(2.7.2020) Im Streit um negative Bewertungen bei jameda.de muss jameda den Bewertenden zur Stellungnahme auffordern und diese Stellungnahme dem Arzt mitteilen. Dann kann und muss der Arzt bestimmte Details zu der Behandlung zu seiner Entlastung ermitteln und vortragen. Erst dann kann jameda zur Löschung der Bewertung verpflichtet sein (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 5.2.2020 - 1 U 80/19).

Bewertungen bei jameda.de abwehrenDer Fall:

Ein Patient bewertete einen Zahnarzt aus Brandenburg bei Jameda mit der Note 4,6 mit folgenden Worten:

„Teure Oberkieferbrücke/Kronen hat keine 4 Jahre gehalten
Leider muss meine feste Oberkieferbrücke nach nicht einmal 4 Jahren raus. Undichte Krone, 2 Zähne müssen gezogen werden (sind Wurzelkanal gefüllt mit Stift) Das bittere ist, dass es keine feste Oberkieferversorgung mehr gibt (außer vielen Implantaten)
Viel Geld, viel Privatleistungen, wenig Freude mit den neuen Zähnen und das als Angstpatient, traurig!
Diese Bewertung wird bestimmt wieder unfair kommentiert, armer Zahnarzt! Nicht empfehlenswert, den Tiefschlaf gibt es woanders auch.“

Der Arzt verlangte von jameda Unterlassung und sagte, er kenne diesen Behandlungsfall nicht.

Jameda nahm die Bewertung zuersteinmal offline.

Jameda befragte den Bewertenden. Der nannte Details zu der Behandlung und fügte eine Rechnung bei.

Jameda sandte dieses Schreiben nebst Rechnung an den Zahnarzt und nannte ihm den Behandlungszeitpunkt im Zeitraum von März 2013 bis Juni 2017 unter Schwärzung verschiedener Einzeldaten.

Der Zahnarzt nahm dazu aber nicht Stellung.

Jameda veröffentlichte die Bewertung deshalb wieder.

Dagegen klagte der Zahnarzt.

Das Landgericht Potsdam wies seine Klage als unbegründet anb, wogegen der Zahnarzt in Berufung ging.

Die Entscheidung:

Das OLG sieht die Berufung des Zahnarztes als erfolglos an:

Der Arzt, der sich gegen negative Bewertungen bei jameda wehrt, muss grundsätzlich erstmal beweisen, dass die bewertende Person tatsächlich nicht Patient bei ihm war. Da er diesen negativen Beweis nicht führen kann, muss jameda zumutbare Nachforschungen anstellen (Bewertenden befragen) und dann dem Arzt diese Informationen aus der befragung weiterleiten (diese Daten kann jameda aber anonymisieren). Dann ist dem Arzt eine genauere Stellungnahme zu dem behaupteten Behandlungskontakt möglich, weil er nun den Patienten höchstwahrscheinlich identifizieren kann. Hat der Arzt dann aber sich mit den streitigen Behauptungen und vorgelegten Unterlagen substantiiert auseinandersetzt und unter Bezugnahme auf seine eigenen Behandlungsunterlagen dazu vorgetragen (z.B. dass der Patient gar nicht bei ihm gewesen sei oder der Behandlungskontakt ganz anders abgelaufen sei), dann muss jameda "dagegen halten", wenn jameda die Bewertung veröffentlicht halten will.

Da der Zahnarzt dies hier nicht tat, war die Klage auf Unterlassung unbegründet.

Praxisanmerkung:

Der Arzt darf also den Behandlungskontakt nicht lediglich pauschal bestreiten, so wie es hier den Zahnarzt tat. Der Arzt muss sich vielmehr mit den Vorwürfen "substantiiert auseinandersetzen", sprich die Patientenunterlagen in dem maßgeblichen Zeitraum auf den konkreten streitigen Vorfall hin durchsuchen und einen konkreten abweichenden Verlauf zu behaupten.

Behauptet der Patient etwa, er sei mangelhaft behandelt worden, so reicht es nicht aus, dies oder die Tatsache der Behandlung zu bestreiten. Vielmehr muss der Arzt - gestützt auf die Stellungnahme, die er von jameda bekommen hat - seine Unterlagen genau durchsehen, um den Patienten zu identifizieren und dann z.B. vortragen, dass der Patient korrekt behandelt wurde und er bei einer Nachkontrolle keine Beschwerden angab. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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