(25.11.2021) Der Gesetzgeber hat gestern auf die Flut inhaltlich unrichtiger oder gefälschter Atteste und Impf- und negativen Testbescheinigungen im Zusammenhang mit der Covid19-Pandemie reagiert und die Strafen dafür drastisch verschärft. Damit soll der mittlerweile leider gängigen Praxis, dass Personen, die die Covid19-Pandemie als ungefährlich ansehen oder sich nicht impfen lassen wollen und die Corona-Schutzregeln durch Vorlage falscher Atteste zum Beispiel zur Befreiung von der Maskenpflicht oder durch Vorlage von falschen Impfbescheinigungen oder falschen negativen Testnachweisen umgehen wollen, ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden.
(25.11.2021) Wird eine Mutter in einer Klinik direkt nach erfolgreicher Geburt mit ihrem neugeborenen Kind in ihrem Zimmer allein gelassen, um den Aufbau der Mutter-Kind-Bindung zu ermöglichen (sog. Bonding), so muss die Mutter dort eine Notrufklingel zur Verfügung stehen, damit sie bei Komplikationen schnell die Hebamme oder einen Arzt hinzurufen kann. Hat sie dagegen keine solche Klingel an ihrem Bett und kommt es zu Atemschwierigkeiten bei dem Kind, so haftet die Klinik für einen sich in Folge der Sauerstoffunterversorgung entwickelnden Hirnschaden des Kindes, weil das Fehlen einer solchen Klingel einen groben Behandlungsfehler darstellt (Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 20.9.2021 - 1 U 31/20).
(18.11.2021) Sobald eine Geburt regelwidrig verläuft, muss die Hebamme einen Gynäkologen hinzuziehen. Dies ist ihre elementare Pflicht - verletzt sie diese Pflicht, so liegt ein grober Behandlungsfehler vor. Blutungen der werdenden Mutter sind insofern ein Alarmzeichen für einen regelwidrigen Zustand. Die Hebamme muss die Unterlage, auf der die Mutter sitzt oder liegt (Vorlage genannt), rechtzeitig auf Blutungen kontrollieren. Wann diese Kontrolle nicht mehr rechtzeitig ist, hat das Oberlandesgericht Rostock in seinem Urtel herausgearbeitet (OLG Rostock, Urteil vom 5. November 2021 – 5 U 119/13).
(16.11.2021) Nicht nur Ärzte machen sich strafbar, wenn sie falsche Atteste ausstellen (§ 278 StGB). Auch Bürger, die solche gefälschten oder falschen Atteste einsetzen um sich Vorteile zu verschaffen, machen sich nach § 279 StGB strafbar, wie eine Entscheidung des Landgerichts Freiburg zeigt. Zum Verhängnis wurde dies einem Mann, der sich eine Befreiung von der Corona-Maskenpflicht bequem per Post besorgt hatte (Landgericht Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 5. August 2021 – 2 Qs 36/21).
(10.11.2021) Ein Vertragsarzt hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens, wenn er bisher noch keine nachbesetzungsfähige Praxis aufgebaut hat. Denn dann ist eine Nachbesetzung in einem überversorgten Gebiet aus Versorgungsgründen nicht erforderlich. Dabei ist es unbeachtlich, ob der Arzt wegen der Coronakrise die Praxis nicht aufbauen konnte oder ob er dies von vorneherein nicht beabsichtigte (Sozialgericht Marburg, Gerichtsbescheid vom 8.10.2021 – S 12 KA 77/21).
(9.11.2021) Wechselt ein Vertragsarzt das Fachgebiet der Zulassung nahtlos (hier von der Anästhesie zur Allgemeinmedizin), so berührt dies seine Pflicht zum Nachweis der Erbringung der Fortbildungspflicht nicht. Mithin bleibt auch das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung davon unberührt. Im Ergebnis muss der Vertragarzt daher eine Honorarkürzung von über 7.000 EUR hinnehmen (Bundessozialgericht, Urteil vom 4.11.2021 - B 6 KA 9/20 R).
(3.11.2021) Vermehrt verlangen niedergelassene Ärzte von ihren Patienten die Einhaltung der sog. 3G-Regel. Das heißt, sie behandeln nur Patienten, die auf Covid19 geimpft, negativ getestet oder nach Infektion wieder genesen sind. Dürfen Ärzte dies tun oder sind sie rechtlich verpflichtet, auch ungeimpfte, ungetestete oder nicht genesene Patienten in ihren Arztpraxen zu behandeln?
(26.10.2021) Die Werbung für eine auf künstlicher Intelligenz beruhende medizinische Untersuchung durch einen sog. "Roboarzt" ist wegen Verstoßes gegen das Fernbehandlungsverbot unzulässig und zu unterlassen (Landgericht Hamburg, Urteil vom 18. Mai 2021 – 406 HK O 179/20).
(19.10.2021) Das Krankenhaus kann die Krankenhausvergütung für die OPS 8-98 f (aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung) auch dann verlangen von der Krankenversicherung des Patienten, wenn das Krankenhaus keine eigene transfusionsmedizinische Expertise besitzt. Schon die interne Bevorratung und Ausgabe von Blut und Blutbestandteilen durch das klagende Krankenhaus erfüllt den Begriff der Blutbank (Bundessozialgericht, Urteil vom 16.8.2021 - B 1 KR 11/21 R).
(13.10.2021) Wird der Zutritt zu den Praxen von Heilpraktikern und die Inanspruchnahme ihrer Leistungen auf bezüglich des Corona-Virus geimpfte, genesene und (negativ) getestete Personen beschränkt (3G-Regel), während diese Beschränkung für Patienten von Arztpraxen nicht besteht, so stellt dies eine Ungleichbehandlung dar. Eine soclhe Beschränkung der Heilpraktikerpraxen ist daher voraussichtlich rechtswidrig (OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.9.2021 – 13 MN 395/21).
(1.10.2021) Halten gesetzliche Krankenkassen eine medizinische Behandlung nicht für erforderlich, so lehnen sie die Übernahme der Kosten der Behandlung ab. Der krankenversicherte Patient ist dann aber nicht schutzlos, sondern kann sich die Leistung selbst beschaffen und ersteinmal bezahlen und dann von der Kasse Erstattung verlangen, soweit die Behandlung tatasächlich medizinisch notwendig war. Voraussetzung für diesen Kostenerstattungsanspruch (§ 13 Absatz 3 und 3 a SGB V) ist aber, dass der Patient zuersteinmal die Ablehnung der Kostenübernahme abwartet, bevor er sich für die Behandlung entscheidet (sog. Einhaltung des Beschaffungsweges). Eine Patientin, die eine bariatrische Magenverkleinerungsoperation durchführen lassen wollte, zahlte aber bereits vor Entscheidung der Kasse die Kosten der Operation an und kann deshalb keine Kostenerstattung verlangen, entschied nun das Landessozialgericht Bayern (Urteil vom 7.9.2021 - L 20 KR 256/18).
(21.9.2021) Ärzte müssen während der Behandlung eines Patienten immer wieder schnell medizinische Daten mit anderen, externen Ärzten austauschen. Viele Ärzte tun dies per Telefax. Dieses Vorgehen sieht die Hessische Datenschutzbehörde als kritisch an. Darf der Arzt das Fax noch benutzen oder muss er alle Arztbriefe, Laborbefunde, Atteste und Diagnosen von nun an per Post versenden?
- Wann und wie Ärzte, Physiotherapeuten und Psychotherapeuten ein Ausfallhonorar von ihren Patienten verlangen können: 14-09-2021
- Kein Schmerzensgeld für Corona-Quarantäne - der Betroffene soll sich mal nicht so haben: LG Hannover 20-08-2021
- Praxis darf Logopädin kündigen, die keine Maske tragen will: Arbeitsgericht Cottbus 17-06-2021
- Wie muss ein Operateur den Patienten über mögliche Nervenschädigungen bei Leistenbruchoperationen aufklären? OLG Dresden 20-07-2021