Urteil des Gerichts zu den Beiträgen von Privatärzten zum KV-Bereitschaftsdienst(1.6.2022) Das Gericht hat erhebliche Zweifel, ob es zulässig ist, dass Privatärzte, die nicht Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen sind, zur Finanzierung des Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen beitragen müssen (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17.3.2022 - L 4 KA 3/22 B ER). 

Der Fall: 

Ein Privatarzt aus Hessen wurde mit Bescheiden von 2019, 2020 und 2021 von der KV Hessen aufgefordert, Beiträge in Höhe von insgesamt 7.500 EUR für den Bereitschaftsdienst der KV Hessen zu zahlen. Die Bescheide wurden für sofort vollstreckbar erklärt. Der Privatarzt sah dies als ungerechtfertigt an und legte gegen die Beitragsbescheide Widerspruch ein, der abgewiesen wurde. 

Daraufhin beantragte der Privatarzt die Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit. Mit anderen Worten wollte er erreichen, dass die KV diese Bescheide nicht einfach vollstrecken kann. Rechtsgrundlage der Bescheide waren § 23 Nr. 2 Heilberufegesetz und § 8 Abs. 3 der Hessichen Beritschaftsdienstordnung.

Das Sozialgericht wies den Antrag als unbegründet zurück. Daraufhin wandte sich der Privartarzt an das Landessozialgericht Hessen.

Die Entscheidung: 

Das LSG gab dem Privatarzt Recht und ordnete die aufschiebende Wirkung der Widersprüche des Arztes an.

Es bestehen aus Sicht des LSG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Beitragsbescheide, denn ihnen fehle nach summarischer Prüfung eine mit höherrangigem Recht vereinbare Rechtsgrundlage. Privatärzte, die nicht Mitglieder der KV Hessen sind, zu Beiträgen zur Finanzierung des Bereitschaftsdienstes der KV Hessen heranzuziehen, sei nicht erlaubt. Die KV Hessen könne nur für ihre Mitgleider, die Kassenärzte, Regeln in der Bereitschaftsdienstordnung erlassen, nicht aber für reine Privatärzte. 

Praxisanmerkung:

Es handelt sich um eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz, nicht um eine Endentscheidung. Gleichwohl sind die Bedenken des LSG beachtlich und nachvollziehbar begründet. Sollte sich diese Rechtsauffassung durchsetzen, wofür gute Gründe sprechen, so könnte die Beitragspflicht zum Bereitschaftsdienst für Privatärzte bundesweit fallen. Hier muss die weitere Entwicklung der Rechtsprechung beobachtet werden.

Privatärzten ist in der Zwischenzeit zu empfehlen, gegen sämtliche kommenden Jahresbeitragsbescheide der jeweiligen KV Widerspruch einzulegen, um zuersteinmal zu verhindern, dass die Bescheide nach Ablauf der Monatsfrist rechtskräftig werden. Danach kann - je nachdem ob sich die Auffassung des LSG Hessen durchsetzt - eine Klage vor dem Sozialgericht erwogen oder der Widerspruch zurück genommen werden.  

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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