Vor einer Beinverlängerungs-Operation zur Behebung einer Beinlängendifferenz ist der behandelnde Arzt verpflichtet, den Patienten über das Risiko einer Beinachsenverschiebung aufzuklären. Für diese Aufklärung reicht die Behauptung, der Patient sei "ordnungsgemäß aufgeklärt" worden, nicht aus. Eine - gemeinsam haftende - Gemeinschaftspraxis erfordert, dass die ärztlichen Leistungen von allen Ärzten der Praxis erbracht werden können. Zwar kann die Verwendung des Begriffes "wir" für die Ärzte einer Praxis sowie die Bezeichnung als "Das Team" im Sinne eines Rechtscheines nahelegen, dass eine Gemeinschaftspraxis vorliegt; eine gemeinsame Haftung aller Ärzte der Praxis aufgrund Rechtscheines erfordert aber, dass der Patient gerade Wert darauf gelegt hatte, den Behandlungsvertrag mit sämtlichen Mitgliedern der vermeintlichen Gemeinschaftspraxis zu schließen. Die nach der Operation fortbestehende Beinlängendifferenz, die Erforderlichkeit einer Zweitoperation und die bestehende Schmerzsymptomatik rechtfertigen ein Schmerzensgeld von 13.000 € (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.11.2015 - 12 U 182/14).  

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Auf die Berufungen des Klägers und des Beklagten zu 1. wird das am 13. August 2014 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - Az.: 11 O 110/12 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 13.021,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Juli 2012 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 731,02 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers erster Instanz haben der Kläger 86% und der Beklagte zu 1. 14% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. haben der Kläger zu 57% und der Beklagte zu 1. zu 43% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. und 3. hat der Kläger zu tragen.

Von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers in der Berufungsinstanz haben der Kläger 84% und der Beklagte zu 1. 16% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. in der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 57% und der Beklagte zu 1. zu 43% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. und 3. hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Fall:

Gründe:

I. Der am …01.1988 geborene Kläger, der unter dem „Asperger-Syndrom“, einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung innerhalb des Autismusspektrums mit den Folgen von Schwächen im Bereich der sozialen Interaktion und Kommunikation mit eingeschränkten und stereotypen Aktivitäten und Interessen leidet, nimmt die Beklagten wegen einer im Zusammenhang mit der von dem Beklagten zu 1. durchgeführten Operation zur Beinverlängerung behaupteter Aufklärungs- und Behandlungsfehler auf Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für weitere materielle und immaterielle Schäden in Anspruch. Die Parteien streiten über eine ordnungsgemäße Aufklärung durch den Beklagten zu 1., eine fehlende Indikation und fehlerhafte Durchführung der Operation sowie eine fehlerhafte ambulante Nachbehandlung durch den Beklagten zu 1. Ferner besteht Streit über die Passivlegitimation der Beklagten zu 2. und 3. als vermeintliche Mitgesellschafter einer von den Beklagten unter der Bezeichnung „Chirurgisch-orthopädische Praxis an der …“ in … betriebenen Gemeinschaftspraxis.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Diese sind dahingehend richtigzustellen, dass der Beklagte zu 2. für das Land Brandenburg keine kassenärztliche Zulassung besitzt und nach eigenem Bekunden lediglich samstags und gegebenenfalls freitags Begutachtungen in den Praxisräumen des Beklagten zu 1. durchführt. Die Beklagte zu 3. ist Anästhesistin und war nach eigenen Angaben einmal wöchentlich in der Praxis als Narkoseärztin für ambulante Operationen tätig. Mittlerweile ist die Beklagte zu 3. nicht mehr in der Praxis tätig.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil den Beklagten zu 1. zur Zahlung von 8.021,56 € nebst Zinsen an den Kläger verurteilt und die Feststellung ausgesprochen, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren materiellen und derzeit nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aufgrund der durchgeführten ärztlichen Behandlung des Klägers zu ersetzen. Die gegen die Beklagten zu 2. und 3. gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:
Die Beklagten zu 2. und 3. seien nicht passivlegitimiert. Der Kläger habe nicht hinreichend dargetan, dass die Beklagten eine Gemeinschaftspraxis führten. Die von den Beklagten zu 2. und 3. geschilderten Tätigkeiten stellten keine ärztlichen Leistungen dar, die nach Art und Umfang mit denen des Beklagten zu 1. vergleichbar seien und auch von den Beklagten zu 2. und 3. erbracht werden könnten. Die Beklagten träten auch nicht wie zu einer Gemeinschaftspraxis verbundene Ärzte nach außen auf.

Nach dem Ergebnis der Parteianhörungen und Zeugenvernehmungen sowie den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ließe sich nicht feststellen, dass der Kläger durch den Beklagten zu 1. ausreichend aufgeklärt worden sei. Der Beklagte zu 1. habe nicht bewiesen, dass er den Kläger über das aufklärungspflichtige Risiko einer Achsfehlstellung aufgeklärt habe. Die Zeugen hätten eine entsprechende Aufklärung ebenfalls nicht bestätigt. Das Risiko einer Achsfehlstellung habe sich bei dem Kläger auch zweifach verwirklicht. Dass die Achsfehlstellung dadurch entstanden sei, dass der Kläger an dem Wagnerapparat manipuliert habe, habe der Beklagte zu 1. nicht beweisen können. Damit habe die Operation auf einer nicht rechtlich wirksamen Einwilligung des Klägers beruht. Der Kläger habe nachvollziehbar erklärt, in Kenntnis des Risikos einer Achsfehlstellung hätte er auf den operativen Eingriff verzichtet.

Der Sachverständige habe zur Überzeugung des Gerichts die Nachsorge der operativen Behandlung als fehlerhaft bewertet. Der Kläger habe nachvollziehbar und glaubhaft geschildert, dass er mit der Zeit immer stärkere Schmerzen gehabt habe. Jedenfalls ab September 2011 habe der Beklagte zu 1. eine entsprechende Schmerzmedikation verordnen und gegebenenfalls eine Modifikation der Physiotherapie anordnen müssen. Im Hinblick auf die wegen der unzureichenden Aufklärung unwirksame Einwilligung des Klägers in die Operation und die von dem Kläger geschilderten Schmerzen sei ein Schmerzensgeld von insgesamt 8.000,00 € angemessen. Der Feststellungsantrag sei hinsichtlich künftiger materieller und nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden begründet. Soweit der Kläger auch die Feststellung der Ersatzpflicht für heute vorhersehbare immaterielle Schäden begehre, sei dieser Feststellungsantrag unbegründet, da diese Schäden bereits vom zuerkannten Schmerzensgeld umfasst seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das Urteil haben der Kläger und der Beklagte zu 1. wechselseitig Berufung eingelegt.

Der Kläger greift mit seiner Berufung die Abweisung der Klage gegen die Beklagten zu 2. und 3. an und hält das vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld für zu gering. Er rügt, das Landgericht habe sich mit den von ihm vorgetragenen Anhaltspunkten für einen von den Beklagten zu 2. und 3. gesetzten Rechtsschein für das Bestehen einer Gemeinschaftspraxis nicht auseinandergesetzt. Soweit das Landgericht ein Schmerzensgeld lediglich in Höhe von 8.000,00 € zugesprochen habe, beruhe dies auf falscher Beweiswürdigung, unzureichender Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes und falscher Bewertung der für die Bemessung des Schmerzensgeldes wesentlichen Aspekte. Durch die Aussagen der Zeugin K. sei bewiesen, dass die Schmerzsymptomatik beim Kläger bereits deutlich früher als vor dem 06.09.2011, nämlich bereits am 03.07.2011 eingesetzt und nicht nachgelassen hätte. Soweit das Landgericht die Aussagen der Zeugen für nicht ausreichend erachtet habe, hätte es den Sachverhalt weiter medizinisch aufklären müssen. Es sei durchaus plausibel anzunehmen, dass die bereits am 12.08.2011 auf dem Röntgenbild erkennbare Zunahme der Fehlstellung bis zum 16.10.2011 stetig zugenommen habe und dadurch seine - des Klägers - permanente Schmerzen objektiv erklärlich seien. Das Landgericht habe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ferner nicht berücksichtigt, dass er sich ohne weitere fachärztliche Abklärung seiner Beschwerden über mehrere Monate bei anhaltenden starken Schmerzen als „Schauspieler“ und „Simulant“ habe betiteln lassen und die Schmerzen ohne ausreichende Medikation habe aushalten müssen. Der vom Landgericht nicht erkannte Dauerschaden liege in der Tatsache, dass die operative Revision lediglich den Zustand vor dem 29.06.2011 habe wieder herstellen können. Entgegen der Auffassung des Landgerichts begründe das Verhalten des Beklagten zu 1. ein grobes Verschulden, das schmerzensgelderhöhend und keinesfalls zugunsten des Beklagten zu 1. gewertet werden müsse.

Entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts sei der Feststellungsantrag auch hinsichtlich der Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige vorhersehbare immaterielle Schäden begründet. Er habe die Klage als offene Schmerzensgeldklage erhoben, bei der nur die bisher eingetretenen gesundheitlichen Verschlechterungen hochgerechnet bis an das Lebensende in den Schmerzensgeldantrag einbezogen würden. Die medizinisch nahe liegenden zukünftigen Verschlechterungen unterlägen ebenso wie die Realisierung weiterer, nicht nahe liegender Risiken oder Verschlechterungen dem Feststellungsantrag.

Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. den Beklagten zu 1. in Gesamtschuldnerschaft mit den Beklagten zu 2. und 3. zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens weiteren 17.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 329,87 € zu zahlen;
2. die Beklagten zu 2. und 3. in Gesamtschuldnerschaft mit dem Beklagten zu 1. zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 25.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.060,89 € zu zahlen;
3. festzustellen, dass der Beklagte zu 1. in Gesamtschuldnerschaft mit den Beklagten zu 2. und 3. verpflichtet ist, ihm auch alle weiteren derzeit vorhersehbaren immateriellen Schäden aufgrund der sorgfaltswidrigen ärztlichen Behandlung vom 10.05. bis 24.10.2011 zu ersetzen, soweit die Forderungen nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen werden;
4. festzustellen, dass die Beklagten zu 2. und 3. in Gesamtschuldnerschaft mit dem Beklagten zu 1. verpflichtet sind, ihm alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden aufgrund der sorgfaltswidrigen ärztlichen Behandlung vom 10.05. bis 24.10.2011 zu ersetzen, soweit die Forderungen nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

Ferner beantragt der Kläger,
die Berufung des Beklagten zu 1. zurückzuweisen.

Die Beklagten beantragen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1. beantragt darüber hinaus,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1. habe den Kläger ordnungsgemäß und sachgerecht aufgeklärt. In sechs Aufklärungsgesprächen habe der Beklagte zu 1. auf die Möglichkeit der Beinverkürzung auf der kollateralen Seite und Komplikationsmöglichkeiten wie Ausbleiben der Knochenbruchheilung und Notwendigkeit einer zweiten Operation informiert. Es sei unverständlich, dass das Landgericht den Angaben des Klägers mehr Glauben schenke, obwohl der Kläger an dem Asperger-Syndrom, bei dem es sich um eine hochgradige Kommunikationsstörung handele, leide. Der Kläger und seine Eltern hätten in Anbetracht der Vielzahl der Behandlungstermine immer wieder die Möglichkeit gehabt, weitergehende Fragen zu stellen. Nicht nachvollziehbar sei auch, dass das Landgericht in den Entscheidungsgründen die Aussage der Zeugin B. nicht erwähnt habe. Aus der persönlichen Anhörung des Klägers ergebe sich darüber hinaus, dass sein Wunsch nach einer Operation definitiv gewesen sei und er von Komplikationen nichts habe wahrnehmen wollen.

Aus dem Pflegebericht des Gemeinschaftskrankenhaus H. gehe hervor, dass der Kläger unmittelbar nach der Operation mit einer Schmerzpumpe versorgt worden sei, mit der er kontinuierlich hätte Schmerzmittel zuführen können. Er habe lediglich geringe Mengen in den ersten 24 Stunden nach der Operation abgerufen, woraus sich eindeutig ergebe, dass er entgegen seinen Äußerungen und Bekundungen nach der Operation keine Schmerzen gehabt habe. Am dritten Tag nach der Operation sei die Schmerzpumpe mit Zustimmung des Klägers abgestellt worden. Aus dem Pflegebericht gehe auch eindeutig hervor, dass der Kläger am 03.07.2011 an dem Wagnerapparat manipuliert habe. Mit einem derartigen Verhalten des Klägers habe der Beklagte zu 1. nicht rechnen müssen. Die Manipulation durch den Kläger sei auch Ursache dafür gewesen, dass der knöcherne Durchbau später unterblieben sei. Dass der Kläger seit der Operation ununterbrochene Schmerzen gehabt habe, sei nicht dokumentiert worden und werde weiterhin bestritten. Der Kläger habe die Schmerzen nur vorgegeben, um von seinem Vater Aufmerksamkeit zu erhalten.

Bei vollständiger Auswertung der Krankenakte hätte der Sachverständige zu der Feststellung kommen müssen, dass es für die vom Kläger behaupteten erheblichen Schmerzen keinen Anhaltspunkt gegeben habe. Der Kläger habe sich zudem in hausärztlicher Behandlung sowie ab dem 19.07.2011 in psychiatrischer und ab dem 21.07.2011 in neurologischer Behandlung befunden. Der Kläger habe zudem am 27.09.2011 die von dem Beklagten zu 1. empfohlene Operation mittels einer Plattenosteosynthese abgelehnt und trotz der angeblich erheblichen Schmerzen sich erst drei Wochen später in der Charité operieren lassen. Ein weiterer Erfolg versprechender Therapieansatz für einen Neurologen oder Psychiater habe nicht bestanden.

Hilfsweise erheben die Beklagten auch in zweiter Instanz den Einwand der hypothetischen Einwilligung. Der Kläger habe von Anfang an definitiv die Operation durchführen lassen wollen, um von einem als besonders belastend und nachteilig empfundenen gesundheitlichen Handicap befreit zu werden. Soweit er nunmehr behaupte, er hätte auch eine Beinverkürzung auf der anderen Seite in Kauf genommen, sei dies nicht glaubhaft.

Der Senat hat den Kläger und den Beklagten zu 1. im Termin zur mündlichen Verhandlung persönlich angehört.

Die Entscheidung:

II. Beide Berufung sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517 ff ZPO eingelegt und begründet worden.

In der Sache haben die Berufungen nur in geringem Umfang Erfolg.

Soweit sich der Beklagte zu 1. gegen seine Verurteilung dem Grunde nach wendet, bleibt seine Berufung ohne Erfolg (dazu unter 1.). Die Berufung des Klägers hat Erfolg, soweit er ein höheres Schmerzensgeld als vom Landgericht ausgeurteilt, begehrt (dazu unter 2.), im Übrigen ist sie hinsichtlich der begehrten Verurteilung auch der Beklagten zu 2. und 3. unbegründet (dazu unter 3.). Der mit der Klage geltend gemachte Feststellungsantrag war ebenfalls abzuweisen (dazu unter 4.).

1. Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 1. ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz aus den §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB zu, da der von dem Beklagten zu 1. vorgenommene operative Eingriff mangels hinreichender Aufklärung über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken und der dadurch unwirksamen Einwilligungserklärung des Klägers rechtswidrig war.

a) Grundsätzlich ist jeder Eingriff in die körperliche oder gesundheitliche Befindlichkeit des Patienten als Verletzung des Behandlungsvertrages und damit als rechtswidrige Körperverletzung zu werten, wenn er sich nicht im konkreten Fall durch eine wirksame Einwilligung des Patienten als gerechtfertigt erweist (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7., Aufl., Teil C, Rn. 1 f). Der Patient ist vor Durchführung eines Eingriffs über die mit diesem verbundenen Risiken aufzuklären, um unter Wahrung seiner Entscheidungsfreiheit wirksam in den Eingriff einwilligen zu können. Die Aufklärung hat dem Patienten einen zutreffenden allgemeinen Eindruck von der Schwere des Eingriffs und der Art der Belastung zu vermitteln, die sich für seine körperliche Integrität und seine Lebensführung aus dem Eingriff ergeben können (vgl. Brandenburgisches OLG, 1. Zivilsenat, VersR 2000, 1283; Geiß/Greiner, a. a. O., Teil C Rn. 5). Im Rahmen der Aufklärung ist auch das Risiko zu erörtern, inwieweit trotz fehlerfreier medizinischer Behandlung Schadensrisiken bestehen, seien es mögliche Komplikationen während des Eingriffs oder sonstige schädliche Nebenfolgen (vgl. BGH VersR 2005, 1238; Geiß/Greiner a. a. O., Rn. 41). Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken, es genügt eine Aufklärung „im Großen und Ganzen“ über Chancen und Risiken der Behandlung (vgl. BGH VersR 2006, 838; Brandenburgisches OLG, 1. Zivilsenat, a. a. O.). Für die ärztliche Hinweispflicht auf ein bestimmtes Risiko ist dabei nicht der statistische Grad der Risikodichte entscheidend; maßgebend ist vielmehr, ob das Risiko sich im Fall der Verwirklichung für die Lebensführung des Patienten als schwerbelastend darstellt und trotz seiner Seltenheit für den Eingriff spezifisch und für den Laien überraschend ist (vgl. BGH VersR 2000, 725; BGH MDR 2005, 159, VersR 2006, a. a. O.; VersR 2007, 66; OLG Stuttgart VersR 1999, 1500; Brandenburgisches OLG, 1. Zivilsenat, a. a. O.). Darlegungs- und beweispflichtig für eine richtige und vollständige Aufklärung ist der behandelnde Arzt (vgl. BGH VersR 1992, 960).

Nach diesen Maßstäben hat es das Landgericht zu Recht als erwiesen angesehen, dass der Beklagte zu 1. nicht über das aufklärungspflichtige Risiko einer Achsfehlstellung aufgeklärt hat. Der gerichtliche Sachverständige Dr. Se. hat im Rahmen seiner mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vor dem Landgericht erklärt, als besondere eingriffstypische Risiken sei auch über die Möglichkeit einer nicht knöchernen Ausheilung des durchtrennten Knochens, einer Achsfehlstellung am Bein sowie des Verlustes des Längenausgleichs aufzuklären gewesen (vgl. Bl. 279 GA). Dagegen wendet sich der Beklagte zu 1. in der Berufungsinstanz auch nicht. Soweit er geltend macht, der Kläger sei insgesamt in sechs Aufklärungsgesprächen ordnungsgemäß aufgeklärt worden, tragen die Beklagten auch in der Berufungsinstanz nicht konkret vor, dass der Kläger insbesondere über die Möglichkeit einer Achsfehlstellung aufgeklärt worden sei. Sie haben vielmehr lediglich verallgemeinernd vorgetragen, der Kläger sei ausführlich zu Risiken, Nebenwirkungen und Erfolgsaussichten der vorgesehenen Beinverlängerung aufgeklärt worden. Dass dabei konkret auch das Risiko einer Achsfehlstellung angesprochen worden ist, hat der Beklagte zu 1. auch im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht nicht behauptet. Die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme ist zu diesem Punkt ebenfalls unergiebig geblieben. Die Zeugin B. konnte lediglich allgemein bekunden, der Kläger sei auf die Möglichkeit von Reizungen und Entzündungen oder andere Komplikationen hingewiesen worden. Der Beklagte zu 1. habe allgemein darauf hingewiesen, dass es „Probleme geben könne“, weshalb sich der Kläger den Eingriff ganz genau habe überlegen sollen. Eine solche lediglich allgemein gehaltene Aufklärung ist jedoch nicht als ordnungsgemäß anzusehen.

Auch aus der Dokumentation des Beklagten zu 1. lässt sich eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht entnehmen. Der Sachverständige Dr. Se. hat dazu festgestellt, dass die Behandlungsunterlagen keine Einzelheiten zum Umfang der Aufklärung des Klägers durch den Beklagten zu 1. enthalten (S. 21 f des schriftlichen Gutachtens, Bl. 182 GA). Dokumentiert ist danach lediglich, dass der Kläger am 10.05.2011 über weitere nicht näher bezeichnete Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt worden sei und dass eine eingehende Beratung hinsichtlich der operativen Verlängerung des linken Oberschenkels erfolgt sei. Am 20.06.2011 sei eine erneute Besprechung zur Operation dokumentiert worden. Die in der Behandlungsakte des Gemeinschaftskrankenhauses H. befindliche Operationseinwilligung vom 22.06.2011 benenne nur allgemeine Komplikationsmöglichkeiten. Welchen Umfang die Aufklärung des Klägers im Einzelnen gehabt habe, welche Behandlungsalternativen und welche Risiken und Erfolgsaussichten dem Kläger dargelegt worden seien, lässt sich nach den Feststellungen des Sachverständigen aus den vorliegenden Behandlungsunterlagen nicht entnehmen (S. 9 des Gutachtens, Bl. 170 GA). Insoweit haben die Beklagten den ihnen obliegenden Beweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht erbracht.

b) Dieses Aufklärungsversäumnis ist auch für die beim Kläger eingetretene Gesundheitsbeschädigung kausal geworden. Der Kläger hat glaubhaft bekundet, dass er im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung auch über das Risiko einer verbleibenden Achsfehlstellung nicht in die Operation eingewilligt hätte. Der von den Beklagten erhobene Einwand der hypothetischen Einwilligung greift nicht durch.

Beruft sich der Arzt auf den Einwand der hypothetischen Einwilligung, hat der Patient glaubhaft zu machen, er hätte sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem echten Entscheidungskonflikt befunden, wobei die Darlegung des Konfliktes plausibel, also nachvollziehbar sein muss, hingegen kommt es nicht darauf an, wie sich der Patient entschieden hätte (vgl. BGH VersR 2005, 836; Brandenburgisches OLG, 1. Zivilsenat, a. a. O.; Geiß/Greiner, a. a. O., Teil C, Rn. 138 ff). An die Darlegungspflicht des Patienten sind dabei keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, es genügt, wenn er einsichtig macht, dass ihn die ordnungsgemäße Aufklärung über dass Für und Wider des ärztlichen Eingriffs ernsthaft vor die Frage gestellt hätte, ob er diesem zustimmen sollte (vgl. BGH NJW 1998, 2734; Brandenburgisches OLG, 1. Zivilsenat, a. a. O.). Maßgeblich ist dabei, in welcher persönlichen Entscheidungssituation der Patient bei ordnungsgemäßer und vollständiger Aufklärung gestanden hätte und ob ihn die Aufklärung ernsthaft vor die Frage gestellt hätte, ob er seine Einwilligung erteilen solle oder nicht (vgl. OLG Oldenburg VersR 2006, 517; vgl. auch OLG Koblenz GesR 2005, 15). Dabei sind bei einem nicht zwingend erforderlichen Eingriff besonders strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Koblenz VersR 2003, 1313). Kann der Patient seinen Entscheidungskonflikt plausibel machen, ist es Sache des Arztes zu beweisen, dass gleichwohl eine Einwilligung zu der vorgenommenen Behandlung erteilt worden wäre (vgl. BGH VersR 2005, a. a. O.).

Im Streitfall ist der Senat nach der persönlichen Anhörung des Klägers davon überzeugt, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung sich in einem Entscheidungskonflikt betreffend die Durchführung der Operation befunden hätte. Der Kläger hat glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, dass er zwar wegen der vorhandenen Beinlängendifferenz immer wieder unter Beschwerden gelitten habe und er häufig umgeknickt sei, weshalb er auch das von ihm betriebene Judo nicht länger habe weiterbetreiben können. Aus diesem Grund sei in ihm der Wunsch nach einer Verlängerung des verkürzten Beines gereift. Wäre er auf die speziellen mit der Operation verbundenen Risiken hingewiesen worden, wäre ihm das Risiko zu hoch gewesen und er hätte sich zumindest im Internet über andere Behandlungsmöglichkeiten informiert. So wäre für ihn auch die Möglichkeit einer Verkürzung des anderen Beines in Betracht gekommen, wenn diese mit geringen Risiken verbunden gewesen wäre. Der Senat hegt keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers. Er vermittelte insbesondere im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat nicht den Eindruck, dass es sich bei seiner Schilderung um eine bereits vorgefasste und ergebnisorientierte Darstellung handelte.

c) Der Kausalzusammenhang ist auch nicht deshalb unterbrochen, weil der Kläger an dem Wagnerapparat manipuliert hat, indem er die Schrauben gelöst hat. Die insoweit beweisbelasteten Beklagten haben den diesbezüglichen Beweis nicht führen können. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Se. kann die Ursache der am 03.07.2011 festgestellten Lockerung der Fixierung am Wagnerapparat nicht mehr mit der nötigen Gewissheit aufgeklärt werden, wobei es eher wahrscheinlich erscheine, dass die Fehlstellung auf eine Manipulation des Klägers zurückzuführen sei. Eine solche Wahrscheinlichkeit reicht jedoch im Rahmen des hier von den Beklagten zu führenden Beweismaßes des § 286 ZPO nicht aus. Dem erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Beweisantritt auf Vernehmung des Klägers als Partei zu der Behauptung, er habe an den Schrauben des Wagnerapparates manipuliert, war mangels der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht nachzugehen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es den Beklagten nicht möglich gewesen sein sollte, einen entsprechenden Beweisantrag bereits in erster Instanz vorzubringen, nachdem das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vorlag und daraus ersichtlich war, dass der Sachverständige zu dieser Frage keine gesicherten Feststellungen treffen konnte.

d) Eine weitergehende Haftung des Beklagten zu 1. wegen eines Fehlers bei der medizinischen Behandlung des Klägers besteht nicht.

aa) Die relative Indikation der Operation am 19.06.2011 hat der gerichtliche Sachverständige Dr. Se. als gegeben angesehen und Fehler bei der Durchführung des Eingriffs oder während der ambulanten Behandlung des Klägers im Zeitraum vom 12.07. bis zum 27.09.2011 nicht zu erkennen vermocht. Dies wird vom Kläger mit der Berufung auch nicht weiter angegriffen. Auch soweit in der Röntgenaufnahme vom 12.08.2011 bereits eine leichte Zunahme einer Fehlstellung des Oberschenkelknochens im Vergleich zur Aufnahme vom 04.07.2011 zu erkennen war, hat der Sachverständige ein weiteres Abwarten unter engmaschiger Röntgenkontrolle mit der Option eines Wechsels auf eine interne Fixierung als vertretbar angesehen. Danach ist die beim Kläger letztlich in der Charité … operativ behobene Achsfehlstellung als ein mit der Durchführung der Operation verbundenes spezifisches Risiko anzusehen, das sich im Streitfall schicksalhaft verwirklicht hat.

bb) Soweit der Kläger dem Beklagten zu 1. darüber hinaus eine fehlerhafte Nachbehandlung vorwirft, indem er trotz der vom Kläger bekundeten Schmerzen vor dem 27.09.2011 diese ignoriert und keine weiteren Befunde erhoben habe, kann dahinstehen, ob nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme es als bewiesen anzusehen ist, dass der Kläger bereits fortlaufend vor dem 27.09.2011 gegenüber dem Beklagten zu 1. Schmerzbekundungen geäußert hat. Es steht jedenfalls nicht fest, dass im Falle einer von dem Beklagten zu 1. vorgenommenen Befunderhebung sich in jedem Fall ein reaktionspflichtiger Befund ergeben hätte. Der Sachverständige Dr. Se. hat dazu ausgeführt, dass nach den vorliegenden Behandlungsunterlagen keine objektivierbaren Anhaltspunkte für die vom Kläger geschilderte Schmerzproblematik vorgelegen haben. Könnten organische Ursachen für die geschilderten Schmerzen nicht festgestellt werden, müsse gegebenenfalls ein Facharzt herangezogen werden oder ein Schmerzmittel verabreicht werden, um abzuwarten, wie der Patient darauf reagiere. Hinsichtlich der unterlassenen Schmerzmittelgabe haben die Beklagten mit der Berufungsbegründung vorgetragen, der Kläger habe sich bei seinem Hausarzt Schmerzmittel verschreiben lassen, so dass er unabhängig von einer gegebenenfalls erforderlichen Reaktion des Beklagten zu 1. über die Möglichkeit verfügt habe, Schmerzmittel zu sich zu nehmen. Soweit der Kläger nach der Dokumentation der Physiotherapeutin fortlaufend über Schmerzen geklagt hat, ist dies jedenfalls dem Beklagten zu 1. nicht zuzurechnen, da der Kläger unabhängig von der Behandlung durch den Beklagten zu 1. über Schmerzmittel verfügte und daher nicht ersichtlich ist, dass für den Fall, dass der Beklagte zu 1. dem Kläger vor dem 27.09.2011 ein Schmerzmittel verschrieben hätte, eine Besserung der Beschwerden des Klägers eingetreten wäre. Das erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte neue Vorbringen der Beklagten ist nach § 531 Abs. 2 ZPO noch zu berücksichtigen, da es unstreitig geblieben ist. Der Kläger hat lediglich das Vorbringen als verspätet gerügt, aber nicht konkret bestritten. Soweit der Sachverständige als Reaktion die Konsultation eines Neurologen oder Psychologen für erforderlich gehalten hat, befand sich der Kläger ohnehin nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung bereits parallel in neurologischer und psychiatrischer Behandlung, so dass nicht feststeht, dass eine mögliche Unterlassung einer gebotenen Befunderhebung durch den Beklagten zu 1. sich auf das Befinden des Klägers kausal ausgewirkt hat.

Es steht auch nicht fest, dass es sich bei dem Unterlassen einer diagnostischen Abklärung der vom Kläger geschilderten Schmerzen um einen groben Behandlungsfehler handelt und die medizinisch gebotenen Befunde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen reaktionspflichtigen Befund ergeben hätten mit der Folge, dass zugunsten des Klägers eine Beweislastumkehr eintritt.

2. Der nach alledem ohne wirksame Zustimmung des Klägers durchgeführte rechtswidrige Eingriff rechtfertigt ein Schmerzensgeld in Höhe von 13.000,00 €.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychischen Beeinträchtigungen, wobei Leiden und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere der Operationen, die Dauer der stationären und der ambulanten Heilbehandlungen, den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden (vgl. BGH VersR 1955, 615; Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 11. Aufl., Rn. 274 ff). Dabei muss die Entschädigung zu Art und Dauer der erlittenen Schäden in eine angemessene Beziehung gesetzt werden (vgl. BGH VersR 1976, 968; OLG Hamm MDR 2003, 1249). Schließlich ist das Schmerzensgeld an Urteilen für vergleichbare Fälle zu orientieren (vgl. BGH VersR 1970, 134; Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 281). Im Streitfall hat sich der Kläger einem aufgrund der unwirksamen Einwilligung rechtswidrig vorgenommenen Eingriff unterzogen, der letztlich nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt hat, so dass nach der in der Charité … erfolgten Zweitoperation der ursprüngliche, vor der ersten Operation bestehende Zustand wieder hergestellt worden ist, verbunden mit einer Schmerzsymptomatik, hinsichtlich derer objektivierbare Anhaltspunkte nicht bestehen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf den Eingriff zurückzuführende Dauerschäden nicht bewiesen sind. Der gerichtliche Sachverständige hat den Unterlagen keine Anhaltspunkte für einen dauerhaft verbliebenen Gesundheitsschaden entnommen (S. 24 des Gutachtens, Bl. 185 GA). Soweit der Kläger meint, der Dauerschaden sei darin zu sehen, dass lediglich der Zustand vor der Operation wieder hergestellt werden konnte und die eingetretene Verkürzung am Halteapparat des Klägers voraussichtlich weitere Schäden verursachen werde, verkennt er, dass - unterstellt, er hätte im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung von der Operation Abstand genommen - derartige weitere Schäden auf die Grunderkrankung des Klägers und nicht auf die ärztliche Behandlung durch den Beklagten zu 1. zurückzuführen sind.

Im Hinblick darauf erscheinen die Schmerzensgeldvorstellungen des Klägers übersetzt. Die vom Kläger herangezogene Entscheidung des 2. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 03.11.1998 (2 U 227/97, aufgeführt bei Slizyk, Schmerzensgeldtabelle, 6. Aufl., Rn. 3292) ist nicht vergleichbar, da die dortige Klägerin mehrere Frakturen des Ober- und Unterschenkels erlitten hatte, infolge derer eine Beinverkürzung um 2 cm eingetreten war. Am ehesten vergleichbar erscheint die Entscheidung des OLG Hamburg vom 05.08.2005 (1 U 184/01, veröffentlicht bei Juris). In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall war eine aufgrund einer nicht ordnungsgemäßen Aufklärung rechtswidrige Operation an der Hüfte mit der Folge einer Beinverlängerung um mehr als 3 cm vorgenommen worden, wobei zusätzlich eine Nervschädigung eingetreten war. Das OLG Hamburg (a. a. O.) hat in diesem Fall ein Schmerzensgeld von 15.000,00 € zugesprochen. Da sich im Streitfall der Kläger sowohl der zur Beinverlängerung durchgeführten Operation als auch der aufgrund der eingetretenen Komplikation erforderlichen Nachoperation mit den üblicherweise damit verbundenen Risiken und Nebenwirkungen unterziehen musste, ohne dass es zu weiteren Dauerschäden oder zusätzlichen Schädigungen anderer Organe oder Nerven gekommen ist, erscheint dem Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 13.000,00 € im Streitfall angemessen, aber auch ausreichend.

Soweit das Landgericht ein höheres Schmerzensgeld als den von ihm ausgeurteilten Betrag von 8.000,00 € im Hinblick auf ein besonderes Engagement des Beklagten zu 1. als nicht gerechtfertigt angesehen hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Andererseits liegt auch kein besonderes grobes Verschulden des Beklagten zu 1. vor, das zu einer signifikanten Erhöhung des zuzusprechenden Schmerzensgeldes führen würde.

Der Kläger hat darüber hinaus Anspruch auf Ersatz der ihm entstandenen Kopierkosten in Höhe von 21,56 € sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf der Basis eines Gegenstandswertes von bis zu 16.000,00 € in Höhe von 731,02 € gemäß der vom Landgericht vorgenommenen Berechnung.

3. Die weitergehende Berufung des Klägers, mit der er die Beklagten zu 2. und 3. (Anmerkung: als Teil einer Gemeinschaftspraxis mit dem Beklagten zu 1) auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch nimmt, ist unbegründet.

Zutreffend hat das Landgericht insoweit eine Passivlegitimation der Beklagten zu 2. und 3. verneint. Die Beklagten zu 2. und 3. haften für die Pflichtverletzung des Beklagten zu 1. weder als Mitglieder einer mit dem Beklagten zu 1. ausgeübten Berufsausübungsgemeinschaft, noch unter Rechtsscheingesichtspunkten.

Eine als „Gemeinschaftspraxis“ bezeichnete Berufsausübungsgemeinschaft zwischen den Beklagten lag nicht vor. Darunter wird die gemeinsame Ausübung ärztlicher Tätigkeiten durch mehrere Ärzte der gleichen oder verwandten Fachgebiete in gemeinsamen Räumen mit gemeinschaftlichen Einrichtungen und mit einer gemeinsamen Büroorganisation und Abrechnung verstanden, wobei die einzelnen ärztlichen Leistungen für die jeweiligen Patienten während der Behandlung von einem wie von dem anderen Partner erbracht werden können (vgl. BGHZ 142, 126, 137; BGHZ 165, 36, 39; Geiß/Greiner, a. a. O., Rn. A 15). Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist davon auszugehen, dass der jeweils behandelnde Arzt die Rechtsbeziehungen zum Patienten zugleich auch für seine ärztlichen Kollegen begründet und der Patient zu all diesen Ärzten in vertragliche Beziehungen tritt, so dass gem. § 164 BGB der Arztvertrag zwischen dem Patienten und allen Ärzten der Gemeinschaftspraxis zustande kommt. Ausschlaggebend ist, wie die Zusammenarbeit der Ärzte im Einzelfall organisiert ist und in welcher Weise die Ärzte nach außen gegenüber den Patienten auftreten (vgl. BGH a. a. O.). Nach diesen Maßgaben lag eine solche Berufsausübungsgemeinschaft zwischen den Beklagten nicht vor, da die vom Beklagten zu 1. gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen gerade nicht wahlweise auch durch den Beklagten zu 2. oder die Beklagte zu 3. hätten erbracht werden können. Der Beklagte zu 2. ist kein Chirurg, sondern lediglich ausgebildeter Orthopäde, während die Beklagte zu 3. weder Chirurgin noch Orthopädin, sondern Fachärztin für Anästhesie ist und den Kläger daher von ihrer Ausbildung und ihrer Spezialisierung her nicht chirurgisch oder orthopädisch hätte behandeln können.

Auch eine Haftung nach Rechtscheingesichtspunkten kommt im Streitfall nicht in Betracht. Aus der Art der Abrechnung kann ein Rechtschein das Bestehen einer Gemeinschaftspraxis nicht entnommen werden. Die vom Kläger vorgelegten Abrechnungen (Anlage K6 und K7, Bl. 48 f GA) nennen im Briefkopf „Chirurgisch-orthopädische Gemeinschaftspraxis Dr. med. G. S.“. Der Praxisstempel, unter dem der Beklagte zu 1. die Rechnungen unterschrieben hat, lautet: „Dr. med. G. S., FA für Chirurgie/H-Arzt“. Daraus allein ergibt sich kein Hinweis auf eine etwaige mit den Beklagten zu 2. und 3. bestehende Gemeinschaftspraxis. Ein solcher Rechtschein könnte allenfalls durch den vom Kläger vorgelegten Internetauftritt der Praxis gesetzt worden sein. Insoweit ist dem Kläger zuzugeben, dass sich daraus durchaus der Eindruck ergeben kann, dass es sich bei der Praxis um eine Gemeinschaftspraxis handelt, da in dem Text der Praxisinformation durchgehend von „wir“ die Rede ist und die Beklagten unter dem Link „Die Ärzte“ im Einzelnen vorgestellt werden. Dies ist jedoch letztlich nicht ausreichend, um eine Rechtscheinhaftung zu begründen, da der Kläger nicht vorgetragen hat, er habe sich an den Beklagten zu 1. gerade im Vertrauen darauf gewandt, dass dieser eine Gemeinschaftspraxis betreibt und er deshalb gegebenenfalls im Vertretungsfall auch durch die Beklagten zu 2. und 3. hätte behandelt werden können, er - der Kläger - also gerade Wert darauf gelegt hatte, den Behandlungsvertrag mit sämtlichen Mitgliedern der vermeintlichen Gemeinschaftspraxis zu schließen. Im Übrigen haben die Beklagten unwidersprochen vorgetragen, dass sich aus den Schildern am Praxiseingang kein Hinweis auf eine Gemeinschaftspraxis ergebe, ohne dass der Kläger dem konkret entgegengetreten ist.

4. Der gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsantrag war abzuweisen, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststeht, dass weitere Schäden, die auf die rechtswidrige Behandlung durch den Beklagten zu 1. zurückzuführen sind, nicht eintreten können (vgl. oben unter 2.). Hätte der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung von der Durchführung der Operation Abstand genommen, hätte der gesundheitliche Zustand, wie er nach der Folgeoperation in der Charité … wieder hergestellt worden ist, weiter bestanden. Etwaige in Zukunft auftretende Gesundheitsschäden sind daher nicht der Behandlung durch den Beklagten zu 1., sondern der Grunderkrankung des Klägers zuzurechnen. Immaterielle Schäden, deren Eintritt zum jetzigen Zeitpunkt zwar medizinisch vorhersehbar, aber noch ungewiss sind, sind danach ebenfalls nicht auf die Behandlung durch den Beklagten zu 1. zurückzuführen. Insoweit sind mit dem zuerkannten Schmerzensgeld sämtliche möglichen immateriellen Schäden abgegolten.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe für die Zulassung nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht bestehen. Die Entscheidung des Senats beruht auf dem hier zu beurteilenden Einzelfall und weicht dabei nicht von bestehender höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung ab, so dass der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 3 ZPO i. V. m. §§ 45 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz GKG auf bis zu 40.000,00 € festgesetzt.

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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