Der Off-Label-Use von Avastin ist zur Therapie der feuchten Makuladegeneration (AMD) neben Lucentis zulässig (SG Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2008, - S 2 KA 181/07 - noch nicht rechtskräftig).

AugeAugenärzte hatten mit drei gesetzlichen Krankenkassen Versorgungsverträge abgeschlossen, in denen zur Therapie der feuchten Makuladegeneration (AMD) neben dem dafür zugelassenen Medikament Lucentis auch das dazu nicht zugelassenen Medikament Avastin vorgesehen ist. Novartis hatte Klage gegen diesen Vertrag mit der Begründung erhoben, dass der Vertrag ihr Recht auf Teilhabe am fairen Wettbewerb verletze.

Bei der altersbedingte feuchten Makuladegeneration handelt es sich um eine Netzhauterkrankung, bei der allmählich die Zellen in der Netzhautmitte (Makula) absterben. Die Betroffenen erleiden dadurch erhebliche Sehstörungen. Bei jedem fünften Patienten kommt es zusätzlich zum Aussprossen abnormaler, undichter Blutgefäße. Die daraus austretende Flüssigkeit zerstört die Sinneszellen in der Netzhautmitte, was sogar zur Erblindung führen kann. Nach Schätzungensind bundesweit über 400.000 Patienten von der "feuchten" Makuladegeneration betroffen. Zwar steht für die Behandlung dieser Krankheit seit Anfang 2007 ein hierfür zugelassenes Medikament namens Lucentis vom Hersteller Novartis zur Verfügung. Allerdings kostet dieses pro Anwendung mehr als 1.000,00 €. Davon benötigt jeder Patient drei im Abstand von vier Wochen, danach individuell meist weitere. Das Medikament Avastin von Roche dagegen kosten nur 80,00 € je Anwendung. Das Arzneimittel ist jedoch lediglich für die Behandlung von Darm- und Brustkrebs zugelassen und kann in der Augenheilkunde nur im sogenannten "Off-Label-Use", also außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung, eingesetzt werden.

Nach Auffassung des Sozialgerichts ist der Vertrag aber rechtens. Denn er gewährt den behandelnden Ärzten die volle Therapiefreiheit und damit ihre ärztliche Entscheidungsfreiheit für Lucentis, Avastin oder ein anderes Produkt. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Vertrag in wirtschaftlicher Hinsicht das Ziel verfolgt, verstärkt Avastin einzusetzen. Der "Off-Label-Use" sei auch unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zulässig. Das Gericht wies besonders darauf hin, dass die Wirksamkeit von Avastin bei dieser Behandlung seit 2006 weltweit durch über 100.000 Anwendungen erwiesen sei.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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