Der Einbau einer sog. ASR-Hüftprothese stellte im Jahr 2006 keinen ärztlichen Behandlungsfehler dar, da zu jenem Zeitpunkt noch nicht bekannt war, dass ASR-Prothesen in Gestalt eines erhöhten Kobalt- und Chromabriebs Gesundheitsrisiken bergen (OLG Saarbrücken, Urteil v. 12.11.2014 - 1 U 90/13).

Der Fall:

Eine Patientin bekam im Jahr 2006 eine sog. ASR-Prothese der Herstellerin DePuy eingesetzt. Es handelt sich dabei um eine Prothese, bei der Gelenkkopf und Pfanne aus Metall gefertigt sind, so dass Metall auf Metall reibt. Im Gegensatz dazu gibt es Prothesen, die aus einer Metall-Keramik-Kombination gefertigt sind. Die Patientin trug die ASR-Prothese ohne Beschwerden. Einige Jahre später erscheinen medizinische Studien, die erhöhte Metallwerte im Blut der Träger dieser Prothesen aufwiesen. Aus Sorge um ihre Gesundheit ließ die Patientin die ASR-Prothese entfernen und ersetzen. Wegen der damit verbundenen Kosten und Beschwerden verklagte sie die behandelnden Ärzte. Sie war der Ansicht, der Einsatz der Prothese sei im Jahr 2006 behandlungsfehlerhaft erfolgt, weil damals schon absehbar und erkennbar gewesen sei, dass es bei diesem Prothesensystem zu erhöhten Metallwerten im Blut komme.

Die Entscheidung:

Das OLG Saarbrücken wies die Klage schließlich ab. Laut Sachverständigem war im Jahr 2006 jedenfalls noch nicht erkennbar, dass die Prothesen einen erhöhten Metallabrieb verursachen. Zu diesem Zeitpunkt war dieses Problem noch nicht bekannt. Erst Jahre später wurde der erhöhte Metallabrieb in medizinischen Studien diskutiert, so dass die ASR-Prothesen schließlich im Jahr 2010 zurück gerufen wurden.  

Hintergrund:

Die Anzahl an Eingriffen die am Hüftgelenksknochen vorgenommen werden können, ist begrenzt. In der Regel kann das künstliche Hüftgelenk maximal dreimal ausgetauscht werden. Anschließend sind die Risiken von Komplikationen bei weiteren Operationen zu hoch. Wenn nunmehr insbesondere jüngere Patienten bereits zwei Operationen (Einsatz und Austausch) über sich ergehen lassen müssen, droht möglicherweise eine schwerwiegende Gehbehinderung.

Dem Rückruf ging die Publikation mehrerer klinischer Studien aus dem Jahr 2008 und 2010 voraus. Die Studien belegten unter anderem, dass mehrere Patienten, die eine ASR-Hüftprothese hatten, erhöhte Kobalt- und Chromwerte im Blut aufwiesen. Bei einigen Patienten waren diese hundertfach höher als normale Werte.

Generell empfehlen deshalb Orthopäden allen Patienten, die eine Prothese mit einer Metalllegierung haben, jährliche Bluttests, in denen die Kobalt- und Chromkonzentration im Blut festgestellt wird. Mittels Röntgenaufnahmen können außerdem krankhafte Veränderungen an den Prothesen festgestellt werden.

Zum Thema:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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