(26.2.2020) Das Recht, sich selbst zu töten, umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen. § 217 StGB (strafbewehrtes Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung) greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht Sterbewilliger ein. Die von der Vorschrift ausgehende Einschränkung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben ist nicht angemessen. Die Vorschrift führt im Gefüge mit der bei seiner Einführung vorgefundenen Gesetzeslage dazu, dass das Recht auf Selbsttötung in weiten Teilen faktisch entleert ist. § 217 StGB ist damit unwirksam (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15, 2 BvR 2527/16, 2 BvR 2354/16, 2 BvR 1593/16, 2 BvR 1261/16 und 2 BvR 651/16).
(23.2.2020) Der Arzt muss den Patienten über die (vom Patienten selbst zu tragenden) Kosten einer privaten Behandlung aufklären (wirtschaftliche Aufklärungspflicht). Verletzt er diese Pflicht, so muss aber der Patient nachweisen, dass er sich bei richtiger Aufklärung gegen die Behandlung entschieden hätte. Eine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten greift bei der Verletzung der wirtschaftlichen Aufklärunsgpflicht (anders als bei der Aufklärung über Risiken) aber nicht ein. Im Ergebnis durfte der Arzt sein Honorar für die Behandlung (hier: neue Venenbehandlungsmethode bei Krampfadern) behalten, weil dem Patienten dieser Beweis nicht gelungen war (Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Januar 2020 – VI ZR 92/19).
(21.2.2020) Wenn die Schwangere schon einmal ein Ungeborenes wegen eines Hirnschadens abtreiben ließ und sich bei einer Untersuchung bei der zweiten Schwangerschaft Hinweise auf einen möglichen Hirnschaden auch des zweiten Kindes zeigen, müssen die Ärztze die Mutter auf dieses Risiko ausdrücklich hinweisen. Tun sie dies nicht, haften sie der Mutter, die dann auf die Möglichkeit einer indizierten Schwangerschaftsabbruches verzichtet und ein schwerbehindertes Kind zur Welt bringt, auf Ersatz der hohen Pflegekosten und auch auf Schmerzensgeld (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 19.2.2020 - 7 U 139/16). Das Urteil zeigt einmal mehr, wie wichtig die Aufklärung des Patienten ist.
(21.2.2020) Apothekern ist es verboten, mit einem Arzt Absprachen zu treffen, wonach dieser Rezepte in seiner Praxis sammelt, um diese Sammlung dann gezielt an den Apotheker zu senden, um so sicherzustellen, dass die Patienten diese Rezepte nur bei diesem Apotheker einlösen. Auch ist es ihm verboten, Medikamente ohne Rezept abzugeben (Landgericht Rostock, Urteil vom 26. November 2019 – 6 HK O 46/18).
(20.2.2020) Ein Hersteller haftet nicht für positive, ihm persönlich verbotene Kundenbewertungen für sein Kineseo-Tape (Medizinprodukt) auf Amazon, weil der Hersteller diese Bewertungen sich weder zu eigen gemacht hat noch diese veranlasst hat (Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Februar 2020 - I ZR 193/18).
(19.2.2020) Erreicht ein Vertragsarzt für längere Zeit nur rund 50 % der Fallzahlen des Fachgruppendurchschnitts und beantragt dann die Nachbesetzung seiner Zulassung, so kann der Zulassungsausschuss die Zulassung nicht zur Hälfte einziehen (und nur die restliche Hälfte zur Nachbesetzung ausschreiben) mit dem Argument, der Arzt habe keine (volle) fortführungsfähige Praxis mehr betrieben. Denn für das Bestehen einer fortführungsfähigen (und damit nachbesetzungsfähigen) Praxis kommt es allein auf die tatsächliche Existenz einer Praxis als Wirtschaftsgut an. Eine solche fortführungsfähige Praxis besteht undabhängig von der Fallzahl (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20. November 2019 – L 5 KA 1334/17).
(18.2.2020) Die Tätigkeit eines Arztes im Notdienst eines ärztlichen Bereitschaftsdienstes ist umsatzsteuerbefreit. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt für einen anderen Arzt arbeitet, der sich gegenüber einem Landkreis verpflichtet hat, mit angestellten Ärzten den Notdienst für den Landkreis zu versorgen und wenn der (dort angestellte) Arzt sein Honorar also von diesem anderen Arzt erhält und nicht vom Landkreis (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 23. Januar 2020 – 11 K 186/19).
(17.2.2020) Bei der Geburt eines Kindes kam es zu Komplikationen, auf die die beteiligten Hebammen und auch später teilweise die dann hinzugezogenen Ärzte falsch reagierten. Das Kind leidet heute an einem schweren Hirnschaden wegen Sauerstoffunterversorgung. Das Landgericht Dortmund führt in einem aktuellen Urteil aus, welche medizinischen Regeln Ärzte und Hebammen in solchen Fällen einhalten müssen (LG Dortmund, Urteil vom 16. Januar 2020 – 4 O 430/16).
(12.2.2020) Gehört eine vollständige, auch fotografische Dokumentation der Lage vor und nach der Behandlung zum Leistungsinhalt einer Abrechnungsziffer nach EBM, so verliert der Arzt seinen Vergütungsanspruch, wenn er keine vollständige Dokumentation vorlegen kann. Das gilt auch, wenn eine abschließende Dokumentation scheitert, weil der Patient die Behandlung nicht beendete oder abbrach (Sozialgericht München, Urteil vom 27. November 2019 – S 38 KA 1352/12). Dagegen kann sich der Arzt mit einer Kostenübernahmeerklärung des Patienten schützen.
(12.2.2020) Wird der angestellte Arzt krank, darf der Vertragsarzt die Leistungen der ihn vertredenden Ärzte nicht auf die Arztnummer des kranken Arztes abrechnen. Andernfalls muss der Vertragsarzt das Honorar für diese Leistungen zurückzahlen (Sozialgericht Dresden, Beschluß vom 23.1.2020 - S 25 KA 18/20 ER). Korrekt wäre es in einem solchen Fall gewesen, die Leistungen der (vertretenden) Ärzte unter der Arztnummer eben dieser internen Vertreter abzurechnen.
(12.2.2020) In der Geburtsmedizin deutscher Kliniken wird seit längerem das Magenmedikament Cytotec genutzt, um Wehen einzuleiten. Das Medikament ist dafür aber nicht zugelassen. Die Einnahme birgt das Risiko der Verletzung der Gebärmutter und einer Sauerstoffunterversorgung des Kindes. Ärzte klären über diese Risiken oft nicht auf und auch nicht darüber, dass dieses Medikament für diesen Anwendungsbereich nicht zugelassen ist. Ist der Einsatz des Medikaments Cytotec erlaubt oder stellt dies einen Fehler des Arztes dar? Wie soll sich der Arzt verhalten?
(22.2.2020) Eine beharrliche und über Jahre andauernde Steuerhinterziehung eines Arztes berechtigt die zuständige Behörde, dem Arzt die Approbation zu entziehen (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03. Februar 2020 – 13 A 296/19). Im vorliegenden Fall arbeitete der Arzt für eine GmbH und rechnete seine Honorareinnahmen über die Konten der GmbH ab, anstatt diese als eigene Einnahmen zu versteuern. Der Einwand des Arztes, er habe auf Rat seines Steuerberaters so gehandelt, half ihm nicht. Das Gericht warf dem Arzt besonders zur Last, dass er diese Praxis auch nach Beginn eines ersten finanzgerichtlichen Verfahrens wegen Steuerhinterziehung fortführte und Steuern im Wert von rund 160.000 Euro hinterzog.
- Nur ein Arzt darf Faltenbehandlungen mit Botox-Spritzen durchführen: LG Wiesbaden 11-07-2019
- Haftet der TÜV für mit Industriesilikon gefüllte Brustimplantate der Firma PIP? Nein, so das OLG Frankfurt: 20-01-2020
- Arzthaftung: Ist eine Arterie der Hand verschlossen, muss der Chirurg diese umgehend operativ öffnen, auch bei einem Patienten mit Diabetes: OLG Hamm 19-11-2019
- Praxiskauf: Zerstreiten Sie sich besser nicht mit dem Praxisabgeber: LSG Berlin-Brdbg. 13-11-2019