Für die Untersuchung mittels Optischer Kohärenztomografie (OCT) ist die Heranziehung der GOÄ-Ziffer 424 analog angemessen. Daneben kann die Zuschlagsziffer 406 nicht angesetzt werden (Verwaltungsgericht Düsseldorf, Anerkenntnisurteil vom 14.12.2018 - 26 K 3164/17).

OCT und Operation menschliches AugeDer Fall:

Im Streit stand die Frage, wie ein Arzt die OCT abrechnen kann nach der GOÄ.

Die OCT ist ein recht junges bildgebendes Verfahren in der Augenheilkunde. Ein Laser fertigt sehr genaue Schnittbildaufnahmen der Hornhaut oder der Netzhaut an. Die OCT der Macula („gelber Fleck“) ist eine Basisuntersuchung bei der Diagnostik von Erkrankungen der Macula.

Ein Augenarzt rechnete dafür die Ziffer 424 analog ab und daneben die Zuschlagsziffer 406 (nicht analog).

Die Beihilfestelle des Patienten bewilligte Beihilfe lediglich in Höhe der Ziffer 423 GOÄ und verweigerte diesem die Begleichung der höher bewerteten Ziffer 424 sowie der 406.

In der medizinischen-juristischen Literatur ist umstritten, ob für die OCT die Ziffer 423 oder die Ziffer 424 (jeweils analog) abzurechnen ist.

Die Entscheidung:

Eingangs verwies das Gericht darauf, dass eine Abrechnung schon dann als angemessen anzusehen sei, wenn der vom Arzt in Rechnung gestellte Betrag bei objektiver Betrachtung einer zumindest vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht und der beihilfepflichtige Dienstherr nicht rechtzeitig für Klarheit über seine Auslegung der Abrechnungsbestimmungen gesorgt hat.

Für das Gericht spricht insgesamt mehr dafür, dass die Heranziehung von 424 analog hier angemessen ist. Jedenfalls handele es sich bei der Heranziehung von 424 GOÄ um eine bereits in der Literatur vertretene und damit vertretbare Auslegung der GOÄ. Da nichts dafür ersichtlich sei, dass die Stadt O als Dienstherr des Klägers vorab eine Klarstellung dementsprechend vorgenommen hat, dass sie die Heranziehung von 424 analog für die OCT als unvertretbar hält, verbleibt es bei der Beihilfefähigkeit von 424 analog GOÄ für die OCT.

Die Ziffer 406 ist nach Ansicht des Gerichts aber nicht abrechenbar:

Zum einen sei die Ziffer 406 nicht analog angesetzt worden, was aber erforderlich wäre, da sie eine Zuschlagposition zu Ziffer 424 ist, diese Ziffer 424 wurde aber analog angesetzt – dann müsste auch die Zuschlagposition analog angesetzt werden, was hier nicht erfolgte.

Zum anderen ist aber selbst die analoge Heranziehung von 406 analog zusätzlich zu 424 analog GOÄ aus Sicht des Gerichts materiellrechtlich gebührenrechtlich unzulässig, weil sich in Kommentaren oder Fachbeiträgen keine Äußerungen fänden, die dafür sprächen.

Da es sich bei 406 um eine Zuschlagsposition zur 424 handelt, setzt die nichtanaloge Berechnung von 406 voraus, dass zugleich 424 nichtanalog berechnet wurde. 424 wurde hier jedoch analog berechnet. Das heißt, auch 406 als Zuschlagsposition hätte hier nur als Analogposition in Ansatz gebracht werden dürfen.

Auf Anraten des Gerichts verglichen sich die Parteien und die Beihilfestelle zahlte dem Patienten die Differenz zwischen Ziffern 423 und 424.

Praxisanmerkung:

OCT werden in der Regel als IGe-Leistungen (IGeL) von Augenärzten angeboten. Der Augenarzt kann nach diesem Gerichtsurteil für die OCT die Ziffer 424 analog abrechnen, die Verwendung des Zuschlages 406 kann dagegen zu Streitigkeiten mit dem Patienten führen und sollte daher unterbleiben.

Nach Ansicht des Sozialgerichts Rostock ist die OCT-Untersuchung in der Praxis eine bewährte und unverzichtbare Basisuntersuchung, da nicht immer eine Visusspiegelung, eine Netzhautspiegelung (Funduskopie) oder eine Fluoreszenzangiographie ausreichen, um eine zuverlässige Diagnose zu erhalten oder um den Verlauf einer diabetischen Retinopathie optimal zu kontrollieren (SG Rostock, Urteil vom 24.09.2014 - S 15 KR 36/12).

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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