg geringer qualifiziertes Personal ein, so stellt dies eine Betrugshandlung dar, weil die Leistung dann für den Patienten wertlos ist (BGH, Beschluss vom 16.06.2014 - 4 StR 21/14 -).
Das SG Marburg hat entschieden, dass das Apotheken-Wahlrecht des Patienten Vorrang hat vor dem Exklusivvertrag, den eine Kasse in Hessen mit verschiedenen Apotheken geschlossen hat. Der Apotheker, der ohne an dem Exklusivvertrag teilzunehmen Zytostatika an Patienten nach ärztlicher Verordnung abgab, darf nicht retaxiert werden (SG Marburg, Urteil vom 10.9.2014 - S 6 KR 84/14).
Einem niedergelassenen Arzt ist es nicht erlaubt, mit Wirkungen von Behandlungen zu werben (hier: Magnetfeldtherapie und Lasertherapie), wenn diese nicht hinreichend wissenschaftlich belegt sind (LG Dortmund, Urteil v. 13.05.2014 - 25 O 124/14).
Für den Funktionsverlust der linken Schulter erscheint ein Schmerzensgeld von 50.000,- € angemessen. Bei der Bewertung als grober Behandlungsfehler kann auch berücksichtigt werden, dass die gewählte Operationsart nicht die Methode der Wahl war und selbst fehlerhaft durchgeführt worden ist (OLG Hamm, Urteil vom 01.07.2014 - 26 U 4/13).
Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 12.8.2014 (Az. 26 U 35/13) entschieden, dass ein Patient die Behandlungskosten einer kostenintensiven kieferchirurgischen Eigenknochenzüchtung nicht begleichen muss, wenn es eine besser geeignete und preiswertere Behandlungsalternative gab, über die der Chirurg aber nicht aufgeklärt hat.
Ausführliche Eintragungen über eine vermeintliche Aufklärung in einer nachträglich spurlos veränderbaren elektronischen Dokumentation eines Zahnarztes, die ansonsten inhaltlich knapp gehalten ist, haben keine Indizwirkung mehr, wenn ansonsten in der papierenen Dokumentation sich kein Hinweis auf eben diese Aufklärung findet. Im Ergebnis bejahte das Gericht einen Aufklärungsfehler und sprach der Patientin Schmerzensgeld zu (OLG Köln, Urteil vom 25.11.2013 - 5 U 164/12).
- Geburtsschaden: mehrere kleine Fehler summieren sich zu grobem Behandlungsfehler: OLG Hamm 16-05-14
- Neue Möglichkeiten der Werbung für Arzneimittel mittels Preisausschreiben: BGH 12-12-13
- KInesiologin darf nicht mit Heilwirkung umstrittener Behandlungsmethoden werben: OLG Hamm 20-05-14
- Wie Ärzte in Kooperationen Steuerrisiken vermeiden: 30-07-14