Aluhutträger(11.3.2021) Ein Aluhutträger und sein Rechtsanwalt scheiterten mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Coronaschutzverordnung in NRW. Sie hatten u.a. vorgetragen, die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung stelle eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung dar. Der Verfassungsgerichtshof NRW geht inhaltlich nicht auf diese Behauptungen ein sondern weist die Verfassungsbeschwerde schon als unzulässig ab, da der Aluhutträger und sein Anwalt bereits nicht in der Lage waren, die Verfassungsbeschwerde ausreichend zu begründen (Verfassungsgerichtshof NRW, Beschluss vom 2.3.2021 – VerfGH 37/21.VB-1).  

Verfassungsbeschwerden müssen sehr gut begründet sein, was wir Juristen schon früh in der Universität eingetrichtert bekommen. Insofern wundere ich mich immer wieder über die oft schlampig begründeten Versuche der Aluhutträger, Normen und Verordnungen einfach mal gerichtlich kippen zu lassen.

Nicht wundern tue ich mich allerdings darüber, dass sich der Aluhutträger bzw. Beschwerdeführer hier auf das Schwerste in seinen Rechten verletzt sieht, weil er in bestimmten Situationen eine Stoffmaske auf seinem Gesicht tragen muss. Dies hat nicht etwa seinen Grund darin, dass diese Menschen weinerlich oder schlicht zu dumm sind, um den Sinn und Zweck der Corona-Schutzregeln zu verstehen. Der eigentliche Grund ist schlichter Egoismus: Diese Aluhutträger sind in einer persönlichen Risiko-Analyse zu dem Ergebnis gekommen, dass Corona sie wahrscheinlich nicht umbringen wird. Und dass das Tragen einer Maske im Alltag lästig ist. Und da ihnen ihre Mitmenschen egal sind (sie sind nämlich schlicht asozial und interessieren sich nicht für die Gesundheit ihrer Mitmenschen) und da sie wenig belastbar sind, haben sie beschlossen, das Tragen von Masken schlicht zu verweigern. Um dieses über die Maßen gemeinschaftsschädigende Verhalten zu maskieren, suchen sie nun nach Gründen, die ihr Verhalten rechtfertigen und ihre völlig asoziale Grundhaltung verschleiern. Die gängigen Begründungsmuster sind dabei, dass die Masken nicht schützen oder dass Corona nicht gefährlich ist. Manche gehen soweit zu behaupten, dass Masken sogar schädlich sind oder dass hinter all dem eine weltweite Verschwörung stecke. Es wird dann nach Personen gesucht, die vermeintlich sachkundig sind und die diese Thesen nachplappern - und es wird sich immer irgendein völliger Idiot finden lassen, der Arzt ist und der Corona für harmlos und Masken für nutzlos hält (auch wenn er von der extrem komplexen Materie der Infektologie und Immunologie nichts versteht).

Die folgende gerichtliche Entscheidung zeigt in anschaulicher Weise, wie gebildete und verantwortungsvolle Juristen in den Gerichten auf solchen Blödsinn reagieren: Sie zeigen diesen egoistischen, gemeinschaftsschädigenden Klagen die kalte Schulter und weisen sie als "unzulässig" ab, was in der Justiz das Höchstmaß an Verachtung zeigt: "Deine Klage ist so schlecht begründet, dass sie sogar unzulässig ist" ist die darin verborgene Botschaft der Richter. Die Richter weisen dabei besonders darauf hin, dass der Aluhut "anwaltlich vertreten" war. Damit machen sie klar, dass zumindest der Anwalt wissen musste, was er hier tat und dass seine Klage nicht im entferntesten geeignet war, Erfolg zu haben.

Verehrte Kollegen, die "immer gerne klagen", auch wenn die Klage wenig Aussicht auf Erfolg hat: Hört bitte auf damit! Ihr schädigt mit Eurem Verhalten das Ansehen der Justiz. Denn entweder hält der Bürger die Richter für dumm oder voreingenommen oder fremdgelenkt (weil sie die Klage, die nach Aussage des Anwalts doch "eine klare Sache" war, trotzdem abgewiesen haben) oder er hält die Anwälte für dumm, weil sie ihm zu dieser Klage geraten haben. Liebe Kollegen, Ihr habt auch eine Verantwortung als Organe der Rechtspflege! Reicht keine Klagen ein, die keine Aussicht auf Erfolg haben! Erzählt Euren Mandanten nicht nur, was sie hören wollen, sondern seid ehrlich zu ihnen!  

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes NRW im Volltext:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Mit der Entscheidung in der Hauptsache erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

I.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde und dem gleichzeitig gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wendet sich der Beschwerdeführer gegen § 3 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung - CoronaSchVO) in der seit dem 14. Februar 2021 geltenden Fassung. Er bringt vor, die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung verletze ihn in den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 und 2 GG. Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig, weil ihm angesichts der schwerwiegenden Verletzung seines Persönlichkeitsrechts ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, wenn er zunächst auf den fachgerichtlichen Rechtsweg verwiesen würde. Zudem sei die Sache von allgemeiner Bedeutung. Er bezweifle die Wirksamkeit des Tragens einer textilen Mund-Nasen-Bedeckung. Insbesondere sei zweifelhaft, dass die in § 3 Abs. 2a CoronaSchVO für bestimmte Situationen angeordnete Pflicht zum Tragen einer solchen Bedeckung (auch) unter freiem Himmel Schutz vor der Übertragung des SARS-CoV-2-Virus entfalte. Angesichts des erheblichen Grundrechtseingriffs sei ihm ein Abwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten. Auch sei es möglich, dass der Beschwerdegegenstand sich kurzfristig erledige.

II.

1. Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, § 59 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen (VerfGHG) vom 14. Dezember 1989 (GV. NRW. S. 708, ber. 1993 S. 588), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Verfassungsgerichtshofgesetzes vom 21. Juli 2018 (GV. NRW. S. 400), durch die Kammer zurückgewiesen, weil sie unzulässig ist.

a) Der Verfassungsgerichtshof geht in verständiger Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers davon aus, dass seine Verfassungsbeschwerde sich auch gegen die zum Zeitpunkt der verfassungsgerichtlichen Entscheidung aktuelle, seit dem 22. Februar 2021 geltende Fassung des § 3 CoronaSchVO richtet. Dabei kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vor Erschöpfung des Rechtswegs nach § 54 Satz 2 VerfGHG vorliegen. Jedenfalls genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Darlegungsanforderungen des § 18 Abs. 1 Satz 2 und § 55 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 VerfGHG. Hiernach bedarf eine Verfassungsbeschwerde einer substantiierten Begründung. Ein Beschwerdeführer darf sich nicht darauf beschränken, das als verletzt gerügte Grundrecht und die angefochtene Entscheidung zu bezeichnen, sondern er muss hinreichend substantiiert darlegen, dass die behauptete Verletzung eines Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts möglich ist (vgl. VerfGH NRW, Beschlüsse vom 3. September 2019 - VerfGH 18/19.VB-1, juris, Rn. 2, und vom 11. Februar 2020 - VerfGH 3/20.VB-3, juris, Rn. 10, jeweils m. w. N.). Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Rechtsnorm angegriffen, muss sich der Beschwerdeführer mit dieser hinreichend befassen (vgl. VerfGH NRW, Beschluss vom 18. August 2020 - VerfGH 96/20.VB-2, juris, Rn. 3).

b) Gemessen daran genügt die Verfassungsbeschwerde den Begründungsanforderungen nicht.

aa) Dies gilt zunächst, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 2 GG rügt. Ausführungen zu den in dieser Bestimmung enthaltenen Grundrechten finden sich in der Beschwerdeschrift nicht, der Beschwerdeführer trägt allein zur vermeintlichen Verletzung seines „Persönlichkeitsrechts“ vor.

bb) Soweit der Beschwerdeführer damit eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG rügt, versäumt er es, die behauptete Intensität und Schwere des Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht auch nur ansatzweise zu konkretisieren. Stattdessen erschöpft sich der Vortrag des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers darin, dass er die Wirksamkeit des Tragens einer Alltagsmaske bezweifelt. Insbesondere sei zweifelhaft, dass das Tragen einer textilen Mund-Nasen-Bedeckung unter freiem Himmel in irgendeiner Weise Schutz vor der Übertragung des SARS-CoV-2 Virus entfalte. Eine substantiierte Befassung mit der angefochtenen Norm lassen diese nicht weiter begründeten Zweifel jedoch vollkommen vermissen. Vor allem setzt der Beschwerdeführer sich nicht mit der zu der Verpflichtung zum Tragen einer Alltagsmaske ergangenen fachgerichtlichen Rechtsprechung auseinander, die auch die Frage der Eignung dieser Masken diskutiert (vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 10. Februar 2021 - 13 B 1932/20.NE, juris, Rn. 42 ff.). Im Übrigen fehlt es insbesondere unter dem Aspekt der Wirksamkeit und Eignung der staatlichen Anordnung an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der - in der Beschwerdeschrift lediglich erwähnten - Vorschrift des § 3 Abs. 2 CoronaSchVO, in der die Pflicht zum Tragen einer sogenannten medizinischen Maske geregelt ist.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der auf eine vorläufige Regelung bis zur Entscheidung in der Hauptsache gerichtet ist, erledigt sich mit dem Beschluss über die Verfassungsbeschwerde.

3. Seine Auslagen sind dem Beschwerdeführer nicht zu erstatten. § 63 Abs. 4 VerfGHG sieht eine Auslagenerstattung nur für den hier nicht vorliegenden Fall eines Obsiegens des Beschwerdeführers vor.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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