(15.5.2020) Immer mehr Bürger klagen vor den Gerichten in Eilverfahren gegen die Corona-Beschränkungen des täglichen Lebens. Geklagt wird gegen sämtliche Beschränkungen: Ladenschließungen, Maskentragen, Abstandgebote, Ausgangsbeschränkungen, Besuchsverbote in Pflegeheimen, Wiederaufnahem des Schulunterrichts, Betriebsverbote für Fitneßstudios, Schließung von Ferienwohnungen, Restaurantschließungen, Moscheeschließungen, Schließung von Autowaschanlagen, Besuchsverbote in Obdachlosenunterkünften et cetera. Geklagt wird aber auch gegen die Lockerungen der Beschränkungen, die jetzt angeordnet wurden: so will zum Beispiel ein Rentner diese Lockerungen verhindern. Beim Lesen der Tagespresse entsteht mittlerweile der Eindruck, die Gerichte würden vermehrt die Beschränkungen kippen, die die Landesregierungen wegen des Infektionsschutzes vor dem Corona-Virus angeordnet haben. Dies ist aber nicht der Fall, wie ein genauerer Blick auf die Rechtsprechung der letzten Woche zeigt. 

Kein Durchkommen für das Corona-VirusWelche Klagen gegen Corona-Beschränkungsmaßnahmen waren erfolgreich?

Erfolgreich waren nur wenige Verfahren: 

  • Die Sächsischen Beschränkungen von Ladenöffnungen sind teilweise mit der Landesverfassung unvereinbar (Verfassungsgerichtshof Sachsen, 30.4.2020 - Vf.61-IV-20)
  • Das Verbot der Öffnung eines Outlet-Centers ist rechtswidrig (OVG Schleswig-Holstein, 24.4.2020 - 3 MR 9/20)
  • Sportgeschäft in Hamburg darf Teilfläche (bis 800 qm) öffnen (VG Hamburg, 5.5.2020 - 7 E 1804/20)
  • Ladeninhaber darf öffnen, wenn er seine Ladenfläche auf 800 qm beschränkt und abtrennt (VG Sigmaringen, 21.4.2020 - 14 K 1360/20)

Welche Klagen gegen Corona-Maßnahmen wurden abgewiesen?

Man kann sagen, dass die Gerichte wenig Willen zeigen, Klagen gegen die Beschränkungen stattzugeben. 16 Verfahren waren erfolglos:

  • Klage gegen bayrische Ausgangsbeschränkungen erfolglos (BVerfG, 1.5.2020 - 1 BvR 996/20)
  • Klage gegen Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebote in Hessen erfolglos (BVerfG, 1.5.2020 - 1 BvQ 42/20)
  • Erfolglose Klage gegen Kontaktverbot in Pflegeheimen (OVG Lüneburg, 30.4.2020 - 13 MN 125/20)
  • Die Pflicht zum Tragen eines Mundschutzes ist nicht zu beanstanden (OVG NRW, 30.4.2020 - 13 B 539/20 NE)
  • Beschränkungen des Einzelhandels bleiben bestehen (OVG Bremen, 22.4.2020 - OVG 1 B 111/20)
  • Die Saarländischen Corona-Beschränkungen wurden bestätigt (OVG Saarland, 22.4.2020 - 2 B 128/20)
  • Auch die Beschränkungen für Autowaschanlagen sind in Ordnung, so das OVG Lüneburg, 22.4.2020 - 13 MN 105/20.
  • Das Besuchsverbot in einem Obdachlosenheim ist rechtens (VG Stuttgart, 20.4.2020 - 16 K 1941/20)
  • Die Verfassungsbeschwerde gegen die bayrischen Infektionsschutzmaßnahmen hat das BVerfG nicht angenommen (13.5.2020 - 1 BvR 1021/20)
  • Klagen gegen Versammlungsverbot erfolglos (BVerfG, 1.5.2020 - 1 BvR 1004/20 und 1 BvR 1003/230)
  • Verbot der Öffnung von Läden über 800 qm bleibt bestehen (OVG Sarland, 24.4.2020 - 2 B 122/20)
  • Die Betriebsuntersagung für Fitneßstudios ist in Ordnung (OVG NRW, 24.4.2020 - 13 B 520/20.NE)
  • Das Verbot der Vermietung von Ferienwohnungen bleibt bestehen (OVG Berlin-Brandenburg, 23.4.2020 - OVG 11 S 25/20)
  • Das Verbot der Öffnung von Ladenflächen bleibt bestehen (OVG Bremen, 23.4.2020 - OVG 1 B 107/20)
  • Schließung von Restaurants bestätigt (OVG Lüneburg, 23.4.2020 - 13 MN 88/20)
  • Das Verbot, Moscheen aufzusuchen, bleibt bestehen (OVG Lüneburg, 23.4.2020 - 13 MN 109/20)

Was sagen die Gerichte zu den Lockerungen der Corona-Beschränkungsmaßnahmen?

  • Die Präsenzschulpflicht für Kinder ab Klasse 4 ist rechtswidrig, so das Hessische Verwaltungsgerichtshof, 24.4.2020 - 8 B 1097/20.N.
  • Dagegen meint das OVG Lüneburg, eine Klage gegen die Wiederaufnahme des Schulunterrichts ab Klasse 4 sei erfolglos (30.4.2020 - 13 MN 131/20).
  • Ein 65jähriger hatte gegen die Lockerungen der Kontaktverbote und Abstandregeln geklagt - er sah sich in Gefahr. Das Bundesverfassungsgericht wies seine Klage gegen die Lockerungen aber als formell unzulässig ab (BVerfG, 12.5.2020 - 1 BvR 1027/20). In der Sache selbst hat das Bundesverfassungsgericht also über diese doch interessante Frage nicht entschieden.

Praxisanmerkung: 

Die Bürger rennen sich also überwiegend nutzlos die Köpfe an deutschen Gerichten ein. Es ist auch in Zukunft nicht zu erwarten, dass sich die Richterschaft in den vielen Eilverfahren gegen die Corona-Beschränkungen wendet. Richter sind an das Gesetz gebunden, sprich an die Corona-Eindämmungsverordnungen der Länder. Und in der Regel sehen die Richter diese Eindämmungsvorschriften auch als rechtmäßig an. Richter sind konservativ - der Infektionschutz dient dem Schutz des Lebens und der Gesundheit, was aus Sicht der konservativen Richter regelmäßig vorrangig ist gegenüber Rechten wie Versammlungsfreiheit oder etwa der Berufsausübungsfreiheit. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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