Klärt ein Arzt seinen Patienten vor Beginn der Koloskopie-Behandlung nicht über das Risiko einer Verletzung des Darms auf und kommt es zu einer solchen Darmverletzung, so begründet dies eine Arzthaftung in deren Folge der Arzt dem Patienten Schadensersatz und Schmerzensgeld schuldet (OLG Hamm, Urteil vom 3.9.2013 - 26 U 85/12).

Im vorliegenden Fall übergab der Arzt dem Patienten vor der Koloskopie nur ein allgemein gehaltenes Schriftstück, in dem auf "die mit dem Eingriff verbundenen unvermeidbaren nachteiligen Folgen, mögliche Risiken und Komplikationsgefahren" hingewiesen wurde. Ob der Arzt den Patienten darüberhinaus in der erforderlichen Weise mündlich über die - zwar seltenen aber in ihren Folgen gravierenden - Risiken einer Darmperforationen aufklärte, ist zwischen den Parteien streitig und dem Arzt gelang es nicht, diesen ihm obliegenden Beweis zu führen. Der Kläger erlitt dann eine Darmperforation und machte Arzthaftungsansprüche u.a. wegen Aufklärungsfehlern geltend.

Das Gericht weist darauf hin, dass die bloße Übergabe von Infornationsblättrern ohnehin nicht ausreicht, die Aufklärungspflichten zu erfüllen. Der Arzt muss die Risiken mit dem Patienten zumindest in groben Zügen erörtern. Der Hinweis auf "unvermeidbare nachteilge Folgen" ist aus Sicht des Gerichtes eher verharmlosender Natur.

Auch mit Hilfe seiner Arzthelferin konnte der Arzt diesen Beweis nicht führen, weil sie bei dem konkreten Gespräch nicht anwesend war.

Im Ergebnis erhielt der Kläger, der nach der Darmperforation notfallmäßig operiert werden musste, an einer Bronchopneumonie sowie einem septischen Schock litt und in Rehabiliationsbehandlung kam und frühverrentet wurde, ein Schmerzenssgeld von EUR 220.000,00 zugesprochen. Hinzu kamen Verdienstausfälle und Kosten für vermehrte Bedürfnisse wegen Pflegekosten sowie der vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Näheres zu dem Urteil finden Sie unter http://dejure.org/2013,26669

Fazit:

Aus Sicht des Patienten sollte dieser schon vor der Operation auf einem mündlichen Aufklärungsgespräch ausdrücklich bestehen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der im laufenden Klinikalltag stark beanspruchte Arzt sich auch tatsächlich die Zeit für ein solches Gespräch nimmt. Der Patient sollte zu dem Gespräch immer einen Zeugen hinzuziehen.

Operierenden Ärzten kann nur geraten werden, sich für dieses Gespräch Zeit zu nehmen und deutlich auf die bestehenden Risiken in groben Zügen hinzuweisen und dem Patienten die Möglichkeit zu Nachfragen zu geben. Zugleich soll er die Risiken in dem Aufklärungsformular zumindest schlagwortartig handschriftlich in dem dafür vorgesehenen Freifeld oder sonst am Rande oder zwischen den Zeilen vermerken. So ist er auch gegen die immer wieder anzutreffende Ungenauigkeit der Formulare geschützt. Sodann ist dieses Formular vom Patienten zu datieren und zu unterzeichnen. Anschließend - und hier werden immer noch Fehler gemacht - ist das Formular zu kopieren. Das Original verbleibt in der Klinik nachdem der Patient auf diesen den Empfang der Kopie quittiert hat. Nur so kann der Arzt die umfangreichen Aufklärungs- und Dokumentationspflichten erfüllen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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