(24.6.2020) Facebook ist eines der bekanntesten und größten sozialen Netzwerke, das auch viele Ärzte zur Werbung für ihre Praxen nutzen. In den letzten Jahren wurde viel Kritik an Facebook laut - es verletze den Datenschutz und nutze seine Marktmacht aus. Facebook antwortete mit einer Image-Kampagne, um verlorenes Vertrauen der Nutzer zurückzugewinnen. Was ist davon zu halten? Der Bundesgerichtshof, höchste deutsche zivilrechtliche Instanz, hat sich nun zu dem Marktverhalten von Facebook positioniert. Und das Ergebnis dürfte Facebook nicht gefallen.

Facebook für Ärzte? Anlaß der Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist, dass das Bundeskartellamt (der staatliche Hüter von Wettbewerb und Verbraucherschutz) gegen Facebook vorgeht, weil es ihm u.a. Wettbewerbsverletzungen vorwirft: Im Februar 2019 hat das Bundeskartellamt Facebook und weiteren Konzerngesellschaften untersagt, bestimmte aus seiner Sicht wettbewerbsverletzende Nutzungsbedingungen zu verwenden und personenbezogene Daten entsprechend zu verarbeiten.

Dagegen legte Facebook Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf ein und beantragte, dass die sofortige Vollziehung der Untersagung ausgesetzt wird. Dem gab das OLG statt. Ein Teilerfolg von Facebook. Das Bundeskartellamt rief nun aber den BGH an und legte Beschwerde ein. 

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat auf diese Beschwerde hin die Entscheidung des OLG Düsseldorf aufgehoben und Facebooks Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde abgelehnt.

Der BGH stellt dazu folgendes fest:

  • Facebook ist marktbeherrschend im Bereich der sozialen Netzwerke. Das heißt, andere Anbieter kommen gegen Facebook nicht an. 
  • Facebook erschwert seinen Nutzern den Wechsel zu anderen Netzwerken (sogenannter Lock-In-Effekt).  
  • Facebook-Nutzer können nicht wählen, wie weit ihre Daten von Facebook genutzt werden (ob sie z.B. an Werbepartner oder Dittfirmen verkauft werden). 
  • diese fehlende Wechselmöglichkeit stellt eine Ausbeutung der Nutzer von Facebook dar.
  • die Nutzungsbedingungen von Facebook (die den Kunden eine Beschränkung der Weitergabe ihrer Daten an Dritte erschwert) behindern den freien Wettbewerb.

Der BGH hat dazu eine Pressemitteilung veröffentlicht (BGH, Beschluß vom 23.6.2020 - KVR 69/19). 

Fazit:

Die großangelegte, teure und hübsch anzusehende Image-Kampagne von Facebook hat manchem verunsicherten Nutzer des Netzwerkes Sand in die Augen geblasen. Die Richter des Kartellsenates des Bundesgerichtshofes  - allesamt Spezialisten im Bereich des Wettbewerbes - lassen sich von solchen Augenwischereien aber nicht im Geringsten täuschen - und haben Facebook mit - wie üblich - knappen Worten erklärt, dass sie seine Beschwerde zurückweisen. Also bleibt es dabei, dass Facebook das Verbot bestimmter Geschäftsbedingungen durch das Bundeskartellamtes beachten muss, bis eine endgültige Entscheidung des OLG Düsseldorf vorliegt. Die einzelnen Festtellungen des BGH ("Marktbeherrschung", "Erschwerung", "Ausbeutung" etc.) werden Facebook noch wehtun, da die unteren Gerichte an die Festellungen des BGH gebunden sind und der Linie des BGH in weiteren Verfahren folgen werden. Es steht zu erwarten, dass Facebook auf kurz oder lang seine Nutzungsbedingungen in Deutschland ändern muss. Dann kann Facebook sein wettbewerbsschädigendes und den Datenschutz völlig ignorierendes Geschäftsmodell in Deutschland - einem europäischen Kernmarkt des Netzwerkes - nicht mehr halten. 

Und inwiefern ist das für Ärzte relevant?

Ärzte sind verpflichtet, die Daten ihrer Patienten vor Zugriffen Dritter vollständig zu schützen. Der Arzt muss dabei auch verhindern, dass ein Dritter erfährt, dass ein Patient überhaupt krank ist und einen bestimmten Arzt aufsucht. Nutzt ein Arzt aber Facebook für seinen Praxisauftritt und als Werbeplattform und tritt über das Netzwerk in irgendeiner Form mit seinen Patienten in Kontakt und kann Facebook herausfiltern, dass es sich bei bestimmten Kontakten im Netzwerk um Patienten des Arztes handelt, so ist dieses Geheimnis preisgegeben. Und zwar preisgegeben an einen marktbeherrschenden Datenhändler. Und wie Facebook diese Daten (z.B. dass Herr M aus U bei Dr. B in garstoenterlolgischer Behandlung ist) ausnutzt und zu Geld macht, kann der Arzt gar nicht überschauen. Es ist bekannt, dass Datensätze mit medizinischen Daten zu den wertvollsten Datensätzen auf dem Markt der Datenhändler gehören - sprich hinter den medizinischen Daten der Bürger sind alle her. Diese Daten sind von großem Interesse z.B. füt Versicherungen, die Kranke nicht gern versichern, und für Banken, die Kranken Kredite nur bei hööheren Sicherheiten und höheren Zinsen zu geben bereit sind. 

Wer als Arzt den Schutz der Daten seines Patienten ernst nimmt, sollte sich also gut überlegen, ob und wenn ja wie er auf Facebook weiter für seine Praxis wirbt. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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