(10.11.2022) Die Regelung in § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, wonach ein Widerspruch eines Arztes gegen einen belastenden Verwaltungsakt der KV bzw. der Zulassungsausschüsse als zurückgenommen gilt, wenn die bei Einlegung des Widerspruchs nach § 46 Ärzte-ZV zu entrichtende Gebühr nicht fristgerecht gezahlt wird, ist mit höherrangigem Recht nicht vereinbar und unwirksam (Bundessozialgericht, Urteil vom 7.9.2022 - B 6 KA 11/21 R).
(3.11.2022) der Verbandskostenregress gegen eine internistisch – chirurgisch tätige Gemeinschaftspraxis u.a. wegen Verordnung von teuren silberhaltigen Feuchtverbänden zur Behandlung eines offenen, lymphodematösen Beins im Wege der Einzelfallprüfung ist unzulässig, so das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in einer aktuellen Entscheidung. Das Gericht monierte hier, dass das Prüfgremium eine Einzelfallprüfung durchgeführt hatte, ohne zuvor eine Richtgrößenprüfung angesetzt zu haben. Denn die Richtgrößenprüfung ist zwingend vorrangig (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.8.2022 - L 5 KA 15/21).
(28.10.2022) Die Kassenärztliche Vereinigung kann den Nachweis der Unrichtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnung nicht allein darauf stützen, dass die zusammengerechneten Prüfzeiten (z.B. GOP 21213: 17 Minuten) in der Summe der Arbeitszeit die Grenze von 780 Stunden im Quartal überschreitet. Um eine Implausibilität zu belegen, muss vielmehr nachgeweisen werden, dass die Prüfzeiten den notwendigen Zeitaufwand für die Erbringung der Leistung darstellen. Dies war hier nicht der Fall, weshalb das Sozialgericht Dresden den Rückforderungsbescheid aufhob (SG Dresden, Urteil vom 7.9.2022 – S 25 KA 173/17).
(26.10.2022) Wirft eine Patientin einem Krankenhaus vor, dort habe man sie vor einer Hirnoperation falsch aufgeklärt, weil ein Aufklärungsformular verwendet wurde, wonach es "selten" zu schweren bleibenden Störungen kommt, obwohl in ihrem konkreten Fall ein bis zu fünfzigprozentiges Risiko für eine bleibende Störung (hier: unter anderem Lebensgefahr und Gerfahr neurologischer Störungen) bestand, so hat das Gericht sich mit diesem Vorbringen auseinander zu setzen und zu prüfen, ob der aufklärende Arzt damit die Risiken der Operation nicht in unerlaubter Weise verharmlost hat (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.08.2022 - VI ZR 342/21).
(14.9.2022) Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass Arbeitgeber aufgrund der Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes verpflichtet sind, auch die Arbeitszeit zu erfassen (BAG, Beschluss vom 13.09.2022 - 1 ABR 22/21). Gilt dies auch für Kliniken und Praxisinhaber? Und wenn ja, welche Folgen hat es, wenn der Arbeitgeber die Arbeitszeiten nicht erfasst? Kann der Arzt als Arbeitnehmer dann zum Beispiel leichter Überstunden geltend machen?
(9.9.2022) Ist ein niedergelassener Zahnarzt nicht bereit, sich gegen Corona impfen zu lassen und kann er auch nicht nachweisen, dass er an Covid19 erkrankt war und genesen ist, so rechtfertigt dies ein zeitlich beschränktes infektionsschutzrechtliches Tätigkeitsverbot für den Zahnarzt nach § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG (OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. September 2022 – 14 ME 297/22).
(3.9.2022) Das Gesundheitsamt darf einer Mitarbeiterin einer Zahnarztpraxis, die nicht gegen Corona geimpft ist, verbieten, die Arztpraxis zu betreten. Ihr Eilantrag gegen dieses Verbot ist unbegründet (OVG Koblenz, Beschluss vom 2.9.2022 - 6 B 10723/22.OVG).
(22.8.2022) Anerkannt ist, dass sich ein niedergelassener Arzt bei Urlaub, Krankheit, Wehrübungen und Fortbildungen sowie bei Schwangerschaft vertreten lassen darf von einem anderen Arzt (vgl. § 32 Ärzte-Zulassungsverordnung). Aber darf er sich auch bei einem ehrenamtlichen Einsatz für Ärzte ohne Grenzen oder bei Krankenrücktransporten per Flugzeug, für den er auch ein geringes Entgelt erhält, vertreten lassen? Das Sozialgericht München bejaht dies und erlaubt dem Arzt, sich auch dann vertreten zu lassen (SG München, Urteil vom 2. Juni 2022 – S 38 KA 125/19).
(11.8.2022) Hat eine Kassenärztliche Vereinigung für ein bestimmtes Quartal (hier wegen Überschreitung von Zeitprofilen) einen Horarrückforderungsbescheid erlassen - ohne sich dabei weitere Plausibilitätsprüfungen vorzubehalten - und erläßt sie dann nach weiterer Plausibilitätsprüfungen (dann wegen zu vieler gemeinsam mit einer Praxisgemeinschaft behandelter Patienten) einen weiteren Honorarrückforderungsbescheid, so ist dieser zweite Bescheid unwirksam, weil die KV ihr Prüfungsrecht durch den Erlass des ersten vorbehaltlosen Rückforderungsbescheides verbraucht hat .(Sozialgericht Marburg, Gerichtsbescheid vom 1. August 2022 – S 18 KA 52/16).
(9.8.2022) Die Beteiligung des Oberarztes an den Privatliquidationserlösen des Chefarztes ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen, ebenso wie die Höhe der Beteiligung und die Frage, wer diese zu zahlen hat an den Oberarzt sowie wie hoch die Beteiligung ausfällt. Eine aktuelle Entscheidung zeigt, dass der Oberarzt - obgleich er vertraglich verpflichtet ist, den Chafarzt bei der Behandlung dieser Patienten zu unterstützen - in der Regel keinen direkten Anspruch auf Beteiligung an diesen Erlösen gegen den Chefarzt hat (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.03.2022 - 10 AZR 419/19).
(5.8.2022) Eine Honorarärztin, die nächtliche Bereitschaftsdienste in einer psychiatrischen Klinik übernimmt, ist abhängig beschäftigt, so dass die Tätigkeit sozialversicherungspflichtig ist (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. Mai 2022 – L 1 KR 125/20 WA).
(21.7.2022) Der Impfung gegen Corona kommt nach wie vor eine relevante Schutzwirkung zu. Die Impfwirksamkeit besteht fort. Daher verwirklicht die einrichtungsbezogene Impfpflicht (§ 20a IfSG) weiterhin den Zweck, die besonders verletzlichen Gruppen wie z.B. Kranke, vorrangig vor Corona zu schützen. Deshalb wies das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße einen Eilantrag einer nach wie vor ungeimpften Zahnarztmitarbeiterin gegen das ihr gegenüber ausgesprochene Praxis-Betretungsverbot als unbegründet zurück (VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschluss vom 20.07.2022 - 5 L 585/22).
- Zur Haftung bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten in kleineren Kliniken: Landgericht München 10-05-2022
- Klinik darf Teilnahme an Betriebsfeier von Einhaltung der 2G+ - Kriterien abhängig machen: Landesarbeitsgericht Berlin-Brdbg 01-07-2022
- Angestellter Arzt muss in Praxiswerbung als "angestellt" kenntlich gemacht werden: Landgericht Aurich 26-01-2022
- Zahnarzt muss die realen (niedrigen) Laborkosten aus der Türkei als Fremdkosten abrechnen und darf sie nicht als Eigenkosten angeben, sonst begeht er einen Betrug: Amtsgericht Wuppertal 05-05-2022