Es stellt einen gravierenden Verstoß gegen die ärztliche Berufsordnung dar, wenn ein HNO-Arzt einen schwerhörigen Patienten - ohne ein weiteres Gespräch zur Wahl der Hörgeräteakustikers - auf die Möglichkeit hinweist, sich doch durch einen bestimmten, in seine Praxis kommenden Akustiker mit einem Hörgerät versorgen zu lassen. Diese Zuweisungen sind künftig zu unterlassen, andernfalls muss der HNO-Arzt ein Ordnungsgeld von EUR 250.000 bezahlen (LG Trier, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 7 HK O 54/12 -).

Ein HNO-Arzt behandelte einen schwerhörigen Patienten. Es war die Versorgung des Patienten durch ein Hörgerät angezeigt. Der HNO-Arzt wies den Patienten dann sogleich darauf hin, dass er die Möglichkeit habe, sich von einem bestimmten Hörgeräteakustiker, der zu dem HNO-Arzt in die Praxis käme, mit dem erforderlichen Hörgerät versorgen zu lassen. Der Patient unterzeichnete ein Formblatt, wonach er erklärte, dass er von seinem behandelnden Arzt über die Möglichkeiten der Versorgung mit Hörgeräten über einen Hörgeräteakustiker der eigenen Wahl informiert wurde, er aber explizit die Behandlung durch den empfohlenen Akustiker wünsche. Dem Patienten wurde dann von der Sprechstundenhilfe des Arztes der Hinweis erteilt, dass er natürlich auch einen Akustiker seiner Wahl aufsuchen könne.

Das Landgericht Trier sah in diesem Verhalten des Arztes einen Verstoß gegen die ärztlichen Berufspflichten gemäß der Berufsordnung der Ärzte.

Nach der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä) §§ 30 ff. hat der Arzt bei der Zusammenarbeit mit Dritten seine ärztliche Unabhängigkeit zu wahren. Diese Unabhängigkeit ist bei einem Akustiker, der zu dem Arzt in die Praxis kommt und den Patienten von dem Arzt auf die hier vorliegende Weise empfohlen wird, sicher nicht mehr gegeben. Ohne einen hinreichenden Grund kann der Arzt den Patienten nicht an einen bestimmten Leistungserbringer verweisen.

Folgende Gründe werden von der Gerichten in der Regel akzeptiert:

  • Vermeidung weiter Wege bei gehbehindertem Patient
  • bessere Qualität der Versorgung bei einem bestimmten Versorger
  • schlechte Erfahrungen mit anderen Leistungserbringern vor Ort
  • Patient bittet Arzt ausdrücklich um eine Empfehlung zB bzgl. eines orthopädischen Schuhmachers oder eines Hörgeräteakustikers

Tipp:

Hier ist genau zu prüfen, ob der Patient den Arzt von sich aus nach einer empfohlenen Versorgung fragt oder ob der Arzt den Patienten fragt, ob er denn jemanden kenne, zu dem er nun gehen könne. Beides ist erlaubt. Verboten ist es aber, wenn der Arzt den Patienten von sich aus auf einen bestimmten Versorger hinweist.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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