(20.4.2021) Die Bewohnerin eines Altenheimes hatte mit einem Corona-Infizierten Kontakt gehabt. Die Gemeinde schickte sie deshalb auf ihr Zimmer für eine 21tägige Quarantäne. Weil sie geimpft ist, ein Corona-Test bei ihr negativ gewesen war und sie sich aus medizinischen Gründen dringend bewegen musste, klagte sie gegen die behördliche Entscheidung. Das Verwaltungsgericht Münster hob nun die Quarantäne auf, weil die Gemeinde einen entscheidenden Fehler gemacht habe (VG Münster, Beschluß vom 19.4.2021 - 5 L 255/21).
(14.4.2021) Im Rahmen der ärztlichen Aufklärung setzen Ärzte in der Regel vorformulierte Formulare ein. Ab wann verstoßen Erklärungen, wie z.B. ob eine Früherkennungsuntersuchung "ärztlich geboten" ist, gegen geltendes Recht? Jedenfalls im Fall eines Aufklärungsformulars über die Früherkennung von Glaukomen sah das Gericht die Verwendung eines Formulars als noch unbedenklich an (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.3.2020 - 20 U 2/17).
(8.4.2021) Für Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten (Doppelabrechnung von Leistungen, fehlerhafte Dokumentation von Leistungen) der angestellten Ärzte eines MVZ ist der Ärztliche Leiter des MVZ auch disziplinarrechtlich verantwortlich (Sozialgericht München, Gerichtsbescheid vom 21.1.2021 - S 38 KA 165/19). Die Übernahme der Stelle des Ärztlichen Leiters in einem MVZ will daher wohl überlegt sein. Auch sollte sich der Ärztliche Leiter gegen Haftungsansprüche der KV absichern.
(6.4.2021) Ein Unternehmer darf in seinen Geschäftsräumen von einem Kunden das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung einfordern, auch wenn dem Kunden durch einen Arzt eine Maskenunverträglichkeit attestiert wurde. Denn der Unternehmer hat das Hausrecht und kann damit auch strengere Regeln durchsetzen, als die öffentliche Verwaltung. Sogenannte Maskenverweigerer werden durch die privatrechtliche Durchsetzung der geltenden Corona-Regeln durch den Unternehmer nicht diskriminiert und können mithin auch keine Ersatzansprüche nach dem AGG gegen den Unternehmer (hier: ein Inhaber eines Bio-Marktes) geltend machen (Amtsgericht Bremen, Urteil vom 26.3.2021 – 9 C 493/20).
(30.3.2021) Wie der Hintergrunddienst eines Klinikarztes zu vergüten ist, hängt davon ab, ob es sich um Bereitschaftsdienst (höher zu vergüten) oder Rufbereitschaft (geringer zu vergüten) handelt. Entscheidend ist dabei der Umfang der vom Arbeitgeber angeordneten Aufenthaltsbeschränkung des Arztes (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.3.2021 - 6 AZR 264/20).
(24.3.2021) Das Gericht muss schon dann weiteren Beweis durch Einholung eines medizinischen Gutachtens erheben, wenn der klagende Patiient vorträgt, dass sich bei ihm durchaus Anzeichen für eine Metallose in Form von Pseudotumoren zeigten, er zudem ein Attest vorlegt, wonach der Patient die typischen Folgen eines Pseudotumors zeige und er schließlich die Einholung weiterer Fachgutachten durch das Gericht beantragte (Bundesgerichtshof, Beschluß vom 16.2.2021 - VI ZR 1104/20). Verlange man von dem Patienten, selbst entsprechende MRT-Untersuchungsergebnisses oder eines sonstigen belastbaren Befund vorzulegen, überspanne man dessen Beweispflichten und verletzte dessen rechtliches Gehör, so der BGH.
(12.3.2021) Eine Kinder- und Jugendpsychotherapeutin gehört jedenfalls nicht zur Gruppe der Ärzte, die wegen erhöter Virusexposition vorrangig eine Impfung verlangen können. Zwar gehört sie wegen einer Krebserkrankung zur Gruppe derjenigen, die mit "erhöhter Priorität" geimpft werden sollen - da in Berlin aber noch nicht einmal alle Personen mit "höchster Priorität" geimpft sind, ist ihr Anspruch auf Impfung noch nicht fällig (Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 29.01.2021 – VG 14 L 33/21).
(11.3.2021) Ein Aluhutträger und sein Rechtsanwalt scheiterten mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Coronaschutzverordnung in NRW. Sie hatten u.a. vorgetragen, die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung stelle eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung dar. Der Verfassungsgerichtshof NRW geht inhaltlich nicht auf diese Behauptungen ein sondern weist die Verfassungsbeschwerde schon als unzulässig ab, da der Aluhutträger und sein Anwalt bereits nicht in der Lage waren, die Verfassungsbeschwerde ausreichend zu begründen (Verfassungsgerichtshof NRW, Beschluss vom 2.3.2021 – VerfGH 37/21.VB-1).
(1.3.2021) Praxismitarbeiter eines Kinderarztes müssen einen Säugling mit fortdauerndem wässrigem Durchfall und Erbrechen dem Kinderarzt vorstellen und dürfen das Kind nicht abweisen. Ebenso muss ein anderer Kinderarzt den Säugling zur weiteren Abklärung in ein Krankenaus einweisen und die insofern teilweise uneinsichtigen Eltern des Kindes in verständlicher und eindringlicher Weise darauf hinweisen, dass der Säugling bei Nichteinweisung sterben kann. Da beide Kinderärzte gegen ihre Pflichten verstießen, haften sie als Gesamtschuldner wegen des nachfoilgend eingetretenen Gehirnschadens des Säuglings (nach schwerster hypertoner Dehydratation/Toxikose) (Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 17.02.2021 – 5 U 110/20).
(26.2.2021) Führt das Pflegepersonal einer Intensivstation wichtige ärztliche Weisungen nicht aus, so haftet der Krankenhausträger für dieses Organisationsverschulden (Oberlandesgericht München, Teil-Grund- und Teil-Endurteil vom 06.08.2020 – 24 U 1360/19).
(19.2.2021) 2021 ist der Weg endlich frei für die elektronische Gesundheitskarte. Und damit auch für die elektronische Gesundheitsakte ePA, die auf der Karte enthalten ist. Gleichwohl wird das Ganze wohl kein Erfolg werden. Schuld ist der deutsche Hang zur Perfektion.
(15.2.20221) Fragt eine angestellte Ärztin, die sich mit ihrem Arbeitgeber (Privatpraxis) über Fragen des fachlichen Standards und der erforderlichen Ausbildung des Personals bei ihrer Ärztekammer an oder stellt sie eine Anzeige wegen fehlenden Einhaltung fachlicher Standards nach erfolglosem Versuch interner Klärung, so rechtfertigt dies keine außerrordentliche Kündigung der Ärztin, wenn sie nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben bei ihren Mitteilungen an die Ärztekammer machte. Auch der fachliche Austausch der angestellten Ärztin mit ihrer Fachgesellschaft (hier: Deutsche Gesellschaft für Endoskopiefachberufe) über Praxis der Umsetzung von Leitlinien Medizinischer Fachgesellschaften in der Privatpraxis rechtfertigt keine solche Kündigung, solange die Ärztin nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben gemacht hat (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6.11.2020 - 9 Sa 426/20).
- Klinik darf Behandlung ohne vorherigen Corona-Test verweigern: LG Dortmund 04-11-2020
- Gadolinum-haltige Kontrastmittel - Fluch oder Segen? Was der Arzt beachten muss
- MVZ darf halbe Zulassung einer ausgeschiedenen angestellten Ärztin behalten und sogar erweitern: SG Berlin 30-09-2020
- Deutscher Patient darf ausländisches Medikament in Ausnahmefällen einnehmen: SG Leipzig 13-10-2020