Europäische Patienten können nach EU-Recht in Zukunft auch eine Behandlung von Ärzten im Ausland vornehmen lassen. Die gesetzlichen Krankenversicherungen müssen die Kosten in Höhe der nationalen Regelsätze begleichen. 

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung heute berichtete können sich europäische Patienten nach einem Beschluß der Europäischen Parlamentes künftig in jedem Land der Europäischen Union ambulant behandeln lassen auf Kosten ihrer gesetzlichen Krankenversicherung. Dies ist ohne vorherige Genehmigung ihrer Krankenkasse möglich. Nur bei längeren Krankenhausaufenthalten und teuren ärztlichen Spezialbehandlungen müssen sie  zunächst eine Genehmigung einholen. Die Kassen dürfen die Genehmigung aber nur im Ausnahmefall verweigern.

Die nationalen Krankenkassen sind dann verpflichtet, den Satz für die Behandlung zu bezahlen, der im eigenen Land für die Behandlung entstanden wäre. Ist die ausländische Behandlung teurer, muss der Patient die Differenz tragen.

Die Regelung muss bis Ende 2013 von den Nationalstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.

Die Regelung soll vor allem diejenigen Patienten helfen, die im eigenen Land lang auf eine Behandlung warten mussten. Sie können künftig in einem anderen EU-Staat sich behandeln lassen, schießen dort die Kosten vor und lassen sich dann den nationalen Satz von der eigenen Krankenversicherung erstatten.

Allerdings sind einige Rechtsunsicherheiten zu erwarten: Der Patient kann nicht ohne weiteres wissen, welchen Teil der Behandlungskosten die eigene Kasse erstatten wird und wieviel der ausländische Arzt überhaupt abrechnet. Auch kann es Übersetzungsprobleme bei den Arztrechnungen geben. Hier sollte sich der Patient einen Kostenvoranschlag von dem ausländischen Arzt holen und diesen bei seiner Krankenkasse mit der Bitte um Kostenzusage einreichen.

Es bleibt abzuwarten, wie diese Regelung in deutsches Recht umgesetzt wird.

Profitieren dürfte von der Neuregelung nach Ansicht von Fachleuten die deutsche Gesundheitsbranche, insbesondere auch Ärzte in den Grenzregionen und den grenznahen Großstädten (insbesondere in Hamburg, Berlin und  München). Im Übrigen gibt es in einigen EU-Staaten, insbesondere Großbritannien, lange Wartelisten für die Behandlung bestimmter Krankheiten. Auch diese könnten sich künftig in Deutschland behandeln lassen.

Die deutsche Ärzteschaft ist gut beraten, sich auf die Behandlung dieser "neuen Patienten" organisatorisch vorzubereiten. Es ist nämlich zu erwarten, dass die Behandlung dieser Patienten von den Kassen außerhalb der ärztlichen Budgets privat entlohnt wird. Eine Vielzahl rechtlicher Probleme ist zu berücksichtigen, etwa hinsichtlich der Aufklärung der fremdsprachigen Patienten und der Abrechnung der ärztlichen Leistungen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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