Ausfallhonorar bei Patienten, die nicht zum vereinbarten Termin erscheinen(14.9.2021) Wann muss der Patient, der zum vereinbarten Behandlungstermin nicht erschienen ist, dem Behandller ein Ausfallhonorar zahlen? Welche Praxen können ein Ausfallhonorar verlangen, was ist dabei zu beachten und lohnt sich dies für den Behandler überhaupt? Eine Übersicht.

Die breite Masse der Praxen arbeitet nach einem groben Buchungssystem und läßt oft auch Patienten ohne Termin im Warteraum Platz nehmen. Bei diesem System ist es dem Behandler meist einerlei, ob einzelne Patienten nicht zum vereinbarten Termin erscheinen, da genug andere Patienten ebenfalls auf eine Behandlung warten. Für den Patienten ist dies mit teils erheblichen Wartezeiten verbunden. Die Bearbeitung einer Vielzahl wartender und ankommender Patienten ist zudem personal- und kostenintensiv. Manche Praxen verzichten auch ganz auf ein Terminbuchungssystem. 

Wann liegt eine Bestellpraxis vor?

Vermehrt arbeiten Praxen aber nach einem individuellen festen Bestellsystem: Dort bekommt jeder Patient einen verbindlichen und exklusiven Termin und wird von dem Arzt auch in der Regel pünktlich in diesem vereinbarten Zeitfenster behandelt. Patienten, die sich direkt ohne Termin in der Praxis vorstellen, bekommen einen Termin und verlassen die Praxis unbehandelt. Laufkundschaft wird also nicht sogleich behandelt. Erscheint der Patient dann nicht zu dem exklusiv für ihn frei gehaltenen Termin, kann der Arzt die freigewordene Zeit nicht zur Behandlung anderer Patienten nutzen, weil schlicht keine weiteren Patienten warten. Diesem Behandler entsteht dann ein Verlust an Einnahmen, sprich ein Ausfall. Diese Praxen nennt man reine Bestellpraxen. Psychotherapiepraxen, Ergotherapeuten aber auch immer mehr Zahnärzte und Privatärzte arbeiten nach dem Prinzip der Bestellpraxis.

Wann kann ein Ausfallhonorar verlangt werden?

Ein Ausfallhonorar muß zuersteinmal zwischen Behandler und Patient im Behandlungsvertrag vereinbart werden, z.B. in einem vom Patienten zu unterzeichnenden "Anmeldeformular" oder einem so auch benannten "Behandlungsvertrag".

Dazu muss der Behandler den Patienten in diesem Dokument einleitend darauf hinweisen, dass er eine reine Bestellpraxis betreibt und dass er keine anderen Patienten behandeln kann, wenn der Patient nicht zu dem vereinbarten Termin erscheint und dass ihm dann ein Honorarausfall entsteht.

Dann ist der Patient darauf hinzuweisen, dass der Behandler deshalb von dem Patienten, der nicht erscheint und der auch nicht 24 Stunden (1) vor Terminsbeginn absagt, ein Ausfallhonorar verlangt. Wichtig ist dabei der Hinweis, dass kein Ausfallhonorar entsteht, wenn der Patient unverschuldet nicht zum Termin erscheint, also z.B. wegen einem Unfall (2). 

Dann sollte das Ausfallhonorar konkret benannt werden, d.h. der Behandler erklärt, dass er ausgefallene Termin mit .... EUR oder EUR ... pro Stunde etc. dem Patienten in Rechnung stellt. Die Einzelheiten dieser Berechnung hängen davon ab, ob der Behandler Arzt, Zahnarzt oder Therapeut ist und ob er nach Stunden oder Sätzen abrechnet. Der Behandler kann hier auch eine (angemessene) Pauschale ansetzen, die den üblichen Sätzen bzw. dem durchschnittlichen Stundenumsatz entsprechen muss.

Nach alledem kann eine Ausfallhonorarvereinbarung lauten:

Ausfallhonorar

Der/die Patient/in verpflichtet sich, bei Verhinderung einen vereinbarten Behandlungstermin spätestens einen Werktag (nach Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) § 193 Montag bis Freitag) vor dem Termin abzusagen. Erfolgt die Terminabsage nicht rechtzeitig innerhalb der vorbenannten Frist, wird dem/der Patienten/in ein Bereitstellungshonorar von EUR ...  in Rechnung gestellt. Dieses Ausfallhonorar hat der/die Patient/in unabhängig von der Art der Versicherung selbst zu zahlen. Eine Kostenerstattung durch die private oder gesetzliche Krankenkasse findet in diesem Fall nicht statt. Vorstehende Regelung gilt jedoch nicht, sofern der/die Patienten unverschuldet den Termin nicht wahrnehmen kann oder wenn der/die Patient/in nachweist, dass der (Behandler) durch die Terminabsage tatsächlich ein Schaden nicht entstanden ist.

Dieser Hinweis sollte gut lesbar sein und darf nicht in einem umfangreichen Behandlungsvertrag "untergehen", so dass er von dem Patienten überlesen zu werden droht. 

Zudem empfiehlt es sich aus Beweisgründen, auf der Praxishomepage zu erwähnen, dass die Praxis als reine Bestellpraxis mit einem Terminbuchungssystem betrieben wird. 

Terminsvereinbarung muss nachweisbar dokumentiert werden

Wichtig ist, dass der Behandler auch nachweisen kann, dass er den Termin mit dem Patienten vereinbart hat. Ein Ausdruck des Terminbuches des Arztes allein kann unter Umständen nicht ausreichen, um diesen Beweis zu führen. Daher ist es der für den Behandler sicherste Weg, wenn das Praxispersonal den Termin dem Patienten mittels einer Email bestätigt. Um datenschutzrechtliche Konflikte zu vermeiden, sollte die Email dabei kurz gehalten werden:

Hiermit bestätigen wir Ihnen den Termin am ..., von ... Uhr bis ... Uhr in unserer Praxis. Sollten Sie diesen Termin absagen, geben Sie uns spätestens 24 Stunden vor dem Termin Bescheid. 

Ist die Geltendmachung eines Ausfallhonorars wirtschaftlich sinnvoll?

Die anwaltliche Praxis zeigt, dass die Geltendmachung von Ausfallhonoraren bei Patienten zum einen mit einigem Verwaltungsausfwand verbunden ist und auch oft auf erhebliche Widerstände beim Patienten trifft. Dies wird auch durch die Vielzahl von Gerichtsurteilen bestätigt, denen eine Weigerung des Patienten der Bezahlung des Ausfallhonorars vorausging (3). Da diese Streitgkeiten für den Behandler überaus zeit- und kostenintensiv sind, zudem auch Prozeßkostenrisiken entstehen und das Verhältnis zwischen Behandler und Patient durch solche Streitigkeiten oftmals unrettbar zerrüttet wird, ist eine systematische Geltendmachung von Ausfallhonoraren nach Ansicht des Verfassers nicht prozeßökonomisch.  

(1) Die Länge der Absagefrist (24 Stunden oder 48 Stunden), ist umstritten (vgl. L/K/R-Kern/Rehborn, § 74, Rz.: 69/70). Daher ist es der sicherste Weg, wenn die kürzere (und damit den Patienten weniger belastende) Frist von 24 Stunden gewählt wird.  

(2) Ob dem Patienten eine solche Entschuldigungsmöglichkeit gegeben werden muss, ist zwar streitig (vgl. dafür: Landgericht Berlin, Urteil vom 15. April 2005 - 55 S 310/04, dagegen z.B.: AG Hamburg-Wandsbek, Urteil vom 20. Dezember 2018 – 713 C 238/18). Es ist aber der sicherste Weg, wenn der Behandler dem Patienten diese Entschuldigungsmöglichkeit einräumt.

(3) z.B. LG Osnabrück, 2. April 2008, 2 S 446/07; AG Fulda, 16. Mai 2002, 34 C 120/02 (D); AG Nettetal, 12. September 2006, 17 C 71/03, AG Viersen, 30. Dezember 2005, 17 C 199/05, AG Hamburg-Wandsbek, 20. Dezember 2018 – 713 C 238/18, OLG Stuttgart, 17.4.2007 - 1 U 154/06, AG Bremen v. 2.6.1995 - 24 C 72/95, LG Konstanz, 27.5.1994 - 1 S 237/93, LG München II, 31.5.1983 - 30 O 9640/82, LG Heilbronn, 10.10.1991 - 6 S 330/91, LG Hannover, 11.6.1998 - 19 S 34/97, LG Berlin, 15. April 2005 – 55 S 310/04, (AG Bielefeld, 10.2.2017 - 411 C 3/17, AG Calw, 16.11.1993 - 4 C 762/93, LG Konstanz, 27.5.1994 - 1 S 237/93, AG Meldorf v. 18.11.2002 - 83 C 1404/02, AG Tettnang, 22.5.1999 - 7 C 719/98

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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