Ein Patient, der von dem Zahnarzt Schadensersatz oder Schmerzensgeld fordern will wegen einer fehlerhaften Zahnbehandlung, muss den Zahnarzt dann nicht vorher zur Nachbesserung auffordern, wenn der Zahnarzt einen Befunderhebungsfehler begangen hat (Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 29.05.2012 – 4 U 549/11).

Die Frage war, ob der Patient dem Zahnarzt noch ein Recht zur Nachbesserung einräumen muss, bevor er Schadensersatz gegen den Zahnarzt geltend machen kann. Dies sieht § 281 BGB grundsätzlich vor.

Das OLG kam hier aber zu dem Ergebnis, dass der Zahnarzt hier kein Nachbesserungsrecht besitzt und sogleich Schadensersatz zu leisten hat. Hier ist nämlich der dienstvertragliche Teil des Vertrages zwischen Zahnarzt und Patient betroffen. Die Patienten rügte einen Fehler in der Erhebung der medizinischen Befunde (Dienstvertragsrecht) und nicht im Bereich der Prothetik (Werkvertragsrecht). Für diese dem Dienstvertragsrecht unterfallende Fallgruppe sei ein Nacherfüllungsverlangen (§ 281 BGB) schon an sich verfehlt.

Nach Auffassung des OLG könne das gesetzliche Erfordernis eines Nacherfüllungsverlangens (§ 281 BGB) nur für solche Schadensersatzpositionen relevant werden, die dem Komplex Schadensersatz statt Erfüllung zuzurechnen sind; das sind z.B. Nachbehandlungskosten für eine wegen des Behandlungsfehlers notwendig gewordene Nachbehandlung. Weder für einen „einfachen“ Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs.1 BGB, noch für einen Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB normiere das Gesetz aber die Notwendigkeit eines Nacherfüllungsverlangens, so dass dessen Fehlen die Entstehung des Anspruchs nicht hindert. Hier ging es der Patientin aber nur um einen einfachen Schadensersatzanspruch etc. und nicht um Kosten einer Nachbehandlung.

Das OLG ging weiter davon aus, dass für die unter § 281 BGB fallenden Ansprüche ein Nachbesserungsverlangen entbehrlich sei. Denn die Behandlung war beendet wegen einer zumindest konkludenten Kündigung des Behandlungsvertrages durch die Patientin. Sie hatte ihren Willen zur Vertragsbeendigung zum Ausdruck gebracht, indem sie zu weiteren Behandlungsterminen nicht mehr erschienen war. In diesem Falle enden die vertraglichen Hauptpflichten und auch das Nachbesserungsrecht.

Anmerkung:

Nachbessern darf der Zahnarzt also bei werkvertraglichen Schwierigkeiten (z.B. Brücke passt nicht) oder wenn der Patient Ersatz von Kosten wegen einer erforderlichen Nachbehandlung bei einem anderen Zahnarzt verlangt. In allen anderen Fällen kann sich der Zahnarzt nicht auf ein Nachbesserungsrecht berufen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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