Ein fehlerhaftes Hüftimplantat kann seine Ursache in einem technischen Fehler des Produkts haben, es kann aber auch ein ärztliches Fehlverhalten, wie z.B. ein falsches Positionieren dafür verantwortlich oder mitverantwortlich sein (vgl. OLG Köln Urteil vom 23.09.2009 - 5 U 220/08 -). Wen soll der Patient denn nun haftbar machen- Operateur oder hersteller?

Das OLG Köln hatte über einen Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch eines Patienten zu entscheiden, dem im März 2002 ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt worden war. Der klagende Patient nahm acht Monate nach der Operation beim Aufstehen ein knirschendes Geräusch wahr. Er spürte zugleich einen stechenden Schmerz in der rechten Hüfte. Der Keramikkopf des Implantats war in mehrere Teile zerbrochen. Der Keramikkopf wurde in einer aufwändigen Folgeoperation entfernt und durch ein metallenes Implantat ersetzt.

Der Kläger machte in der Folge Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen Krankenhaus und Operateur wegen eines Behandlungsfehlers und unzureichender Aufklärung in Bezug auf Risiken der Verwendung des Implantats geltend. Darüber hinaus nahm er in demselben Verfahren gesamtschuldnerisch den Importeur wegen eines Produktfehlers des Implantats in Anspruch nach § 1 Produkthaftungsgesetz. Der dabei verwendete Keramikkopf wurde vom dem mitverklagten Importeur geliefert. Die im Ausland ansässige Herstellerin des Implantats war an dem Verfahren als Streithelferin beteiligt.

Das Gericht erhob umfassend Sachverständigenbeweis. Dabei wurde deutlich, dass Schäden an den heute wohl überwiegend verwandten Keramik-Implantaten nicht nur nicht ausschließlich auf Produktfehlern beruhen müssen. Auch andere Ursachen aus dem Verantwortungsbereich des Operateurs (wie unsachgemäßes Einbringen, falsche Positionierung oder eingebrachte Fremdkörper zwischen Konus und Gleitschale) können mit zeitlicher Verzögerung Schäden an dem Implantat verursachen. Laut Sachverständigem reichen bereits Verunreinigungen auf dem Metallkonus des Hüftimplantates wie z.B. Blut, Gewebepartikel oder Knochensplitter. Diese können die Belastbarkeit des Kugelkopfes der Hüftprothese um bis zu 90% verringern. Der Sachverständige wies darauf hin, dass Spitzenbelastungen an der Prothese nicht sofort zu Schäden führen; vielmehr können sich auch mit erheblicher Verzögerung nach einer Spitzenbelastung Schäden zeigen.

Hinweis:

Die gleichzeitige Geltendmachung von Ansprüchen gegen Operateur und Hersteller hat den Nachteil, dass sich die Verfahren oft erheblich verzögern, weil das Gericht oft erst abschließend entscheidet, wenn alle Gutachten (also sowohl die medizinischen als auch die technischen) vorliegen.

Auch besteht das Risiko einer teilweisen Klageabweisung z.B. der Klage gegen den Hersteller mit der Folge, dass der Kläger dann die Kosten des technischen Gutachters selbst tragen muss. Möglich ist auch, dass sich technisches und medizinisches Gutachten widersprechen, was der Klage erfahrungsgemäß erheblich schadet.

Ratsam kann es daher sein, zuerst den Arzt zu verklagen und mit dem Hersteller eine Vereinbarung zu treffen, die verhindert, dass Haftungsansprüche gegen den Hersteller durch Zeitablauf verloren gehen (verjähren). Da die Produkthaftungsansprüche gegen den Hersteller nicht weiter reichen als die Arzthaftungsansprüche, verliert der Patient dadurch nichts.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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