Rechnet ein Arzt schlicht versehentlich eine tatsächlich ordnungsgemäß erbrachte Leistung statt einer korrekten Gebührenposition ab (hier: jeweils drei Einzelsachkostenpauschalen (Nr. 40806/40807/40808 EBM 2008) anstelle der Wochenpauschale (Nr. 40800/40802/40804 EBM 2008)), so darf lediglich der Differenzbetrag zwischen tatsächlicher und abgerechneter Leistung zurückgefordert werden; die ansonsten übliche und zulässige vollständige Rückforderung des Honorars ist nicht zulässig (Sozialgericht Gotha, Urteil v. 14.01.2015 - S 2 KA 4767/11).

Der Fall:

Die Klägerin ist eine Dialyse-BAG. Sie rechnete in der 40. Kalenderwoche 2008, die in das nächste Quartal übergriff, bei 84 Dialyse-Patienten jeweils drei Einzelsachkostenpauschalen (Nr. 40806/40807/40808 EBM 2008) anstelle der Wochenpauschale (Nr. 40800/40802/40804 EBM 2008) ab. Die beklagte KV berichtigte diese Leistungen vollständig (rund 14.000,00 €).

Die Entscheidung:

Das SG hob den Berichtigungsbescheid auf. Die beklagte KV musste den berichtigten Betrag an die Dialyse-BAG ausbezahlen.

Nach Ansicht des Gerichts gibt es keinen generellen und gleichmäßig schematisch auf alle Fälle des schlichten Versehens anzuwendenden Korrekturmechanismus, da es unterschiedliche Fehlertypen gibt, die auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sein können. Daher müsse je nach Fehlertyp und unter Berücksichtigung des Regelungsziels von § 106a Abs. 2 SGB V entschieden werden, auf welche Weise und in welchem Umfang zu korrigieren sei. Das gesamte Honorar könne daher nur dann zurückgefordert werden, wenn der Fehler auf der Ebene der Leistungserbringung liege. Denn für fehlerhaft erbrachte Leistungen besteht (gar) kein Vergütungsanspruch. Die Honorarrückforderung nach § 106a SGB V ist in Konstellationen, in denen die (formalen und inhaltlichen) Abrechnungsvoraussetzungen einer Gebührenordnungsposition vorliegen und an ihrer Stelle aufgrund eines schlichten Versehens eine andere Gebührenordnungsposition abgerechnet worden ist, auf den Differenzbetrag zwischen abgerechneter und tatsächlich entstandener Gebührenordnungsposition zu begrenzen

Ist dem Arzt danach ein finanzieller Vorteil nicht entstanden, ist die Honorarrückforderung sogar vollständig aufzuheben.

Anmerkung:

Nach § 106a SGB V werden Rechtmäßigkeit (Abrechnungsfehler: Leistung nicht oder fehlerhaft erbracht oder falsch berechnet) und Plausibilität (Abrechnung inplausibel, wenn z.B. der Arzt laut den Mindestzeiten der abgerechneten Leistungen an mehr als drei Tagen im Quartal mehr als zwölf Stunden am Tag gearbeitet haben will) der Abrechnungen des Arztes überprüft. Die sog. Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) beschäftigt sich dagegen mit der Frage der Einhaltung der Richtgrößen für Arzneimittel, Verbandsmittel und Heilmittel. Wie genau die Honorare bei Fehlern der Berechnung etc. zu berichtigen sind, steht nicht in § 106a SGB V.Dies ist in sog. Prüfvereinbarungen nach § 106a Abs. 5 SGB V niedergelegt. Das SG Gotha hat nun das Wie der Korrektur präzisiert und die Auffassung vertreten, dass bei schlicht versehentlichen Abrechnungsfehlern ein völliger Wegfall des Honoraranspruches unangemessen ist. Dies ist zu begrüßen, weil der völlige Wegfall des Honoraranspruches hier schlicht ungerecht wäre.

Zum Thema: 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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