Covid 19 Virus(24.11.2020) Schüler und Eltern klagen vermehrt gegen die Pflicht für Schüler, im Schulunterricht eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Sei es aus medizinischen Gründen oder weil ganz allgemein Bedenken gegen diese Pflicht bestehen. Die deutschen Verwaltungsgerichte und Verfassungsgerichte haben diese Klagen bisher in der Regel als unbegründet abgewiesen. Nur in Ausnahmefällen werden Schüler von der Maskenpflicht befreit. Streit entsteht auch, wenn Schüler ärztliche Bescheinigungen vorlegen, wonach sie aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit werden. Müssen in den Bescheinigungen medizinische Gründe angegeben werden?

Ob in Schulen Covid19 von Schüler zu Schüler oder von Lehrer zu Schüler etc. in nennenswerter Zahl übertragen wird, ist wissenschaftlich nicht eindeutig geklärt. Unklar ist auch, wie stark Schüler das Virus tragen und übertragen. Geklärt ist allerdings, dass das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen allgemein die Übertragung des Coronavirus behindert. Landauf und landab sind daher Maskenpflichten im Unterricht eingeführt worden. Überwiegend akzeptieren Eltern und Schüler diese Pflicht. Einzelne Schüler klagen allerdings gegen die Maßnahmen. Dabei werden teilweise allgemeine Bedenken gegen das Tragen der Masken eingewandt aber auch medizinische Gründe oder spezielle, einzelfallbezogene Gründe.

Hier eine Übersicht der aktuellen Entscheidungen zu dem Thema Maskenpflicht in Schulen: 

Eine Oberstufenschülerin in Brandenburg argumentierte, sie würde ab 10.11.2020 an Vorabiturprüfungen teilnehmen und habe aufgrund der Maskenpflicht währenddessen keine Möglichkeit, etwas zu essen und zu trinken. Ferner könne auf die Masken verzichtet werden, weil der Mindestabstand von 1,5 m eingehalten werden könne. Schließlich sei das Tragen einer Maske während der Dauer der Klausurbearbeitung, die bis zu 270 min betragen könne, arbeitsschutzrechtlich unzulässig. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wies ihren Eilantrag aber zurück: die Maskenpflicht sei voraussichtlich rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig. Man müsse auch die Folgen der Maskenpflicht gegen die einer Maskenfreiheit abwägen: Bei ungehindertem Fortgang des Infektionsgeschehens seien das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit einer Vielzahl von Menschen in massiver Weise gefährdet. Hierbei handele es sich um Rechtsgüter von überragend hohem Gewicht, die der Staat zu schützen verpflichtet sei. Zudem seien nach der Covid19-Eindämmungverordnung des Landes Brandenburg Personen, denen die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung wegen einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder zumutbar sei, was durch ärztliches Zeugnis nachzuweisen sei, von der Maskenpflicht befreit (OVG Berlin-Brandenburg v. 09.11.2020 - 11 S 114/20). Die Oberstufenschülerin scheiterte auch mit ihrem Eilantrag gegen die Maskentragungspflicht vor dem Verfassungsgericht. Sie habe nicht dargelegt, dass ihr ein irreversibler Nachteil drohe. Ausgehend von ihren eigenen Angaben sei sie faktisch nicht verpflichtet, bei den beiden in der kommenden Woche zu schreibenden Vorabiturklausuren eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 13. November 2020 – 20/20 EA).

Die Klage eines hessischen Gymnasiasten aus Wiesbaden gegen die Maskenpflicht ab Klassenstufe 5 bleib ebenfalls erfolglos. Die angegriffene Regelung begegnet aus Sicht des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs inhaltlich keinen Bedenken. Es bestehe eine infektionsschutzrechtliche Gefahrenlage. Im Gebiet der Stadt Wiesbaden seien Personen festgestellt worden, die an Covid-19 erkrankt seien, und Covid-19 sei eine übertragbare Krankheit. Die Anordnung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung auch während des Unterrichts stelle eine Schutzmaßnahme dar, die an dem Ziel ausgerichtet sei, die Verbreitung von Covid-19 zu verhindern (Hess VGH, Entscheidung vom 27.10.2020 - 8 B 2597/20).

Auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wies die Eilanträge zweier Gymniasasten gegen die Maskenpflicht auf dem Schulgelände als unbegründet zurück (22.10.2020 - 1 S 3201/20). Die Maskenpflicht im Schulunterricht verstoße nicht gegen die Grundrechte auf allgemeine Handlungsfreiheit, auf körperliche Unversehrtheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sei nicht festzustellen. 

Hessische Schüler ab der 5. Klasse müssen Masken auch während des Präsenzunterrichtes tragen, so das Verwaltungsgericht Frankfurt (23.10.2020 - 5 L 2717/20.F). Zwei Schülerinnen der 5. und 6. Klasse hatten das Gericht angerufen. Sie machen geltend, mehrere Studien belegten zwischenzeitlich, dass Kinder am Infektionsgeschehen so gut wie keine Teilhabe hätten. Ferner gebe es Erkenntnisse, dass ein dauerhaftes Tragen einer Maske bei Kindern gesundheitlich mehr als bedenklich sei. Dies wies das Gericht zurück. Die wissenschaftliche Beurteilung der Auswirkung von Schulen und Kitas auf die Pandemie sei zwar nicht eindeutig, nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts allerdings seien Bildungseinrichtungen einer der Orte, die eine Rolle im Infektionsgeschehen spielten. Die Mund-Nase-Bedeckung sei im Rahmen eines Gesamtkonzeptes entsprechend der AHA-L Regel geeignet, Übertragungen zu verhindern. Soweit es um Beeinträchtigungen durch das Tragen gehe, sei zunächst schon nicht wissenschaftlich nicht erwiesen, dass hieraus Schäden resultierten. Zudem seien Ausnahmen im Einzelfall aufgrund medizinischer sowie pädagogischer Gründe möglich und sehe der Hygieneplan 6.0 des Landes Hessen Maskenpausen vor.

Auch bayrische Schülerinnen gingen vor Gericht leer aus: Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in einer Schule ist aus Sicht des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofes rechtmäßig (BayVerwGh, Beschluß vom 26.10.2020 - 20 CE 20.2185). Um sich von dieser Pflicht befreien zu lassen, bedarf es einer ärztlichen Bescheinigung, die sowohl nachvollziehbare Befundtatsachen als auch Diagnosen enthält, so das Gericht. Denn die Verwaltung/Schulen bzw. das Gericht müssen aufgrund konkreter und nachvollziehbarer Angaben in den ärztlichen Bescheinigungen in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen selbständig zu prüfen und das gehe nur, wenn das Attest die Gründe auch nachvollziehbar angibt. Die vorgelegten Atteste erfüllten diese Anforderungen nicht: Mit diesen werde den Antragstellerinnen jeweils nur pauschal bescheinigt, dass sie aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Masken tragen könnten. Dabei enthielten die Atteste jeweils nur diesen einen Satz und keinerlei Begründung, aufgrund welcher gesundheitlicher Gründe das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für die Antragstellerinnen nicht möglich bzw. zumutbar sein soll. Es fehle an der konkreten Diagnose eines Krankheitsbildes. 

Genau zu demselben Ergebnis kommt das Verwaltungsgericht Braunschweig (Beschluss vom 24.11.2020 - 4 B 397/20): Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ist ausnahmsweise nicht verpflichtend, wenn dies wegen einer Beeinträchtigungen unzumutbar sei und dies mit ärztlichem Attest glaubhaft gemacht werde. Das Attest müsse die Schule und im Streitfall das Gericht durch nachvollziehbare Angaben in die Lage versetzen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme vorlägen. Daher sei rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Schulen verlangen, dass sich der ärztlichen Bescheinigung die beim Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht zu erwartenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie eventuelle Vorerkrankungen entnehmen lassen. Außerdem dürften die Schulen verlangen, dass im Regelfall erkennbar werden müsse, auf welcher Grundlage die attestierende Ärztin oder der attestierende Arzt zu ihrer oder seiner Einschätzung gelangt sei. 

Die Maskenpflicht auf dem Schulgelände kann aber ausnahmsweise aufgehoben werden für einen elfjährigen Schüler, der nachweislich an der Erkrankung ADHS leidet (Verwaltungsgericht Würzburg, 22.10.2020 - W 8 E 20.1563). Grundlage dieser Entscheidung waren Atteste eines Allgemeinmediziners, der - nach persönlicher Untersuchung des Schülers - feststellte, dass der Schüler regelmäßig an wiederkehrenden Panikattacken leide. Des weiteren hatte die Mutter des Schülers glaubhaft versichert, dass bei ihm infolge des Tragens der Mund-Nasen-Bedeckung Panikattacken, verbunden mit Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Erbrechen aufträten. Aus Sicht des Gerichts hat der Schüler damit hinreichend glaubhaft gemacht, dass er von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf dem Schulgelände seiner Mittelschule aus gesundheitlichen Gründen befreit ist.

Fazit:

In begründeten Einzelfällen kann - gestützt auf aussagekräftige ärztliche Bescheinigungen und Atteste - die Maskenpflicht im Schulunterricht aufgehoben werden. In allen anderen Fällen weisen die Gerichte Klagen gegen die Maskenpflicht in der Regel ab. Das Attest muss also "Ross und Reiter" nennen. Atteste mit Floskeln wie "aus gesundheitlichen Gründen" können von den Schulen zurückgewiesen werden.

Die strikte Linie der Gerichte, die sich klar hinter den Gesundheitsschutz der Gesamtbevölkerung stellen, ist auch nachvollziehbar, denn das Tragen von Masken ist - auch über Stunden hinweg - bei gesunden Schülern nicht mit gesundheitlichen Beschwerden verbunden. Es ist zwar lästig, eine Maske zu tragen. Damit muss man aber leben, denn der Schutz der Bevölkerung vor einer weiteren Ausbreitung des gefährlichen SarsCov2-Virus muss - auch in Schulen - verhindert werden. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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