(24.7.2020) Ein Vertragsarzt kann nach vorheriger langjähriger Tätigkeit durch Eintritt in ein neu gegründetes MVZ nicht wieder zum „Wachstumsarzt“ werden, also nicht das sog. "Jungpraxenprivileg" für sich in Anspruch nehmen. Diese Rechtsprechung ist auch für den umgekehrten Fall anzuwenden, dass ein Arzt ein MVZ verlässt und in räumlicher Nähe eine eigene Praxis gründet - auch in diesem Fall kann der Arzt das "Jungpraxenprivileg" nicht beanspruchen (Sozialgericht Marburg, Gerichtsbescheid vom 5. Februar 2020 – S 12 KA 39/17).
(12.7.2020) Wer eine Heilbehandlung oder eine invasive kosmetische Behandlung durchführt, ohne eine ärztliche Approbation zu haben, handelt grob fehlerhaft. Der Patient hat dann einen Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch gegen den Behandler. Der Patient muss dann auch nicht beweisen, dass er falsch behandelt wurde. Ebenso haftet auch ein Arzt, der eine solche Behandlung erkennt, aber nicht verhindert (OLG Köln, Urteil vom 13.05.2020 - 5 U 126/18).
(2.7.2020) Von einem Patienten oder seinem Rechtsanwalt kann grundsätzlich nicht erwartet werden, dass er ihm zugesandte Krankenhausunterlagen auf ärztliche Behandlungsfehler hin überprüft. Mithin beginnt die Verjährung der Arzthaftungsansprüche auch nicht schon in dem Zeitpunkt, in dem der Patient oder sein Anwalt die Behandlungsunterlagen erhält und prüfen kann. Denn nur ein Fachmann, sprich Arzt, kann aus solchen Unterlagen erkennen, ob eine fehlerhafte Behandlung vorlag (BGH, Urteil vom 26. Mai 2020 – VI ZR 186/17).
(2.7.2020) Im Streit um negative Bewertungen bei jameda.de muss jameda den Bewertenden zur Stellungnahme auffordern und diese Stellungnahme dem Arzt mitteilen. Dann kann und muss der Arzt bestimmte Details zu der Behandlung zu seiner Entlastung ermitteln und vortragen. Erst dann kann jameda zur Löschung der Bewertung verpflichtet sein (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 5.2.2020 - 1 U 80/19).
(2.7.2020) Videosprechstunden bleiben uneingeschränkt möglich, coronabedingt wird die Fortbildungspunktzahl für Ärzte vorübergehend abgesenkt, die Kosten für Corona-Tests wurden neu festgelegt und auch die Corona-Testmöglichkeiten wurden erweitert. Es gibt aber auch Einschränkungen für die Ärzte.
(30.6.2020) Besitzt ein Arzt über 2000 Dateien mit kinderpornografischen Inhalten, so kann ihm ohne weiteres sofort die Approbation entzogen werden. Dies dient dem Schutz von Kindern und dem Schutz des Ansehens der Ärzteschaft (Verwaltungsgericht Oldenburg, Urteil vom 23. Juni 2020 – 7 A 2200/19).
Auch wenn ein Patient von einer Ärzte-GmbH behandelt wurde, muss seine private Krankenversicherung (PKV) die dafür enstehenden Kosten übernehmen, soweit diese GmbH überwiegend von Ärzten besessen und ärztllich geleitet ist. Zwar kann eine Sehbeeinträchtigung auch durch Hilfsmittel wie z.B. Brillen kompensiert werden - solange aber die Sehbeeinträchtigung erheblich ist, kann der Patient auch eine medizinisch notwendige Lasik-Operation durchführen lassen auf Kosten der PKV. Die Klinik muss Überschreitungen des GOÄ-Regelsatzes einzelfallbezogen begründen, sonst sind die Leistungen nicht erstattungsfähig (Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 03.09.2019 – 24 U 28/18).
(25.6.2020) Um die Erfüllung seiner Fortbildungspflichten nachzuweisen, muss der Arzt der Kassenärztlichen Vereinigung ein Fortbildungszertifikat der Ärztekammer vorlegen. Es reicht nicht aus, wenn der Arzt die eigentlichen Fortbildungsbescheinigungen, also ein Konvolut von Einzelbescheinigungen vorlegt. Verpasst der Arzt die Frist zur Vorlage des Zertifikats, so wird ihm das Honorar gekürzt, auch wenn er der KV fristgemäß die einzelnen Bescheinigungen vorgelegt hat, denn maßgeblich ist allein die rechtzeitige Vorlage des Zertifikates (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Januar 2020 – L 11 KA 25/18).
(24.6.2020) "Schuster, bleib bei Deinen Rappen" sagt der Volksmund. Ein Heilpraktiker hätte besser die Hände gelassen von der Übernahme einer Krebsbehandlung mit homöopatischen Globuli, die letztlich mit dem Tod der Patientin endete. Seine Erlaubnis wurde ihm deshalb entzogen. Dagegen wehrte sich der Heilpraktiker, hatte damit aber vor dem Bayrischen Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 27.5.2020 – 21 CS 20.433) kein Glück.
(24.6.2020) Facebook ist eines der bekanntesten und größten sozialen Netzwerke, das auch viele Ärzte zur Werbung für ihre Praxen nutzen. In den letzten Jahren wurde viel Kritik an Facebook laut - es verletze den Datenschutz und nutze seine Marktmacht aus. Facebook antwortete mit einer Image-Kampagne, um verlorenes Vertrauen der Nutzer zurückzugewinnen. Was ist davon zu halten? Der Bundesgerichtshof, höchste deutsche zivilrechtliche Instanz, hat sich nun zu dem Marktverhalten von Facebook positioniert. Und das Ergebnis dürfte Facebook nicht gefallen.
(23.6.2020) Welche Leistung kann der Arzt wie oft im Quartal abrechen? Wann hat er Leistungen "zu oft" abgerechnet? Darf er sich darauf verlassen, dass eine seit Jahren offiziell nicht beanstandete Abrechnungspraxis auch in Zukunft erlaubt ist? Wer diese Fragen an die Kassenärztliche Vereinigung oder deren Beratungsstellen richtet, kann sich leider auf die Antworten nicht verlassen. Die Rechtsprechung ist da eindeutig, wie eine neue Gerichtsentscheidungl zeigt (Sozialgericht München, Beschluss vom 5. Juni 2020 – S 38 KA 125/20 ER).
(19.6.2020) Bei einer Brustuntersuchung zur Früherkennung einer Krebserkrankung soll der Radiologe Auffälligkeiten (hier: eingezogene Brustwarze) zur Kenntnis nehmen und soll dann weitere fachlich gebotene diagnostischen Maßnahmen einleiten. Da die eingezogene Brustwarze ein Anzeichen für Brust-.Krebs sein kann, hat er dann den Verdacht von Brustkrebs diagnostisch abzuklären. Tut der Radiologe dies nicht und erkrankt die Frau an Brustkrebs ist dies ein fehlerhaftes Verhalten des Arztes. Der Arzt hat dann einen Befunderhebungsfehler gemacht. Er ist der Patientin deshalb zu Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet (BGH, Urteil vom 26. Mai 2020 – VI ZR 213/19).
- Patient bekommt 25.000 € für defekte Hüftprothese: OLG Karlsruhe 08-06-2020
- Mutter darf Vater nicht Kontakt zum Kind wegen Corona-Pandemie verweigern: OLG Braunschweig 20-05-2020
- Klagen der Bürger gegen Corona-Beschränkungen weiter meistens erfolglos: 15-05-2020
- Schwerkranke haben Recht auf Sterben durch ärztlich verordnete Medikamente: VG Köln 19-11-2019