(1.9.2017) Die Werbung einer Augenklinik für einen kostenlosen "Laser-​Check" durch einen Optiker - der bei Vornahme durch einen Augenarzt Kosten nach GOÄ verursachen würde - beeinflusst den Patienten unsachlich, verstößt so gegen das Verbot der Gewährung von Werbegaben (§ 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz) und ist zu unterlassen (Landgericht München I, Urteil vom 09. November 2016 – 37 O 1929/16).

Augenlaserbehandlungen werden intensiv beworben - welche Werbung ist zulässig?Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einem ihrer Vorstandsmitglieder,

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern mit einem kostenlosen Augenlaser-​Check durch Augenoptiker/-​innen zum Zweck der Abklärung, ob der jeweilige Verbraucher für eine Augenlaser-​Behandlung zur Korrektur einer Fehlsichtigkeit in einem der von der Beklagten betriebenen Augenlaser-​Zentren ausscheidet oder grundsätzlich in Betracht kommt, zu werben, insbesondere wenn dies wie nachfolgend eingelichtet geschieht und/oder entsprechend der Werbung einen solchen kostenlosen Augenlaser-​Check durchzuführen bzw. durchführen zu lassen:

(es folgt eine Darstellung der Werbemaßnahme)

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 246,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2016 zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Beklagte trägt 90 %, die Klägerin 10 % der Kosten des Rechtsstreits.

V. Das Urteil ist für die Klägerin in Ziffer II. und IV. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages in Ziffer I. gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von € 25.000 vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte ist das Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar jedoch kann die Klägerin die Vollstreckung durch die Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss:

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.

Die Beklagte betreibt in mehreren deutschen Städten, darunter auch in München, sogenannte Laserzentren, in denen Augenlaserbehandlungen durchgeführt werden, insbesondere zur Korrektur der Kurz- und Weitsichtigkeit und von Augen-​Hornhautverkrümmungen. Die Augenlaserbehandlungen werden seitens mit ihr kooperierender, selbstständig niedergelassener Ärzte vorgenommen unter Nutzung ihrer Einrichtungen sowie zugehöriger Dienstleistungen.

Zu den Dienstleistungen der Beklagten gegenüber den Ärzten gehören neben der Nutzung ihrer Einrichtungen und der Beauftragung als Abrechnungsstelle auch Leistungen von Augenoptikern, die bei der Beklagten angestellt sind und auf Weisung für diese tätig werden.

Die Parteien streiten um die Bewerbung von Augenlaseroperationen mittels des Anbietens und Durchführens sog. "Augenlaser-​Checks" durch die Beklagte.

Die Beklagte wirbt wie im Tenor ersichtlich im Internet mit einer kostenlos angebotenen Voruntersuchung, dem sog. "Laser-​Check", welcher durch Augenoptiker durchgeführt wird und der Abklärung der generellen Durchführbarkeit einer Augenlaseroperation bei einem Interessenten dienen soll.

Nach dieser Voruntersuchung, an der ein Augenarzt nicht beteiligt ist, wird, sofern der Interessent danach weiterhin grundsätzlich in Frage kommt und eine Augenlaser-​OP wünscht, ein weiterer - nunmehr kostenpflichtiger - Termin bei einem Augenarzt durchgeführt, in dem die Geeignetheit des Patienten abschließend abgeklärt wird.

Bei dem ersten "Laser-​Check" durch den Augenoptiker wird die Sehstärke sowie die Hornhautdicke und die Größe der Pupille bei Dunkelheit durch den Optiker gemessen. Die durchgeführten Messungen erlauben es festzustellen, ob eine Fehlsichtigkeit innerhalb desjenigen Bereichs liegt, in dem Augenlaserbehandlungen ganz allgemein als sinnvoll angesehen werden.

Der Termin dient somit einem ersten "Negativausschluss" von Behandlungsmöglichkeiten. Der Interessent kann sich im Rahmen des "Laser Checks" auch über die verschiedenen Methoden der Laserbehandlung informieren.

Bei Abrechnung nach ärztlicher Gebührenordnung (GOÄ) würden für den "Laser-​Check" Kosten anfallen, deren Höhe streitig ist.

Eine Vielzahl von Augenoptikern in Deutschland bewirbt und führt seit Jahrzehnten kostenlose Sehtests im Vorfeld des Verkaufs einer Brille oder von Kontaktlinsen in Optikergeschäften durch.

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 03.08.2015 ab (Anlage K 4).

Die Beklagte verweigerte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Der Kläger ist der Meinung, dass die von der Beklagten angebotene Leistung basierend auf der Gebührenordnung der Ärzte als ärztliche Leistung abzurechnen sei. Nach GOÄ - so behauptet der Kläger - müssten 148,66 Euro berechnet werden (Auf den Vortrag in der Klageschrift S. 9 der Akte wird Bezug genommen).

Der Kläger ist der Auffassung, es liege ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG vor. Insbesondere sei der "Laser-​Check" nicht handelsüblich i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HWG.

Der Kläger beantragt zuletzt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zur vollziehen an einem ihrer Vorstandsmitglieder,

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern mit einem kostenlosen Augenlaser- Check durch Augenoptiker/-​innen zum Zweck der Abklärung, ob der jeweilige Verbraucher für eine Augenlaser-​Behandlung zur Korrektur einer Fehlsichtigkeit in einem der von der Beklagten betriebenen Augenlaser-​Zentren geeignet ist, zu werben, insbesondere wenn dies wie nachfolgend eingelichtet geschieht und/oder entsprechend der Werbung einen solchen kostenlosen Augenlaser-​Check durchzuführen bzw. durchführen zu lassen:

(Es folgen die im Tenor wiedergegebenen Texte und Abbildungen)

Hilfsantrag 1:

Hilfsantrag 1 ist der Antrag I. mit der Maßgabe, dass es statt "in einem der von der Beklagten betriebenen Augenlaser Zentren geeignet ist oder nicht" heißt: "ausscheidet oder grundsätzlich in Frage kommt".

Hilfsantrag 2 lautet:

"im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern mit einem kostenlosen Augenlaser-​Check zu werben, wenn dies wie nachfolgend eingelichtet geschieht und/oder entsprechend der Werbung einen solchen kostenlosen Augenlaser-​Check durchzuführen bzw. durchführen zu lassen".

II. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 246,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Zunächst führt sie an, dass sie nicht passivlegitimiert sei. Sie begründet dies damit, dass der "Laser Check" zwar eine Leistung der Beklagten sei, sie eine mögliche Behandlung jedoch nicht selber vornehme, sondern nur einer der mit ihr kooperierenden Augenärzte.

Dies bedeute auch, dass der Anwendungsbereich des HWG gar nicht eröffnet sei, da die Beklagte lediglich für Leistungen Dritter (Augenlaserbehandlung) werbe, selber jedoch im Rahmen von Unternehmenswerbung nur die "Laser-​Checks" durchführe, nicht die Laseroperation.

Die von dem Kläger nach GOÄ berechneten Beträge - so behauptet die Beklagte - seien überhöht. Auf den Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung, Bl. 29-​31 der Akte, wird Bezug genommen. Allenfalls könne man als sog. "delegierte Leistung" nach GOÄ von einem Betrag in Höhe von 36,79 Euro ausgehen.

Zudem sei schon gar nicht nach GOÄ abzurechnen, da die Leistung durch Augenoptiker erbracht werde.

Mehr als zwei Drittel aller Laser-​Zentren in der Bundesrepublik - so behauptet sie - würden mit kostenlosen Augenlaser-​Checks werben, deshalb seien diese marktüblich. Für Interessenten sei die Durchführung kostenloser "Laser-​Checks" eine Selbstverständlichkeit.

Erforderlich für die Anwendung des Verbots nach § 7 HWG sei darüber hinaus eine konkrete Gefahr der unsachlichen Beeinflussung des angesprochenen Verkehrs, welche nicht vorliege.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Schriftsätze der Parteivertreter jeweils nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.08.2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im Hilfsantrag zu 1 begründet.

A. Unbegründetheit des Hauptantrags

Bezüglich des Hauptantrags fehlt es bereits an einem Verstoß und damit an der Erstbegehungs- bzw. Wiederholungsgefahr, denn zwischen den Parteien unstreitig dient der streitgegenständliche "Laser-​Check" nicht der Abklärung der endgültigen Geeignetheit eines Interessenten. Die abschließende Eignung wird vielmehr kostenpflichtig durch einen Augenarzt festgestellt. Der "Laser-​Check" ist lediglich ein erstes Ausschlussverfahren. Der Antrag trifft daher die Verletzung nicht. Eine Erstbegehungsgefahr ist nicht erkennbar.

B. Unterlassungsanspruch

Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 3, 3a n.F., 8 UWG i.V.m. § 7 HWG zu. Die Werbung für den kostenlosen "Laser-​Check" verstößt gegen das Verbot der Gewährung von Werbegaben gem. § 7 Abs. 1 HWG.

I. Anwendungsbereich des HWG nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG

Der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG eröffnet. Bei der Augenlaseroperation, die hier letztendlich beworben werden soll, handelt es sich um eine Behandlung zur Beseitigung einer Krankheit, nämlich Fehlsichtigkeit und somit um einen ärztlichen Eingriff unter Anwendung heilkundlicher Erkenntnisse (so auch OLG München, 21.04.2016, 29 U 386/16, S. 7; OLG Köln, 20.05.2016, I-​6 U 155/16, zitiert nach juris, Rn. 12).

II. Passivlegitimation

Die Beklagte ist als Anbieterin der "Laser-​Checks" passivlegitimiert - auch wenn sie die Augenlaserbehandlung nicht selber durchführt, denn unstreitig bewirbt sie diese. Auch Dritte können gegen § 7 HWG verstoßen, wenn die Reklame von einer gemeinsamen Absatzförderung getragen ist (Gröning/Mand/Reinhard, HWG, 2009, § 7 Rn. 102). Zudem besteht zwischen der Beklagten und den mit ihr kooperierenden Ärzten ein Näheverhältnis, welches dazu führt, dass die Beklagte ebenfalls von der Werbung für die von den Ärzten angebotene Augenlaserbehandlung profitiert, da die Augenärzte ihre Leistungen (Optiker, Räumlichkeiten, Geräte, Abrechnungsservice ect.) nutzen. Die Beklagte und die mit ihr kooperierenden Augenärzte treten gegenüber den Patienten als Einheit auf.

III. Werbegabe i.S.d. § 7 HWG

Bei der kostenlosen Durchführung des "Laser-​Checks" handelt es sich auch um eine Werbegabe i.S.d. § 7 HWG, denn Werbegaben sind alle tatsächlichen unentgeltlich gewährten geldwerten Vergünstigungen, insbesondere Leistungen, die akzessorisch oder abstrakt zum Zwecke der Absatzförderung von Heilmitteln gewährt werden (Bülow/Ring, HWG, 5. Auflage 2016, § 7, Rn. 16). Die Durchführung und Bewerbung des "Laser Checks" dient der Absatzförderung von Augenlaseroperationen.

IV. Grundsätzliche Unzulässigkeit von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben gem. § 7 Abs. 1 HWG

Nach § 7 Abs. 1 HWG ist es grundsätzlich unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren.

V. Keine Ausnahme vom Verbotstatbestand

1. Keine geringwertige Kleinigkeit gem. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG

Selbst wenn man dem Vortrag der Beklagten folgt, die Leistung wäre mit nur 36,79 Euro abzurechnen, wäre die Geringwertigkeitsschwelle überschritten (BGH GRUR 2015, 813, Rn. 21 - Fahrdienst zur Augenklinik, 5 Euro; OLG Stuttgart, 21.10.2004, 2 U 79/04, zitiert nach juris, Rn. 21, Praxisgebühr von 10 Euro; LG Leipzig, 01.03.2013, 5 O 2508/12, Rn. 35, 20-​25 Euro). Sofern die Leistung, da sie von einem Optiker erbracht wird, nicht nach GOÄ abzurechnen ist, gilt, dass der Erkenntnisgewinn für einen Interessenten einen erheblichen Eigenwert darstellt, da nicht nur ein Sehtest durchgeführt, sondern darüber hinaus abgeklärt wird, ob nicht bestimmte Hindernisse einer Laseroperation entgegenstehen. Auch vor diesem Hintergrund ist die Geringwertigkeitsschwelle überschritten (so auch OLG Köln, aaO, Rn. 16).

2. Keine Auskünfte und Ratschläge, § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 HWG

Es handelt sich bei der Durchführung des "Laser-​Checks" nicht lediglich um eine Auskunft oder einen Ratschlag i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 HWG. Hier wird ein individueller Befund erhoben, der über einen bloßen Ratschlag hinausgeht (so auch OLG Köln, aaO, Rn. 16).

3. Keine handelsübliche Nebenleistung, § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HWG

Der "Laser Check" ist eine Nebenleistung i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HWG, d.h. eine abtrennbare Dienstleistung mit Bezug zur Hauptleistung (so auch OLG Köln, aaO, Rn. 17).

Diese ist jedoch nicht handelsüblich.

Handelsüblich sind Nebenleistungen, wenn sie sich nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten halten (BGH NJW-​RR, 1991, 1191). Die Angesprochenen dürfen die Leistung nicht als etwas Besonderes ansehen, sondern sie muss ihren Erwartungen entsprechen, also eine üblicherweise kostenlos gewährte Selbstverständlichkeit sein (OLG München aaO, S. 7). Auf die Verbreitung der Werbegabe im Markt allein kommt es nicht an. Auch neuartige Gaben können handelsüblich sein (Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage 2014, Rn. 26). Dass Mitbewerber ebenso handeln, führt jedoch nicht zwangsläufig zur Handelsüblichkeit (LG Hamburg, PharmR 2012, 165, 168). Hier ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.

a) Werbung Ziff. II

Bei der Werbung unter Ziff. II ist aus der beanstandeten Werbung bereits nicht ersichtlich, dass der beworbene "Laser Check" nicht durch einen Augenarzt, sondern durch einen Augenoptiker durchgeführt wird. Dies führt bereits zur Unzulässigkeit der angegriffenen Werbung, denn ein kostenloses ärztliches Beratungsgespräch stellt eine nach § 7 HWG unzulässige Zuwendung dar (OLG München, 21.04.2016, 29 U 386/16 S. 7).

Dass die Durchführung von "Laser Checks" durch Ärzte handelsüblich sei, hat die Beklagte auch gar nicht vorgetragen, sondern stellt auf die Handelsüblichkeit der Durchführung durch Optiker ab.

Dass der "Laser Check" durch Optiker durchgeführt wird, ist der Werbung unter Ziff. II jedoch nicht zu entnehmen.

Es kommt für das Verkehrsverständnis auf den objektiven Erklärungsgehalt des Angebots an, also darauf, wie der durchschnittlich informierte situationsgerecht aufmerksame potentielle Durchschnittsverbraucher die Auslobung verstehen wird (OLG München, 15.01.2015, 6 U 1186/14, zitiert nach juris Rn. 61 f.; OLG München, 21.04.2016, aaO, S. 7). In diesem Fall versteht der Interessent die Werbung so, dass ein Arzt den angebotenen kostenlosen "Laser Check" durchführen wird. Da es sich bei der Operation um eine ärztliche Leistung handelt, liegt es nahe, dass auch die Voruntersuchung durch einen Arzt durchgeführt wird. Für ein solches Verständnis spricht ferner der Umstand, dass im Fließtext, welcher der Bewerbung des "Laser Checks" unmittelbar vorausgeht, Augenärzte erwähnt sind: "Zwei Millionen dieser Behandlungen wurden dabei von den bei O... E... tätigen Augenärzten (...) ausgeführt." Durch diese Formulierung wird dem Leser nahegelegt, dass der nun folgende "Laser Check" ebenfalls durch Ärzte vorgenommen wird.

Selbst wenn jedoch für den Verbraucher erkennbar wäre, dass der "Laser Check" durch einen Augenoptiker durchgeführt wird, wäre die Werbung dennoch unzulässig nach § 7 Abs. 1 HWG (siehe im Folgenden Ziff. B.IV.3.b)).

b) Werbungen Ziff. I und III

Bei den Werbungen Ziff. I und III wird explizit darauf hingewiesen, dass der "Laser Check" durch einen Optiker durchgeführt wird.

Dennoch unterfällt die Leistung nicht dem Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG.

(1) Unsachliche Beeinflussung

Die Fassung des HWG lässt insgesamt erkennen, dass nur in einem sehr engen Bereich Ausnahmen vom Verbot der Wertreklame zuzulassen sind (so auch BGH 26.03.2009, I ZR 99/07 - DeguSmiles & more, zitiert nach juris Rn. 16). Neben dem Ziel des Gesundheitsschutzes umfasst das Heilmittelwerbegesetz auch den Schutz gegen wirtschaftliche Übervorteilung besonders schutzbedürftiger Privater, so dass ein Verbot nach § 7 HWG bereits dann gerechtfertigt ist, wenn die Werbung Kunden unsachlich zu beeinflussen vermag (OLG Celle, 13.03.2014, 13 U 106,13 - ARMANI Zweitbrille - zitiert nach juris, Rn. 26).

Mit dem Verbot der Werbegaben soll der abstrakten Gefahr eine unsachlichen Beeinflussung der Adressaten der Werbegaben begegnet werden (OLG München, 21.04.2016, 29 U 386/16, S. 7; Bülow/Ring, HWG, 5. Auflage 2016, § 7, Rn. 6.). Das Gesetz dient der öffentlichen Gesundheit und Belangen des Patientenschutzes (OLG Karlsruhe, 06.09.2012, 4 U 110/12 - Tablet Computer, zitiert nach juris, Rn. 18,19 zum Regel-​Ausnahme-​Verhältnis des § 7 HWG; Pfuhl, Von unlautererer Verkaufsförderung und strafbarer Korruption, Monografie 2010, S. 79).

§ 7 Abs. 1 HWG ist, auch vor dem Hintergrund der Vollharmonisierung durch die UPG-​Richtlinie, weiter als Gefährdungsdelikt auszulegen.

Unter Berücksichtigung der Gintec-​Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Urteil vom 08.11.2007, C-​374/05) wird jedoch von der Rechtsprechung und der Literatur inzwischen vermehrt auf die fehlendende Eignung einer Beeinflussung, damit das Fehlen einer konkreten Gefährdung abgestellt (BGH 12.12.2013, I ZR 83/12 - Testen Sie ihr Fachwissen; Bülow/Ring aaO, Rn. 9-​11; Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage 2014, § 7 HWG, Rn. 5). Die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung besteht in jedem Fall nicht, wenn die Empfänger in der fraglichen Zuwendung kein Werbegeschenk sehen (BGH GRUR 2011, 1163, Rn. 15 - Arzneimitteldatenbank).

Eine konkrete Gefährdung durch eine erhebliche unsachliche Beeinflussung ist durch das Anbieten und Werben mit dem "Laser-​Check" gegeben.

Erscheint der Interessent nach dem Schnelltest als für die Laser-​Augenbehandlung geeignet, wird die Wahrscheinlichkeit, dass er diese durchführen lässt und zwar in der Augenklinik der Beklagten erheblich erhöht. Die erste Hemmschwelle zur Augenoperation ist durch die Untersuchung bereits überschritten und bei der Wahl des Arztes greift zusätzlich der Faktor Dankbarkeit für eine unentgeltliche Leistung (OLG Köln, 20.05.2016, 6 U 155/16, zitiert nach juris, Rn. 15). Eine spürbare Beeinträchtigung der Entscheidung durch die unsachliche Erwägung: "Jetzt war ich schon da und gehe dort auch wieder hin." ist naheliegend.

Der Gesetzeszweck des § 7 HWG und vernünftige kaufmännische Gepflogenheiten müssen hier ins Verhältnis gesetzt werden. Die streitgegenständliche Maßnahme dient dem Anlocken von Interessenten und ist kaufmännisch durchaus sinnvoll. Auch der Verbraucher, der eine Laserbehandlung in Erwägung zieht, wird an der Möglichkeit, eine kostenlose Voreinschätzung zu erhalten, ein nachvollziehbares Interesse haben - insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Augenlaseroperation mit erheblichen Kosten verbunden ist.

Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG jede Werbegabe erlaubt ist, die kaufmännisch sinnvoll erscheint und an welcher der Verbraucher interessiert ist, denn § 7 Abs. 1 HWG dient ja gerade seinem Schutz vor der für ihn durchaus reizvollen "Anlockwirkung" kostenloser Leistungen.

Bei ihrer Abwägung hat die Kammer berücksichtigt, dass der Verbraucher daran gewöhnt ist, dass Augenoptiker im Vorfeld eines potentiellen Geschäftsabschlusses, etwa des Verkaufs einer Brille oder von Kontaktlinsen, kostenlose Leistungen wie etwa die Messung des Grades der Fehlsichtigkeit erbringen und auch damit werben dürfen (BGH GRUR 1987, 916, 917; Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage 2016, § 5, Rn. 2.119; so i.E. auch OLG München, 21.04.2016, 29 U 386/16, S. 8).

Die Kammer verkennt auch nicht, dass Optiker, die eine Brille oder Kontaktlinsen verkaufen und Laserzentren, wie die Beklagte, in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen.

Dennoch ist eine Differenzierung vorzunehmen und nach dem Gesetzeszweck des Heilmittelwerbegesetzes zwingend erforderlich.

Hier handelt es sich nicht um den Verkauf einer Brille oder von Kontaktlinsen, sondern um den Verkauf einer Augenlaseroperation, die einen ärztlichen Eingriff darstellt und mit höheren gesundheitlichen Risiken verbunden ist als der Einsatz einer Brille oder von Kontaktlinsen. Dem entsprechend schutzwürdiger ist auch der von der Werbung angesprochene Verbraucher.

Selbst wenn er sich mit den Risiken einer Augenlaserbehandlung im Vorfeld der Untersuchung auseinandergesetzt haben mag, muss gem. § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG bei dem "Laser Check" im Hinblick auf die Handelsüblichkeit einer Werbegabe ein strengerer Maßstab angesetzt werden.

Die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des angesprochenen Verbrauchers durch das Anbieten und Bewerben des kostenlosen "Laser-​Checks" für einen nicht unerheblichen mit erheblichen Kosten und Risiken behafteten medizinischen Eingriff ist hier nicht von der Hand zu weisen.

(2) Herausstellung der Werbung

Im Übrigen kann eine Leistung, die von dem Werbenden als eine Besonderheit seines Angebots herausgestellt wird, schon aus diesem Grund nicht als handelsüblich angesehen werden (BGH 22.11.1990, I ZR 50/89 - Family Karte, zitiert nach juris, Rn. 12). Im vorliegenden Fall ist bei der konkreten Ausgestaltung der Werbung, zumindest bei Werbung II und III, das Angebot des kostenlosen "Laser-​Checks" um einiges größer aufgemacht, farblich vom übrigen Text abgesetzt und nimmt eine exponierte Stellung ein, was deutlich gegen eine Handelsüblichkeit spricht (so auch OLG Köln, aaO, Rn. 18).

VI. Durchführung des "Laser Checks"

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 1 HWG gilt das Verbot nicht nur für die Bewerbung, sondern auch für die Gewährung, bzw. Durchführung der streitgegenständlichen "Laser-​Checks".

C. Zahlungsanspruch

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 246,10 Euro nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit.

Der Anspruch folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG und ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

E. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, Rn. 11, 709, 711 ZPO.

(Anm.: Die Berufung ist anhängig vor dem OLG München, Az: 29 U 4686/16)

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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