imageDie Behandlung erfordert in der Regel einen persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient(29.7.2021) Versendet ein Arzt E-mails an potentielle Patienten, in denen er eine "Diagnostik aller Organsysteme" nach Übersendung von Lichtbildern und ggf. Haarproben bewirbt und sich dabei u.a. als Facharzt für Akupunktur, Hypnose, Sexualmedizin, Psychoneuroimmunologie und Energie und Raumfahrtmedizin bezeichnet, so stellt dies eine unerlaubte Werbung für Fernbehandlungen sowie eine unerlaubte Werbung mit nicht bestehenden Facharzttiteln dar und ist zu unterlassen (Landgericht Koblent, Urteil vom 15.6.2021 - 1 HK O 29/21). Weiterhin bleibt der persönliche Konakt zwischen Arzt und Patient wichtig für eine ordnungsgemäße  Untersuchung und Behandlung. 

Der Fall: 

Der beklagte Arzt ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie in eigener Privatpraxis. In E-mails, die er an potentielle Interessenten richtete, warb er für eine "Diagnostik aller Organsysteme" nach Übersendung von zwei Lichtbildern und gegebenenfalls Haarproben. Die Lichtbilder und Haarproben sollten mit einem neuartigen Gerät aus russischer Fertigung untersucht werden, wodurch der Arzt alle möglichen Arten von Viren, Bakterien und Parasiten ermitteln könne. Die Behandlung sollte durch E-mails und Ferntherapie erfolgen. In den E-mails bezeichnete er sich auch als Facharzt für Akupunktur, Hypnose, Sexualmedizin, Psychoneuroimmunologie und Energie und Raumfahrtmedizin.

Ein Verbraucherschutzverband verlangte von dem Arzt Unterlassung der Werbung und erwirkte eine einstweilige Verbotsverfügung, gegen die der Arzt Rechtsmittel einlegte. 

Die Entscheidung:

Das Landgericht Koblenz wies das Rechtsmittel des Arztes gegen die einstweilige Verbotsverfügung zurück und bestätigte, dass der Arzt diese Werbung zu unterlassen hat. 

Zum einen handele es sich um eine Werbung für eine Fernbehandlung, die nach § 9 HWG nicht erlaubt ist. Warum hier ausnahmsweise für eine "Behandlung aller Organsysteme" ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt nicht erforderlich sein soll, konnte der Arzt nicht darlegen. Dies verstoße gegen das Verbot der Werbung von Fernbehandlungen.

Unlauter und deshalb zu unterlassen war auch die Werbung mit den Facharztbezeichnungen "Akupunktur, Hypnose, Sexualmedizin, Psychoneuroimmunologie und Energie und Raumfahrtmedizin", die es gar nicht gibt. 

Praxisanmerkung:

Fernbehandlungen sind nicht per se verboten. Werbetreibende können sich an folgender Faustformel orientieren: Wenn die Behandlung keinen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt erfordert, kann für eine Fernbehandlung dieser Erkrankung geworben werden. Dies dürfte aber nur in Ausnahmefällen der Fall sein, z.B. bei der Begutachtung von bildgebenden Befunden. In allen anderen Fällen müssen Ärztem, die mit Fernbehandlungen werben, mit Unterlassungsklagen rechnen.

Auch arzthaftungsrechtlich ist eine Fernbehandlung mit Risiken verbunden. Kann der Arzt den Patienten nicht körperlich untersuchen, entgehen ihm wichtige Informationen über den klinischen Gesamteindruck des Patienten. Dadurch können ihm relevante Informationen entgehen und er kann die Gesamtsituation falsch einschätzen, was letztlich haftungsrechtlich dem Arzt zum Nachteil gereicht (Stichwort: Befunderhebungsfehler). 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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