Das Patientenrechtegesetz fasst die umfangreiche Rechtsprechung der vergangenen Jahrzehnte zum Verhältnis Arzt-Patient zusammen und baut diese Regeln in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ein. Nunmehr werden die Pflichten des Arztes im Gesetz konkret benannt. 

Arzt klärt Patient aufVor Beginn der Behandlung:

Die wirtschaftliche Aufklärung (§ 630 c BGB):

In der Regel zahlen Patienten nicht selbst für ihre Behandlung, sondern diese Kosten werden ganz oder zum Teil von Dritten, insbesondere gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen. Der Patient weiss regelmäßig nicht, welche Kosten nicht erstattet werden. Der Arzt weiss es in der Regel auch nicht genau, aber zumindest oft besser als der Patient. Daher hat der Gesetzgeber dem Arzt hier schriftliche Aufklärungspflichten auferlegt: Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist, oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren. Der Arzt geht den sichersten Weg, wenn er eine Kostenanfrage bei der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung stellt, in der alle Leistungspositionen mit den entsprechenden Steigerungssätzen benennt. Zugleich sollte er dem Patienten ein schriftliches Dokument vor Beginn der Behandlung vorlegen, in dem er die vom Patienten zu tragenden Kosten zumindest überschlägig beziffert. Dabei gilt, dass der Arzt hier eher zu hoch als zu niedrig greifen sollte. 

Bei privat krankenversicherten Patienten liegt es dagegen grundsätzlich im Verantwortungsbereich der Patienten, Kenntnisse über den Inhalt und Umfang des mit der Krankenversicherung abgeschlossenen Versicherungsvertrages zu haben. Etwas anderes muss allerdings dann gelten, wenn Behandelnde auch im Verhältnis zu einem privat krankenversicherten Patienten einen Informationsvorsprung haben. Dies ist insbesondere bei sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) der Fall. Hier hat der Arzt den Patienten vorab in Textform über die Kosten zu informieren. Zugleich entspricht es auch der Pflicht des Patienten als mündigem Vertragspartner, vorab bei der Versicherung eine vorherige Kosten- zusage-/Übernahmebestätigung einzuholen.

Das Risko-Aufklärungsgespräch (§ 630 e BGB):

Im Vordergrund steht die mündliche Aufklärung. Das Aufklärungsformular hat nur eine unterstützende Funktion.
Das Gespräch hat möglichst frühzeitig zu erfolgen. Je höher das Risiko und die mit der Operation verbundenen Folgen sind, desto früher ist aufzuklären. Die allgemeine Praxis der Kliniken, bei dem Gespräch, in dem die Operation geplant wird, noch nicht aufzuklären, sondern erst später im Zusammenhang mit der stationären Aufnahme, ist fehlerhaft. Überdies birgt dies das Risiko von Missverständnissen. Fehlerhaft ist es insbesondere, den Patienten erst stationär aufzunehmen, mit den Untersuchungen zu beginnen und ihn dann aufzuklären. Dann ist der Patient bereits in den Klinikbetrieb eingegliedert, hat Hemmungen, sich daraus zu lösen und wird in der Regel auch dann, wenn er in dieser Situation über erhebliche Risiken aufgeklärt wird, nicht einfach aufstehen und die Klinik verlassen. Daher ist eine zu diesem Zeitpunkt erteilte Aufklärung regelmäßig rechtlich wertlos.

Neu ist, dass der Arzt dem Patienten eine Kopie oder einen Durchschlag der vom Patienten unterzeichneten Aufklärungsunterlagen zu übergeben hat. Ein "Nachbessern" der Aufklärungsunterlagen (etwa durch Einfügen von besonderen Risikohinweisen in das bereits unterzeichnete Formular) ist damit nicht mehr möglich. Dadurch wird das Aufklärungsformular als Beweismittel erheblich aufgewertet. Diese neue Regelung ist auch insofern sinnvoll, als der Patient, der beim Aufklärungsgespräch oft aufgeregt ist, nunmehr sich die Risiken noch einmal durchlesen kann, wenn er allein ist.

Der Arzt hat den Patienten u.a. über bestehende medizinisch anerkannte Behandlungsalternativen aufzuklären (soweit die Behandlungsalternative weniger risikoreich oder belastend als die vom Arzt präferierte Behandlungsmethode ist).

Nach Beginn der Behandlung:

Die Behandlungsakte (§ 630 f BGB):

Sie ist zeitnah zu erstellen und zu führen. Ärzte, die Arztbriefe erst Monate nach der Behandlung diktieren, könnten zukünftig Beweisprobleme bekommen. Die Akte kann - wie es auch vielfach der Praxis entspricht - elektronisch geführt werden. Nachträgliche Änderungen in der Akte sind nur zulässig, wenn der Arzt das Gestrichene noch erkenntlich bleiben lässt. Durchstreichungen sind also möglich, Ausradierungen oder Schwärzungen aber nicht. Der Arzt, der gleichwohl Informationen in der Akte schwärzt oder ausradiert, kann in einem Zivilprozess Beweisprobleme bekommen, etwa wenn der Patient behauptet, dort sei eine bestimmte Komplikation oder eine fehlerhafte Behandlungsmaßnahme entfernt worden.

Der Patient hat Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen und zwar kann er Kopie der Akte verlangen. 

Die Akte ist zehn Jahre aufzubewahren. Sicherheitshalber sollte die Akte nach Ablauf der zehn Jahre eingescannt und gespeichert werden, bevor die Klinik bzw. der Arzt sie vernichten lässt.

Arzthaftungsfragen (§ 630 g BGB):

Nunmehr wird gesetzlich festgeschrieben, dass der Befunderhebungsfehler unter Umständen zu einem groben Behandlungsfehler führt: Wenn es der Arzt unterlässt, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre. Der Arzt geht hier den sichersten Weg, wenn er bei einem Anfangsverdacht auf eine bestimmte medizinische Indikation sogleich eine entsprechende Untersuchung veranlasst, um diesen Befund auszuschließen (z.B. auf Röntgen zeigt sich nach Darmoperation freie Luft im Bauchraum, hier sind Folgeuntersuchungen zu veranlassen, um einen Darmriss auszuschließen). Zu beachten ist, dass der grobe Behandlungsfehler für den Arzt im Zivilprozess ein Desaster ist und ihm erhebliche Beweislasten aufhalst.

Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen § 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat. Wer also wesentliche Maßnahmen nicht vermerkt, muss sich so behandeln lassen, als ob diese Maßnahme nicht durchgeführt wurde. Der Arzt kann dies dann nur noch z.B. durch Zeugen zu beweisen suchen, was aber erfahrungsgemäß schwierig ist.
Ist der Arzt nicht hinreichend qualifiziert, um die Behandlung zuzuführen, wird vermutet, dass der Schaden des Patienten auf seiner Behandlung beruht. Berufsanfänger sollten Behandlungen daher nur unter Aufischt eines Facharztes durchführen. Der bereits fertige Facharzt hat seine Fachgebietsgrenzen zu achten und darf nicht Behandlungen durchführen, die in einen fremden Facharztbereich fallen.

Fazit:

Das Patientenrechtegesetz fasst die wesentlichen Pflichten des Arztes zusammen. Die Klarstellungen sind zu begrüßen. Wichtig sind insbesondere die Pflichten zum Zeitpunkt und der Textform der Risko-Aufklärung sowie zur wirtschaftlichen Aufklärung.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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