(6.6.2019) Es ist nicht mit der gesetzlichen Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel vereinbar, wenn eine Apotheke bei Abgabe eines solchen Arzneimittels einen bei einer Bäckerei einzulösenden Einkaufsgutschein gewährt mit einem Wert von bis zu einem Euro. Solche Werbung ist daher zu unterlassen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 6.6.2019 - I ZR 206/17).

ApothekenwerbungDer Fall:

Die Beklagte betreibt eine Apotheke. Sie händigte am 08.09.2014 einem Kunden anlässlich des Erwerbs eines rezeptpflichtigen und preisgebundenen Arzneimittels ungefragt einen "Brötchen-Gutschein" über "2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti" aus. Der Gutschein konnte bei einer bestimmten, in der Nähe der Apotheke gelegenen Bäckerei eingelöst werden.

Die Klägerin, ein gewerblicher Interessenverband, sieht in der Gutscheinabgabe einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung. Nach erfolgloser Abmahnung hat sie eine einstweilige Verfügung erwirkt. 

Das Landgericht Frankfurt hat die Beklagte am 10.06.2016 verurteilt, es bei Meidung des gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, geschäftlich handelnd den Verkauf rezeptpflichtiger, preisgebundener Arzneimittel mit der kostenfreien Abgabe eines Brötchen-Gutscheins zu verknüpfen. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Beklagte mit der Berufung. 

Auch das OLG Frankfurt bestätigte das Verbot. Die Apothekerin legte Revision zum BGH ein.

Die Entscheidung:

Nun hat auch der BGH das Verbot der Werbegeschenke mit einem Wert bis 1 Euro, die Kunden gegeben werden, die ein Rezept einlösen, untersagt. Auch „geringwertige Werbegaben“ seien ein spürbarer Verstoß gegen Preisvorschriften und damit wettbewerbswidrig wegen Verstoßes gegen das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Andernfalls unterlaufe der Apotheker die für Medikamente geltende Preisbindung, die sichstellen solle, dass Kunden überall für Medikamente den gleichen Preis zahlen.

Der Umstand, dass es sich sowohl bei einem Brötchen-Gutschein als auch (wie in einem Parallelverfahren) bei einem Ein-Euro-Gutschein um Werbegaben von geringem Wert handelt, ändert daran nichts. Der Gesetzgeber ist bei der mit Wirkung vom 13. August 2013 vorgenommenen Änderung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) davon ausgegangen, dass jede gesetzlich verbotene Abweichung vom Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel geeignet ist, einen unerwünschten Preiswettbewerb zwischen den Apotheken auszulösen. Die eindeutige gesetzliche Regelung, nach der jede Gewährung einer Zuwendung oder sonstigen Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG, die gegen die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt, unzulässig ist, darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein solcher Verstoß als nicht spürbar eingestuft und damit als nicht wettbewerbswidrig angesehen wird. Ein Abstellen auf die finanzielle Geringwertigkeit der Werbegabe ist ausgeschlossen, nachdem die Preisbindung nach dem Willen des Gesetzgebers strikt einzuhalten ist.

Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. 

Praxisanmerkung:

Das Verbot der Werbegeschenke gilt für die Abgabe rezeptpflichtiger Medikamente. Kauft ein Kunde ein nicht rezeptpflichtiges Medikament oder andere Gegenstände in einer Apotheke, so kann er weiterhin ein Werbegeschenk mit einem Wert bis ein Euro erhalten.

Schwierig ist die Rechtslage, wenn der Kunde ein Rezept einlöst und zugleich ein nicht rezeptpflichtiges Medikament odfer andere Dinge kauft. Da sich hier nicht auseinanderhalten läßt, zu welchem Geschäft die Werbeabgabe mitgegeben wird, ist es für den Apotheker der sicherste Weg, dann dem Kunden gar keine Werbegeschenke mitzugeben. Andernfalls riskiert er eine kostenträchtige Abmahnung.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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