Das OLG Hamm hat am 6.2.2013 entschieden, dass der Arzt, der eine homologe Befruchtung durchgeführt hat, dem daraus entstandenen Kind zur Auskunft über die Identität des Vaters verpflichtet ist. Dies gilt auch dann, wenn in dem Behandlungsvertrag zwischen Arzt und der Mutter Anonymität des Samenspenders vereinbart wurde (OLG Hamm, Urteil vom 6.2.2013 - I-14 U 7/12 -).

Denn das Persönlichkeitsrecht des Kindes (sprich das besonders schützenswerte Recht auf Kenntnis seiner Abstammung) stehe höher als die Rechte des Arztes und des Samenspenders.  
Das OLG Hamm weist darauf hin, dass der Arzt auch zum Zeitpunkt der Insemination bereits mit Anfechtungs- und Auskunftsrechten der Samenspenderkinder hätte rechnen müssen. Er darf seine Nachforschungen daher nicht auf noch vorhandene Unterlagen beschränken. Er muss vielmehr seine Unterlagen umfassend recherchieren und seine Mitarbeiter umfassend befragen, um den Namen des Spenders zu ermitteln. Der Arzt hatte eingewandt, zu diesem lange zurückliegenden Vorgang keine Auskunft mehr erteilen zu können. Allerdings hat er sich diesbezüglich widersprüchlich eingelassen, weshalb ihm das OLG Hamm nicht glaubte, dass er die Unterlagen nicht mehr besitzt.

Die nachvollziehbare Entscheidung öffnet Tür und Tor für Unterhaltsansprüche und Erbansprüche des Kindes gegen seinen Erzeuger. Sie gefährdet damit das gesamte Modell der homologen Insemination. Welcher Spender wird nun noch bereit sein, Samen zu spenden? Für den behandelnden Arzt bedeutet dies, dass er den Spender auf die mangelnde Anonymität hinweisen muss, will er sich diesem gegenüber nicht schadensersatzpflichtig machen. Allerdings muß er eine strafrechtliche Verfolgung wegen Geheimnisverrates nach § 203 StGB nicht fürchten, weil er bei rechtlich gebotenen Preisgabe der Identität nicht unbefugt handelt. Zugleich bedeutet die Entscheidung auch, dass eine Familie, die zur Zeugung auf eine Samenspende angewiesen ist, schwerlich einen Spender finden wird.   
Es besteht unbestritten ein Bedarf an homologer Insemination, man denke nur an schwule Paare mit Kinderwunsch oder an Frauen, deren Ehemänner nicht zeugungsfähig sind. Die rechtlichen Probleme sind nun aber erheblich. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber eine gesetzliche Regelung erläßt, die Klarheit schafft.

Eine Revision gegen das Urteil wurde vom OLG Hamm nicht zugelassen. Ob eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wird, bleibt abzuwarten.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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