In letzter Zeit häufen sich die Fälle, in denen Kunden bei ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung oder privaten Krankenversicherung Leistungen beantragen und die Versicherungen dann den Vertrag kündigen und die Leistungen verweigern, weil der Versicherte Vorerkrankungen verschwiegen habe. Ob allerdings im Einzelfall tatsächlich eine arglistige Täuschung gegeben ist, sollte vom Versicherten genau überprüft werden.

Der Fall:

Eine Frau hat neben einer Lebensversicherung auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Bei Vertragsschluß gab sie in dem Antragsformular nicht an, dass sie einen Beinbruch erlitten hatte und einmalig wegen des Verdachts der Migräne behandelt wurde. Das Vertragsformular wurde zusammen mit einem Versicherungsmakler ausgefüllt. Sieben Jahre später erlitt die Versicherte einen Autounfall, der zu einer Dienstunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit führte. Die Versicherung focht den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an unter Hinweis auf die nicht angegebenen Befunde (Beinbruch/Migräne) und verweigerte die Zahlung von Versicherungsleistungen.
In ähnlicher Form kommt es auch vor, dass die Versicherung vom Vertrag zurück tritt.

In einem solchen Fall ist im Einzelnen genau zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anfechtung oder einen Rücktritt vorliegen, ob die Anfechtung verspätet ist oder ob der angegebene Grund für die Berufsunfähigleit gerade auf eine Vorerkrankung zurückzuführen ist. Mit anderen Worten: Es muss eine Vielzahl von Voraussetzungen vorliegen, bis der Versicherer den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten kann.

Gerade die Arglist erfordert ein hohes Maß an besonderem Wissen und Wollen des Versicherten: Mit dem Beweis vorsätzlich falscher oder vorsätzlich nicht angezeigter Umstände steht der der arglistige Täuschungsvorsatz noch nicht fest. Dieser setzt neben der Kenntnis der Gefahrerheblichkeit des betreffenden Umstandes die billigende Erkenntnis voraus, die Versicherung könne durch das Handeln des Versicherten über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluß des Versicherungsvertrages beeinflußt werden. So hat es der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2004 entschieden (AZ.: IV ZR 161703, Urteil vom 14.07.2004). Die Beweislast dafür trägt die Versicherung. Dieser Beweis ist nicht einfach zu erbringen. Es ist auch zu berücksichtigen, ob der Versicherte zu seiner Entlastung nachvollziehbar darlegen kann, warum er die falschen Angaben machte.

Des weiteren ist in Fällen, in denen eine Versicherungsmakler oder ähnliches beteiligt war, zu fragen, ob dieser dem Versicherten die vorformulierten Antragsfragen gestellt oder das Ausfüllen des Antragsbogens übernommen hat. Denn dabei können Missverständnisse entstanden sein, die dann einer Täuschungshandlung oder einer Arglist entgegenstehen können.

Auch ist zu prüfen, ob es sich bei den Vorerkrankungen um Bagatellerkrankungen handelt, die man nicht mitteilen musste. Weiter ist zu prüfen, ob der Versicherer in einem solchen Fall bei rechtzeitiger Kenntnis der Vorerkrankungen überhaupt anders entschieden hätte, etwa indem er den Versicherten nicht aufnimmt oder von ihm einen höheren Versicherungsbeitrag verlangt.

Nicht vergessen werden sollte zu prüfen, ob der Versicherer den Versicherten auch entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gewarnt hat vor einer arglistigen Täuschung und deren Folgen für das Versicherungsverhältnis. Schließlich ist zu schauen, ob der Versicherer die Anfechtung bzw. den Rücktritt auch rechtzeitig erklärt oder ob diese Rechte nicht etwa bereits verjährt oder ausgeschlossen sind.  

Praxistipp:
Im Ergebnis kann den Versicherten nur geraten werden, sich bei Erhalt einer solchen Anfechtungserklärung oder einer Rücktrittserklärung an einen Anwalt zu wenden, um den Fall prüfen zu lassen und gegebenenfalls gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Zum Thema:
Anfechtung einer Berufsunfaehigkeitsversicherung bei Asthma: OLG Fra 03.06.09
Arglistanfechtung eines BU-Versicherung wegen Falschangaben: KG 28.04.2006

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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