Blutentnahme Blutuntersuchung(26.11.2020) Heilpraktiker sind keine Ärzte, werden aber teilweise wie Ärzte tätig. Daraus ergeben sich Abgrenzungsschwierigkeitem: Welche Behandlungen sind dem Arzt vorbehalten und welche Behandlungen darf ein Heilpraktiker durchführen? Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat nun entschieden, dass Heilpraktiker bestimmte Eigenblubehandlungen durchführen dürfen, d.h. sie dürfen ihren Patienten Blut entnehmen, dem Blut Stoffe hinzufügen und die so gewonnene Mischung dem Patienten wieder injizieren (VG Osnabrück, Urteil vom 4. August 2020 – 3 A 44/19). 

Tatbestand

Die Klägerin ist Heilpraktikerin und betreibt seit dem Jahr 2011 eine eigene Naturheilpraxis. Mit Schreiben vom 13. Januar und vom 24. Januar 2011 zeigte sie die erlaubnisfreie Herstellung von Arzneimitteln im Rahmen der sog. Eigenblutbehandlung nach § 67 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 b des Arzneimittelgesetzes (AMG) bei dem Beklagten an. In der Folgezeit, d.h. bis zum Jahre 2018, praktizierte die Klägerin daraufhin ohne entsprechendes Einschreiten des Beklagten eine Eigenblutbehandlung bei verschiedenen Patienten.

Bei der Eigenblutbehandlung handelt es sich um eine von Heilpraktikern und Ärzten genutzte Methode, in deren Rahmen dem Patienten Blut entnommen und nach einer im Einzelfall unterschiedlich gearteten Behandlung intramuskulär injiziert wird. Die Behandlung des entnommenen Blutes ist dabei je nach Therapieziel auf verschiedene Weisen möglich. Die Klägerin praktiziert die Eigenblutbehandlung auf drei verschiedene Arten:

Im Rahmen der ersten Methode wird das entnommene Blut lediglich geschüttelt und dem Patienten ohne Hinzugabe weiterer Stoffe direkt wieder injiziert. Dieses Verfahren fungiert als Reiztherapie. Der Körper des Patienten erkennt möglicherweise das injizierte Eigenblut als Fremdkörper, der in den Organismus gelangt, sodass das Abwehrsystem des Patienten stimuliert wird. Dadurch sollen die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt werden.

Im Rahmen der zweiten Methode wird das entnommene Blut vor der Injektion weiterbehandelt. Zunächst wird das Blutplasma durch Zentrifugation vom Serum getrennt. Dem Plasma werden sodann fertige homöopathische Arzneimittel oder andere nicht verschreibungspflichtige Medikamente beigefügt. Anschließend erfolgt die Injektion des behandelten Serums in das jeweilige Indikationsgebiet des Körpers.

Die dritte Methode entspricht der „flüssigen Verdünnung“ nach Vorschrift 3.1.2. des Homöopathischen Handbuchs 3. Im Rahmen dieses Verfahrens wird Eigenblut entnommen und anschließend mit einer von der behandelnden Person herzustellenden Kochsalzlösung verdünnt. Das verdünnte Eigenblut wird dem Patienten sodann injiziert.

Von den zuvor genannten Eigenblutbehandlungen sind lediglich die Methoden 1 und 2 streitgegenständlich. Die Methode 3 ist von dem Beklagten unstreitig als Ausnahme i.S.d. § 28 des Transfusionsgesetzes (TFG) und somit als zulässige Behandlungsmethode eines Heilpraktikers anerkannt.

Insgesamt ist die Wirksamkeit der Eigenbluttherapie wissenschaftlich nicht bestätigt. Zudem steht die Eigenbluttherapie mitunter in der Kritik, ein Risiko für die Infektion mit schwerwiegenden Krankheiten darzustellen. Im Jahre 2001 sind insgesamt fünf Fälle bekannt geworden, in denen ein Zusammenhang zwischen einer Eigenblutbehandlung und einer Hepatitis-​C Infektion vermutet wurde.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2018 hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Untersagung der Eigenblutbehandlung nach § 69 Abs. 1 AMG an. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die von der Klägerin praktizierte Eigenblutbehandlung nach nunmehr herrschender Rechtslage nicht (mehr) unter den Ausnahmetatbestand des § 28 TFG falle und damit gem. § 7 Abs. 2 AMG nur durch Ärzte oder unter deren Verantwortung durchgeführt werden dürfe. Dazu verwies er auf ein Urteil des VG Münster vom 17. September 2018 (Az. 5 K 579/18 -, juris). Der Beklagte gab der Klägerin die Gelegenheit, Stellung zu den beabsichtigten Verfügungen zu nehmen.

Dieser Gelegenheit kam die Klägerin anwaltlich vertreten unter dem 28. Januar 2019 nach. Das Urteil des VG Münster überzeuge nicht. Eigenblutbehandlungen unterfielen trotz der Änderung des § 28 TFG weiterhin nicht dem Regelungsgehalt des TFG, da kein Bluttransfer an eine andere Person stattfinde. Eine Untersagungsverfügung würde ihre Berufsfreiheit aus Art. 12 GG verletzen. Sie wäre unverhältnismäßig und beruhte mit § 7 Abs. 2 TFG zudem auf einer verfassungswidrigen Ermächtigungsgrundlage (wird ausgeführt).

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 25. Februar 2019 untersagte der Beklagte der Klägerin die Eigenbluttherapie in Form der Methoden 1 und 2 auf Grundlage des § 69 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 AMG. Gleichzeitig wurde der Klägerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 € angedroht. Zur Begründung führte er aus, dass die Ausnahmeregelungen des § 28 TFG für diese Methoden nicht gälten und sie daher dem Arztvorbehalt des § 7 Abs. 2 TFG unterfielen. Keine der beiden Methoden stelle ein homöopathisches Zubereitungsverfahren dar, das im Europäischen Arzneimittelbuch oder in Ermangelung dessen in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschrieben sei. Der von der Klägerin gerügte Grundrechtseingriff sei durch § 7 Abs. 2 TFG gerechtfertigt. Die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit sei verhältnismäßig, da sie zum Zwecke des Schutzes der körperlichen Unversehrtheit und des überragend wichtigen Gemeinwohlbelangs der Volksgesundheit erfolge. Die Zweifel der Klägerin an der Verfassungsmäßigkeit des § 7 Abs. 2 TFG teile er nicht. Auch das VG Münster habe sich in seinem Urteil vom 17. September 2018 mangels Veranlassung nicht mit dieser Frage beschäftigt. Die Untersagungsverfügung sei auch ermessensgerecht. Die Maßnahme sei geeignet, erforderlich und angemessen (wird ausgeführt).

Am 26. Februar 2019 erließ der Beklagte einen Kostenfestsetzungsbescheid über 500,00 € auf Grundlage der §§ 1 und 13 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG) i.V.m. Ziffer 6.1.13 der Allgemeinen Gebührenordnung (AllGO).

Die Klägerin hat am 15. März 2019 Klage gegen den Untersagungs- und den Kostenfestsetzungsbescheid erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihre Ausführungen aus dem Anhörungsverfahren. Wenn die Methode 3 unstreitig nicht dem Arztvorbehalt unterfalle, müsse dies erst recht für die Methode 1 gelten, die die schlichte Reinjektion von Eigenblut umfasse. Ein solcher Vorgang habe aus wissenschaftlicher Sicht keinerlei pharmakologische Wirkung. Es sei widersprüchlich, eine wesentlich risikoärmere Behandlung zu untersagen. Aus der Praxis sei zu beobachten, dass einige Therapeuten das entnommene Blut verdünnten und verschüttelten (also homöopathisch „aufbereiteten“), um auf die Ausnahmeregelung des § 28 TFG zurückgreifen zu können und das Verfahren so zu legitimieren. Dies sei jedoch der Patientensicherheit abträglich. Auch die Methode 2 könne unter die Ausnahmeregelung des § 28 TFG subsumiert werden. In diesen Fällen der Eigenbluttherapie handle es sich auch der Rechtsprechung des BGH zufolge insgesamt um ein homöopathisches Arzneimittel. Die von dem Beklagten zum Beleg der gegenteiligen Ansicht in Bezug genommenen Urteile des VG Münster seien nicht rechtskräftig und beträfen überdies die Ozon-​Eigenblutbehandlung. Gerade beim Einsatz von Fertigarzneimitteln könne jedoch davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen an die Hygiene erfüllt seien. Dieses Verfahren sei daher mit einem geringeren Risiko verbunden als eine „echte“ homöopathische Aufbereitung, die durch § 28 TFG legitimiert sei. Auch hier gelte daher ein „Erst-​recht-​Schluss“. Homöopathische Eigenblutbehandlungen seien auch nicht medizinisch wirksamer als die von ihr praktizierten Verfahren. Ein wissenschaftlich anerkannter medizinischer Wirknachweis fehle im Bereich der Homöopathie und sei ein Merkmal naturheilkundlicher Behandlungsverfahren. Eine Bevorzugung homöopathischer Eigenblutbehandlungen gegenüber anderen Formen der Eigenblutbehandlung sei daher nicht legitimiert. Das TFG sei im Übrigen seinem Gesetzeszweck (§ 1) zufolge zwar auf Eigenblutspenden, nicht aber auf Eigenblutbehandlungen durch Heilpraktiker anwendbar (wird ausgeführt). Aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 TFG lasse sich erkennen, dass sich die Norm auf das Blutspendewesen beziehe (wird ausgeführt). § 7 Abs. 2 TFG verstoße in der durch den Beklagten vorgenommenen Auslegung gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die Gesetzeslage habe sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich geändert; das Verfahren bilde ihrer Ansicht nach ein Beispiel dafür, wie dem Beruf des Heilpraktikers eine seit Jahrzehnten ohne erkennbare Risiken ausgeübte Tätigkeit und Befugnis durch entsprechende Rechtsauslegung genommen werden solle. § 7 Abs. 2 TFG sei auch formell verfassungswidrig. Sie habe Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 26 GG (wird ausgeführt). § 7 Abs. 2 TFG sei zudem materiell verfassungswidrig. Der Gesetzesvorbehalt ermächtige nicht zu wahllosen Eingriffen in die Berufsfreiheit. Die Schranken-​Schranken habe der Beklagte missachtet. § 7 Abs. 2 TFG diene ausweislich der Gesetzesbegründung dem Schutz des Spenders. Der Ausschluss von Heilpraktikern von der Abnahme von Blut zur Eigenblutbehandlung sei nicht geeignet, diesen legitimen Zweck zu fördern; der Arztvorbehalt erweise sich ausschließlich als „Heilpraktikerausschluss“, denn Eigenbluttherapien seien stets heilkundliche Tätigkeiten und damit allein Ärzten und Heilpraktikern gestattet. Der Spender sei hier bereits durch die gesetzliche Regelung des Heilpraktikergesetzes (HeilprG) geschützt. Ein weiterer Schutz sei nicht erforderlich und vom Gesetzgeber auch nicht angestrebt worden (wird ausgeführt). Der Heilpraktikerausschluss sei auch nicht erforderlich, da die Blutentnahme als solche keine ärztliche Fachqualifikation erfordere. Als milderes Mittel hätte man den Heilpraktikern beispielsweise den Erwerb einer entsprechenden Zusatzqualifikation ermöglichen können. Der Schutz der Patienten sei zudem bereits durch vorhandene Rechtsnormen wie §§ 5, 8 und 55 Abs. 8 AMG gesichert; für Heilpraktiker in Niedersachsen gelte überdies eine Meldepflicht und sie müssten die Hygiene-​Verordnung beachten (wird ausgeführt). Schließlich sei § 7 Abs. 2 TFG in Gestalt des Heilpraktikerausschlusses auch nicht angemessen. Heilpraktiker führten seit Jahrzehnten Eigenblutbehandlungen durch, ohne dass damit Risiken für Patienten verbunden wären. Eine ärztliche Approbation sei für die Durchführung einer Eigenblutbehandlung nicht erforderlich. Aus der Entwicklung des § 28 TFG zeige sich, dass der Therapieausschluss für Heilpraktiker ein gesetzgeberisches „Versehen“ sei. Die Problematik der Verhältnismäßigkeit sei diesem bewusst gewesen; es sei lediglich anders als bei Zahnbehandlungen unterblieben, eine Ausnahmeregelung für Eigenblutbehandlungen von Heilpraktikern zu erlassen (wird ausgeführt). § 7 Abs. 2 TFG sei daher verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass er sich nicht auf naturheilkundliche Eigenblutbehandlungen beziehe. Ferner fehle der gesetzlichen Regelung auch eine Übergangsregelung, die mit Blick auf den Vertrauensschutz erforderlich gewesen sei. Die Klägerin hält darüber hinaus auch die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) in Bezug auf Heilpraktiker-​Eigenblutbehandlungen für verfassungswidrig, da deren Wortlaut zufolge „Blutzubereitungen humanen Ursprungs“ der Verschreibungspflicht unterlägen, weshalb Heilpraktiker die Eigenbluttherapie künftig nicht mehr auf die neue Fassung des § 13 Abs. 2 b AMG stützen könnten. Leitete man aus der AMVV ein Verbot der Eigenblutbehandlung für Heilpraktiker ab, wäre auch diese Regelung verfassungswidrig (wird ausgeführt).

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 25. Februar 2019 und den Kostenbescheid vom 26. Februar 2019 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er nimmt Bezug auf seine Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid und trägt ergänzend vor, dass der Ausnahmetatbestand des § 28 TFG gerade nicht erfüllt sei, sich die Eigenblutbehandlung also gerade an den Maßstäben des TFG sowie des AMG messen lassen müsse. Auch diese Behandlungsform werde vom TFG umfasst (wird ausgeführt). Soweit die Klägerin darauf hinweise, dass die Methoden 1 und 2 im Wege eines „Erst-​recht-​Schlusses“ nicht untersagt werden könnten, verkenne sie, dass die Untersagung nicht die jeweilige Behandlung des Blutes, sondern den Entnahmevorgang betreffe. Eine Spendenentnahme dürfe gem. § 7 Abs. 2 TFG generell nur durch einen Arzt oder unter Verantwortung eines Arztes erfolgen. Dies gelte auch für die Eigenbluttherapie mit Ausnahme homöopathischer Eigenblutprodukte. Durch das bloße Vermischen von Eigenblut mit homöopathischen Fertigarzneimitteln entstehe entgegen der Ansicht der Klägerin kein homöopathisches Eigenblutprodukt. Dies habe auch das VG Münster bereits in zwei Fällen so entschieden (Urteile vom 17. September 2018 - 5 K 1161/18 und 5 K 1118/18). Die angeführte Umgehungsgefahr führe zu keiner anderen Bewertung des Sachverhalts (wird ausgeführt). Die Untersagungsverfügung auf Grundlage des § 7 Abs. 2 TFG stelle auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in die Berufsfreiheit der Heilpraktiker nach Art. 12 GG dar. Die Berufsfreiheit sei so gerade nicht schrankenlos gewährleistet und unterliege im vorliegenden Fall dem allgemeinen Interesse der Volksgesundheit. Schließlich sei die Verfügung auch verhältnismäßig. Die AMVV und die Neufassung des § 13 Abs. 2 b AMG seien nicht Gegenstand der Untersagung gewesen; die letztgenannte Vorschrift sei auch erst nach Erlass des Bescheides, am 16. August 2019, in Kraft getreten.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Untersagungsverfügung vom 25. Februar 2019 (A.) sowie der Kostenbescheid vom 26. Februar 2019 (B.) sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

A.

Die Verfügung vom 25. Februar 2019 ist rechtswidrig. Die Behandlungsmethoden der Klägerin (Methode 1 und Methode 2) stellen bei verfassungskonformer Auslegung des § 28 TFG ebenfalls Ausnahmetatbestände dar, die nicht dem Anwendungsbereich des TFG und damit auch nicht dem Arztvorbehalt gem. § 7 Abs. 2 TFG unterfallen. Damit liegt kein Verstoß gegen das Transfusionsgesetz vor und die Klägerin ist befugt, Eigenblutbehandlungen in Gestalt der Methoden 1 und 2 durchzuführen.

Gem. § 69 Abs. 1 AMG kann die Beklagte als zuständige Stelle festgestellten Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz sowie über § 64 Abs. 3 AMG auch gegen das Transfusionsgesetz durch eine Untersagungsverfügung begegnen. Vorliegend liegt in der durch die Klägerin praktizierten Eigenblutbehandlung jedoch kein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz bzw. Transfusionsgesetz vor. Die Klägerin verstößt nicht gegen § 7 Abs. 2 TFG, indem sie als Heilpraktikerin die Eigenblutbehandlung mit den angezeigten Methoden bei ihren Patienten vornimmt.

1. Gem. § 7 Abs. 2 TFG darf die Entnahme einer „Spende“ nur durch eine ärztliche Person oder durch anderes qualifiziertes Personal unter der Verantwortung einer ärztlichen Person erfolgen. Eine Spende im Sinne des § 7 Abs. 2 TFG ist gem. § 2 Nr. 1 TFG jede bei einem Menschen entnommene Menge an Blut, die Wirkstoff oder Arzneimittel ist oder zu deren Herstellung bestimmt ist. Für die Bestimmung des Begriffs des Arzneimittels ist auf das Arzneimittelgesetz zurückzugreifen. Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG ist Arzneimittel jeder Stoff, der zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt ist. Ein Stoff im Sinne dieser Norm ist gem. § 3 Nr. 3 AMG auch ein Körperbestandteil von Menschen, d.h. auch Blut.

Nach dem Vortrag der Klägerin soll das entnommene und reinjizierte Blut eine Immunreaktion hervorrufen und der Heilung diverser Beschwerden dienlich sein. Dies gilt unabhängig davon, ob das Blut nach der Entnahme weiter behandelt oder lediglich geschüttelt wird. Damit ist das einmal dem Körper entnommene Blut auch ohne weitere Behandlung als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG einzustufen (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 - VI ZR 336/10 - und VG Münster, Urteil vom 17. September 2018 - 5 K 579/18 -, juris). Bei der Entnahme des Blutes handelt es sich somit um die Entnahme einer Spende im Sinne des § 7 Abs. 2 TFG, die grundsätzlich dem Arztvorbehalt unterliegt.

2. Vorausgeschickt sei dabei, dass die Ansicht der Klägerin, dass der Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes bereits unabhängig von der Frage des Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes nicht eröffnet sei, nicht überzeugt. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass das Transfusionsgesetz lediglich die Blutspende im allgemeinen Sprachgebrauch, d.h. die Entnahme von Blut zum Zweck der Blutversorgung der Allgemeinheit, regle. Die Entnahme und Reinjektion von Blut bei ein und derselben Person sei hingegen nicht von dem eigentlichen Anwendungsfall des Gesetzes erfasst.

Diesem Vortrag ist lediglich insoweit zuzustimmen, als dass die Regulierung von Eigenbluttherapien nicht der primär durch das Gesetz geregelte Anwendungsfall ist. Als Regelungszweck ist jedoch ausdrücklich in § 1 TFG „die Förderung einer sicheren Gewinnung von Blut“ niedergelegt. Dabei steht der Schutz derjenigen Person, der das Blut entnommen wird und derjenigen Person, der das entnommene Blut injiziert wird, im Mittelpunkt. Das Interesse an einer sicheren, d.h. infektionsfreien Blutentnahme und Verabreichung besteht jedoch unabhängig davon, ob Spender und Empfänger personenverschieden sind oder nicht. Insoweit ist auch der Fall der Eigenblutbehandlung als „Eigenspende“ grundsätzlich unter den Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes und damit auch unter § 7 Abs. 2 TFG zu subsumieren.

3. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist jedoch in den oben genannten Fallgruppen der Eigenbluttherapie der Ausnahmetatbestand des § 28 TFG erfüllt. Gem. § 28 TFG findet das Gesetz keine Anwendung auf „homöopathische Eigenblutprodukte“. Der Begriff des „homöopathischen Eigenblutprodukts“ bedarf dabei der Auslegung.

Mit einem homöopathischen Arzneimittel versetztes Blut ist eine Blutzubereitung im Sinne des § 4 Abs. 2 AMG und damit ein Blutprodukt nach § 2 Nr. 3 TFG. Ist es zur Anwendung beim Spender selbst bestimmt, handelt es sich um ein Eigenblutprodukt im Sinne des § 28 TFG (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 - VI ZR 336/10 -; VG Münster, Urteil vom 17. September 2018 - 5 K 579/18 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 22. Mai 2019 - 16 K 2274/18 -, jeweils zit. nach juris).

a) Das VG Münster hat in seinem Urteil vom 17. September 2018 (5 K 1161/18, juris) für die Bestimmung des Begriffes des homöopathischen Eigenblutproduktes auf den Begriff des homöopathischen Arzneimittels nach § 4 Abs. 26 AMG zurückgegriffen. Gem. § 4 Abs. 26 AMG ist ein homöopathisches Arzneimittel ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist.

Der Rückgriff auf § 4 Abs. 26 AMG überzeugt im Grundsatz zwar, da eine enge Verschränkung des Arzneimittelrechts mit dem Transfusionsrecht besteht (vgl. § 29 TFG). Der Begriff des homöopathischen Arzneimittels bedarf bei unterstützender Anwendung im Rahmen des § 28 TFG jedoch einer teleologisch extensiven Auslegung. Ein strenges Festhalten am Wortlaut des § 4 Abs. 26 AMG wird den Besonderheiten der hier streitgegenständlichen Eigenblutbehandlung gerade nicht gerecht und entspricht auch nicht der gesetzgeberischen Intention.

Nach der vom Beklagten vertretenen Auslegung des § 4 Abs. 26 AMG unterfällt nur die bereits dargestellte Methode 3 dem Begriff des homöopathischen Arzneimittels und damit als homöopathisches Eigenblutprodukt dem Ausnahmetatbestand des § 28 TFG. Lediglich wenn eine als solche durch die o.g. Quellen - Europäisches Arzneibuch, offiziell gebräuchliche Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - beschriebene Behandlungsmethode gewählt wird, unterfällt danach die Eigenblutbehandlung als solche dem Begriff des § 4 Abs. 26 AMG und stellt damit einen der Ausnahmetatbestände nach § 28 TFG dar, so dass kein Arztvorbehalt besteht.

Dieser Ansatz übersieht jedoch, dass das Transfusionsgesetz insgesamt und damit auch § 28 TFG auf die jeweilige Behandlung, sprich die Spende bzw. Entnahme von Blut mit einem homöopathischen Eigenblutprodukt, und nicht auf ein verwendetes Arzneimittel abstellt. Damit kann nicht entscheidend sein, ob das entnommene Blut der Definition des homöopathischen Arzneimittels im Sinne des § 4 Abs. 26 AMG entspricht oder nicht. Stattdessen muss es darauf ankommen, ob mit dem Prozess aus Entnahme und Reinjektion eine homöopathische Behandlung vorliegt. Dies ist gerade in allen drei genannten Methoden der Eigenblutbehandlung der Fall. Bei jeder der drei Methoden wird das Blut als entsprechender Reiz für das Immunsystem eingesetzt.

Eine Differenzierung zwischen den drei Methoden ist auch nicht aufgrund eines sachlichen Grundes erforderlich. Der Beklagte beruft sich in diesem Rahmen auf die hinter § 4 Abs. 26 AMG stehende Erwägung des Gesetzgebers. Danach soll eine klare Definition für den Begriff homöopathischer Arzneimittel, d.h. eine klare Abgrenzung der von Heilpraktikern zu verabreichenden Mittel geschaffen werden. Dies dient letztlich dem Schutz der Patienten vor nicht kontrollierbaren Behandlungsansätzen.

Grundsätzlich ist die Übertragung dieses Grundsatzes zwar auch im Fall der Eigenblutbehandlung zu befürworten. Er führt hier jedoch zu paradoxen Ergebnissen. Denn durch die Einschränkung des § 28 TFG wäre es einem Heilpraktiker nicht einmal erlaubt, im Rahmen der Eigenbluttherapie entnommenes Blut mit homöopathischen Arzneimitteln zu versehen (vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 22. Mai 2019, a.a.O., das diese Methode ebenfalls für zulässig erachtet) oder dieses unverändert zu injizieren oder es bloß zu schütteln. Bei den letztgenannten Methoden handelt es sich jedoch gerade um ein Weniger zu der unstreitig erlaubten Methode 3. Es ist nicht ersichtlich, dass die Reinjektion unbehandelten oder „nur“ geschüttelten Eigenbluts mit größeren Gefahren verbunden wäre als die Reinjektion von Blut, das in der von dem Beklagten als zulässig erachteten Methode 3 mit Kochsalzlösung behandelt wurde. Diese Methoden dem Anwendungsbereich des TFG und damit dem Arztvorbehalt zu unterstellen, weil sie nicht in der entsprechenden Fachliteratur als Behandlung geregelt sind und damit nicht der Definition eines homöopathischen Arzneimittels gem. § 4 Abs. 26 AMG entsprechen, überzeugt nicht. Die Gefahr einer Ausuferung der homöopathischen Handlungsweisen von Heilpraktikern ist vorliegend so gerade nicht zu befürchten. Das bloße Schütteln von Blut ist als ein derart unkompliziertes Verfahren einzustufen, dass es einer eigenständigen Regelung durch das Europäische Arzneibuch oder die mitgliedstaatlichen Pharmakopöen schlicht nicht zugänglich ist, zumal ein medizinischer Nutzen wissenschaftlich nicht belegt ist. Gleiches gilt für das Vermischen von entnommenem Blut mit fertigen homöopathischen Arzneimitteln. Auch dieses Verfahren bleibt in seiner Komplexität und den damit ggf. verbundenen Risiken hinter der erlaubten Methode zurück bzw. ist mit ihr gleichzusetzen.

Entscheidend für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes im Sinne des § 28 TFG ist, dass ein „homöopathisches Eigenblutprodukt“ vorliegt. Ob dieses Produkt ein homöopathisches Arzneimittel im Sinne des § 4 Abs. 26 AMG bzw. ein mit fertigen homöopathischen Arzneimitteln versetztes Eigenblut ist oder ob es sich um lediglich geschütteltes, unverändertes oder mit Kochsalzlösung vermischtes Blut handelt, ist dabei unerheblich. Der Begriff "homöopathisch" kann im Kontext des § 28 TFG dabei jedoch nicht so weit ausgelegt werden, dass jedes Eigenblutprodukt, das nicht der Schulmedizin zuzuordnen ist, ein homöopathisches Eigenblutprodukt ist. Das Arzneimittelgesetz lässt im Sinne eines „Wissenschaftspluralismus" neben der Schulmedizin Raum für die besonderen Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie und Anthroposophie (vgl. § 25 Abs. 7 Satz 4 AMG), die auf verschiedenen theoretischen Ansätzen aufbauen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. November 2018 - 13 A 1237/16 -, juris, Rn. 43 f. m.w.N.). Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, mit homöopathischen Eigenblutprodukten nach § 28 TFG seien gewissermaßen als Oberbegriff alle nicht-​schulmedizinischen Eigenblutprodukte gemeint. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Transfusionsgesetz insoweit ein anderes Begriffsverständnis zugrunde liegt als dem Arzneimittelgesetz (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 22. Mai 2019, a.a.O.). Umfasst sind jedoch bei verfassungskonformer Auslegung des § 28 TFG unter Berücksichtigung der Berufsausübungsfreiheit der Klägerin und anderer Heilpraktiker diejenigen Methoden, die wie die von der Klägerin praktizierten Methoden 1 und 2 mit einem geringeren Risiko verbunden sind als die Eigenbluttherapie nach den Vorgaben des Europäischen Arzneibuchs oder der Pharmakopöen der Mitgliedstaaten (= Methode 3).

Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht der Intention des Gesetzgebers. Der Gesetzesbegründung zur ursprünglichen Fassung des § 28 TFG zufolge unterscheiden sich die im Rahmen der Eigenbluttherapie gewonnenen Blutprodukte in Entnahmevorgang, entnommener Menge, Herstellung und Anwendung so wesentlich von klassischen „Eigenblut-​Spenden“, dass eine Ausnahme von dem Anwendungsbereich des Gesetzes geboten ist und eine Gleichbehandlung unverhältnismäßig wäre (vgl. BT-​Drs. 13/9594, S. 27).

b) Diese Wertung ist auch gegenwärtig zugrunde zu legen. Daran ändert insbesondere der Umstand nichts, dass in der ursprünglichen Gesetzesfassung des § 28 TFG auch „Eigenblutprodukte zur Immuntherapie“ gesondert erfasst waren. Eine Streichung dieses Terminus ist ausweislich der Gesetzesbegründung erfolgt, um den Fall der sog. Apherese, d.h. der umgangssprachlichen „Blutwäsche“, von der Privilegierung des § 28 TFG auszunehmen (vgl. BT-​Drs. 15/3593, S. 13). Bei der Apherese werden größere Mengen an Blut gereinigt und dem Körper zurückgeführt, weshalb ein erhöhtes Risiko der Verunreinigung des Blutes angenommen wird. Dieses Risiko besteht jedoch bei der Entnahme kleinster Mengen im Zusammenhang mit der hier streitgegenständlichen Eigenbluttherapie gerade nicht. So konnte in der Vergangenheit ein erhöhtes Infektionsrisiko im Zusammenhang mit durch Heilpraktiker durchgeführten Eigenbluttherapien gerade nicht nachgewiesen werden; auch der Beklagte konnte diesbezüglich keine substantiierten Aussagen machen. Die Streichung des Passus anlässlich der Neufassung des § 28 TFG lässt also mit Blick auf die Gesetzesbegründung keinen Rückschluss auf einen der hier vertretenen Auffassung entgegenstehenden gesetzgeberischen Willen zu.

Für die teleologische Extension des Begriffs der homöopathischen Behandlung im Sinne des § 28 TFG, d.h. für den Wegfall des Arztvorbehaltes nach § 7 Abs. 2 TFG in Bezug auf sämtliche Methoden der Eigenblutbehandlung, spricht zudem die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit der Klägerin als Vertreterin ihrer Zunft nach Art. 12 GG. Die vom Beklagten vorgenommene restriktive Anwendung des § 28 TFG würde zu einer Berufsausübungsbeschränkung führen, die mit Blick auf die gesetzgeberischen Erwägungen nicht gerechtfertigt ist. Wie soeben ausgeführt ist schon kein legitimer Zweck gegeben, der eine Einschränkung der Heilpraktikern erlaubten Eigenbluttherapie auf die unstreitig zulässige Methode 3 gebietet.

Damit ist die Untersagungsverfügung rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Hauptbeweisantrag konnte abgelehnt werden, da die zum Beweis gestellte Tatsache der medizinischen Ungefährlichkeit der Behandlungsmethoden 1 und 2 unter kein Tatbestandsmerkmal einer der hier relevanten Normen subsumierbar ist (§ 244 StPO analog).

Auf die übrigen von der Klägerin vorgebrachten Argumente - insbesondere die Verfassungswidrigkeit der AMVV und der Neufassung des § 13 b Abs. 2 AMG - kommt es daher nicht an. Dem Beklagten ist jedoch darin zuzustimmen, dass beide Verordnungs- bzw. Gesetzesänderungen nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides und daher nach dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides entscheidungserheblichen Zeitpunkt erfolgt sind.

c) Die Rechtswidrigkeit der Kostenentscheidung beruht gem. § 11 Abs. 1 NVwKostG auf der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung nach § 69 Abs. 1 AMG.

B. Die Rechtswidrigkeit des Kostenbescheides vom 26. Februar 2019 beruht auf der Rechtswidrigkeit des Untersagungsbescheides vom 25. Februar 2019.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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