(7.7.2023) Der ärztliche Leiter eines MVZ mit Standorten in mehreren Ortschaften kann auch in einer Nebenbetriebsstätte des MVZ tätig sein, solange der Leiter auch von dort aus seine Gesamtverantwortung ausüben kann. Aufgrund der modernen Kommunikationsmittel ist dies regelmäßig der Fall, wenn zwischen Nebenbetriebs- und Hauptbetriebsstätte des MVZ eine Distanz liegt, die in weniger als 30 Minuten überbrückt werden kann (Sozialgericht Marburg, Urteil vom 3.5.2023 - S 17 KA 642/22).
(5.7.2023) Ende Februar 2023 ist die kostenlose Corona-Testmöglichkeit ausgelaufen. Nun stehen noch viele Vergütungen von Betreibern von Testzentren zur Zahlung aus. Nachdem die dafür zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) monatelang das Steuergeld für diese Vergütungen mit vollen Händen ausgegeben haben, schrecken sie nach meiner Erfahrung seit August 2022 offenbar ganz grundsätzlich vor Auszahlungen zurück. Betreiber von Corona-Testzentren bringen die überlangen Prüfverfahren ohne Äußerungen zum Sachstand in Existenznot. Zudem sind die KVen verpflichtet, Verdachtsfälle der Staatsanwaltschaft zu melden, so dass dem Betreiber des Testzentrums dann auch noch ein Strafverfahren wegen vorsätzlichem Anbrechnungsbetrug droht. Was also tun?
(23.6.2023) Da die Prüfvorgaben an die Abrechnung von Corona-Tests verschärft wurden, zahlen die Kassenärztlichen Vereinigungen oft die Vergütungen für diese Bürgertests nicht sogleich aus sondern halten diese monatelang zurück, während sie die abgerechneten Leistungen überprüfen. Dies führt zu viel Verdruss bei den Testzenterbetreibern, die keine Vergütung erhalten und oft um ihre wirtschaftliche Existenz bangen müssen. Nun ist zumindest geklärt, welcher Gerichtszweig für die Streitigkeiten um die Zahlung der Vergütung der Corona-Tests zuständig ist: Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass die Verwaltungsgerichte dafür zuständig sind (Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.06.2023 - B 6 SF 1/23 R, siehe Pressemitteilung des Bundes).
(1.6.2023) Die Verwendung des Begriffs "Zentrum" für eine Gemeinschaftspraxis aus zwei Ärzten (hier: zwei Schönheitschirurgen, die unter anderem Penis-Operationen anbieten) ist nicht irreführend im Sinne des § 3 Heilmittelwerbegesetzes und daher erlaubt (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 11.5.2023, Az. 6 U 4/23).
(15.5.2023) Eine Femtolaserbehandlung ist ausnahmsweise nach GOÄ 5855 analog bei der Behandlung des Grauen Stars abrechenbar, wenn der Lasereinsatz im Einzelfall deutlich sicherer ist als die Standardbehandlung (Amtsgericht Bochum, Urteil vom 27. Oktober 2022 – 47 C 31/20).
(8.5.2023) Ein Arzt, der im Nicht-EU-Ausland Medizin studiert hat, kann eine deutsche Approbation als Arzt erhalten, wenn er seine Grundausbildung im Nicht-EU-Ausland abgeschlossen hat (Stufe 1) und seine ausländische Ausbildung gleichwertig ist zu der Ausbildung eines deutschen Arztes (Stufe 2). Abgeschlossen ist die medizinische Ausbildung in der Ukraine, wenn der Arzt auch die praktische Phase (Internatur oder Ordinatur) abgeschlossen hat. Nicht-Ukrainer, die das sechsjährige Studium in der Ukraine absolviert haben, können ihre Ordinatur auch im Ausland (z.B. Deutschland) erbringen und sich diese dann in der Ukraine anerkennen lassen (Verwaltungsgericht Bremen, Urteil vom 23.3.2023 - 5 K 1763/21).
(5.5.2023) Das Recht eines Bürgers auf Erhalt eine Kopie der verarbeiteten Daten nach Art. 15 DSGVO beinhaltet das Recht auf eine Fotokopie. Wenn es zum Verständnis der Daten unerlässlich ist, kann der Bürger auch die Fotokopie sämtlicher Daten verlangen (Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 4.5.2023 - C-487/21). Diese Auskunft ist kostenlos zu erteilen. Diese Grundsätze gelten auch für das Verhältnis zwischen Patient und Arzt.
(3.5.2023) Je nachdem ob die Stellvertretervereinbarung Teil der Wahlleistungsvereinbarung ist oder ob sie gesondert (sprich neben der Wahlleistungsvereinbarung) mit dem Patienten vereinbart wurde, kann die Stellvertretervereinbarung auch bei vorhersehbarer Verhinderung des Chefarztes (sprich Wahlarztes) wirksam sein. Denn für diese beiden Formen der Stellvertretervereinbarungen gelten unterschiedliche Regeln. Der Patient werde auch nicht benachteiligt, u.a. weil er sich so ja die - über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehende - Behandlung durch den Vertreter als einen besonders qualifizierten Arzt sichern kann (Landgericht Heidelberg, Urteil vom 30. November 2022 – 4 S 3/22).
(2.5.2023) Der Covid19-Impfstoff "Vakzevria" weist keinen arzneimittelrechtlicher Produktfehler auf, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein negatives Nutzen-Risiko-Profil für die Gesamtheit der potentiellen Anwender besteht. Die Produktinformation zu dem Covid19-Impfstoff "Vakzevria" entsprach zum maßgeblichen Zeitpunkt im Frühjahr 2021 dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, so dass auch kein arzneimittelrechtlicher Informationsfehler vorlag. Daher wies das Landgericht Hof einen Schadenserdatzanspruch einer Frau, die nach der Impfung mit "Vakzevria" eine Thrombose im Darmbereich und mithin einen erheblichen Gesundheitsschaden erlitt, als unbegründet ab (Landgericht Hof, Endurteil vom 03.01.2023 - 15 O 22/21).
(17.4.2023) Ein Arbeitgeber kann von einer Ärztin in Weiterbildung für den Fall ihrer Kündigung des Weiterbildungsvertrages vor Abschluss der Facharztweiterbildungszeit nicht die Zahlung von drei Monatsgehältern als Vertragsstrafe verlangen. Denn eine solche Vertragsstrafe ist unverhältnismäßig und daher unwirksam (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.10.2022 - 8 AZR 332/21).
(29.3.2023) Klagt ein Patient über atemabhängige Brustschmerzen und Atembeschwerden, so muss ein Rettungssanitäter den Patienten einer ärztlichen Behandlung zuführen. Die primäre Aufgabe der Notfallrettung ist die Erstversorgung – und zwar nur soweit ein Notarzt noch nicht anwesend ist – und die Beförderung des Patienten. Führt der Sanitäter den Patienten nicht einem Arzt zu, sondern kommt er aus falsch verstandener Kompetenz zu dem Ergebnis, dass kein akuter Behandlungsbedarf vorliegt, so handelt er (grob) behandlungsfehlerhaft und ist, da er im ärztlichen Kompetenzbereich tätig wird, nach arzthaftungsrechtlichen Haftungsmaßstäben für den späteren Schlaganfall verantwortlich (Landgericht Berlin, Urteil vom 7.5.2015 - 86 O 218/13).
(28.3.2023) Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin bezahlt die Entgelte für Corona-Tests oft nur schleppend. Viele Betreiber von privaten Corona-Testzentren können ihre Rechnungen nicht bezahlen, weil sie auch Monate nach Erbringung der Testleistungen keine Vergütungen erhalten haben. Was können die Betreiber tun, um ihr Geld zeitnah zu bekommen?
- Arzthaftung: Klinikarzt muss Eltern des frühgeborenen Kindes auf Pflicht zur engmaschigen Augenuntersuchung hinweisen: Oberlandesgericht Oldenburg 01-03-2023
- Urteile: Ärzte müssen ungeliebte Telematikinfrastruktur nutzen
- Für Streit um Vergütung für Corona-Tests ist das Verwaltungsgericht zuständig: LSG Berlin-Brandenburg 17-01-2023
- Verbot der irreführenden Werbung für Ärzte mit FOCUS-Siegeln "TOP-Mediziner" etc. - Landgericht München 13-02-2023