während der Schönheitsoperation(11.1.2023) Die Entnahme und Einfügung von Eigenfett im Rahmen sogenannter Schönheitsoperationen ist mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden, wie dieser aktuelle, vor dem Bundesgerichtshof verhandelte Fall eines Schönheitschirurgen aus Düsseldorf zeigt. Weil der Arzt seine - nach der Operation verstorbenen - Patientinnen nicht über diese Risiken aufgeklärt hatte, wurde er 2021 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer über dreijährigen Haftstrafe verurteilt und ihm wurde ein vierjähriges Berufsverbot auferlegt. Diese Entscheidung hat der BGH nun bestätigt (BGH, Beschlüsse vom 2.11.2022 - 3 StR 162/22).

Der Fall: 

Der Angeklagte, Facharzt für Innere Medizin, bot in seiner Praxis kosmetische Operationen an. Seit 2016 nahm er überwiegend Eingriffe vor, bei denen vorwiegend Patientinnen Körperfett im Wege des Absaugens entnommen wurde (Liposuktion) und ein Teil der entnommenen Fettzellen anschließend wieder in andere Körperregionen - Brüste, Gesäß oder Teile des Gesichts - appliziert wurde (Lipotransfer). Für die Eingriffe, die der Angeklagte ambulant in seiner Praxis durchführte, bestand keine medizinische Indikation.

Der angeklagte Arzt nahm am 6. August 2018 bei einer im Jahr 1998 geborenen Frau einen Eigenfetttransfer vor. Er saugte 12,3 Liter Gewebeflüssigkeit ab, in der sich 9,5 Liter Fettgewebe befanden. Von diesem Fettgewebe applizierte der Angeklagte 0,5 Liter in die rechte und 0,7 Liter in die linke Brust sowie jeweils 1,0 Liter in beide Gesäßhälften der Geschädigten. Sie verstarb am 6. August 2018 infolge des Eingriffs an einem Kreislaufversagen, insbesondere aufgrund der erheblichen Kreislaufbelastung durch die Entnahme der großen Menge Gewebeflüssigkeit, dem bei der Operation erlittenen Blutverlust sowie einer mä- ßigen Reduzierung der Lungenfunktion aufgrund einer Verstopfung der Kapillargefäße durch in den Blutkreislauf und von dort in die Blutgefäße der Lunge gelangte Fettanteile.

Bei einer im Jahr 1977 geborenen Frau nahm der Arzt am 2. Juli 2019 einen Eigenfetttransfer vor. Er saugte vom Bauch, der Taille, dem Rücken, den Oberarmen und den Innenseiten der Oberschenkel 6,3 Liter Gewebeflüssigkeit ab, in der sich 5,1 Liter Fettgewebe befanden, und applizierte davon jeweils 0,9 Liter in beide Gesäßhälften der Geschädigten. Sie verstarb am frühen Morgen des 3. Juli 2019 infolge des Eingriffs ebenfalls an einem Kreislaufversagen, hervorgerufen durch einen massiven Blutverlust in Verbindung mit einer mäßigen Reduzierung der Lungenfunktion nach einer Gefäßverstopfung durch in den Blutkreislauf gelangte Fettanteile. Zu dem Blutverlust war es gekommen, weil infolge der Behandlung durch den Arzt - sowohl bei Entnahme des Gewebes als auch bei der Zuführung in das Gesäß - an zahlreichen Stellen des Körpers Gefäße verletzt worden waren.

Der Arzt hatte beide Geschädigte vor der Vornahme der Eingriffe über die Risiken der Behandlung nicht ausreichend aufgeklärt. Insbesondere wies der Arzt die geschädigten Patientinnen nicht darauf hin, dass bei der Liposuktion die Gefahr lebensgefährlicher Komplikationen bei der Entnahme und Zuführung großer Gewebemengen erheblich steigt und die risikomindernde Alternative besteht, die Liposuktion bzw. den Lipotransfer auf mehrere Eingriffe zu verteilen. Beide Geschädigte hätten, wenn sie das tatsächliche Ausmaß der Gefährlichkeit des Eingriffs bei der entnommenen und zugeführtee Gewebemenge und die genannte Alternative gekannt hätten, nicht in die Operation eingewilligt und von dem Eingriff Abstand genommen.

Das Landgericht Düsseldorf verurteilte den Arzt deshalb wegen Körperverletzung mit Todesfolge in zwei Fällen. Zugleich zog das Landgericht die dem Arzt gezahlten  Honorare von rund 26.000 € ein.

Gegen diese Entscheidungen ging der Arzt in Revision.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof konnte keinen Rechtsfehler in der materiellen Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf erkennen und wies deshalb die Revision des Arztes als unbegründet zurück.

Der Bundesgerichtshof gab allerdings der Revision bezüglich der Einziehung des Arzthonorars statt und hob die Einziehung auf. Denn diese Honorare seien nicht "durch" die rechtswidrige Tat erlangt. Vorliegend hätten die geschädigten Patientiinnen das Arzthonorar jedoch nicht für die Vornahme einer rechtswidrigen Tat gezahlt, sondern gerade in der Erwartung einer rechtmäßigen Behandlung. Auch der Arzt sei nicht davon ausgegangen, das Honorar für eine rechtswidrige Behandlung zu erhalten. 

Praxisanmerkung:

Ein Schönheitschirurg hat den Patienten vor der Operation schonungslos und drastisch über alle mit der Operation verbundenen gesundheitlichen Risiken aufzuklären. Seine Aufklärungspflicht ist gesteigert gegenüber dem Arzt, der einen medizinisch indizierten Eingriff durchführt, weil der Schönheitseingriff keinen medizinischen Grund hat, d.h. weil der notwendigen Verletzung kein medizinischer Vorteil im Sinne eines Heilungserfolges oder einer Linderung von Krankheitssymptomen gegenübersteht. Die mangelnde Aufklärung über Risiken ist ein verbreitetes Problem der Schönheitschirurgie. 

Jeder, der überlegt, ob er sich einer Schönheitsoperation unterziehen will, sollte sich vergegenwärtigen, dass die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken oft sehr hoch sind und dass die Schönheitschirurgen ihre gesetzlichen Aufklärungspflichten über diese Risiken aus monetären Interessen oftmals vernachlässigen. Denn wie der Fall zeigt, verlangen und erhalten Schönheitschirurgen für Fettabsaugungen horrende Honorare.

Dass der Arzt die Honorare behalten darf, ist materiellrechtlich richtig, für die Angehörigen der verstorbenen Patientinnen menschlich aber schwer zu verkraften.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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