Arzt erhält Zuwendung von Patient(12.5.2021) Kauft ein Arzt ein Haus von einem Patienten und zahlt den vom Patienten geforderten Preis ist keine Beeinflussung des Arztes erkennbar, so stellt der Kauf keine verbotene Zuwendung dar im Sinne des § 32 MBO-Ä (Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 30.4.2021 - 90 K 6.19 T).  

Der Fall:

Ein Berliner Arzt behandelt seit 16 Jahren eine Patientin. Diese Patientin besaß ein stark renovierungsbedürftiges Haus in Berlin. 2017 ging diese Patientin aus gesundheitlichen Gründen in ein Pflegeheim. Anfang 2018 bot die Patientin das Haus zum Preis von 250.000 EUR über einen Bevollmächtigten zum Verkauf an. Es meldeten sich der Arzt und ein Nachbar. Die Patientin verkaufte das Haus an den Arzt. Auch als der Nachbar ihr einen höheren Kaufpreis bot, blieb die Patientin bei dieser Entscheidung. 

Der unterlegene Nachbar beschwerte sich bei der Ärztekammer darüber, dass der Arzt das Haus seiner Patientin erworben hatte. 

Die Ärztekammer leitete ein berufsgerichtliches Verfahren ein, warf dem Arzt vor, er habe nur durch seine Vertrauensstellung zu der Patientin den Zuschlag erhalten. Die Ärztekammer verlangte von dem Arzt eine Geldbuße.

Dagegen wehrte sich der Arzt vor dem Berufsgericht des Verwaltungsgerichts Berlin. 

Die Entscheidung:

Das Berufsgericht hat den beschuldigten Arzt vom Vorwurf der Annahme einer unerlaubten Zuwendung freigesprochen.

Zwar sei es Ärztinnen und Ärzten nach der Berufsordnung nicht gestattet, im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung von Patientinnen und Patienten mehr als geringfügige Geschenke oder andere Vorteile für sich zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung sei aber schon kein berufsrechtlich relevanter Vorteil erkennbar, wenn ein Arzt einen Gegenstand von einer Patientin erwerbe und – wie hier – letztlich den von der Patientin geforderten Kaufpreis zahle. Das Gebot des Nachbarn habe nicht dem marktüblichen Preis entsprochen, weil er ein besonderes Interesse am Erwerb des Grundstücks für seine Mutter gehabt habe.

Der bloße Abschluss eines Geschäfts sei zur Tatbestandsverwirklichung auch nicht ausreichend. Die Beteiligten müssten den Vorteil jedenfalls vereinbaren, um den Arzt bei seiner ärztlichen Entscheidung zu beeinflussen. Der Schutz der Integrität der Ärzteschaft gehe nicht so weit, dass jegliche Geschäftsbeziehung bei Gelegenheit der ärztlichen Berufstätigkeit unterbleiben müsse.

(Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin Nr. 30/2021 v. 11.05.2021)

Praxisanmerkung:

§ 32 Muster-Berufsordnung Ärzte lautet:

Unerlaubte Zuwendungen

Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder Anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Eine Beeinflussung ist dann nicht berufswidrig, wenn sie einer wirtschaftlichen Behandlungs- oder Verordnungsweise auf sozialrechtlicher Grundlage dient und der Ärztin oder dem Arzt die Möglichkeit erhalten bleibt, aus medizinischen Gründen eine andere als die mit finanziellen Anreizen verbundene Entscheidung zu treffen.

Diese Norm soll die Unabhängigkeit der ärztlichen (diagnostischen und/oder therapeutischen) Entscheidung schützen gegen Beeinflussung durch Patienten oder Dritte (und zwar in Form von Geschenken und/oder anderen Vorteilen). 

Geschäfte eines Arztes mit einem Patienten, die zu marktüblichen Konditionen ablaufen und die nicht im Zusammenhang mit konkreten medizinischen Entscheidungen stehen, verstoßen dagegen nicht gegen dieses Verbot.

Verboten wäre es dagegen, wenn der Arzt von einem Patienten ein Haus zu einem günstigen Preis kauft und dem Patienten dann eine wertvolle Behandlung zukommen läßt wie z.B. eine bestimmte Impfung (obgleich der Patient nicht entsprechend "an der Reihe ist") oder der Arzt dann eine Transplantation bei dem Patienten durchführft. Denn dann entstünde der Eindruck, der Arzt habe den Patienten wegen dieser Zuwendung behandelt. 

Problematisch und immer wieder Gegenstand von Verfahren wegen Berufsrechtsverstoß sind auch Einladungen des Arztes durch Dritte zu Veranstaltungen und sonstigen Events wie Sportveranstaltungen, Konzert- Theater- und Opernvorstellungen die nur einem geladenen Kreis von Teilnehmern zugänglich sind. Oder auch Veranstaltungen etwa eines Pharmaherstellers (mit Rahmenprogramm für den Ehepartner), die abgehalten werden, um den Arzt auf in bestimmtes Produkt einzuschwören und für die Beschaffung (aus medizinischen Gründen) gewogen zu machen (Anfüttern).

Sollten Sie sich unsicher sein, ob ein Vorgang gegen das Gebot der unerlaubten Zuwendung verstößt, fragen Sie den Anwalt Ihres Vertrauens. Von entsprechenden Anfragen bei der Ärztekammer wird abgeraten, da die Auskunft der Kammer zum einen unverbindlich ist und zum anderen der Arzt so "schlafende Hunde wecken" könnte.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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