(27.10.2016) Im Rahmen einer Kastration eines Pferdes hat der Tierarzt den Eigentümer des Pferdes umfassend über die zur Verfügung stehenden Kastrationsmethoden und deren unterschiedliche Risiken aufzuklären. Bei einer im Liegen durchgeführten Kastration hat der Tierarzt eine beidseitige Ligatur (Unterbindung von Gefäßen mittels Durchtrennung) durchzuführen, nicht lediglich eine einseitige. Die abgetrennten Gefäße sind dabei sicher zu vernähen. Tut er dies nicht, handelt er fehlerhaft und muss dem Eigentümer den Wert des Pferdes und die weiteren Behandlungskosten in einer Tierklinik ersetzen (OLG Hamm, Urteil vom 12.9.2016 - 3 U 28/16).

Operation eines PferdesDer Fall:

Im Herbst 2013 beauftragte die Klägerin den beklagten Tierarzt mit der Kastration ihres Hengstes "Apache". Dieser entstammte der iberischen Rasse und war von der Klägerin wenige Wochen zuvor für 5.000 Euro in Spanien erworbenen worden. Bei dem im Oktober 2013 in Vollnarkose am liegenden Pferd durchgeführten Eingriff führte der Tierarzt nur eine einseitige Ligatur durch und sicherte diese auch nicht durch Transfixation (sichere Vernähung des abgetrennten Gefäßes) ab.

Nach der Operation kam es zu Komplikationen, in deren Folge das Tier in die Tierklinik verlegt werden musste. Hier wurde es operativ versorgt. Nach aufgetretener Myopathie und einem Multiorganversagen konnte das Pferd nicht in den Stand verbracht werden und musste eingeschläfert werden.

Die Klägerin warf dem Tierarzt Aufklärungsfehler und schwere Behandlungsfehler vor. Beim Aufstehen des Pferdes seien die nicht hinreichend verschlossenen Gefäße aufgebrochen und die Ligatur sei abgerutscht.

Die Entscheidung:

Nach sachverständiger Beratung bestätigte das LG die dem Tierarzt vorgeworfenen Fehler. Das OLG Hamm folgte dem Landgericht, bejahte einen Aufklärungsfehler und einen schweren Behandlungsfehler und verurteilte den Tierarzt, der Klägerin den Wert des Pferdes und die weiteren Behandlungskosten der Tierklinik (insgesamt EUR 8.000) zu ersetzen.  

Praxisanmerkung:

Der Tierarzt sollte den Patienten auch über alternative Kastrationsmethoden informieren. Es empfiehlt sich, für diese Operationen ein Aufklärungsformular zu formulieren und dieses vom Eigentümer unterschreiben zu lassen. 

Bei der Durchtrennung von Gefäßen im Rahmen der Kastration ist der Tierarzt gehalten, sichere Transfixationen durchzuführen, um ein Abrutschen der Ligatur zu verhindern. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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