Junger Arzt bei der Arbeit in der Klinik(20.9.2023) Der sich stetig verschärfende Ärztemangel in deutschen Kliniken und Praxen verlangt nach Ärzten aus dem Ausland. Allerdings machen die deutschen Vorschriften es insbesondere Ärzten, die nicht in der EU studiert haben, schwer, eine deutsche Approbation als Arzt zu erhalten. Grundsätzlich kann ein Arzt verschiedene, verschlungene Wege wählen, um eine Approbation zu erhalten: Er kann einen Antrag auf Kenntnisprüfung stellen, einen Antrag auf Feststellung der Gleichwertigkeit der ausländischen Ausbildung mit der deutschen Ausbildung oder aber auch einen Antrag auf Berufserlaubnis zum Beispiel um seine Ausbildung zu komplettieren. An dem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg (Urteil vom 31.08.2023 - 7 K 785/22) soll die Problematik erläutert und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. 

Der Fall:

Der Kläger studierte an der Universität H. in der Ukraine Humanmedizin und schloss sein Studium 2004 mit dem "Doktor der Medizin" ab. Nachdem er auch eine Facharztausbildung abgeschlossen hatte, arbeitete der Kläger bis 2017 in der U. als Facharzt für Allgemeine Chirurgie. Vom 1. November 2018 bis zum 10. Mai 2019 hospitierte der Kläger in der allgemeinmedizinischen Praxis am I. in L. 

Unter dem 13. Februar 2019 beantragte der Kläger bei der Bezirksregierung L. die Erteilung der Approbation als Arzt.

Im Auftrag der Bezirksregierung L. erstellte Prof. Dr. M. S. unter dem 1. Juli 2019 ein Gutachten, nach dem die ärztliche Ausbildung des Klägers nicht gleichwertig zu der deutschen ärztlichen Ausbildung ist. Die bestehenden Defizite würden über die ärztlichen Tätigkeiten nur zum Teil behoben. Auch nachdem der Kläger weitere Unterlagen vorgelegt hatte, kam Prof. Dr. S. in einem weiteren Gutachten vom 15. November 2019 zum selben Ergebnis.

Nachdem der Kläger am 19. August 2019 die Fachsprachprüfung bei der Ärztekammer O. bestanden hatte, erteilte die Bezirksregierung L. ihm eine Berufserlaubnis zur Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung. Auf der Grundlage dieser Berufserlaubnis war der Kläger vom 4. November 2019 bis zum 30. September 2021 am St. B. Hospital I1. in der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie als Assistenzarzt tätig.

Mit Bescheid vom 27. November 2019 entschied die Bezirksregierung L. , dass der Kläger eine abgeschlossene ärztliche Ausbildung aufweise, dass die ärztliche Ausbildung jedoch im Vergleich zur deutschen ärztlichen Ausbildung wesentliche Unterschiede aufweise, die nicht durch Berufserfahrung oder lebenslanges Lernen ausgeglichen seien und dass die Approbation als Arzt daher erst nach erfolgreicher Teilnahme an einer Kenntnisprüfung erteilt werden könne, die sich auf die Inhalte der staatlichen Abschlussprüfung beziehe. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

In der Folgezeit unterzog sich der Kläger vor der Ärztekammer X. -M1. dreimal ohne Erfolg der Kenntnisprüfung. Die jeweiligen Prüfungsbescheide der Bezirksregierung N. wurden bestandskräftig. Der Kläger beantragte die Erteilung einer Approbation, was mit Hinweis auf die erfolglosen Kenntnisprüfungen abgelehnt wurde. 

Dann klagte der angehende Arzt auf eine Approbation. Er habe einen Anspruch auf Erteilung der Approbation, obwohl er die Kenntnisprüfung nicht bestanden habe. Denn seine Ausbildung sei entgegen den Ausführungen der Beklagten in dem ablehnenden Bescheid, mit der ärztlichen Ausbildung nach deutschem Recht gleichwertig. Es sei zu berücksichtigen, dass er mehr als zwölf Jahre in der U. als Arzt tätig gewesen sei und weitere dreieinhalb Jahre im Bundesgebiet Berufserfahrung gesammelt habe. Eine vollständige Gleichheit des Ausbildungsstandes sei nicht erforderlich. Die vom Beklagten aufgezeigten Defizite in den einzelnen Bereichen bestünden nicht.

Die Entscheidung:

Das Verwaltungsgericht wies die Klage als unbegründet ab. Kernargument des Gerichts war, dass der Erteilung der Approbation als Arzt jedenfalls § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO entgegenstehe. Hiernach werde eine Approbation nicht erteilt, wenn eine ärztliche Prüfung oder ein Abschnitt der ärztlichen Prüfung nach der Rechtsverordnung gemäß § 4 Abs. 1 endgültig nicht bestanden wurde. Diese Vorschrift gelte nicht nur für die Staatsprüfungen der deutschen Ärzte, sondern auch für Kenntnisprüfungen. 

Es kann aus Sicht des Gerichts dahinstehen, ob § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO ausnahmsweise dann nicht anzuwenden ist, wenn die Kenntnisprüfung vom Antragsteller zu Unrecht verlangt worden ist, insbesondere wenn die Kenntnisprüfung abgelegt wurde, obwohl zuvor keine Gleichwertigkeitsprüfung durchgeführt worden war und auch kein Ausnahmefall nach § 3 Abs. 3 Satz 4 BÄO vorlag.

Denn hier hat die Bezirksregierung L. zunächst eine Gleichwertigkeitsprüfung durchgeführt und mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 27. November 2019 festgestellt, dass keine Gleichwertigkeit gegeben ist. Für einen solchen Fall sieht das Gesetz (nur noch) die Durchführung einer Kenntnisprüfung vor.

Praxisanmerkung:

Die Entscheidung belegt einmal mehr, dass es der sicherste Weg ist, wenn der angehende Arzt zuerst einen Antrag auf Festellung der Gleichwertigkeit stellt. Dann werden seine Ausbildungs- und Tätigkeitsnachweise im Auftrag der zuständigen behörde (hier das Bezirksregierung in L) gutachterlich überprüft. 

Zeigt sich dann - und dies ist sehr häufig der Fall - ein Defizit (z.B. im Vergleich zum deutschen Medizinstudium fehlende Ausbildungsinhalte, zu geringe Stundenzahlen in bestimmten medizinischen Fachbereichen, fehlendes Praktisches Jahr), dann kann und sollte der angehende Arzt eine Berufserlaubnis nach § 10 Abs. 2 Bundesärzteordnung beantragen mit dem Ziel, eben diese festgestellten Defizite auszugleichen. Diese besondere Berufserlaubnis dient speziell dazu, eben solche Defizite auszugleichen. Der angehende Arzt kann dazu eine Stelle in einer ausbildungsbefähigten Fachklinik suchen, in der Behandlungen in genau den Fachbereichen durchgeführt werden, in denen der angehende Arzt noch Defizite hat. Nach erfolgreicher maximal zweijähriger Tätigkeit in der Fachklinik auf Grundlage eben dieser speziellen Berufserlaubnis und Erhalt eines entsprechenden aussagekräftigen Zeugnisses kann der angehende Arzt dann einen Antrag auf Erteilung einer Approbation stellen. Denn seine Defizite sollten nun nachweislich ausgeglichen sein. So kann der Arzt die - gräßlich schwierige - Kenntnisprüfung umgehen, in der die meisten ausländischen Bewerber scheitern. 

Dabei sollte der Arzt sogleich Widerspruch einlegen, wenn die zuständige Behörde einen seiner drei Anträge (Antrag auf Festellung der Gleichwertigkeit, Antrag auf Berufserlaubnis nach § 10 Abs. 2 Bundesärzteordnung, Antrag auf Erteilung einer Approbation) als unbegründet ablehnt. Denn wie der hier entschiedene Fall des Verwaltungsgerichts Arnsberg noch einmal deutlich zeigt, kann der Kläger gegen eine falsche, aber mittlerweile rechtskräftige Behördenentscheidung nichts mehr tun. 

Усім, хто навчався медицині в Україні, а зараз хоче працювати лікарем у Німеччині, потрібна ліцензія на медичну практику. Отримати це схвалення нелегко. У цій статті йдеться про поточне рішення суду з цього питання та показано шляхи його вирішення. #standwithUkraine

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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