Strafverfahren gegen Arzt wegen falscher Atteste und Bescheinigungen(25.11.2021) Der Gesetzgeber hat gestern auf die Flut inhaltlich unrichtiger oder gefälschter Atteste und Impf- und negativen Testbescheinigungen im Zusammenhang mit der Covid19-Pandemie reagiert und die Strafen dafür drastisch verschärft. Damit soll der mittlerweile leider gängigen Praxis, dass Personen, die die Covid19-Pandemie als ungefährlich ansehen oder sich nicht impfen lassen wollen und die Corona-Schutzregeln durch Vorlage falscher Atteste zum Beispiel zur Befreiung von der Maskenpflicht oder durch Vorlage von falschen Impfbescheinigungen oder falschen negativen Testnachweisen umgehen wollen, ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden.  

Konkret hat der Gesetzgeber die Strafnormen für das unbefugte Ausstellen von Gesundheitszeugnissen durch Nichtmediziner (§ 277 StGB) und das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse durch Ärzte (§ 278 StGB) modifiziert und den Strafrahmen von bisher maximal einem (bzw. zwei) Jahr Haft auf maximal fünf Jahre Haft angehoben. Der bewusste Gebrauch einer falschen Bescheinigung wird jetzt mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet (§ 75 a Absatz 2 IfSG).

  • Stellt also jemand, der tatsächlich kein Arzt oder keine andere approbierte Medizinalperson ist, ein Gesundheitszeugnis (z.B. Attest oder eine Impfbescheinigung) ein Schriftstück über seinen eigenen Gesundheitszustand oder den Gesundheitszustand einer anderen Person her, dass den Anschein erweckt, von einem Arzt zu stammen, so kann er mit Haft von bis zu fünf Jahren bestraft werden, wenn er dies gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande tut (§ 277 StGB neu). Gewerbsmäßig handelt, wer damit eine feste Einkommensquelle erschließen will, sprich dies gegen Geld tut. 
  • Stellt ein echter Arzt oder eine andere approbierte Medizinalperson, ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen aus, so steht dies ebenfalls unter Strafe (maximal zwei Jahre Haft). Neu ist, dass dieses Zeugnis nicht mehr "zur Vorlage bei einer Behörde ausgestellt" sein muss (§ 278 StGB neu). Strafbar macht sich also nun auch der Arzt, der einem anderen z.B. ein falsches Attest oder eine falsche Impfbescheinigung ausstellt, damit dieser dieses ärztliche Zeugnis beispielsweise einem Ladenbetreiber oder einem Busfahrer vorlegt, der die 2G- oder 3G-Regeln kontrollieren will. In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besondersschwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von unrichtigem Ausstellen von Gesundheitszeugnissenverbunden hat, Impfnachweise oder Testzertifikate betreffend übertragbare Krankheiten unrichtig ausstellt.
  • Wer in einer Apotheke oder einer Arztpraxis falsche Impfausweise vorlegt, um den Apotheker oder Arzt zu täuschen und so ein digitales Zertifikat über eine angebliche Covid19-Impfung zu bekommen und dieses (inhaltlich falsche) Zertifikat anderen vorlegt, um zum Beispiel in einem Sportgeschäft einzukaufen oder in einem Restaurant essen zu können, dem drohen nun bis zu ein Jahr Haft oder Geldstrafe. 

Erhebliche Auswirkungen auf Ärzte

Die Gesetzesänderung des § 278 StGB schließt bestimmte Strafbarkeitslücken, die impfkritische und coronaleugnende deutsche Ärzte bisher nutzten, wenn sie gesinnungsgleichen Personen entsprechende Atteste und Bescheinigungen austellten. Diese Ärzte müssen nun mit verschärfter Strafverfolgung rechnen. Mit der Strafrechtsänderung verbunden ist selbstverständlich auch eine verschärfte Ahndbarkeit in berufsrechtlicher Hinsicht. Solche Ärzte müssen nun auch mit erheblichen approbations- und sogar zulassungsrechtlichen Konsequenzen rechnen, die im schlimmsten Fall mit dem Entzug von Approbation und/oder Zulassung enden können. Ärzte, die in Kliniken oder MVZ angestellt sind und gegen § 278 StGB (neu) verstoßen, können überdies wegen dieser Straftat im schlimmsten Fall schlicht fristlos gefeuert werden.

Es ist auch damit zu rechnen, dass die Justizminister der Länder den neuen § 278 StGB auch insofern "scharf stellen", als sie die weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften der Länder damit beauftragen werden, diese Straftaten verstärkt und zeitnah zu verfolgen, um das Vertrauen der Allgemeinheit in ärztliche Atteste und Bescheinigungen, die zuletzt arg gelitten hat, wiederherzustellen und den Infektionsschutz insofern gegen mißbräuchliche Umgehungsstrategien abzusichern. Ärzte, die falsche Atteste und Bescheinigungen ausstellen, müssen nun also auch mit einschneideneden und zügigen Strafverfolgungsmaßnahmen wie Durschuchungen der Praxisräume und Beschlagnahmen sämtlicher Behandlungsakten und Praxiscomputer rechnen. Aus anwaltlicher Erfahrung ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaften dies mitleidlos durchsetzen und die so betroffenen Arztpraxen dann de facto aus dem Verkehr gezogen sind. 

Es ist zu hoffen, dass dieses Maßnahmenpaket die betreffenden Ärzte auf den Pfad der Vernunft zurückführen wird.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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