Verletzt ein Chiropraktiker, der keine Heilpraktikererlaubnis besitzt, einen Patienten bei einer chiropraktischen Maßnahme (Einrenken des Halses), so ist er zum Schadensersatz sowie zur Leistung von Schmerzensgeld verpflichtet, da seine Tätigkeit wegen des Fehlens einer Heilpraktikergenehmigung unrechtmäßig war (OLG Oldenburg, Hinweis 26.1.2015 - 5 U 71/13).

Der Fall:

Wegen Kopfschmerzen und einem Kribbeln in der rechten Körperhälfte suchte der Kläger Anfang 2008 ein Krankenhaus auf, von wo aus er an einen Neurologen verwiesen wurde. Später litt er auch noch unter starken Rückenbeschwerden. Daher suchte er einen Reiki-Meister - den späteren Beklagten - auf. Dieser war nicht im Besitz einer Genehmigung für Heilpraktiker. Der Beklagte bewegte Kopf des Klägers ruckartig einmal nach links und einmal nach rechts. Seitdem erlitt der Kläger fünf Schlaganfälle. Der Kläger musste lange stationär behandelt werden, war für vier Jahre arbeitsunfähig erkrankt und wird dauerhaft unter den Folgen der Schlaganfälle leiden. Heute liegt ein Grad der Behinderung von 50% vor.
Der Kläger ist der Meinung, dies sei auf die unsachgemäße Behandlung durch den Beklagten zurückzuführen und verlangte Schadensersatz etc.

Das Landgericht gab dem Patienten Recht. Dagegen legte der Reiki-Meister Berufung ein.

Die Entscheidung:

Der beklagte Reiki-Meister hat nach einem entsprechenden Hinweis des OLG Oldenburg seine Berufung gegen ein Urteil des LG Oldenburg zurückgenommen. Damit hat er die landgerichtliche  Verurteilung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 20.000 Euro und weiterer 3.600 Euro als Schadensersatz hingenommen.

Das OLG hatte dem Beklagten mitgeteilt, dass es nach der Beweisaufnahme (Sachverständigenbeweis) der Auffassung ist, dass die Beschwerden auf der Behandlung des Beklagten beruhen. Die Infarkte durch das Einrenken ausgelöst worden seien. Bei dem Manöver seien kleine Blutgerinnsel, sog. Thromben gelöst worden, die die Blutgefäße im Gehirn verstopft und so zu einer Sauerstoffunterversorgung geführt hätten.
Diese Behandlung sei auch unrechtmäßig, weil der Beklagte keine Heilpraktikergenehmigung besitzt. Die chiropraktische Behandlung falle in den Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes. Daher dürfe der Beklagte auch keine Heilbehandlungen ausführen. Zweck des Erlaubnisvorbehalts des Heilpraktikergesetzes sei unter anderem, ein Minimum an Fachkunde auf Seiten des Behandelnden sicherzustellen, um die Patienten davor zu schützen, dass der Behandelnde sie, z.B. weil er die Bedeutung seines Handelns verkennt, schädigt. Gerade diese Gefahr, vor der das Heilpraktikergesetz schützen soll, hatte sich aus Sicht des OLG Oldenburg hier verwirklicht.

Anmerkung:

Die patientenschützende Entscheidung ist zu begrüßen. Der Leser schmunzelt aber, weil auch eine Heilpraktikergenehmigung keine größere Sachkunde verspricht als die Bezeichnung "Reiki-Meister". Denn die Anforderungen, die das Heilpraktikergesetz an die Erlangung der Genehmigung stellt, sind bekanntermaßen minimal. Allgemein kann Patienten geraten werden, sich von Fachleuten, also ausgebildeten Ärzten behandeln zu lassen und nicht von anderen Personen, die die erforderliche Fachkunde gerade nicht besitzen.

§ 1 Heilpraktikergesetz
(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.
(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

§ 5 Heilpraktikergesetz
Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Zum Thema:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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