Ärzte und Pfleger im GesprächSobald der Facharzttitel erlangt ist, eröffnen sich für den jungen Arzt und die junge Ärztin viele berufliche Möglichkeiten. Die Kernfrage ist: Praxisgründung bzw. Eintritt in eine Praxis oder Anstellung? Dabei ist zu berücksichtigen, dass ausgebildete Ärzte derzeit begehrt sind, auch solche aus dem Ausland.

Der junge Arzt, ob er nun in Deutschland oder im Ausland ausgebildet wurde, hat also viele Optionen.

Im Folgenden sollen diese beleuchtet und ihre spezifischen Eigenheiten - gestaffelt nach dem Grad des Risikos und der Bindung - erläutert werden.

Stufe 1: Die Approbation:

Wer im Ausland als Arzt oder Zahnarzt ausgebildet wurde und hier tätig werden will, bedarf der deutschen Approbation, also der Erlaubnis, als Arzt/Zahnarzt in Deutschland tätig zu sein.

Was für den in Deutschland ausgebildeten Arzt lediglich eine Formalie ist, kann sich für im Ausland ausgebildete Ärzte als echte Hürde darstellen. Insbesondere, wenn die Ausbildungszeiten oder -inhalte nicht genau genug definiert oder in Nachweisen erfasst sind. Hier muss die Bewerbung geordnet und notfalls ergänzt werden, bevor sie eingereicht wird.

Dann muss geprüft werden, ob die ausländische Ausbildung der deutschen Ausbildung gleichwertig ist. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen.

Stufe 2: Die Anstellung

a. Die Anstellung in einer Klinik

Die Anstellung in einer Klinik birgt das geringste wirtschaftliche Risiko für den jungen Arzt, ist aber durch ein erhebliches Maß an notwendiger Unterordnung gekennzeichnet. Als Stationsarzt ist man dem Oberarzt und dem Chefarzt unterstellt und muss sich in die bestehenden Strukturen und Hierarchien einfügen ohne wirkliche Aussicht auf Gestaltung z.B. des Behandlungskonzeptes. Auf der anderen Seite kann man im Idealfall viel lernen und eine Vielzahl von Patienten behandeln.

Bei Abschluss des Arbeitsvertrages ist dem jungen Arzt ein kritischer Blick auf die Konditionen zu raten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass derzeit Ärzte gesucht werden; sie können also die einzelnen Punkte mitbestimmen und verhandeln. Von herausragender Bedeutung sind dabei folgende Punkte: Arbeitszeit, Befristung, Entgelt, Überstunden, Probezeit, Urlaubszeiten, Fortbildung und Kündigungsfristen. Es ist nichts Anrüchiges daran, den vorgelegten Arbeitsvertrag anwaltlich prüfen zu lassen und bestimmte Punkte zu monieren bzw. Änderungswünsche zu formulieren. An der Reaktion kann der junge Arzt früh erkennen, ob sein künftiger Arbeitgeber gesprächsbereit ist oder ob er auf "seinen" Regeln beharrt. Dies kann Hinweise geben für ein späteres Miteinander. Schaltet ein potentieller Arbeitgeber hier bereits früh auf "stur", dann bekommt der junge Arzt früh einen Vorgeschmack auf den Charakter des späteren Arbeitslebens.

Es gilt der Grundsatz, dass man besser früh einen Konflikt durchlebt, als später in einem dauernden Konflikt zu leben. Das erste Auftreten eines jungen Arztes in der Berufswelt "definiert" seine Position: Wer sich früh unterordnet, wird entsprechend eingeordnet und hat später kaum noch die Möglichkeit, die Konditionen zu seinen Gunsten zu verändern. Wer dagegen von Beginn an seine (berechtigte) Postion definiert, wird erfahrungsgemäß höher eingeschätzt als derjenige, der sogleich zurücksteckt.

Die Probezeit sollte der junge Arzt intensiv nutzen, um die hierarchischen Strukturen in der Klinik zu durchleuchten. Erfahrungsgemäß sind junge Ärzte immer weniger bereit, sich tradierten Chefarztmodellen mit quasi-diktatorischem Führungsstil zu unterwerfen. Zwar sind diese Modelle im Rückzug, gleichwohl sind sie immer noch anzutreffen. Eine Probezeit kann von dem jungen Arzt auch wieder beendet werden, wenn man nicht zusammenpasst.

b. Die Anstellung in einem MVZ

MVZ gewinnen immer mehr an Bedeutung. Sie sind eine Art Klinik aus niedergelassenen Ärzten, vergleichbar einem Poliklinikum in der früheren DDR. Dort gibt es keinen Chefarzt, sondern einen ärztlichen Leiter, der aber weniger zu sagen hat als ein Chefarzt. Die Ärzte in einem MVZ sind per Gesetz eigenständig - in der Praxis ist dieser Grundsatz mehr oder weniger erfüllt.

Wer in einem MVZ angestellt wird, bedarf keiner eigenen Zulassung - er wird auf eine Zulassung tätig, die in dem MVZ "sitzt". Verlässt er das MVZ wieder, bleiben die aufgebauten Patientenbindungen in dem MVZ, was die MVZ auch durch sog. Konkurrenzschutzklauseln abzusichern suchen. Diese Klauseln werden nach dem Ausscheiden zu einem Problem, wenn der nun nicht mehr ganz so junge Arzt eine Zulassung erwirbt und die Patientenbindungen mitnehmen will. Deshalb ist der Vertrag über eine Anstellung in einem MVZ schon früh dahin zu prüfen, wie weit die Konkurrenzschutzklausel reicht und ob sie möglicherweise nicht sogar rechtlich unwirksam ist (was immer wieder vorkommt). Natürlich stellen sich im übrigen die gleiche Fragen, wie bei einer Anstellung in einer Klinik: Passt die Arbeitszeit zu meinem Familienkonzept? Wie werden Überstunden vergütet? Gibt es Probezeiten und Befristungen? Wie sind die Urlaubszeiten ausgestaltet?

c. Die Anstellung in einer Arztpraxis

Auch auf eine in einer Praxis befindliche Zulassung kann sich der Arzt anstellen lassen. Das verspricht ein geringeres Risiko als eine eigene Niederlassung - haftet doch schließlich der Zulassungsinhaber gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung auf Einhaltung der mannigfaltigen und strengen gesetzlichen Vorgaben. Der wesentliche Unterschied zu einem MVZ besteht dabei darin, dass die Arbeitsatmosphäre deutlich persönlicher und enger ist. Das muss einem liegen. Die engere arbeitstechnische Verzahnung erfordert einen Arzt, der in hohem Maße kommunikationsfähig und konfliktbereit ist. Er muss in der Lage sein, aktuelle Probleme kurzfristig zu thematisieren und notfalls auch damit einhergehende Konflikte auszuhalten und zu einer einvernehmlichen Lösung zu führen.

In der Praxis kann man beobachten, dass junge Ärzte, die eher so vor sich hinwerkeln möchten und Konflikte scheuen in dieser Tätigkeitsform oft scheitern. Mit anderen Worten: Man sollte eher robusterer Natur sein, wenn man sich in einer Arztpraxis anstellen lässt. Für junge Ärztinnen, die eine Schwangerschaft planen, ist die Anstellung in einer Klinik oft ratsamer als die in einer Praxis, denn die Klinik kann die Mutterschutzzeiten der Ärztin in der Regel besser kompensieren als eine Praxis.

Vor allem die Senior-Junior-Problematik birgt viele Konfliktfelder. Allgemein ist die Tendenz zur stillen Dominanz zu beobachten: Der Senior versucht früh, den Junior zu dominieren und ihm für ihn ungünstige Konditionen aufzuhalsen, seien es nun unangenehme Patienten, späte Schichten, unbezahlte Überstunden, unbezahlte Vertretungen oder ähnliches. Wer sich in dieser Situation nicht früh abgrenzt und die eigene Position klar stellt, hat sich "die Preise verdorben". Hier "die Faust in der Tasche zu machen" bringt in der Regel nichts.

Die dem jungen Arzt oft auch noch recht kurzfristig zur Unterschrift vorgelegten Vertragskonvolute sind von Rechtsanwälten unter besonderer Beachtung der Interessen des Seniors formuliert worden. Hinter den ausgefeilten Regelungen verbergen sich oft rechtliche Folgen, die der junge Arzt als juristischer Laie nicht durchschaut. Das sollte der Junior im Blick haben. Wer hier früh eigene anwaltliche Beratung sucht und konkret formulierte Änderungswünsche vorträgt, verbessert seine Ausgangslage und verschafft sich Respekt, von dem er in der weiteren Zusammenarbeit noch lange zehrt.

Stufe 3: Die eigene Zulassung

a. Der Eintritt in eine Praxisgemeinschaft

Mittleres Risiko - kollegialer Austausch - Kostenersparnis - Unabhängigkeit: So kann die Praxisgemeinschaft grob vereinfachend dargestellt werden. Hier tun sich mehrere niedergelassene Ärzte zusammen und teilen sich Miete und Personalkosten, sind aber im übrigen voneinander unabhängig und arbeiten auf eigene Rechnung.

Zu klären sind insbesondere die Fragen der gegenseitigen Vertretung im Krankheitsfall, die Sprechstundenverteilung und die Kostenverteilung. Ein Vertrag ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, gleichwohl aber zur Vermeidung künftiger Konflikte zwingend erforderlich.

b. Der Eintritt in eine Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft)

Die Gemeinschaftspraxis ist die Königsklasse der freien ärztlichen Tätigkeit. Hier hat der junge Arzt die größten Verdienstmöglichkeiten und die größten Freiheiten. Allerdings trägt er hier auch das höchste Maß an Eigenverantwortlichkeit und bedarf höchster kommunikativer Fähigkeiten und einer großen Partien an Selbstbehauptung und Konfliktbereitschaft und -fähigkeit. In der Praxis ist festzustellen, dass junge Ärzte oft zu früh in Gemeinschaftspraxen einsteigen und insbesondere es versäumen, den oder die künftigen Partner und die Gesellschaft vorab auf Herz und Nieren zu prüfen. Der junge Arzt sollte sich der Tatsache bewusst sein, dass er in eine umfassende Haftungsgemeinschaft eintritt - er haftet sowohl für Altverbindlichkeiten als auch für Fehler seiner Partner und es gibt auch eine sog. Nachhaftung nach dem Austritt aus der Gemeinschaft. Der Junior sollte also die Zahlen der Praxis gut prüfen, bevor er "einsteigt".

Die Verträge über eine Gemeinschaftspraxis sind Verträge für eine sog. Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Diese ist eine hochkomplexe juristische Konstruktion. Dementsprechend sind die Gesellschaftsverträge lang und für den Laien schwer verständlich. Die meisten Diskussionen entstehen um die Themen Gewinnverteilung, Arbeitseinsatz, Kapitaleinsatz und Geschäftsführung. Wer einen solchen Vertrag ohne unabhängige juristische Beratung unterzeichnet, handelt grob fahrlässig.

Insbesondere ist hier der Konkurrenzschutz ein Problem für den Junior: Die Senioren trachten danach, dem Junior nach einem Ausscheiden möglichst jede vertragsärztliche Tätigkeit in der Nähe der Praxis zu verbieten. Ein weiterer konfliktträchtiger Punkt ist die Frage der Scheinselbständigkeit. Die Senioren wollen die Arbeitskraft des Juniors, nicht aber dessen Einflussnahme. Das führt dazu, dass der Senior oftmals geneigt ist, dem Junior nur geringe Gewinnanteile zu geben und ihn von der Geschäftsführung möglichst freizuhalten. Das ist aber insofern problematisch, als der Junior eine eigene vertragsärztliche Zulassung besitzt, die ihn dazu verpflichtet, in freier Tätigkeit zu arbeiten. Er muss also selbst ein wirtschaftliches Risiko tragen, seine Erträge durch seine Arbeit selbst beeinflussen können und hinsichtlich Personal und Sachmitteln zumindest mitbestimmen können. Andernfalls ist er kein freier Arzt sondern de facto nur ein verkappter Angestellter. Dies sanktionieren die Kassenärztlichen Vereinigungen mit Honorarkürzungen, Honorarverlust und sogar Zulassungsentziehungen. Auch rentenversicherungsrechtlich sind solche Konstruktionen ein Desaster. All dies kann vermieden werden, wenn der Junior solche "Konstruktionen" früh zurückweist und alternative vertragliche Gestaltungen vorschlägt.

Oftmals ist es sinnvoll, zuerst eine Praxisgemeinschaft zu gründen, also einen Zusammenschluss mehrerer unabhängiger Praxen mit gemeinsamen Personal und geteilten Kosten. Das gibt ihm die Möglichkeit, von innen einen Blick auf die Strukturen und Personen zu werfen und - gefahrlos - mögliche Probleme zu erkennen. Aus der Praxisgemeinschaft kann man sich weit einfacher lösen als aus einer Gemeinschaftspraxis. Hat man dagegen mehrere Jahre erfolgreich in einer Praxisgemeinschaft zusammen gearbeitet und so manche Schlacht gemeinsam geschlagen, so ist dies eine gute und tragfähige Grundlage für eine Gemeinschaftspraxis.

Sonderwege:

1. Die Vertretertätigkeit

Ein Facharzt kann auch als Krankheits- und Urlaubsvertreter für andere niedergelassene Ärzte tätig werden. So hat der junge Arzt relativ große Freiheiten und kann in viele Praxen "hineinschnuppern", ohne sich binden zu müssen oder wirtschaftliche Risiken einzugehen. Allerdings arbeitet er dort auf sich alleine gestellt, muss sich also noch mehr als in einer Klinik oder einer Praxis alles selbst beibringen. Das kann gerade für Berufsanfänger schwierig sein. Auch kann er - da er ja quasi im Umherziehen tätig ist - keine eigenen Patientenbindungen aufbauen, die - von Radiologen und Zahnärzten mit teueren Einrichtungen einmal abgesehen - das eigentliche Kapital eines jeden Arztes sind.

Die Vertretertätigkeit ist damit mehr eine Zwischenlösung als eine dauerhafte berufliche Alternative. Bezahlt wird in der Regel nach Stundensatz, der von Fachgebiet zu Fachgebiet schwankt. Allgemein gilt: je spezifischer und seltener das Fachgebiet, desto mehr kann der Vertreter verlangen. Vermittelt werden die Vertretertätigkeiten über einschlägige Portale, die teils kostenfrei sind, teils eine prozentuale Beteiligung vom Lohn verlangen. Zu klären ist allerdings der Haftpflichtversicherungsschutz des Vertreters. Soweit der Vertreter nicht über den jeweils vertretenen Arzt oder über das Dienstleistungsportal (mit)versichert ist, muss er einen eigenen Haftpflichtversicherungsschutz sicher stellen.

2. Der Honorararzt

Insbesondere Kliniken haben - teilweise auch längerfristig - Bedarf an freien ärztlichen Mitarbeitern. Insbesondere Anästhesisten werden so gesucht und gefunden aber auch Orthopäden, Chirurgen und Notfallmediziner. Problematisch ist, dass die Tätigkeit des Honorararztes gesetzlich nicht normiert ist, so dass viele rechtliche Fragen offen bleiben. Daraus ergeben sich gewisse rechtliche Risiken, insbesondere bezüglich der Zulässigkeit honorarärztlicher Tätigkeit in der Klinik und der sog. Scheinselbständigkeit. Dazu kommt es, wenn eine Klinik einen Honorararzt faktisch einsetzt wie einen angestellten Mitarbeiter, ihn aber bezahlt wie einen freelancer. Der Honorararzt muss aber ein freier Arzt sein. Ist er dies tatsächlich nicht, liegt eine sozialversicherungspflichtige Anstellung vor, was für Arzt und Klinik Nachzahlungen in die gesetzlichen Renten- und Sozialkassen bedeutet.

Eine Scheinselbständigkeit kann vermieden werden, wenn der Arzt darauf achtet, dass er nicht übermäßig in die Klinikstruktur eingebunden ist, er erhebliche eigene Handlungs- und Entscheidungsspielräume besitzt, er eigene wirtschaftliche Risiken trägt, er berechtigt ist, eigene Patienten in der Klinik zu behandeln und er nur einzelne Leistungen erbringt (und nicht Patienten im Ganzen betreut und behandelt). Ob eine Scheinselbständigkeit oder eine Honorararzttätigkeit vorliegt, kann durch eine Statusanfrage bei der Rentenversicherung nach § 7 a SGB V geklärt werden.

Nach Ansicht des Landessozialgerichts Baden-Württemberg aus dem Jahr 2012 darf als Honorararzt nur tätig sein, wer selbst niedergelassen ist, also über eine Zulassung verfügt. Damit ist das Thema Honorarazt für die meisten jungen Ärzte, die noch nicht über eine Zulassung verfügen, vom Tisch.

Eine Sammlung von aktuellen Fachbeiträgen zum Honorararzt finden Sie hier

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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