Impfschaden nach Impfung mit AstraZeneca?(2.5.2023) Der Covid19-Impfstoff "Vakzevria" weist keinen arzneimittelrechtlicher Produktfehler auf, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein negatives Nutzen-Risiko-Profil für die Gesamtheit der potentiellen Anwender besteht. Die Produktinformation zu dem Covid19-Impfstoff "Vakzevria" entsprach zum maßgeblichen Zeitpunkt im Frühjahr 2021 dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, so dass auch kein arzneimittelrechtlicher Informationsfehler vorlag. Daher wies das Landgericht Hof einen Schadenserdatzanspruch einer Frau, die nach der Impfung mit "Vakzevria" eine Thrombose im Darmbereich und mithin einen erheblichen Gesundheitsschaden erlitt, als unbegründet ab (Landgericht Hof, Endurteil vom 03.01.2023 - 15 O 22/21). 

Der Fall:

Die 1990 geborene Klägerin erhielt am 10.03.2021 eine Corona-Impfung mit dem Impfstoff der Beklagten, später als Vakzevria bezeichnet, wobei sie erst nach der Impfung in ihrem Impfausweis feststellte, welcher Impfstoff Anwendung gefunden hatte. Zu diesem Zeitpunkt war es nicht möglich, einen Impfstoff frei zu wählen. Nachdem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen auftraten, war die Klägerin am 11. und 12.03.2021 krank geschrieben. Am 20.03.2021 litt sie u.a. unter Duchfall, ab dem 25.3.2021 wurde sie stationär behandelt. Dort wurde eine Darmvenenthrombose und eine Thrombose im Dünndarm diagnostiziert. Ihr wurde ein Teil des Dünndarms entfernt, was zu erheblichen Beschwerden und Beeinträchtigungen bei der Klägerin führte.

Im Frühjahr 2021 wurden Impfungen mit dem Impfstoff von AstraZeneca vorübergehend ausgesetzt. Grund waren seltene Fälle von Hirnvenenthrombosen (Blutgerinnsel) in Kombination mit einer reduzierten Zahl von Blutplättchen. Unter anderem die europäische Arzneimittelbehörde EMA nahm die Fälle unter die Lupe, kam aber zu dem Schluss, dass das Nutzen der Impfung die damit verbundenen Risiken eindeutig überwiege.

Die Klägerin machte u.a. geltend, AstraZeneca sei seit 01.01.2022 nicht mehr auf dem deutschen Markt, weil kein positives Nutzen-Risiko-VerhäItnis bestehe. Darmvenenthrombosen und TTS könnten zum Tode führen. Ein fast kompletter Darmverlust sei eine unverhältnismäßige Folge der Impfung. Für die Klägerin habe kein Risiko über 0% für eine tödliche Covid-19-Erkrankung bestanden. Die Beklagte habe trotz Anhaltspunkten für eine erhöhte Thromboseanfälligkeit das ThromboseriSiko systematisch verharmlost.

Die Entscheidung:

Das Landgericht wies die auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 17.000 € gerichtete Klage als unbegründet ab. 

Das Gericht konnte keinen Produktfehler des Impfstoffes "Vakzevria" im Sinne des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG erkennen. Denn es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein negatives Nutzen-Risiko-Profil für die Gesamtheit der potentiellen Anwender bestehe. Das Landgericht nimmt insoweit auf Bezug.

Das Landgericht verneinte auch einen Informationsfehler gemäß § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG. Die Produktinformation zu dem Covid19-Impfstoff "Vakzevria" entsprachen zum maßgeblichen Zeitpunkt im Frühjahr 2021 dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, so dass auch kein arzneimittelrechtlicher Informationsfehler vorgelegen habe. Es sei überdies nicht ersichtlich, dass die Beklagte - wie die Klägerin behauptet - trotz Anhaltspunkten für eine erhöhte Thromboseanfälligkeit das Thromboserisiko systematisch verharmlost habe. Unstreitig sei, dass bereits vor dem 10.03.2021 Fälle von Thrombosen nach Verwendung des streitgegenständlichen Impfstoffs bekannt waren. Es bestehe jedoch kein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte weitergehende Erkenntnisse zum Thromboserisiko hatte, als die Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) bzw. der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) zu diesem Zeitpunkt.

Schließlich verneinte das Landgericht auch, dass die Klägerin bei Erhalt der von ihr geforderten Informationen über die Thromboserisiken an der Einnahme des Impfstoffes Vakzevria gezweifelt hätte. Ein Ursachenzusammenhang zwischen der fehlerhaften Information und der Gesundheitsverletzung wäre nur zu bejahen, wenn diese Verletzung bei ordnungsgemäßer Information der Klägerin durch die Beklagte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre, weil die Klägerin dann in einen Entscheidungskonflikt über die Frage geraten wäre, ob sie den Impfstoff hätte einnehmen sollen oder nicht. Dies gelte vorliegend insbesondere deshalb, weil unstreitig das Thromboserisiko im Fall einer Covidlnfektion ebenfalls erhöht ist und sogar höher sei als im Fall der Impfung.

Praxisanmerkung:

Derzeit sind eine Vielzahl von Klagen wegen Impfnebenwirkungen bei den deutschen Gerichten anhängig. Das Landgericht Hof hat - soweit ersichtlich - als erstes Gericht über eine Klage wegen Produkt- und Informationsfehlern von Covid19-Impfstoffen entschieden. Die Klägerin hat gegen die Entscheidung Berufung zum Ober­lan­des­ge­richt Bam­berg eingelegt, so dass die Entscheidung des Landgerichts nicht rechtskräftig geworden ist. Jeder Impfschadensfall ist aber ohnehin individuell zu bewerten. Die Erfolgsaussichten der Klagen gegen Covid19-Impfstoffhersteller sind aber eher als gering zu bewerten, da Impfnebenwirkungen nach einer Covid19-Schutzimpfung statistisch gesehen sehr selten auftreten und das Nutzen der Impfung (Verhinderung eines schweren Verlaufs der Corona-Infektion mit möglicherweise tödlichem Augang) in der Regel die Risiken (Impfschäden, insbesondere seltene Fälle von Thrombosen) klar überwiegt.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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