(23.8.2019) Verschreibt ein Hausarzt und Psychologe ohne vorherige fachärztliche Diagnose Methylphenidat (Ritalin) als Betäubungsmittel an seinen Patienten, so kann die zuständige Ordnungsbehörde Einischt in dessen Behandlungsunterlagen fordern, um die Einhaltung der Regeln des Betäubungsmittelgesetzes zu prüfen (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 04. Juli 2019 – 20 BV 18.68).
(14.8.2019) Findet (zB aus Krankheitsgründen) in der abgebenden Praxis eine „Tätigkeit in nennenswertem Umfang“ nicht statt, so kann die Nachbesetzung des Praxissitzes versagt werden, weil es dann an einer fortführungsfähigen Praxis fehlt (Sozialgericht München, Urteil vom 9. Juli 2019 – S 38 KA 535/17). Der erkrankte Arzt muss also Vorsorge treffen.
(7.8.2019) Der Hersteller der Durom-Hüftprothese (Typ: Metasul LDH Head, Durchmesser 42 mm) haftet den Patienten auf Schmerzensgeld und Schadensersatz, weil die Prothesen ein erhöhtes Versagensrisiko haben aufgrund von Konstruktions- und Instruktionsfehlern. Diese Fehler können zu zu erhöhtem Metallabrieb und u.a. zu stark erhöhten Kobalt-Konzentrationen im Blut der Patienten führen. Dies kann es erforderlich machen, die Prothesen operativ zu ersetzen (Landgericht Freiburg (Breisgau), Urteil vom 2.8.2019 – 1 O 223/12). Auch in zwei weiteren Fällen (AZ.: 1 O 266/12 und 1 O 460/11) hat das LG Freiburg den Hersteller zur Haftung verpflichtet.
(7.8.2019) Eine Heilbehandlung (hier: Behandlung von rheumatischer Arthristis mittels Ozonbehandlung, Infusionsbehandlungen, Massagen sowie Schlafdiagnostik) ist medizinisch notwendig im Sinne des § 1 Abs. 2 AVB/KK wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen. Dabei ist es nicht so, dass bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Heilbehandlung nur solche Erkenntnisse berücksichtigt werden dürften, die in der medizinischen Wissenschaft eine Absicherung erfahren haben, dort als wissenschaftlich gesichert oder anerkannt angesehen werden (Saarländisches OLG, Urteil vom 9.5.2018 - 5 U 39/16).
(2.8.2019) Die Kündigung des Chefarztes unmittelbar vor dessen Antritt seines Dienstes in der Klinik ist rechtmäßig. Denn ein Arbeitsvertrag kann unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist oder auch aus wichtigem Grund vor dem vereinbarten Dienstantritt gekündigt werden, wenn die Parteien dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen haben oder sich der Ausschluss der Kündigung nicht aus den Umständen - etwa der Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall des Nichtantritts der Arbeit - zweifelsfrei ergibt (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. Februar 2019 – 7 Sa 210/18).
(2.8.2019) Eine Verdachtskündigung gegen einen Chefarzt wegen des Vorwurfs des Abrechnungsbetruges bei Wahlleistungen ist unbegründet, wenn die Abrechnung einer Fremdfirma übertragen ist und die Klinik den Chefarzt vor der Kündigung auch nicht über sein angebliches Fehlverhalten informiert und damit abgemahnt hat (Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 6. Juni 2019 – 4 Ca 2413/18).
(25.7.2019) Das neue Angebot an Patienten, sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per WhatsApp zu besorgen (und sich so den Arztbesuch zu ersparen), ist bereits auf deutliche Kritik sowohl von ärztlicher Seite als auch vieler Kommentatoren gestoßen. Hier soll nun die - bisher nicht in der Diskussion aufgeworfene - Frage beantwortet werden, ob sich der Arzt, der so einen Service erbringt, nicht strafbar macht wegen des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 278 StGB).
(17.7.2019) Ärzte klären Patienten selten zu viel auf, sie klären in der Regel eher zu wenig auf über Risiken und Folgen einer Behandlung. Der Bundesgerichtshof hat nun in einem aktuellen Fall die Untergrenze für die Aufklärung definiert und klar gemacht, was dem Arzt drohen kann, der noch nicht einmal die sog. "Grundaufklärung" leistet (BGH, Urteil vom 28.05.2019 - VI ZR 27/17).
(17.7.2019) Der Leistungsinhalt der Kombinationsnarkose nach GOP 31822 EBM erfordert eine Narkose, die über die gesamte Dauer der Operation aufrechterhalten wird. Eine Maskenbeatmung im Sinne dieser Ziffer erfordert die Verwendung einer Maske, die die Überwachung der Beatmung in Gestalt der Messung des endexpiratorischen CO2-Wertes ermöglicht (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Februar 2019 – L 4 KA 3/16). Das Bundessozialgericht hat die Revision der Ärztin am 15.7.2020 als unbegründet zurückgewiesen (BSG, Urteil vom 15. Juli 2020 – B 6 KA 24/19 R), so dass die Entscheidung des LSG nun rechtskräftig ist.
(12.7.2019) Die Erteilung einer hälftigen Zulassung in Brandenburg neben einem bestehenden vollen Versorgungsauftrag in Sachsen scheitert bereits daran, dass es rein praktisch nicht, wie dies § 20 Ärzte-ZV voraussetzt, möglich ist, sowohl den Patienten in Sachsen wie in Brandenburg in einem dem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang zur Verfügung zu stehen und Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten anzubieten. Nach dem neuen TSVG muss der Arzt nämlich 25 Wochenstunden in seiner bestehenden Praxis anbieten. Diese Stunden müssen zu üblichen Praxiszeiten angeboten werden, können also nicht z.B. früh morgens, spät abends oder an Wochenenden erbracht werden, wie von dem Arzt geplant (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juni 2019 – L 24 KA 39/17).
(12.7.2019) Leidet eine Patienten an wiederholten Blutungen aus dem Anus, ist der behandelnde Internist verpflichtet, eine Darmspiegelung (Kolososkopie) zu veranlassen. Unterläßt er dies und diagnostiziert stattdessen lediglich Hämorrhoiden, so begeht er einen groben Behandlungsfehler und haftet der Patienten, die im Anschluß an den Folgen des sich weiter entwickelnden Darmskrebses verstirbt, auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von EUR 70.000 (Oberlandesgericht Braunschweig, 28.2.2019 - 9 U 129/15). Die vielfachen Einwendungen des Arztes, u.a. habe die Patientin diese Entwicklung mitverschuldet, wies das Gericht als unbegründet zurück, denn bei der Bejahung eines Mitverschuldens des Patienten sei wegen des erheblichen Wissensvorsprunges des Arztes gegenüber dem Patienten Zurückhaltung geboten. Hat die Patienten von dem Arzt eine klare Diagnose erhalten (hier: Blutungen seien auf Hämorrhoiden etc. zurückzuführen, so dürfe sie bei erneuten Auftreten der Blutungen zumindest eine Zeit lang darauf vertrauen, dass dass keine ernsthafte Erkrankung (hier: Darmkrebs) vorliegt.
(8.7.2019) Die Katarakt-Operation eines Patienten, der an Grauem Star, Kurzsichtigkeit und Hornhautverkrümmung leidet, mittels Femtosekundenlaser ist medizinisch gerechtfertigt. Der Einsatz des Lasers bietet einen medizinischen Mehrwert gegenüber der Standard-Katarakt-Operation. Bei entsprechendem Aufwand ist auch eine Steigerung der GOÄ-Ziffer 5855 analog von 3,5 gerechtfertigt (Landgericht Köln, Urteil vom 28.2.18 – 23 O 159/15).
- Presse stellt ärztliche Sterbehilfe wegen neuem BGH-Urteil fälschlicherweise als straflos dar: BGH 03-07-2019
- Augenärzte rechnen Femtosekundenlaserbehandlung bei Grauem Star fehlerhaft zu hoch ab: AG Heidelberg 22-05-2019
- Arzt unter Betrugsverdacht verteidigt seine Approbation: OVG NRW 04-06-2019
- Privater Hautarzt darf kein medizinisches Kosmetikstudio betreiben: LG Frankfurt aM 28-05-2019