(19.10.2016) Bei stationärer Aufnahme von Privatpatienten in einem Plankrankenhaus, das dem KHEntgG unterfällt, muss das Krankenhaus selbst die wesentlichen Behandlungsleistungen durch das dort beschäftigte Krankenhauspersonal erbringen. Die durch externe Ärzte, insbesondere sog. Honorarärzte, erbrachten Leistungen können allenfalls ergänzende Funktion haben. Erbringt ein Honorararzt dagegen die Kernleistung der Behandlung in eigener Verantwortung, scheitert sein gegen den Privatpatienten gerichteter Honoraranspruch an § 17 III KHEntgG (LG Regensburg, Urteil vom 05. August 2014 – 2 S 42/14).

Operation in der KlinikDer Fall:

Der privat versicherte Patient (Kläger) schloss eine Wahlleistungsvereinbarung vom 14.12.2010 mit einem Krankenhaus. Operiert wurde er durch den Beklagten, einen Chirurg in eigener Praxis, der den Patienten auch vorher schon in seiner Praxis behandelt hatte.

Nach operativer Behandlung forderte der Privatpatient das Behandlungsentgelt, das er dem Beklagten gezahlt hatte, zurück. Das Landgericht gab seiner Klage statt. Dagegen legte der Arzt Berufung ein. 

Die Entscheidung:

Der Klage ist stattzugeben, der Kläger hat gegen den Beklagten einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 1.843,56 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.

Der Kläger hat auf die an ihn gerichtete Rechnung vom 17.01.2011 (Anlage K 3) an den Beklagten einen Betrag von 1.843,56 € bezahlt. Diese Leistung erfolgte jedoch ohne Rechtsgrund, da der Beklagte gegenüber dem Kläger nicht aus der Wahlleistungsvereinbarung vom 14.12.2010 liquidieren durfte.

Der Kläger hat sich am 14.12.2010 zur stationären Behandlung in das Klinikum ... in ... begeben, um sich einer Schulter-​Operation zu unterziehen. Diesem chirurgischen Eingriff lag ein Behandlungsvertrag vom 14.12.2010 zugrunde, den der Kläger mit dem Klinikum geschlossen hat. Zugleich hat der Kläger am selben Tag gesondert mit dem Klinikum eine Wahlleistungsvereinbarung getroffen. Ebenfalls am 14.12.2010 hat der Chefarzt der zuständigen Fachabteilung den Beklagten mit der Durchführung der bei dem "Wahlleistungspatienten" geplanten Operation beauftragt.

Diese Urkundslage stellt jedoch die tatsächlichen Gegebenheiten auf den Kopf:

In Wahrheit handelte es sich bei dem Kläger von vornherein um einen Patienten des Beklagten. Der Kläger hatte den Beklagten im Vorfeld in dessen Praxis ... konsultiert. Dort wurde der Kläger vom Beklagten als Patient behandelt und ihm zur gegenständlichen Operation geraten. Auf Veranlassung des Beklagten, der unstreitig nicht Belegarzt ist, wurde der Kläger zwecks Durchführung dieser Operation in das Klinikum ... eingewiesen. Wie die formlose Anhörung des Klägers ergeben hat, wurde dieser stationäre Krankenhausaufenthalt im Wesentlichen vom Beklagten betreut. Andere Fachärzte waren mit der medizinischen Behandlung des Klägers nicht weiter befaßt (mit Ausnahme eines Anästhesisten). Diese Situation stellt sich so dar, dass der Beklagte die volle medizinische Verantwortung für die von ihm durchgeführte Operation getragen hat. Kein anderer Arzt des Klinikums (mit Ausnahme des Anästhesisten) hat den Kläger untersucht, eine Diagnose gestellt oder ihn über die Notwendigkeit der anstehenden Operation beraten.

Leistungen durch dritte Ärzte dürfen allerdings aus grundsätzlichen Erwägungen nicht dazu führen, dass die Verantwortung für die Gesamtbehandlung auf diese verlagert wird, denn dann hätte diese drittärztliche Leistung nicht mehr nur ergänzende oder unterstützende Funktion, sondern wäre eine Behandlungsübernahme, weshalb bei einem externen Arzt schon begrifflich keine Leistung eines Dritten im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 KHEntgG vorliegt, wenn er sämtliche diagnostische und therapeutische Leistungen übernehmen soll (Kutlu in: Spickhoff Medizinrecht 2. Aufl., § 2 KHEntgG Rdnr. 12 mwN).

Nach dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung (§ 613 BGB) hätte vielmehr das Klinikum den mit dem Kläger geschlossenen Behandlungsvertrag zu erfüllen gehabt. Als Vertragspartner hätte das Klinikum allenfalls einfache ärztliche oder sonstige medizinische Verrichtungen delegieren dürfen, sofern nicht die Kernleistung betroffen ist, wie z.B. Anästhesie (Spickhoff aaO, § 17 KHEntgG Rdnr. 14).

Hiervon kann im vorliegenden Fall - wie oben dargestellt - aber nicht die Rede sein.

Der Beklagte war daher nicht berechtigt, gegenüber dem Kläger aus der Wahlleistungsvereinbarung vom 14.12.2010 zu liquidieren. Ein externer Honorar- oder Konsiliararzt kann aus einer solchen Wahlleistungsvereinbarung nur dann abrechnen, wenn die Vereinbarung den Voraussetzungen in § 17 Abs. 3 KHEntgG entspricht. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht erfüllt. Der Beklagte hat seine ärztliche Tätigkeit zugunsten des Klägers nämlich nicht auf Veranlassung des Klinikums erbracht. Wie jedoch dem Wortlaut von §§ 17 Abs. 3 S. 1, 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 KHEntgG zu entnehmen ist, muss die Leistung des externen Arztes von einem Arzt des Klinikums veranlasst worden sein.

In der vorliegenden Fallkonstellation finden sich hierfür aber keine Anhaltspunkte. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass der Beklagte ausdrücklich als Wahlarzt für Schulteroperationen im DRG-​Entgelttarif des Klinikums ... vom 30.10.2010 (Anlage B 1) aufgeführt ist und die gegenständliche Wahlleistungsvereinbarung vom 14.12.2010 auf den DRG-​Entgelttarif Bezug nimmt. Mangels Anstellungsverhältnisses mit dem Klinikum handelte der Beklagte gerade nicht als Vertreter des Chefarztes der einschlägigen Fachabteilung.

Mit der hier vorliegenden Vertragsgestaltung wurden vielmehr gesetzliche Vorgaben umgangen. So führt auch das LG München I in seinem Urteil vom 24.02.2014 (Az. 9 S 9168/13, vorgelegt als Anlage B 24) wie folgt aus:

Die eindeutigen und zwingenden Formvorschriften des § 17 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 a.E. KHEntgG in der Fassung bis zum 31.12.2012 stehen einerweiteren Ausdehnung im Wege der Auslegung auch entgegen. Denn wenn - wie § 17 Abs. 3 S. 1 a.E. KHEntgG deutlich macht - in der Wahlleistungsvereinbarung auf den Regelungsgehalt des § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG ausdrücklich hinzuweisen ist und dies auch der Form des § 17 Abs. 2 KHEntgG entsprechen muss, dann liefe es dem Zweck der ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung zuwider, wenn die Wahlleistungsvereinbarung auch auf externe Ärzte, die nicht in der Wahlleistungsvereinbarung genannt sind und deren Leistung auch nicht durch das Krankenhaus, sondern durch sie selbst bzw. den Patienten veranlasst wird, ausgedehnt würde. Eine solche Auslegung wäre gerade nicht mehr schriftlich dokumentiert und für den Patienten auch nicht mehr erkennbar.

Die Kammer schließt sich diesen überzeugenden Ausführungen an.

Eine in einem Krankenhaus durchgeführte Operation mit einhergehendem stationären Aufenthalt stellt eine Krankenhausleistung dar, deren Vergütung grundsätzlich durch Pflegesätze erfolgt, §§ 2 Nr. 4, 17 KHG. Eine privatärztliche Wahlleistungsvereinbarung stellt eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar, die nur unter den engen Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 KHEntgG möglich ist. Der Wortlaut dieser Regelung und die darin enthaltene Fallkonstellation sind abschließend. § 17 Abs. 3 KHEntgG beschränkt daher das zivilrechtliche Prinzip der Privatautonomie und entfaltet den Charakter eines Verbotsgesetzes (so auch LG Düsseldorf, Urteil vom 06.03.2014, Az. 21 S 187/12, vorgelegt als Anlage B 18).

Der Kläger schuldet daher die Vergütung für die für ihn erfolgreich erbrachte Operation dem Klinikum nicht jedoch dem Beklagten. Deshalb hat er gegen den Beklagten einen bereicherungsrechtlichen Rückgewähranspruch, der Klage war also stattzugeben auch über den vom AG bereits festgesetzten Betrag hinaus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert wurde in Anwendung von § 3 ZPO bestimmt.

Praxisanmerkung:

Das Urteil erging noch vor dem bekannten Urteil des BGH vom 16.10.2014 zum Honorararzt, liegt aber inhaltlich auf derselben, restriktiven Linie. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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