Seit über zwanzig Jahren berate und vertrete ich Ärzte in allen Fragen des Medizinrechts. Maßgeblich für den niedergelassenen oder angestellten Arzt ist eine verständliche, kompetente und zeitnahe rechtliche Beratung, die es dem Arzt erlaubt, sich voll und ganz auf seine medizinische Tätigkeit zu konzentrieren.

Zu meinen Aufgaben gehören:

Ich vertrete Ärzte in folgenden Klageverfahren:

Zum Thema:


Dem Arzt stellen sich verschiedene rechtliche Fragen:

Was ist im Rahmen der Zulassung zu beachten?
Wie muss der Arzt den Patienten aufklären?
Was ist bei einer Honorarvereinbarung und deren Abrechnung zu beachten?
Wie beantragt man ein Job-Sharing?
Wie formuliert der Arzt einen Arbeitsvertrag mit einer MTA?
Wie kann ich mich mit einem Kollegen zusammenschließen?
Wie verhält sich der Arzt, wenn ihm ein Behandlungsfehler vorgeworfen wird?
Wieviel ist die dem Arzt zum Kauf angebotene Praxis tatsächlich wert?
Im Einzelnen:

I. Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient
    1. Pflichten des Patienten
    2. Pflichten des Arztes
    3. Honorarvereinbarungen, Abdingung und IGeL

II. Das Verhältnis zwischen Arzt und der KV (Kassenärztliche Vereinigung)
- Die ärztliche Zulassung
    1. Formen ärztlicher Tätigkeit
    2. Vergütung in der vertragsärztlichen Versorgung
    3. Grenzen der Abrechenbarkeit ärztlicher Leistungen
    4. Wirtschaftlichkeitsprüfung
    5. Abrechnungsprüfung

III. Das Verhältnis zwischen Arzt und Mitarbeitern / Angestellten
    1. Einführung
    2. Kontaktaufnahme und Anbahnung
    3. Aushandeln des Arbeitsvertrages
    4. zwingende Grenzen des Arbeitsrechts
    5. Vertragsschluß

IV. Die Formen ärztlicher Kooperation
    1. Einführung
    2. rechtliche Grenzen der Kooperation
    3. Formen der Kooperation im Einzelnen

V. Der Arzt und das Mietrecht
    1. Einführung
    2. vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten

VI. Arzthaftpflichtrecht / Arzthaftungsrecht
    1. Aufklärungsfehler
    2. Behandlungsfehler
    3. Vermeidung von Haftungsfällen

VII. Ärztliches Disziplinarrecht / Zulassungsentziehung
    1. Das Disziplinarrecht
    2. Entziehung der Zulassung

VIII. Praxisverkauf und - erwerb
    1. Einführung
    2. Gegenstand der Praxisveräußerung
    3. Inhalt des Praxisverkaufsvertrages
    4. Ablauf eines Praxisverkaufs
    5. Vorlage des Vertragsentwurfs an die Ärztekammer
    6. Leistungsstörungen nach Vertragsschluß

I. Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient

1. Pflichten des Patienten

 

a. Duldungs- und Mitwirkungspflicht

Der Patient ist verpflichtet, die ärztliche Untersuchung und Behandlung zu dulden. Auch ist er verpflichtet, alles ihm zumutbar Mögliche zu einer erfolgreichen Behandlung beizutragen. Verletzt er diese Pflichten und wird damit der Behandlungserfolg verhindert, so muss er sich sein Mitverschulden haftungsmindernd anrechnen lassen, d.h. sein Schadensersatzanspruch gegen den Arzt wegen der fehlerhaften Behandlung (Behandlungsmisserfolg) wird entsprechend vermindert.

b. Mitteilungspflicht

Der Patient ist grundsätzlich verpflichtet, dem Arzt von sich aus Angaben zu seiner Krankheitsgeschichte zu machen. Allerdings bleibt der Arzt daneben weiterhin verpflichtet, eine eigene Diagnose zu erheben und Befundberichte anderer Ärzte bei Auffälligkeiten oder Unstimmigkeiten zu überprüfen. Auch kann der Patient als medizinischer Laie dem Arzt regelmäßig nur einfache Informationen geben, so dass der Arzt verpflichtet bleibt, weitergehende, insbesondere medizinische Fachfragen selbst zu klären. Um sicherzugehen, sei dem behandelnden Arzt hier empfohlen, im Zweifel bei dem Patienten genauer nachzufragen.

c. Zahlung der Praxisgebühr

Die Pflicht zur Zahlung der Praxisgebühr ist mittlerweile weggefallen.

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2. Pflichten des Arztes aus dem Vertragsverhältnis

 

a. allgemeine Pflichten

Allgemeine Pflichten des Arztes sind die Anamnese-, Untersuchungs-, Diagnose-, Indikations- und Behandlungspflicht.

Der Arzt hat aufgrund des Behandlungsvertrages die Pflicht, alle Schritte der ärztlichen Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Heilkunst (lege artis) zu erbringen.

Er muß alle Eingriffe und therapeutischen Maßnahmen ergreifen, die erforderlich sind, um Krankheiten und Leiden zu erkennen, zu verhüten, zu heilen oder zu lindern.

Dabei muß der Arzt den Patienten rechtzeitig behandeln, auch wenn er einen engen Terminsstand hat. Erforderlichenfalls muß er die gewünschte Behandlung aus Zeitmangel sogleich abweisen und den Patienten an einen Kollegen überweisen.

In Notfällen gilt eine allgemeine ärztliche Behandlungspflicht.

Im Rahmen der Behandlungspflicht stellt sich insbesondere die Frage, ob der Arzt einem Kassenpatienten jede von ihm gewünschte Behandlung – mag sie auch besonders teuer oder zeitaufwändig sein - angedeihen lassen muß.

Es gilt der aus der Berufsordnungen der Ärzte resultierende Grundsatz der Behandlungsfreiheit, der aber durch den Sicherstellungsauftrag („Versorgungsauftrag“) des in die KV eingebundenen Arztes gemäß § 75 Absatz 1 SGB V begrenzt wird. Damit hat der Vertragsarzt grundsätzlich die Pflicht, sozialversicherte Patienten nach Maßgabe der Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen des Notwendigen zu behandeln. Er kann folglich zwar selbst bestimmen, welche (teure oder preiswerte) Behandlungsmethode von ihm bevorzugt wird. Allerdings ist er grundsätzlich zur Behandlung verpflichtet.

Dies gilt selbst dann, wenn der Arzt sein Budget bereits überschritten hat und die nun anstehende Behandlung von der KV erkennbar nicht entlohnt werden wird. Denn nach Auffassung der Rechtsprechung liegt dem System der vertragsärztlichen Versorgung eine Mischkalkulation zu Grunde, die auch zu „unentgeltlichen“ Behandlungen führen kann.

Behandlungen können - nach Begründung gegenüber der Krankenkasse - abgelehnt werden u.a.

  • in Fällen der zeitlichen Überlastung der Praxis,
  • wenn die im Arzt-Patienten-Verhältnis erforderliche vertrauensvolle Zusammenarbeit gestört ist, etwa weil der Patient den Arzt bestohlen oder beleidigt hat.

Der Arzt, der dagegen einen Privatpatienten behandelt, genießt eine weitergehende Behandlungsfreiheit, die nur durch die allgemeine ärztliche Pflicht zur Behandlung von Notfällen eingeengt wird.

b. besondere Pflichten des Arztes

 

(1) Dokumentationspflicht

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gilt, dass eine ärztliche Pflicht zur ordnungsgemäßen Dokumentation dem Patienten gegenüber besteht. Die Dokumentationspflicht von Befunden und Behandlungsmaß­nahmen ist auch in den jeweiligen Berufsordnungen und für den vertragsärztlichen Bereich auch z.B. im Bundesmantelvertrag/Ärzte festgelegt. Gleichwohl ist in der täglichen Praxis zunehmend festzustellen, dass Ärzte die ihnen obliegende Dokumentationspflicht - sei es aufgrund von Zeitmangel oder aus Unkenntnis der gesetzlichen Pflichten - vernachlässigen.

(a) Umfang der Dokumentationspflicht

Hier ist der Zweck der Führung von Behandlungsunterlagen maßgeblich. Die Dokumentation dient in erster Linie der Gewährleistung der Sicherheit des Patienten. Der Arzt soll auch bei längeren Behandlungen aus seinen dokumentierten Aufzeichnungen entnehmen können, welche Behandlungsmaßnahmen (z.B. Medikamente) er bei dem Patienten vorgenommen hat. Gleiches gilt bei einem Arztwechsel: Der weiterbehandelnde Arzt soll aus dem Überweisungsbericht des vorherigen Arztes ersehen können, wie und womit der Patient zuvor behandelt wurde. Nur so ist gewährleistet, dass trotz eines hohen Patientenaufkommens und des Zeitablaufs auch bei späteren Behandlungen die zurückliegenden Diagnosen und bereits durchgeführten Maßnahmen berücksichtigt werden können.

Die Dokumentationspflicht zielt also nicht auf die Beweissicherung für den Haftungsprozess des Patienten. Deshalb ist eine Dokumentation, die medizinisch nicht erforderlich ist, auch nicht aus Rechtsgründen geboten.

Bei Erstkonsultation des Patienten sind die wesentlichen anamnestischen Daten sowie der Befund festzuhalten. Im weiteren Verlauf sind die Befunde, Diagnosen sowie diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu dokumentieren.

(b) Inhalt der Dokumentation

Die Dokumentation muß umso ausführlicher erfolgen, je atypischer und schwieriger die entsprechende Situation ist. Insbesondere ist zu dokumentieren, wenn von einem üblicherweise zu erfolgenden Vorgehen abgewichen wird.

Die Dokumentation soll Nachbehandlern ermöglichen, den Behandlungsverlauf nachzuvollziehen. Zu dokumentieren ist mithin alles, was dieser Nachbehandler wissen muss, um den Patienten weiter zu behandeln. Die Dokumentation dient nicht dazu, als Haftungsansprüche zu begründen oder Ähnliches.

Die Dokumentation soll alsbald nach der Behandlung erfolgen, um Datenverluste infolge von Zeitablauf zu vermeiden. Zweifel an der richtigen Wiedergabe des tatsächlichen Geschehens in den Aufzeichnungen sind dann berechtigt, wenn diese erst wesentlich später durchgeführt werden. Denn erfahrungsgemäß kann sich ein Arzt die Details einer Behandlung angesichts der Masse der laufenden Behandlungen nicht längere Zeit merken.

Die Aufzeichnungen können auch medizinische Fachwörter, Abkürzungen oder Symbole enthalten und müssen nicht allgemein verständlich sein. Denn sie sind nur als Gedächtnisstütze für den Arzt selbst gedacht sind. Entscheidend ist, dass die Eintragungen einem Fachmann verständlich sind. Die Eintragungen selbst können auch von einer Helferin vorgenommen werden.

(c) Folgen von Dokumentationsfehlern

 

(aa) haftungsrechtliche Folgen

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass eine nicht dokumentierte Behandlungsmaßnahme auch nicht erfolgt ist. Der Arzt muß in diesem Fall - etwa durch Zeugenaussagen - beweisen, dass er die Maßnahme vorgenommen hat. Ansonsten läuft der Arzt Gefahr, dass er zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet wird, obwohl er die Behandlung medizinisch ordnungsgemäß durchgeführt hat. Hat normalerweise der Patient das Vorliegen eines Behandlungsfehlers und somit auch das Unterlassen gebotener Maßnahmen zu beweisen, so ist der Arzt im Falle eines Dokumentationsmangels in der Pflicht, die Vornahme der entsprechenden Maßnahmen zu beweisen.

(bb) vertragsarztrechtliche Folgen

Auch vertragsarztrechtlich ist der Arzt verpflichtet, eine ordnungsgemäße Dokumentation durchzuführen.

Die vertragsarztrechtlichen Abrechnungsbestimmungen verlangen Pflichteintragungen für die Karteikarte und Pflichteintragungen für den Krankenschein. Nur so kann der Arzt gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachweisen, dass er den Leistungsinhalt erfüllt hat. Die vollständige Dokumentation ist auch Voraussetzung für die Nachprüfung korrekter Abrechnung.

Eine Verletzung der Dokumentationspflicht zieht - soweit diese über ein gewisses Maß hinausgeht - darüber hinaus auch disziplinarrechtliche Konsequenzen nach sich.

Andererseits hat ein Arzt, der eine ordnungsgemäße Dokumentation geführt hat eine gute Verteidigungsposition, etwa im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung. Dies sollte als Anreiz zur ordnungsgemäßen Dokumentation verstanden werden.

(2) Medizinische Aufklärungspflicht

Die Einzelheiten zur medizinischen Aufklärungspflicht sind mittlerweile in § 630 e BGB geregelt.

Selbst wenn die Behandlung als solche erforderlich war und nach den Regeln der Kunst erfolgte, kann sich der Arzt schadensersatzpflichtig gemacht haben, wenn er den Patienten über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken oder Alternativen zu dem Eingriff nicht hinreichend aufgeklärt hat. 

Denn jeder ärztliche Heileingriff ist - egal ob fehlerfrei oder fehlerhaft ausgeführt - tatbestandlich eine Körperverletzung gemäß § 223 StGB. Diese bleibt nur dann folgenlos, wenn der Patient - ausdrücklich oder stillschweigend - in die Behandlung und damit gleichzeitig in die Verletzung der körperlichen Integrität einwilligt. Diese Einwilligung ist aber nur dann wirksam, wenn der Patient ungefähr versteht, wie und warum er verletzt wird. Dem Patienten soll mit der Aufklärung eine allgemeine Vorstellung von der Art und dem Schweregrad der in Betracht stehenden Behandlung sowie von den Belastungen und Risiken, denen er sich aussetzt, vermittelt werden. Der Patient soll dabei vor ärztlicher Bevormundung geschützt werden.

(a) Beweislast

Die Beweislast für die Aufklärung trägt der Arzt. Beweislast bedeutet hier, dass der Arzt das Risiko dafür trägt, den Richter im Prozess von der ordnungsgemäßen Aufklärung des Patienten zu überzeugen. Die Anforderungen dürfen aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht überspannt werden; ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung in der gebotenen Weise erfolgt ist.

Für die Beweisführung ist grundsätzlich ein einfacher Vermerk in der Patientenkarteikarte über den Umstand der Aufklärung und die wesentlichen Risiken ausreichend. Dafür sind auch Abkürzungen oder von dem Arzt regelmäßig verwendeten Zeichen ausreichend. Letztlich ist es ratsam, dem Patienten bei dem Gespräch eine ausführliche schriftliche Erläuterung des Eingriffs und seiner Risiken etc. zu übergeben und die Aufklärung auf dem Formular quittieren zu lassen. Bei risikoreichen Eingriffen empfiehlt es sich darüber hinaus, einen Zeugen hinzuzuziehen.

Allgemein empfiehlt es sich für den Arzt, sich zu den einzelnen Behandlungen spezielle Aufklärungsformulare im Fachhandel zu besorgen und zu verwenden.

(b) Inhalt der Aufklärung

Die Behandlungsaufklärung soll dem Patienten in groben Zügen über den Behandlungsverlauf informieren und erstreckt sich auf Art, Umfang und Durchführung des Eingriffs. Die Risikoaufklärung betrifft die Gefahren sowie die möglichen vorübergehenden oder dauernden Schäden, die der Eingriff mit sich bringen kann, selbst wenn er ordnungsgemäß durchgeführt wird.

Dabei befindet sich der Arzt in einem Dilemma, weil die Aufklärung viel Zeit in Anspruch nimmt und von dem Patienten, der regelmäßig ein medizinischer Laie ist, oftmals nicht verstanden wird. Auf der anderen Seite ist es berechtigt, dass der Patient die Wahl haben soll, ob er sich zu dem empfohlenen Eingriff entscheidet oder er z.B. eine weniger riskante Alternative vorzieht

Hier kann dem Arzt nur geraten werden, das Aufklärungsgespräch deshalb nicht nur als Last sehen. Vielmehr ist es auch eine Chance, mit dem Patienten ein gutes Vertrauensverhältnis aufzubauen, was deutlich zur Reduzierung des Risikos einer Haftpflichtauseinandersetzung führt. Denn erfahrungsgemäß klagt ein Patient dann auf Schadensersatz, wenn er sich nicht verstanden oder vom Arzt übergangen, ja zum bloßen Objekt der Behandlung reduziert fühlt.

(c) Zeitliche Aspekte der Aufklärung

Abgesehen von Notfällen muss dem Patienten die Aufklärung so rechtzeitig erteilt werden, dass er das Für und Wider des Eingriffs abwägen kann. So reicht es bei normalen ambulanten und diagnostischen Eingriffen grundsätzlich aus. wenn die Aufklärung am Tag des Eingriffs erfolgt. Rät der Arzt dem Patienten zu einer Operation und vereinbart er für den Patienten sogleich einen OP-Termin, so muss er den Patienten bereits an diesem Tag über die wesentlichen Risiken des Eingriffs aufklären. Denn manche Patienten bauen mit der festen Vereinbarung des Termins bereits psychische Barrieren auf, die es ihnen schwer machen, später von der OP zurückzutreten. Dies kann als Aufklärungsfehler angesehen werden. Ferner muss dem Patienten eine angemessene Bedenkzeit eingeräumt werden. Deshalb ist bei stationärer Behandlung eine Aufklärung erst am Tag des Eingriffs grundsätzlich verspätet. Je höher das mit der Behandlung verbundene Risiko ist (z.B. Todesrisiko), desto früher muß grundsätzlich aufgeklärt werden.

Kann der Patient in einer Notsituation nicht mehr aufgeklärt werden, etwa weil er ohnmächtig oder bereits narkotisiert ist, so kann die Behandlung durch den Arzt unter den Voraussetzungen der „mutmaßlichen Einwilligung'' zulässig sein. Diese ist gegeben, wenn ein verständiger Patient - bezogen auf den konkreten Sachverhalt - dem Eingriff oder dem Abbruch der Behandlung zustimmen würde.

Ein Aufklärungsfehler liegt nicht vor, wenn der Arzt zwar über ein Risiko nicht aufgeklärt hat, der Patient aber auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung den Eingriff hätte vornehmen lassen (etwa weil er wegen einer geringen allgemeinen Überlebenschance so oder so der risikoreichen Operation zugestimmt hätte. Die Beweislast für diese So-oder-So-Zustimmung trägt aber hier der Arzt.

(d) Reichweite der Aufklärung:

  • Die Aufklärung muss durch den Arzt selbst erfolgen und darf nicht von Hilfspersonal übernommen werden.
  • Die Aufklärung darf nicht schematisch sein. Sie muss individuell aufzeigen, was der Eingriff für die persönliche Situation des Patienten bedeuten kann.
  • Die typischen Risiken müssen konkret benannt werden.
  • Die Aufklärung hat aber lediglich „im Großen und Ganzen" zu erfolgen. Medizinisches Fachwissen muss dem Patienten nicht vermittelt werden, vielmehr reicht es aus, ein allgemeines Bild von Schwere und Richtung des konkreten Risikospektrums darzustellen.
  • Über allgemein bekannte Risiken, wie beispielsweise eine Wundinfektion, muss nicht aufgeklärt werden.
  • Grundsätzlich ist der Arzt in der Wahl seiner Methode frei. Über alternative Behandlungsmöglichkeiten muss deshalb nur dann aufgeklärt werden, wenn mehrere gleichwertige Methoden mit unterschiedlichen Risiken bestehen.
  • Je weniger dringlich und erforderlich ein Eingriff ist, desto genauer muss der Arzt aufklären. Demnach sind die Anforderungen geringer bei vital indizierten Eingriffen und umso größer, wenn es sich lediglich um kosmetische Maßnahmen handelt.
  • Die Aufklärung hat mündlich zu erfolgen und kann nicht durch Übergabe eines Aufklärungsformulars ersetzt werden. Es ist jedoch jedem Arzt dringend anzuraten, den Umstand der Aufklärung und den wesentlichen Inhalt des Gesprächs schriftlich festzuhalten, indem er sich (zusätzlich) ein Formular quittieren läßt.

(e) Beispiele aus der Rechtsprechung zum Thema Aufklärungspflicht

  • Bei einer freiwilligen Blutspende muss der Spender auch über fernliegende Risiken von Nervenschädigungen aufgeklärt werden. Weil der Eingriff medizinisch nicht notwendig ist, gelten hier höchste Anforderungen an die Aufklärungspflicht.
  • Soweit eine Operation durch eine konservative Behandlung zu vermeiden und ist die Operation deshalb nur relativ indiziert, so muss der Patient hierüber aufgeklärt werden.
  • Die Aufklärungspflicht über Risiken einer umfangreichen Operation gebietet im Regelfall keine Angabe der aus ihr resultierenden Sterblichkeitsrate.
  • Der Patient muß auf weniger belastende, risikoärmere Operationsmethoden nicht hingewiesen werden, wenn diese noch nicht hinreichend untersucht und erprobt sind und daher nicht als „Verfahren der Wahl" gelten.
  • Solange dem Patienten im Krankenhaus eine Behandlung geboten wird, die dem jeweils zu fordernden medizinischen Standard genügt, ist er nicht darüber aufzuklären, dass dieselbe Behandlung anderenorts mit besseren personellen und apparativen Mitteln und deshalb mit einem etwas geringerem Komplikationsrisiko möglich ist.

(3) Wirtschaftliche Aufklärungspflicht

Im Einzelnen noch nicht beantwortet ist die Frage, inwiefern der Arzt den Patienten über die wirtschaftlichen Folgen der Behandlung aufklären muss, etwa über eigene Kostentragungspflichten des Patienten.

Hintergrund des Problems ist das Dreiecksverhältnis Arzt-Patient-Krankenversicherung: So verweigern z.B. Privatpatienten immer öfter die Bezahlung erbrachter Leistungen eines Arztes mit dem Hinweis, der Arzt sei seiner wirtschaftlichen Aufklärungspflicht nicht nachgekommen, weil beispielsweise der Krankenversicherung die Kostenübernahme für eine bestimmte Behandlung verweigert hat.

Der Arzt ist im Rahmen des Behandlungsvertrages dem Patienten zu Diagnose, Therapie, Beratung und Aufklärung verpflichtet. Daneben hat er aber auch Hinweis-, Beratungs- und Warnungspflichten.

Die Rechtsprechung leitet aus diesen Nebenpflichten im Grundsatz die Verpflichtung des Arztes her, auch auf vermögenswerte Interessen des Patienten Rücksicht zu nehmen, indem er diesen auch über alternative, möglicherweise kostengünstigere Behandlungsmethoden und die entsprechenden Versicherungsleistungen der Krankenversicherung beraten muss. Verletzt er diese Pflicht, macht er sich schadensersatzpflichtig und verliert regelmäßig seinen Honoraranspruch.

Andererseits hat der Arzt mit der Krankenversicherung des Patienten unmittelbar nichts zu tun und kennt z.B. auch nicht die Einzelheiten des jeweiligen Versicherungsvertrages. Das Vertragsverhältnis Patient-Krankenversicherung ist also ein eigenständiges. Der Arzt muß dann nicht mehr über die wirtschaftlichen Folgen einer Behandlung – etwa in Gestalt der Kostentragungspflicht durch die Krankenversicherung –aufklären, wenn der Verantwortungs- und Kompetenzbereich des Arztes verlassen wird. In normal gelagerten Fällen kann er sich also damit begnügen, den Patienten auf die verschiedenen Behandlungsalternativen und die daraus resultierenden Kosten hinzuweisen und anschließend die ihm zweckmäßig erscheinende Behandlung auszuwählen. Eine weitergehende wirtschaftliche Aufklärungspflicht besteht nur ausnahmsweise dann, wenn der Fall Besonderheiten aufweist, etwa weil ein Privatpatient erkennbar durch eine Behandlung wirtschaftlich überfordert würde, ein Patient ausdrücklich nach der Kostenerstattung gefragt hat oder der Arzt erkennen kann, dass eine Krankenkasse nicht leisten wird.

Es verbleiben allerdings Zweifelsfälle. Der Arzt ist daher gut beraten, hier den sichersten Weg zu gehen:

  • Er sollte also, soweit für ihn erkennbar alternative, gleichwertige, aber kostengünstigere Behandlungsmethoden bestehen, dem Patienten entsprechende Mitteilungen machen und dies ausführlich dokumentieren. Dies kann auch in einem Behandlungsvertrag fixiert und damit beweisfest gemacht werden.
  • Wenn der Arzt bereits vor der Behandlung weiß, dass die Krankenkostenversicherung seines Patienten Zweifel an der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung geäußert hat, muss ebenfalls eine Aufklärung erfolgen.
  • Zwar können der Arzt und der Versicherer über die medizinische Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung im Einzelfall unterschiedlicher Ansicht sein. Ist es jedoch für den Arzt erkennbar zweifelhaft, ob die Behandlung notwendig ist oder nicht, folgt daraus, dass der Arzt den Patienten darauf hinzuweisen hat, dass die in Aussicht genommene Behandlung möglicherweise vom Krankenversicherer nicht als notwendig anerkannt wird und der Versicherer dementsprechend auf die Kosten der Behandlung keine Leistungen erbringen wird.

(4) Schweigepflicht

Laut den jeweiligen ärztlichen Berufsordnungen hat der Arzt über das, was ihm in seiner Eigenschaft als Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist, zu schweigen. Nach § 203 StGB steht es sogar unter Strafe, wenn ein Arzt ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis, das ihm als Arzt anvertraut wurde, offenbart. Die Schweigepflicht trifft den Arzt und seine Mitarbeiter. Sie wirkt sich in verschiedenen Bereichen aus:

(a) Schweigepflicht im Rahmen einer Praxisgemeinschaft

Die Praxisgemeinschaft ist eine Kooperationsform, welche - im Gegensatz zur Gemeinschaftspraxis - eine beschränkte Form der Zusammenarbeit vorsieht. Denn in ihr legen die Ärzte die sachlichen und persönlichen Mittel der Praxis zusammen, nicht aber ihr Vermögen und ihre Patienten. Sie bleiben also völlig selbständig hinsichtlich ihrer ärztlichen Tätigkeit, dem Patientenstamm und der Krankenblattführung. Denn der Patient hat einen Behandlungsvertrag nur mit einem einzelnen Arzt der Praxisgemeinschaft geschlossen und nicht mit allen. Der Patient kann also ohne seine Zustimmung innerhalb der Praxisgemeinschaft nicht hin- und hergeschoben werden. Zwar erteilt der Patient, soweit er sich in die Behandlung (auch) eines anderen Arztes der Praxisgemeinschaft begibt, sein Einverständnis dafür, dass dieser Einsicht in die Karteikarte des zuerst behandelnden Arztes nimmt. Dennoch hat der Partner der Praxisgemeinschaft grundsätzlich eine eigene Karteikarte anzulegen und entsprechend gegenüber der KV abzurechnen. Dieses Verfahren muß eingehalten werden, um in einem Klageverfahren, in denen die Karteikarte zu übersenden ist, oder bei Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren, Schwierigkeiten zu vermeiden.

(b) Ausnahmen von der Schweigepflicht

Die Offenbarung von Patientendaten an Dritte ist in folgenden Fällen erlaubt:

  • Diverse Gesetze (z.B. die Diagnoseverschlüsselung nach dem ICD-Schlüssel gem. § 295 Abs. 1 SGB V) sehen die Pflicht bzw. das Recht des Arztes vor, Unterlagen zu übersenden.
  • Der Arzt ist im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung vor der KV zur Mitwirkung verpflichtet und muß in diesem Zusammenhang auch die zur Durchführung der Prüfung erforderlichen Patientendaten offenbaren. Er kann sich dabei nicht auf die ärztliche Schweigepflicht berufen.
  • Die Offenbarung von Geheimnissen ist immer dann gerechtfertigt, wenn der Patient eingewilligt hat, indem er den Arzt gegenüber bestimmten Personen von seiner Schweigepflicht entbindet.

(c) Schweigepflichten bei Praxisverkauf

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein Praxisverkaufsvertrag wegen Verstoßes gegen die ärztliche Schweigepflicht nichtig, in dem der Verkäufer sich verpflichtet, dem Käufer die gesamte Patientenkartei (ohne Beschränkung auf die Patienten, die vorher zugestimmt haben) zu übergeben.

Der nichtige Praxisverkaufsvertrag ist rückabzuwickeln. Dadurch wird den damit zusammenhängenden Miet- und Arbeitsverträgen und der (an die Praxis gebundenen) kassenärztlichen Zulassung die Grundlage entzogen. Dies kann Schadensersatzforderungen und sonstige finanzielle Einbußen nach sich ziehen.

Um diese Folgen zu vermeiden müssen Praxisverkaufsverträge u.a. entweder auf die „Münchener Empfehlung zur Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht bei Veräußerung einer Arztpraxis" verweisen oder selbst eine detaillierte Klausel über die Patientendaten vorsehen.

(d) Schweigepflicht bei Einsatz von externer Verrechnungsstelle

Um den hohen Verwaltungsaufwand der persönlichen Rechnungseintreibung zu umgehen, setzen Ärzte vermehrt ärztliche Verrechnungsstellen ein, die die Rechnungsstellung und Beitreibung der Arzthonorare erledigen und dafür einen bestimmten prozentualen Anteil an dem Honorar erhalten.

Dazu muß der Arzt allerdings auch die privaten Daten der Patienten an die Verrechnungsstelle übergeben. Nach der Rechtsprechung ist die Übergabe von Abrechnungsunterlagen an eine Verrechnungsstelle wegen Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht strafbar und unwirksam, wenn der Patient der Datenübergabe nicht vor Beginn der Behandlung zugestimmt hat.

Der Arzt muß also eine ausdrückliche Zustimmung des Patienten einholen, idealerweise bereits bei Anmeldung innerhalb der schriftlichen Anmeldungsunterlagen. Gerne berate ich beim Entwurf eines entsprechenden Formulars.

(5) Herausgabe von Behandlungsunterlagen

Wann muß der Arzt auf Anforderung des Patienten oder Dritter die Behandlungsunterlagen übersenden bzw. Einsicht gewähren? Insbesondere datenschutzrechtliche, berufsrechtliche und strafrechtliche (Verletzung von Privatgeheimnissen, § 203 StGB) Aspekte sind hier zu berücksichtigen:

Die unbefugte Offenbarung fremder Geheimnisse kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden.

Aus dem zwischen Arzt und Patienten bestehenden Vertragsverhältnis wird als vertragliches Nebenrecht die Möglichkeit des Patienten zur Einsicht in die Krankenunterlagen abgeleitet. § 810 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) enthält daneben eine eigene Anspruchsgrundlage für den Patienten, denn er hat ein rechtliches Interesse daran, die im Besitz des Arztes befindlichen ihn betreffenden Behandlungsunterlagen einzusehen.

Dem Patienten stehen folglich folgende allgemeine, vorprozessuale und prozessuale Einsichtsrechte zu:

(a) Allgemeines Einsichtsrecht

Der Patient kann als medizinischer Laie seinen eigenen Behandlungsverlauf nur lückenhaft nachvollziehen. In bestimmten Fällen (etwa bei einem Arzthaftungsfall oder bei einem Schadensersatzanspruch des Patienten gegen einen Dritten) kann der Patient aber ein Bedürfnis haben, anhand der Behandlungsunterlagen zu belegen, welche Behandlung er erhalten hat, welche Schmerzen er dabei erlitten hat oder wie lange sie gedauert hat. Da sich diese Informationen in der Regel nur aus den Behandlungsunterlagen ergeben, wird ein besonders schutzwürdiges Interesse an der Einsicht in die Krankenunterlagen von der Rechtsprechung sehr großzügig definiert.

Der Bundesgerichtshof beschränkt das Einsichtsrecht aber auf naturwissenschaftlich konkretisierbare Befunde und die Aufzeichnungen über durchgeführte Behandlungsmaßnahmen.

Folglich sind subjektive Wertungen des Arztes, die Wiedergabe persönlicher Eindrücke über den Patienten oder vorläufige Verdachtsdiagnosen, die später wieder aufgegeben wurden, nicht vom Einsichtsrecht erfasst, so dass der Arzt diese persönlichen Informationen abdecken oder auf den Kopien schwärzen darf.

(b) Vorprozessuales Einsichtsrecht

Das vorprozessuale Einsichtsrecht dient der Erlangung von Informationen zur Vorbereitung eines Rechtsstreits. Der Patient trägt die Beweislast für einen ärztlichen Behandlungsfehler. Daher ist es erforderlich, dass der Patient Einsicht in die entsprechenden Unterlagen erhält. Somit besteht ein rechtliches Interesse auf Einsicht. Die Einzelheiten des Einsichtsrechts sind in § 630 g BGB geregelt. Die vom Arzt vorzulegenden Unterlagen müssen verständlich und vollständig sein. Der Patient hat ein Recht auf Erhalt einer Ablichtung der Behandlungsakte. Dafür kann der Arzt Gebühren nach GOÄ abrechnen. Der Patient kann eine schriftliche Vollständigkeitserklärung verlangen. Er kann auch verlangen, dass ihm die ladungsfähigen Anschriften der behandelnden Ärzte genannt werden.

(c) Einsichtsrecht im Zivilprozeß

Im Zivilprozeß werden die Behandlungsunterlagen benötigt, um dem Sachverständigen die Beurteilung des Vorliegens eines Behandlungsfehlers zu ermöglichen. Die Pflicht zur Vorlage der Krankenunterlagen ergibt sich aus § 810 BGB (Einsicht in Urkunden) in Verbindung mit § 422 Zivilprozessordnung (ZPO).

Darüber hinaus kann auch das Gericht nach § 143 ZPO von Amts wegen die Vorlage der Krankengeschichte, der Operationsberichte etc. anordnen. Die so erlangten Krankenunterlagen werden dann Bestandteil der Gerichtsakten, so dass der Patient sie dann als Beteiligter des Verfahrens einsehen darf, § 299 I ZPO.

d. Patientenberatung

Der Patient hat also ein Interesse daran und ein Recht darauf, von dem behandelnden Arzt hinreichend aufgeklärt zu werden, so dass er verstehen kann, was mit ihm in der Behandlung geschieht und er will die medizinische Notwendigkeit der Behandlung auch nachvollziehen können. In der Hektik des laufenden Tagesgeschäfts kommt dieses Interesse aber oft zu kurz.

Der Patient versteht die Behandlung dann nicht mehr und fühlt sich als reines Objekt der Behandlung. In diesem Fall stehe ich dem Patienten im Kontakt mit den Ärzten beratend und erläuternd zur Seite. Soweit der Patient an der Meinung des behandelnden Arztes zweifelt, kann ich zur externen Abklärung auf ein Netzwerk von Ärzten zurück greifen. 

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3. Honorarvereinbarungen, Abdingung und IGeL

Aufgrund der weitgehenden Deckelung („Budgetierung“) der Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherungen sind Ärzte zu Recht bestrebt, Leistungen außerhalb der gesetzlichen Versicherungsleistungen anzubieten und abzurechnen. Im Folgenden wird aufgezeigt, wie dies möglich ist.

a. Honorarvereinbarungen

(1) Bei Privatpatienten

Bei Privatpatienten ist für den Arzt Ausgangspunkt jeder Rechnung die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), wonach sich die Höhe der einzelnen Gebühr nach dem einfachen bis 3,5-fachen des Gebührensatzes bemißt. Innerhalb dieses Gebührenrahmens sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung kann auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein.

In der Regel darf eine Gebühr nur zwischen dem einfachen und dem 2,3-fachen des Gebührensatzes bemessen werden. Ein Überschreiten des 2,3-fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen.

Über die Vergütung für privatärztliche Leistungen können von der GOÄ abweichende Vereinbarungen getroffen werden. Diese Vereinbarungen unterliegen nach § 2 der GOÄ strengen Grenzen. So dürfen Notfall- und akute Schmerzbehandlungen nicht von einer Honorarvereinbarung abhängig gemacht werden. Die Honorarvereinbarung unterliegt der Schriftform. Sie muß vor Erbringung der Leistung vereinbart worden sein. Sie hat zu enthalten die Bezeichnung der Leistung, den Steigerungssatz und den vereinbarten Betrag sowie die Feststellung, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten. Der Arzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen.

Dadurch soll der Patient vor versteckten Honorarvereinbarungen geschützt werden.

Auf folgende Punkte sollte besonders geachtet werden:

  • Die Honorarvereinbarung sollte keine auch nur erläuternden Erklärungen des Patienten enthalten, weil sie sonst formunwirksam ist.
  • Der Patienten muss erkennen können, für welche Leistungen der jeweils vereinbarte Satz gelten soll. Absprachen über unbestimmte Gebührenspannen führen daher zur Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung. Es darf also nicht lediglich ein von der GOÄ abweichender Gebührenrahmen vereinbart und es dem Arzt freigestellt werden, im Anschluss an die Behandlung die Gebühren nach den Maßstäben der GOÄ zu bestimmen.
  • Befand sich der Patient bereits zur Wahrnehmung eines zuvor vereinbarten Behandlungstermins von voraussichtlich längerer Dauer in den Praxisräumen, so ist die schriftliche Vereinbarung, die erst unmittelbar vor dem Behandlungsbeginn getroffen wurde, nicht vor Erbringung der Leistung im Sinne von § 2 GOÄ zustande gekommen.

(2) Honorarvereinbarungen bei Kassenpatienten

Der Arzt kann auch mit einem Kassenpatienten eine Honorarvereinbarung treffen. Dies ist insbesondere dann zu erwägen, wenn der Kassenpatient eine Behandlung wünscht, die nicht im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten ist, also von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommen wird. Da dieser EBM nur die „notwendigen“ Leistungen abdeckt, besteht ein Interesse an Zusatzleistungen auch bei gesetzlich Versicherten.

Der Kassenpatient kann daher auch Leistungen außerhalb des EBM in Anspruch nehmen. Der Arzt erwirbt dafür aber nur einen Honoraranspruch gegen den Patienten, wenn er gemäß § 18 des Bundesmantelvertrages für Ärzte den Patienten vor der Behandlung auf die Pflicht zur Zahlung hinweist und eine schriftliche Zustimmung des Patienten einholt.

b. Abdingung

Gemäß § 18 des Bundesmantelvertrages für Ärzte kann ein Kassenpatient die gesetzliche Krankenversicherung auch gegenüber dem Arzt abbedingen und sich verpflichten, selbst zu bezahlen. Dafür muß er vor Beginn der Behandlung ausdrücklich die Behandlung auf eigene Kosten verlangen und dies dem Arzt schriftlich bestätigen. Der Selbstzahler bestimmt dann selbst, welche Leistungen er zu welchem Preis in Anspruch nimmt.

c. Individuelle Gesundheitsleistungen (sog. IGeL)

Bestimmte ärztliche Leistungen fallen in den Grenzbereich zwischen EBM-Leistungen und Privatleistungen. Sie sind nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 92 SGB V von der gesetzlichen Krankenversicherungsleistung ausgeschlossen. Diese Leistungen werden Individuelle Gesundheitsleistungen genannt. Sie stellen für den Arzt ein willkommenes und dringend benötigtes Mittel der Praxisfinanzierung dar.

Darunter fallen u.a.:

  • Vorsorgeuntersuchungen (nicht aber Nachsorgeuntersuchungen)
  • Reisemedizinische Beratungen
  • psychotherapeutische Leistungen (wenn - wie z.B. beim Entspannungsverfahren - keine medizinische Indikation vorliegt)
  • vorbeugende Impfungen
  • ärztliche Serviceleistungen (z.B. Gruppenbehandlung bei Adipositas oder Raucherentwöhnung)
  • Alternative Heilverfahren wie Akupuntur (die teilweise aber schon zu den gesetzlichen Leistungen zählt)
  • kosmetische Operationen (nicht aber solche kosmetischen Operationen, die Fehlbildungen beheben sollen, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen oder geführt haben)
  • Tauglichkeits- und Einstellungsuntersuchungen
  • Alkoholtests für die Polizei
  • Bescheinigungen über die Arbeitsfähigkeit für den Arbeitgeber
  • Bescheinigungen für Kindergärten
  • neuartige Untersuchungsverfahren

Eine verbindliche Liste der zugelassenen IGeL-Leistungen (sog. IGeL-Liste) gibt es nicht mehr.

Eine IGeL-Leistung kann gegenüber dem Patienten aber nur abgerechnet und gefordert werden, wenn der Arzt - ähnlich wie bei einer Honorarvereinbarung - mit dem Patienten vor Beginn der Behandlung einen schriftlichen Behandlungsvertrag geschlossen hat.

IGeL-Leistungen können über ausliegende Informationsmaterialien im Wartezimmer erläutert oder in einem sachlichen Beratungsgespräch angeboten werden. Wichtig ist allerdings: Alle Informationen müssen vor Erbringung der Leistung gegeben werden und nicht etwa danach. Folgende Inhalte müssen unbedingt vermittelt werden:

  • Eine sachliche Information über den Nutzen/Risiken der IGeL-Leistung,
  • eine Information, dass diese Leistung - zum Beispiel als Präventionsleistung - nicht von der Kasse übernommen wird und deshalb privat in Rechnung
  • gestellt werden muss,
  • eine verbindliche Nennung des Preises der Leistung.

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II. Der Arzt und die KV - Die ärztliche Zulassung

1. Formen ärztlicher Tätigkeit

Nur die wenigsten Ärzte können alleine von ihren Privatpatienten leben. Ein Arzt muß daher faktisch an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Zulässige Formen dieser Teilnahme sind nach § 95 SGB V die Zulassung und die Ermächtigung. Daneben kann ein Arzt auch im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses tätig werden, wodurch er nicht Vertragsarzt wird, aber gleichwohl ärztlich tätig werden kann, ohne sich sogleich selbständig machen zu müssen.

a. Zulassung

(1) Persönliche Voraussetzungen

  • ärztliche Approbation
  • Facharztweiterbildung
  • Eintragung in ein Arztregister

Die wichtigsten rechtlichen Fragen für den Arzt sind in diesem Zusammenhang:

  • Wie erhalte ich die Eintragung in das Arztregister?
  • Wie erhalte ich die Erstzulassung?
  • Wie gehe ich gegen mich belastende Nebenbestimmungen zur Zulassung vor?
  • Wie kann ich mittels einstweiligen Rechtsschutzes gegen ablehnende Bescheide der KV vorgehen?
  • Wie erweitere ich die erhaltene Zulassung?
  • Wie wehre ich mich gegen die Zulassung eines Konkurrenten oder wie wehre ich eine solche Konkurrentenklage ab?
  • Wie verlege ich den Arztsitz?
  • Wie baue ich eine Zweigpraxis auf?

Ärztliche Kooperationen sind grundsätzlich nicht zulassungsfähig. Vielmehr sieht § 33 Ärzte-ZV für die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis das Erfordernis einer Genehmigung vor, die aber nur bei Beeinträchtigung der Versorgung oder aus berufsrechtlichen Gründen versagt werden darf. Lediglich anzeigepflichtig ist dagegen die Praxisgemeinschaft, d. h. die gemeinsame Nutzung von Ausstattung und Personal bei Führung getrennter Praxen.

Zulassungsfähig sind aber die mit dem GMG neu etablierten medizinischen Versorgungszentren. Medizinische Versorgungszentren sind fachübergreifende ärztliche Einrichtungen, in denen Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind.

(2) Zulassungsbeschränkungen

Die Zulassung ist beschränkt, wenn der betreffende Zulassungsbezirk wegen Überversorgung gesperrt ist.

In einem gesperrten Bezirk kann gleichwohl zugelassen werden in folgenden Fällen:

(3) Rechtsfolgen und Beendigung der Zulassung

Mit Erhalt der Zulassung wird der Arzt Mitglied der örtlichen KV und wird zugleich zum Vertragsarzt. Er ist nun zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet.

(4) Pflichten des Vertragsarztes

Die Pflichten eines Vertragsarztes ergeben sich aus u.a. aus dem SGB V, dem Satzungsrecht der KV, den Bundesmantelverträgen, den Musterberufsordnungen etc.

Ein Vertragsarzt ist verpflichtet, am Ort seiner Niederlassung Sprechstunden in ausreichendem Umfang abzuhalten und diese - grundsätzlich mit festen Uhrzeiten - auf einem Praxisschild bekannt zu geben (Präsenzpflicht) und er muß seinen Wohnsitz so wählen, dass er für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung steht (Residenzpflicht). Die Residenzpflicht wird aber zunehmend aufgeweicht; ausgenommen von der Residenzpflicht sind seit dem GMG auch sog. unterversorgte Gebiete. Ein Vertragsarzt hat seine Leistungen im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebotes zu erbringen. D.h. er darf den Patienten (nur) die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistung angedeihen, die das Maß des Notwendigen nicht überschreitet. Er ist also in der Wahl des Behandlungsmittels beschränkt.

Der Arzt ist zur persönlichen, in freier Praxis ausgeübten Tätigkeit verpflichtet (§ 32 Ärzte-ZV).

(5) Rechte des Vertragsarztes

Der Vertragsarzt hat Anspruch gegen die KV auf eine Vergütung der von ihm erbrachten Dienst- oder Sachleistungen. Der Anspruch ist lediglich auf die Teilnahme an der Honorarverteilung gerichtet, d.h. auf einen bestimmten Anteil an der gedeckelten Gesamtvergütung. Ein Anspruch auf eine bestimmte Vergütung besteht also nicht. Der Arzt hat jedoch Anspruch auf eine angemessene Vergütung, § 72 SGB V.

Die Zulassung endet mit dem Tod, einem Verzicht oder wenn der Vertragsarzt mit seiner Praxis aus dem KV-Bezirk wegzieht. Entsprechendes gilt für ein medizinisches Versorgungszentrum, wobei an die Stelle des Todes hier naturgemäß die Auflösung des Zentrums tritt (§ 95 SGB V). Des Weiteren erlischt eine Zulassung automatisch mit Ablauf des Quartals, in dem ein Vertragsarzt sein 68. Lebensjahr vollendet hat (Altersgrenze).

b. Ermächtigung

Gemäß § 31 Ärzte-ZV berechtigt auch die Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Eine Ermächtigung erfordert einen Bedarfsfall. Dieser ist gegeben, wenn z.B. eine medizinische Unterversorgung droht. Der Ermächtigte wird - anders als der zugelassene Vertragsarzt - aber nicht Mitglied der betreffenden KV. Darüber hinaus ist die Ermächtigung grundsätzlich zeitlich und sachlich auf ein bestimmtes Spektrum von Leistungen beschränkt. Ansonsten ähnelt der Status des Ermächtigten jedoch dem des Vertragsarztes. Insbesondere unterliegen auch Ermächtigte der Disziplinargewalt der KV.

c. Anstellung von Ärzten

Ein junger Arzt/Ärztin, der am Anfang seiner Karriere steht, wird in der Regel nicht die Geldmittel und auch nicht die praktischen Berufserfahrungen besitzen, sich sogleich in eigener Praxis selbständig zu machen. Um diesen Ärzten den Einstieg in das Berufsfeld des niedergelassenen Arztes zu ermöglichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Assistenz:

(1) Aus- und Weiterbildungsassistenz und Entlastungsassistenz

Nach § 32 Ärzte-ZV kann ein Vertragsarzt einen Arzt als Assistenten zur Aus- oder Weiterbildung anstellen. Daneben ist eine Assistenz zur Entlastung des Vertragsarztes in besonderen Belastungssituationen möglich.

(2) Assistenzarzt

Nach § 32b Ärzte-ZV besteht die Möglichkeit, dass ein Arzt in eine reguläre Anstellung geht. Der angestellte Arzt ist nicht Vertragsarzt und unterliegt nicht den vertragsärztlichen Pflichten. Der ihn anstellende Vertragsarzt ist also selbst aufgefordert, den Assistenten zur Einhaltung der ärztlichen Pflichten (insbes. dem Wirtschaftlichkeitsgebot) zu bewegen. Durch die Anstellung darf allerdings die Deckelung der Gesamtvergütung nicht aufgebrochen werden, weshalb der Assistent nur angestellt werden darf, wenn der ihn anstellende Vertragsarzt sich gegenüber dem Zulassungsausschuss zu einer Begrenzung des Leistungsvolumens auf den bisherigen Praxisumfang verpflichtet. Der Assistent bringt dem Vertragsarzt also in der Regel nur dann einen wirtschaftlichen Vorteil, wenn er ihm durch seine Mitarbeit freie Zeit für privat entlohnte ärztliche Tätigkeiten schafft.

Der Dauerassistent muss jedoch die Voraussetzungen für eine Zulassung im Übrigen erfüllen und in demselben Fachgebiet wie der Vertragsarzt tätig sein. Ein Vertragsarzt darf jeweils nur einen sog. „Dauerassistenten“ oder zwei halbtags tätige Ärzte anstellen. Die Anstellung bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses der KV.

Die früher bestehende Altersgrenze für die Aufnahme eines Assistenten von 55 Jahren ist durch das GMG abgeschafft worden.

d. Praxisvertretung

Ist ein Vertragsarzt - aus welchen Gründen auch immer - an der Ausübung seiner Tätigkeit gehindert, so kann er sich nach § 32 Ärzte-ZV in fünf Fällen vertreten lassen: Krankheit, Urlaub, Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder einer Wehrübung sowie Schwangerschaft.

Pro Jahr darf sich ein Arzt auf diese Weise bis zu sechs Monate vertreten lassen. Unabhängig davon, aus welchem Grunde eine Vertretung erfolgt, ist diese der KV mitzuteilen, wenn sie länger als eine Woche dauert.

Eine darüber hinaus gehende Vertretung ist demgegenüber nur mit Genehmigung der KV möglich. Voraussetzung ist zudem, dass die Beschäftigung zum Zwecke der Aus- oder Weiterbildung oder aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung erfolgt.

Der Vertreter muß approbiert sein und grundsätzlich seine Facharztausbildung abgeschlossen haben. Ausnahmsweise entfallen diese strengen Anforderungen, wenn ein kurzfristiges Einspringen eines Vertreters, etwa wegen einer plötzlichen Erkrankung des Vertragsarztes, erforderlich ist.

Der vertretene Arzt muß sicherstellen, dass der Vertreter die vertragsärztlichen Pflichten (insbes. das Wirtschaftlichkeitsgebot) einhält.

Der vertretende Arzt wird nicht Vertragsarzt. Da der Vertreter die Arbeit des Vertragsarztes an dessen Stelle übernimmt, muss der vertretene Vertragsarzt darauf hinwirken, dass der Vertreter die vertragsärztlichen Pflichten beachtet. Bei der Auswahl des Vertreters ist darauf zu achten, dass der potenzielle Vertreter hinreichend qualifiziert ist.

e. ärztliche Nebentätigkeiten

Um eine neben der vertragsärztlichen Tätigkeit bestehende, weitere Einnahmequelle zu schaffen, üben Ärzte vermehrt nebenberufliche Tätigkeiten aus. Dabei ist zu beachten, inwiefern die Nebentätigkeit zulässig ist.

Grundsätzlich gilt, dass die Nebentätigkeit

  • nicht zu Interessen- und Pflichtenkollisionen mit der vertragsärztlichen Tätigkeit führen darf,
  • nicht zu einer Verletzung der Präsenzpflicht führen darf undnicht dazu führen darf, dass der Arzt für die persönliche Versorgung der Patienten nicht im erforderlichen Maße zur Verfügung steht.

Damit ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine geplante Tätigkeit mit dem Nebentätigkeitsverbot kollidiert.

(1) Interessen- und Pflichtenkollision

Hier sind insbesondere die Fälle zu nennen, bei denen eine ärztliche Nebentätigkeit bei einer Pharma-Herstellerin die Gefahr einer Beeinflussung des Arztes bei der Medikamentenverschreibung befürchten lässt. Eine Nebentätigkeit kann auch aufgrund der davon beanspruchten Zeit zu faktischen Beschränkung des Rechts des Patienten auf freie Arztwahl und damit zu einer Kollision führen.

(2) Verletzung der Präsenzpflicht

Die Präsenzpflicht schreibt dem Vertragsarzt vor, in den Praxisräumen seines Vertragsarztsitzes Sprechstunden in ausreichendem Umfang abzuhalten und diese - grundsätzlich mit festen Uhrzeiten - auf einem Praxisschild bekannt zu geben.

Der Vertragsarzt hat also grundsätzlich seine volle Arbeitskraft für die Versorgung der gesetzlich versicherten Patienten zur Verfügung zu stellen. Die Rechtsprechung legt diesen Grundsatz restriktiv aus. Unbedenklich seien daher nur solche anderweitige (auch ärztliche) Tätigkeiten, die keine „prägende Wirkung" auf den Status als Vertragsarzt haben. Die vertragsärztliche Tätigkeit muß klar als Hauptberuf erkennbar bleiben. Hier ist im Einzelfall zu prüfen, wie viel Stunden für die Haupttätigkeit zu veranschlagen sind, wie viel Stunden der betreffende Arzt pro Woche überhaupt arbeiten kann und ob die Nebentätigkeit die Haupttätigkeit des Arztes beeinflusst oder verändert.

(3) Verletzung des allgemeinen Versorgungsauftrages

Nach § 20 Ärzte-ZV ist ein Arzt für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nicht geeignet, wenn er wegen anderweitiger Tätigkeiten für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht im erforderlichen Maße zur Verfügung steht. Davon sind ehrenamtliche Tätigkeiten auszunehmen.

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2. Vergütung in der vertragsärztlichen Versorgung

Die Vergütung der Ärzte richtete sich bisher nach dem System der Gesamtvergütung (pauschaler EBM) mit der einhergehenden individuellen Budgetierung ärztlicher Leistungen.

Mit der Einführung des EBM 2009 vom 01.01.2009 gehören die Begrenzungsregelungen in den regionalem Honorarverteilungsmßstäben (Punktzahlengrenzvolumen, Individualbudget etc.) der Vergangenheit an. Seit Anfang 2009 gilt nunmehr bundeseinheitlich die neue Honorarverteilung in Form von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina (RLV).

Bis zur Höhe der jeweiligen RLV erfolgt die Vergütung mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung (Orientierungspunktwert (Stand 2009): 3,5001 Cent).

Bis zu einer Fallzahl von 150 % des Durchschnitts der Fachgruppe erhält der Arzt den vollen Orientierungspunktwert. Die übersteigenden Leistungen sind aber gedeckelt. Sie werden mit einem sinkenden Restpunktwert vergütet (über 150 bis 170 %: um 25 %, über 170 bis 200 %: um 50 %, über 200 %: um 75 %).

Der Arzt kann zur Vermeidung besonderer Härten Besonderheiten geltend machen wie z.B. bei außergewöhnlich starker Erhöhung der Zahl der behandelten Patienten.

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3. Grenzen der Abrechenbarkeit ärztlicher Leistungen

a. Voraussetzungen der Abrechenbarkeit

Voraussetzungen für die Abrechenbarkeit vertragsärztlicher Leistungen sind:

  • ordnungsgemäßer vertragsarztrechtlicher Status, d.h. eine Zulassung, Ermächtigung oder eine genehmigte Angestellten- bzw. Assistententätigkeit
  • abgerechnete Leistung ist im EBM-Katalog definiert
  • Beachtung der Fachgebietsgrenzen (gemäß den Weiterbildungsordnungen der regionalen Ärztekammern)
  • Arzt weist die für besondere Untersuchungen/Behandlungen erforderlichen Fachkundenachweis auf (z.B. für Computer-Tomografie)persönliche Leistungserbringung durch Arzt (routinemäßige, untergeordnete Tätigkeiten können aber Helfern übertragen werden).

Die Abrechnung privatärztlich erbrachter Leistungen setzt zusätzlich voraus, dass der Arzt mit dem Patienten vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Honorarvereinbarung getroffen hat. Diese darf grundsätzlich keine weiteren Vereinbarungen neben der Honorarvereinbarung enthalten. Die Verletzung dieser Regeln führt grundsätzlich dazu, dass der Arzt jeden Vergütungsanspruch verliert.

b. Überschreitung eines Heil- und Kostenplanes

Überschreitet ein Zahnarzt den für die Behandlung erstellten Heil- und Kostenplan, so ist fraglich, inwiefern er dadurch seinen Vergütungsanspruch verliert.

Die Rechtsprechung dazu ist uneinheitlich:

(1) Pro Unverbindlichkeit:

Ein Zahnarzt, der einen Heil- und Kostenplan für "geschätzte" Laborkosten erstellt und der kein eigenes Labor besitzt, verliert nach Ansicht des Landgericht Wuppertal durch eine Überschreitung dieser externen Laborkosten nicht seine Vergütungsansprüche.

Der Zahnarzt kann sich nach Auffassung des AG Mannheim gegen Regreßforderungen schützen, indem er den Heil- und Kostenplan ausdrücklich für unverbindlich erklärt.

Nach Ansicht des OLG Köln ist eine Überschreitung wegen fehlendem Schaden des Patienten irrelevant, solange der Patient eine adäquate Gegenleistung erhalten hat, die er auch anderweitig hätte in gleicher Höhe bezahlen müssen.

Nach Ansicht des OLG Celle kann eine Überschreitung des Heil- und Kostenplanes ohnehin niemals den gesamten Honoraranspruch des Arztes beseitigen, solange es sich um eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbrachte Leistung handelt.

(2) Contra Unverbindlichkeit:

Das LG Hannover ist dagegen der Ansicht, der Patient könne darauf vertrauen, dass Honorarkosten in einem Heil- und Kostenplan, der nicht als Schätzung bezeichnet ist, auch Verbindlichkeit besitzen. Denn nur so habe der Patient die Möglichkeit, sich in eine anderweitige kostengünstigere Behandlung zu begeben.

Der Arzt muß den Patienten so früh wie möglich darauf hinweisen, dass der Heil- und Kostenplan voraussichtlich überschritten wird. Andernfalls verstößt nach Ansicht des LG Krefeld gegen seine Pflichten aus § 650 Absatz 2 BGB (Kostenvoranschlag).

Das LG Bielefeld ist der Ansicht, dass der Patient eine Überschreitung des Heil- und Kostenplanes von mehr als 25 % nicht zu tragen habe, weil ansonsten eine Gebührenvorausberechnung keinen Sinn machte.

Überschreitet ein Zahnarzt, der ein eigenes Labor besitzt die im Heil- und Kostenplan veranschlagten Laborkosten, ohne dass er neben den veranschlagten Leistungen zusätzliche Leistungen ausgeführt hat, so kann er den Übertrag nach Ansicht des OLG Köln nicht ersetzt verlangen, wen er nicht darlegt, dass diese Erhöhung für ihn unvorhersehbar war.

Mithin ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob der Heil- und Kostenplan verbindlich ist. Auch die Rechtsprechung, die eine Verbindlichkeit bejaht, fordert aber, dass die Kosten bei Behandlungsbeginn voraussehbar waren; waren sie dies nicht, ist eine Überschreitung des Heil- und Kostenplanes folgenlos und der Patient muss den Mehrbetrag grundsätzlich bezahlen.

c. Begrenzung der Abrechenbarkeit durch "Erforderlichkeitsgrenze"

Gemäß § 1 Absatz 2 GOÄ darf der Arzt Vergütungen nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der Kunst für die ärztliche Versorgung des Patienten erforderlich sind. Gleiches gilt nach § 1 Absatz 2 GOZ für Zahnärzte.

Hier muß unterschieden werden zwischen der Behandlung von Kassenpatienten und Privatpatienten:

Eine Behandlungsmaßnahme bei einem Kassenpatienten ist notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Dabei gilt das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot, weil der Arzt an die Gegebenheiten des gesetzlichen Versicherungssystems gebunden ist. Hinsichtlich der Notwendigkeit ist ein objektiver Maßstab anzulegen, d.h. die Meinung des behandelnden Arztes ist grundsätzlich nicht maßgebend. Allerdings wird dem Arzt hier bei der Bestimmung des medizinisch sinnvollen Vorgehens ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt. Demgemäß werden Kosten für unbekannte Behandlungsmethoden regelmäßig nicht erstattet.

Da der Privatpatient seine Leistungen selbst bezahlt und dann auf (vollständige oder teilweise) Erstattung hofft, ergeben sich hier in der Praxis häufiger Abrechnungsstreitigkeiten: Bei der Behandlung von Privatpatienten ist der Arzt gleichfalls verpflichtet, den Patienten im Rahmen des medizinisch Notwendigen zu behandeln. Er ist aber nicht an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden. Sein Ermessenspielraum ist also größer als bei einem Kassenpatienten. Er hat zwar die allgemeine Pflicht gegenüber dem Patienten, ihn kostengünstig zu behandeln. Ob eine Leistung aber notwendig ist, kann hier nur im Einvernehmen zwischen Arzt und Patient beurteilt und bestimmt werden, ist also stärker davon abhängig, welche Anweisungen der Privatpatient dem Arzt im Rahmen des Dienstvertrages erteilt hat.

Im Zweifel ist der Arzt gut beraten, wenn er die Leistung als Verlangensleistung nach § 1 Absatz 2 Satz 2 GOZ deklariert und sich dementsprechend vom Patienten vor Behandlungsbeginn schriftlich bestätigen läßt, dass die Leistung auf dessen Verlangen erbracht wurde. Damit ist dann zugleich der Inhalt des Dienstvertrages, also der vom Patienten an den Arzt erteilte "Auftrag" definiert, so dass Mißverständnisse vermieden werden.

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4. Wirtschaftlichkeitsprüfung

Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung handelt es sich um ein das Vergütungssystem schützendes Instrument zur Steuerung der Leistungsmenge und zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung.

Durch das GMG wurde der Plausibilitätskontrolle innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung eine stärkere Bedeutung eingeräumt, als sie früher vorhanden war. Während früher im SGB V lediglich eine rudimentäre Regelung mit der Verpflichtung einer Vereinbarung über die Plausibilitätsprüfung existierte, wurden durch das GMG wesentliche und vereinheitlichende Vorschriften (§ 106a SGB V) in das SGB V aufgenommen und dort wurden der Prüfungsumfang konkretisiert. Danach prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung.

a. Grundlagen

Gemäß dem Wirtschaftlichkeitsgebot haben die Versicherten Anspruch auf ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen, welches das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Es verhindert Leistungen im Übermaß.

Die Begriffe „zweckmäßig", „ausreichend" und „notwendig" werden wie folgt definiert:

Zweckmäßig ist eine Leistung, wenn ein vom Arzt näher zu bestimmender medizinischer Zusammenhang zwischen dem Leistungsinhalt und dem Leistungsziel besteht. Näheres regeln die nach Maßgabe des § 92 SGB V erlassenen Richtlinien zur Sicherung der ärztlichen Versorgung. Danach sollen grundsätzlich nur solche Untersuchungs- oder Heilmethoden angewandt werden, deren diagnostischer und therapeutischer Wert ausreichend gesichert ist.

Notwendig ist eine Leistung, wenn gerade sie nach Art und Ausmaß zur Zweckerzielung zwangsläufig unentbehrlich und unvermeidlich ist.

Ausreichend ist eine Leistung, wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst Erfolgschancen für die Erzielung des medizinischen Leistungszwecks bietet.

b. Prüfungsmethoden

Nach § 106 SGB V in Verbindung mit den von den KVen und Krankenkassen erlassenen (regional unterschiedlichen) Prüfvereinbarungen in Verbindung mit der so genannten Wirtschaftlichkeitsprüfungsverordnung bestehen folgende Prüfungsmethoden für die Sicherstellung des Wirtschaftlichkeitsgebots:

(1) Auffälligkeitsprüfung

(a) Allgemeines Verfahren

Nach § 84 SGB V findet eine Auffälligkeitsprüfung statt, sobald der Arzt die vorgegebenen Richtgrößenvolumina für verordnete ärztliche Leistungen überschreitet.

Überschreitet er dieses um 15 % im Kalenderjahr, so erfolgt eine "Beratung", d.h. ein Gespräch durch den Prüfungsausschuss, bei der dem Arzt die Höhe und der Grund seiner Überschreitungen mit Hilfe von Übersichten verdeutlicht werden sollen.

Überschreitet der Arzt das Regelleistungsvolumen dagegen um 25% wird ein Prüfverfahren eingeleitet und der Arzt ist grundsätzlich verpflichtet, den Krankenkassen den sich aus der Überschreitung ergebenden Mehraufwand zu erstatten. Ausnahmsweise ist er davon befreit, wenn die Überschreitung durch Praxisbesonderheiten (wie etwa besonders hohe Morbiditätsrate der Patienten der Praxis, hoher Anteil von Überweisungsfällen) begründet ist.

Die allgemeine Auffälligkeitsprüfung hat bisher nur eine untergeordnete praktische Bedeutung gehabt.

(b) Prüfung nach Durchschnittswerten (sog. statistischer Fallkostenvergleich)

Hierbei werden die ärztlichen Leistungen nicht mit Richtgrößenvolumina, sondern mit Durchschnittswerten einer Vergleichsgruppe verglichen. Dadurch wird sichergestellt, dass der Arzt sich nicht nur im Rahmen der Richtgrößenvolumina bewegt, sondern auch nicht mehr ärztliche Leistungen abrechnet als seine ortsnahen Kollegen.

Problematisch ist hier die Bestimmung und Zusammensetzung der Vergleichsgruppe. Diese muß die gleiche Fachrichtung aufweisen wie der geprüfte Arzt, sie muß homogen und ausreichend groß sein.

Um hier für Transparenz und Rechtssicherheit zu sorgen, hat die Rechtsprechung drei Stufen der Bewertung entwickelt. Diese Stufen sind allerdings nicht starr, sondern können durch Praxisbesonderheiten aufgeweicht werden:

  • 1. Stufe: Allgemeine Streubreite bis 20%, innerhalb derer keine Prüfung stattfindet
  • 2. Stufe: Übergangszone zwischen 20% und 50%, innerhalb derer grundsätzlich keine Prüfung stattfindet. Der Prüfungsausschuß kann aber in diesem Bereich Prüfungen anordnen, muß dann aber die Unwirtschaftlichkeit der Abrechnungen beweisen.
  • 3. Stufe: Offensichtliches Mißverhältnis ab 50%, ab denen der Arzt beweisen muss, dass seine Leistungen dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprachen.

(2) Zufälligkeitsprüfung

Bei der Zufälligkeitsprüfung werden diejenigen Ärzte, die nicht auffällig geworden sind, in Stichproben eine Prüfung zugeführt.

Diese Prüfmethode ist bisher nur in sehr wenigen Fällen tatsächlich angewendet worden.

c. Ablauf des Prüfungsverfahrens

(1) Einleitung des Verfahrens

Das Verfahren beginnt einem Antrag oder einer Eröffnung von Amts wegen. Regelmäßig beginnt es mit einer Antragstellung. Hier ist der Prüfungsausschuss an regional unterschiedliche zeitliche und formelle Grenzen aus den Prüfvereinbarungen gebunden.

(2) Mitteilung an den geprüften Arzt

Der geprüfte Arzt muß von dem eröffneten verfahren in Kenntnis gesetzt werden.

(3) Abgabe einer Stellungnahme durch den Arzt

Der Arzt hat das Recht, Gründe für die Überschreitungen darzustellen, insbesondere durch Darstellung der Praxisbesonderheiten in seiner ärztlichen Praxis.

Dazu gehören insbesondere:

  • hohe Morbidität der Patienten (hohes Alter der Patienten, multimorbide Patienten, HIV-Patienten etc.)
  • ungewöhnliche Krankheiten
  • hoher Anteil besonders kostenintensiver aber anerkannter Erkrankungen wie z.B. Diabetes
  • erhöhter Behandlungsbedarf einer neu gegründeten Praxis in den ersten Quartalen

Dem Arzt ist dringend geraten, von dieser Möglichkeit zur Stellungnahme auch Gebrauch zu machen, denn er hat gegenüber den Prüfungsausschüssen ab Überschreitung der oben genannten 50%-Grenze die Beweislast dafür, dass seine Leistungen nicht unwirtschaftlich waren. Die Prüfungsasschüsse haben auch keinerlei Kenntnis von den Besonderheiten der jeweiligen Arztpraxis und benötigen daher die Auskünfte des Arztes, um dessen Verordnungsverhalten nachvollziehen zu können.

Die erste Stellungnahme muß bereits alles enthalten, was zur Verteidigung angeführt werden kann. Ein späteres "Nachschieben" weiterer Gründe etwa in einem Sozialgerichtsverfahren ist dagegen oft wenig erfolgreich, weil es unglaubwürdig wirkt. Der Arzt sollte hier also früh anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die Stellungnahme sollte diejenigen Patienten, die besondere ärztliche Leistungen erforderten, namentlich benennen, um die Berechnung des auf sie entfallenden Verordnungsvolumens zu ermöglichen. Der Arzt kann Mehraufwendungen durch entsprechende Minderaufwendungen erklären und dadurch den Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit entkräften (z.B. mehrfache Verordnung von Krankengymnastik hat Operation oder Einsatz ungleich teurerer Medikamente erspart). Der Arzt sollte insbesondere die Praxisbesonderheiten geltend machen.

(4) Entscheidung des Prüfungsausschusses

Nach rechnerischer Überprüfung der Kosten der Praxis unter Abzug der auf die Praxisbesonderheiten entfallenden Kosten (Toleranzen) entscheidet der Prüfungsausschuss. Dabei hat er einen Ermessenspielraum. D.h. er kann selbst und in eigenem, freien Ermessen entscheiden über die Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Leistungen. Diese Ermessensentscheidung ist nur begrenzt gerichtlich überprüfbar auf sog. Ermessensfehler.

Der Prüfungsausschuss entscheidet durch schriftlichen Beschluss, der eingehend und unter Berücksichtigungen des Arztes im Rahmen der Stellungnahme im Einzelnen zu begründen ist. Er ist zwingend mit einer Rechtsbehelfbelehrung über das Recht zum Widerspruch und die einmonatige Widerspruchsfrist zu belehren. Der Beschluss ist dem Arzt zuzustellen binnen fünf Monaten nach der Beschlussfassung.

d. Einlegung von Rechtsmitteln gegen negativen Prüfungsentscheid

Die Einlegung eines Widerrufs/einer Beschwerde bewirkt, dass die nachteilige Wirkung des Prüfungsentscheides aufgeschoben wird, bis eine rechtskräftige Entscheidung des Beschwerdeausschusses vorliegt.

(1) Widerspruch

Der Arzt kann gegen den ihn belastenden Bescheid nur schriftlich Widerspruch einlegen. Eine Begründung ist nicht erforderlich, aber dringend angeraten. Es ist zu bedenken, dass dem Arzt, der ein Verteidigungsargument nicht bereits im außergerichtlichen Verfahren vorgebracht hat, eine Berufung darauf in einem anschließenden Gerichtsverfahren regelmäßig verwehrt wird. Somit muss in die außergerichtliche Verteidigung bereits "alles rein, was Beine hat". Dazu sollte der Arzt frühzeitig von seinem Recht Gebrauch machen, nach entsprechendem Antrag Einsicht in "seine" Akte zu nehmen und seine Verteidigungsstrategie an den Ergebnissen der Akteneinsicht auszurichten.

Das Verfahren wird aufgrund des Widerspruchs vor die nächste Instanz, den Beschwerdeausschuß, gebracht.

(2) Verfahren vor Beschwerdeausschuss

Der Beschwerdeausschuß entscheidet nach den gleichen Regeln wie der Prüfungsausschuss, allerdings zieht er - anders als der Prüfungsausschuß - regelmäßig einen Arzt als Prüfreferent zu Rate. Der ärztliche Prüfreferent kann die vom geprüften Arzt vorgebrachten Praxisbesonderheiten oftmals besser nachvollziehen, als die nichtärztlichen Mitglieder des Prüfungsausschusses.

Es ist ratsam, wenn der geprüfte Arzt im Vorfeld der Sitzung des Beschwerdeausschusses Kontakt mit dem Prüfreferenten aufnimmt. Dieser hat die Aufgabe, den Sachverhalt durch Überprüfung des Abrechnungs- und Verordnungsverhaltens und der Patientenstruktur für den Beschwerdeausschuss aufzubereiten. Es ergeben sich allerdings nicht alle für den geprüften Arzt eventuell günstigen Umstände aus den dem Prüfreferenten vorliegenden Unterlagen. Im Rahmen eines Telefongesprächs mit dem Prüfreferenten hat der geprüfte Arzt sodann die Möglichkeit, eventuell auf Seiten des Prüfreferenten bestehende Fragen zu beantworten und möglicherweise auch sein Behandlungs- und Verordnungsverhalten darzustellen. Zugleich kann der geprüfte Arzt vorfühlen, welche Bedenken gegen die eigene Abrechnung der Referent hat und kann darauf im weiteren Verlauf des Verfahrens reagieren.

Der Beschwerdeausschuss entscheidet nach mündlicher Verhandlung. Der Arzt sollte an der Verhandlung teilnehmen und sich dabei anwaltlich vertreten lassen.

Ein besonderes Problem sind vom Beschwerdeausschuss angebotene Vergleiche, die mit Sorgfalt zu prüfen sind. Keinesfalls sollte ein Vergleich vorschnell und ohne anwaltlichen Rat geschlossen werden. Probates Mittel ist der Abschluß eines Vergleiches unter Widerrufsvorbehalt, wodurch sich der Arzt eine Hintertür offen hält.

(3) Klage und Verfahren vor dem Sozialgericht

Sofern auch der Beschwerdeausschuss gegen den Arzt entscheidet, kann der Arzt binnen Monatsfrist Klage beim Sozialgericht erheben.

Das Sozialgericht überprüft die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Prüfungsausschusses. Die Prüfung des Gerichts ist darauf beschränkt, festzustellen, ob das Verfahren vor dem Prüfungsausschuss und dem Beschwerdeausschuss ordnungsgemäß durchgeführt wurde, ob der von den Ausschüssen seiner Entscheidung zu Grunde gelegte Sachverhalt richtig und vollständig war, ob das Ermessen sachgemäß ausgeübt wurde und ob die Entscheidung hinreichend deutlich und begründet war.

Die Klage schiebt die Wirkung des den Arzt belastenden Prüfbescheides (in der Regel eine Regressforderung) nicht auf, d.h. der Arzt muss leisten, erhält das Geleistete bei gerichtlichem Obsiegen aber zurück.

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5. Abrechnungsprüfung

In der Abrechnungsprüfung wird die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der ärztlichen Abrechnungen geprüft (während bei der vorgenannten Wirtschaftlichkeitsprüfung die Erforderlichkeit der Leistungserbringung überprüft wurde). Eine Abrechnung ist gemäß § 106 a SGB V nach folgenden Kriterien zu überprüfen:

a. Plausibilitätsprüfung

Bei der Plausibilitätsprüfung wird festgestellt, ob der Arzt die abgerechneten Leistungen in der regelmäßigen Arbeitszeit überhaupt erbringen konnte oder ob seine Abrechnungen insofern implausibel sind. So ist eine Abrechnung regelmäßig implausibel, wenn der Arzt danach durchschnittlich mehr als 12 Stunden pro Tag (reine Arbeitszeit ohne Pausen) gearbeitet haben will.

Geprüft werden bei der Plausibilitätsprüfung u.a. auch:

die Einhaltung von Zuzahlungsverpflichtungen

die Plausibilität der Zahl der vom Patienten aufgesuchten VertragsärzteBestehen und Umfang der Leistungspflicht (Abrechnung von Karteileichen oder verstorbenen Patienten)die Plausibilität der Leistungen im Vergleich zur angegebenen Diagnose

b. Richtigstellung

Bei der sachlich-rechnerischen Richtigstellung wird geprüft, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM), den Honorarverteilungsschlüsseln sowie den übrigen Abrechnungsbestimmungenübereinstimmen.

So wird insbesondere geprüft, ob die Begründungen für die Leistungserbringungen vorliegen, die abgerechneten Leistungen mit den Abrechnungslegenden der EBM in Einklang stehen oder ob fachfremde Leistungen abgerechnet wurden.

c. Rechtsfolge einer negativen Abrechnungsprüfung

Die unrechtmäßige Abrechnung zieht eine Honorarkürzung nach sich. Daneben werden häufig auch Disziplinarmaßnahmen/Zulassungsentziehungsmaßnahmen wegen Abrechnungsbetruges verhängt. Auch Strafverfahren wegen Betrugsversuchs zu Lasten der KV können - unabhängig von disziplinarrechtlichen Maßnahmen - eingeleitet werden.

In jedem Fall muss der Arzt jederzeit mit einer Überprüfung rechnen, zumal diese mittlerweile verstärkt und flächendeckend durchgeführt werden. Er

sollte einen erhöhten Zeitaufwand für die Rechnungserstellung und die Verteidigung der erstellten Abrechnungen einplanen.

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III. Das Verhältnis zwischen Arzt und Mitarbeitern / Angestellten

1. Einführung

Der niedergelassene Arzt schließt Arbeitsverträge mit angestellten Ärzten und mit Arzthelferinnen und Arzthelfern. Inhalt, Pflichten und rechtliche Grenzen dieser Verträge unterliegen den komplexen Regeln des sog. Arbeitsrechts:

  • den §§ 611 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB),
  • dem Europarecht,
  • dem Grundgesetz,
  • dem Tarifvertrag,
  • den so genannten Betriebsvereinbarungen,
  • der betrieblichen Übung
  • und schließlich den in dem jeweiligen Arbeitsvertrag getroffenen Regeln selbst.

Das Arbeitsrecht ist tendenziell arbeitnehmerfreundlich ausgerichtet.

In Anbetracht der Komplexität des Arbeitsrechts, der langfristigen Bindung, die die Beteiligten im Rahmen eines Arbeitsvertrages eingehen und des geltenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit ist eine anwaltliche Beratung vor Vertragsschluß angeraten.

Die Mitarbeit unselbständiger Ärzte in der freien Arztpraxis ist beschränkt. Grundsätzlich muss der Arzt seine Praxis persönlich ausüben. Die Beschäftigung eines ärztlichen Mitarbeiters setzt die Leitung der Praxis durch einen niedergelassenen Arzt voraus. Die Anstellung eines Arztes (durch den niedergelassenen Arzt als Arbeitgeber) muß der Ärztekammer angezeigt werden und bedarf der Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung.

Der Abschluß eines Arbeitsvertrages vollzieht sich in folgenden Schritten:

2. Kontaktaufnahme und Anbahnung

Der Arzt als Arbeitgeber muss hier die Eignung des Bewerbers/der Bewerberin prüfen. Dabei besteht ein Widerstreit zwischen dem Auskunftsinteresse des Arztes (insbesondere hinsichtlich derjenigen Eigenschaften, die für die Eignung des Bewerbers/der Bewerberin maßgeblich sind) und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Bewerbers/der Bewerberin, der nicht von dem potentiellen Arbeitgeber "ausgeleuchtet" werden will. Die Rechtsprechung trägt diesem Widerstreit Rechnung, indem sie dem potentiellen Arbeitgeber solche Fragen gestattet, die sachlich erforderlich und angemessen sind. Der Bewerber/die Bewerberin muß diese zulässigen Fragen richtig beantworten, sonst verletzt sie ihre Vertragspflichten und berechtigt den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung oder zur Anfechtung des Arbeitsvertrages.

Als zulässige Fragen werden etwa solche nach der beruflichen oder schulischen Ausbildung, der erworbenen Qualifikationen oder des letzten erhaltenen Lohnes angesehen. Zulässig sind grundsätzlich auch Fragen nach der körperlichen und gesundheitlichen Eignung, wenn diese sachlich begründet sind (etwa wegen einer Allergie gegen Desinfektionsmittel). Als unsachlich und unzulässig gilt dagegen grundsätzlich die Frage an eine Bewerberin nach Schwangerschaft oder Heiratsplänen. Die Bewerberin hat in diesen Fällen das grundsätzliche Recht, auf eine unerlaubte Frage zu lügen. Bei dem schwierigen Thema der Schwangerschaft ist im Einzelfall zu prüfen, wann eine Frage danach z.B. wegen zu erwartender Gefahren für das werdende Leben ausnahmsweise doch zulässig ist.

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3. Aushandeln des Arbeitsvertrages

Viel zu häufig geben die Parteien vorschnell und ohne Not die Möglichkeit aus der Hand, den Arbeitsvertrag individuell an die Interessen der Parteien anzupassen. Stattdessen werden mehr oder minder ungeeignete Vorlagen benutzt, die auch nicht der sich häufig ändernden Rechtsprechung im Arbeitsrecht angepaßt sind. Oft werden auch wichtige Absprachen nicht schriftlich festgehalten, was später zu Mißverständnissen, Beweisschwierigkeiten und vermeidbaren Rechtsstreitigkeiten führt.

In einem Arbeitsvertrag sollten daher u.a. geregelt werden:

  • eine Probezeit
  • die Vertragsdauer (Laufzeit)
  • eine Befristung (z.B. zur Erprobung)
  • der genaue Inhalt der Tätigkeit
  • die Zulässigkeit von Nebentätigkeiten (insbesondere bei angestellten Ärzten)
  • die Arbeitszeit
  • der Arbeitsort
  • die Vergütung (tarifvertraglich oder nach Einzelvereinbarung), unter Umständen Gewinnbeteiligungen für angestellte Ärzte
  • Sonderzuwendungen und Lohnfortzahlung
  • Entlohnung bei ärztlichen Urlaubsvertretungen
  • Urlaubsregelungen
  • Kündigungsregelungen (insbesondere Verlängerung ordentlicher Kündigungsfristen)
  • Schriftformklausel für Änderungen des Arbeitsvertrages
  • nachvertragliche Wettbewerbsverbote (insbesondere bei angestellten Ärzten)
  • Vertragsstrafenregelungen für Vertragsverletzungen

4. zwingende rechtliche Grenzen des Arbeitsrechts

Hier sind insbesondere die umfangreichen Mutterschutzvorschriften zu beachten, die nicht vertraglich ausgehebelt werden können. Sie stellen besondere Regeln für die Ausübung der Tätigkeit und den Kündigungsschutz der berufstätigen Mutter auf.

Eine Vielzahl von Regelungen der §§ 611 ff. BGB sind zu Lasten des Arbeitnehmers nicht vertraglich abänderbar. Der Arbeitnehmer genießt auch Kündigungsschutzvorschriften aus den §§ 620 ff. BGB und dem Kündigungsschutzgesetz, die nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgeändert werden können. Das Kündigungsschutzgesetz, das eine "soziale Rechtfertigung" der ordentlichen (fristgebundenen) Kündigung verlangt, gilt nunmehr für Praxen, die mehr als zehn Arbeitnehmer mit jeweils mehr als 30 Wochenarbeitsstunden beschäftigen. Der arbeitgebende Arzt muß hier kalkulieren, ob und wie er diese Grenze unterschreitet, um bei der Kündigung einen höheren Gestaltungsspielraum zu erhalten.

Daneben sind das Bundesurlaubsgesetz und das Lohnfortzahlungsgesetz zu beachten, die einige zwingende Vorschriften enthalten.

Wer eine Praxis erwirbt, tritt nach § 613 a BGB in die bestehenden Arbeitsverträge ein und haftet auch für rückständige Löhne und Gehälter. Hier muß der potentielle Erwerber genau prüfen, welche Arbeitsverträge bestehen, wie lange sie noch bestehen und ob wie sie - insbesondere aus betrieblichen Gründen - gekündigt werden können.

5. Vertragsschluß

Der Vertrag sollte, obgleich er auch mündlich geschlossen werden kann, zu Beweiszwecken auf jeden Fall schriftlich geschlossen werden. Er sollte hinreichend klar und präzise formuliert werden, um Mißverständissen und Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen. Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die sich bietenden arbeitsrechtlichen Gestaltungsspielräume ausnutzen wollen, sollten sie anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen.

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IV. Der Arzt und die Kooperation mit anderen Ärzten

1. Einführung

Die umfassende Veränderung des ärztlichen Berufsbildes zwingt die Ärzte zunehmend, sich in beruflichen Kooperationen mit Kollegen zusammenzuschließen.

Gründe dafür sind:

  • der Trend zum dienstleistenden Arzt, der in Kooperation mit anderen Ärzten spezialisierte Dienstleistungen an eine immer anspruchsvoller werdende Patientenschaft erbringt
  • das Erfordernis der Kosteneinsparung durch gemeinsame Personalnutzung und gemeinsame Anschaffung teurer Praxiseinrichtungen und deren gemeinsame und damit effizientere Nutzung
  • das Erfordernis fortwährender Spezialisierung und damit verbunden die Abkehr vom "Alleskönner" hin zum Zusammenschluß mehrerer Spezialisten
  • Umgehung von Zulassungsbeschränkungen durch Zusammenschlüsse (z.B. das Medizinische Versorgungszentrum MVZ)

Der Arzt kann sich nach seiner Wahl zusammenschließen in:

(1) Organisationsgemeinschaften (loser Verbund zum Zwecke der Kostensenkung unter Beibehaltung der Eigenständigkeit der kooperierenden Ärzte; Erscheinungsformen: Praxisgemeinschaft, Laborgemeinschaft, Apparategemeinschaft)

(2) Berufsausübungsgemeinschaften (enger Verbund zum Zwecke der gemeinsamen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit unter dem Dach einer eigenen Gesellschaft; der Patient begründet eine vertragliche Beziehung zu sämtlichen Ärzten der Gemeinschaftspraxis, so dass deren ärztliche Leistungen austauschbar sind; Erscheinungsform: Gemeinschaftspraxis).

(3) medizinischen Kooperationsgemeinschaften (Zusammenschluß von Ärzten mit Angehörigen anderer Berufsgruppen wie z.B. Physiotherapeuten oder Psychologen)

(4) Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) (fachübergreifende, ärztlich geleitete Einrichtungen, die eine umfassende Versorgung des Patienten aus einer Hand gewährleisten sollen; Erscheinungsformen: z.B. Zusammenschluß eines Krankenhauses mit mehreren fachspezialisierten Vertragsärzten)

2. rechtliche Grenzen der Kooperation

Der Arzt ist bei der beruflichen Ausübung an das ärztliche Berufsrecht und an das Vertragsarztrecht gebunden. Daraus ergeben sich folgende Grenzen der Gestaltung beruflicher Kooperationen:

a) Der zugelassene Vertragsarzt muss eine freiberufliche, d.h. wirtschaftlich selbständige Tätigkeit ausüben.

Eine Kooperation darf daher nicht dazu führen, dass der Arzt seinen freiberuflichen und eigenbestimmten Status verliert. Der beteiligte Arzt muss also ein echter, ein eigenes wirtschaftliches Risiko tragender Gesellschafter sein und darf nicht in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis (vergleichbar einem weisungsgebundenen Arbeitnehmer) abgleiten. Dem ist bei der Gestaltung der Kooperationsverträge in besonderer Weise Rechnung zu tragen.

Dagegen kann ein nicht zugelassener Arzt durchaus als Angestellter tätig sein.

b) Es gilt der Grundsatz der Niederlassung in eigener Praxis.

c) Des weiteren gilt der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung.

d) Es besteht ein allgemeines Verbot der Beteiligung berufsfremder Dritter an der Arztpraxis.

e) Des weiteren besteht eine örtliche Bindung des Arztes an den Praxissitz.

f) Zu beachten ist auch das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt.

g) Des weiteren gibt es einen beschränkten Katalog der erlaubten Gesellschaftsformen bei ärztlichen Kooperationen.

Es besteht also ein numerus Clausus der Gesellschaftsformen: Zulässig sind nur die oben unter (1) - (4) beschriebenen Kooperationsformen. Dabei darf die unter (2) benannte Berufsausübungsgemeinschaft nur als GbR oder Partnerschaftsgesellschaft betrieben werden und auch nur von Ärzten, die ihren Beruf noch aktiv ausüben und die nicht mehr als einer Berufsausübungsgemeinschaft angehören (§§ 22 MBO-Ä und Kapitel D Nr. 8 MBO-Ä). Daneben besteht die Möglichkeit, eine sog. Ärzte-GmbH zu gründen (dazu später mehr).

h) Zu beachten ist auch die Bindung des Arztes an das Vertragsarztrecht.

Insbesondere sind die Grenzen der Zulassung, Anzeigepflichten von Kooperationen, Genehmigungserfordernisse des Zulassungsausschusses zu beachten.

So soll der Arzt z.B. alle Verträge über seine ärztliche Tätigkeit (z.B. einen Praxisgemeinschaftsvertrag) vor ihrem Abschluss der Ärztekammer vorlegen, damit geprüft werden kann, ob der Vertrag die beruflichen Belange wahrt, § 24 MBO-Ä.

Ärzte haben alle Zusammenschlüsse zu Berufsausübungsgemeinschaften oder Organisationsgemeinschaften der Ärztekammer anzuzeigen, § Kap D Nr. 8 Abs. 4 Satz 1 MBO-Ä.

i) Auch gelten gesellschaftsrechtliche Vorgaben:

Dem Gestaltungswillen des Arztes sind durch das Gesellschaftsrecht enge Grenzen gesetzt.

So können Berufsausübungs- und Kooperationsgemeinschaften nur als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (sog. GbR) oder als Partnerschaftsgesellschaft betrieben werden. In der Praxis werden vornehmlich Gesellschaften bürgerlichen Rechts gebildet.

3. Formen der Kooperation im Einzelnen

a) Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Prägend für die GbR ist, dass ihre gesetzlichen Regeln (§§ 705 ff. BGB) weitgehend flexibel sind und den Gesellschaftern viel Spielraum für eigene Gestaltungen lassen. Dadurch kann die GbR punktgenau den verschiedensten Formen von ärztlichen Kooperationen angepaßt werden. Andererseits zeichnet sich die GbR durch die grundsätzlich unbeschränkte und auch nicht beschränkbare Haftung ihrer Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen aus.

Die Gründung der GbR ist formfrei und erfordert nicht mehr, als dass mehrere Ärzte beschließen, künftig eine gemeinsame Praxis zu führen; die Gründung ist nicht an die Eintragung in ein Register gebunden.

Die GbR kann im Geschäftsverkehr als Innengesellschaft auftreten (z.B. bei der Praxisgemeinschaft), d.h. sie tritt gegenüber dem Patienten nicht als solche in Erscheinung. Sie kann aber auch offen als Außengesellschaft auftreten (z.B. bei der Gemeinschaftspraxis, bei der der Patient einen Behandlungsvertrag jeweils mit allen Ärzten der Gemeinschaft schließt).

Die GbR endet durch Kündigung oder durch Tod eines Gesellschafters, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen oder durch Unmöglichwerden des Gesellschaftszweckes.

Die GbR ist nach wie vor die häufigste Form der Kooperation bei Ärzten. Sie zeichnet sich vor allem durch ihre Flexibilität aus. Gegen sie spricht u.a. die unbeschränkte Haftung der Gesellschafter.

b) Partnerschaftsgesellschaft

Die Gründung der Partnerschaftsgesellschaft erfordert - anders als bei der GbR - einen schriftlichen Partnerschaftsvertrag. Die Partnerschaft muß in das sog. Partnerschaftsregister eingetragen werden.

Die Partnerschaft ist nicht so flexibel gestaltbar wie die GbR.

Die Partnerschaft muß - anders als die GbR - offen als solche bezeichnet werden.

Sie bietet aber die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung.

Der Patient begründet ein Rechtsverhältnis zu der Partnerschaft; die Ärzte der Partnerschaft haften aber grundsätzlich auch persönlich (soweit hier keine Haftungsbeschränkung im Partnerschaftsvertrag vereinbart wurde).

Die Partnerschaft endet durch Zeitablauf, durch Auflösungsbeschluß der Partner, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Partners und durch gerichtliche Entscheidung.

Die Partnerschaft ist in der Handhabung unpraktisch, weil in der Praxis viele Formalien und strenge Regeln zu beachten sind.

c) Medizinisches Versorgungszentrum

Gemäß § 95 Abs. 1 SGB V können sich Ärzte in einer fachübergreifenden, ärztlich geleiteten Einrichtung zu einem MVZ zusammen schließen.

d) Job-Sharing

Nach § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V kann ein Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung auch in einem gesperrten Zulassungsbezirk zulassen lassen, wenn er die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem bereits tätigen Vertragsarzt ausübt und sich beide Partner der zu gründenden Gemeinschaftspraxis zu einer Leistungsbegrenzung auf 103 % des Leistungsvolumens des Vorjahrs verpflichten.

Der Job-Sharer (auch Juniorpartner genannt) muss dazu alle Voraussetzungen für eine Vollzulassung im Übrigen erfüllen, also Facharzttitel, Eintragung in das Arztregister und Approbation. Es muss Fachidentität mit dem Seniorpartner vorliegen.

Zuerst muss also eine Gemeinschaftspraxis gegründet werden. Im Rahmen des Gesellschaftsvertrages sollten die Besonderheiten des Job-Sharing Berücksichtigung finden. 

Dann ist das Job-Sharing beim Zulassungsausschuss der KV schriftlich zu beantragen. Der Gesellschaftsvertrag ist vorzulegen. Auf den Internetseiten der regionalen KVen liegen dazu Formulare zum Download bereit. 

Der Job-Sharer ist im Nachbesetzungsverfahren für die Praxis anderen Bewerbern vorzuziehen, § 101 Abs. 3 Satz 4 SGB V.

Wegen der Beschränkung des Leistungsvolumens hat sich das Job-Sharing bisher nicht durchsetzen können.

e) Ärzte-GmbH

Seit einer Entscheidung des BGH von 1993 ist die Ärzte-GmbH zulässig.

Die Ärzte-GmbH ist im Gegensatz zu den vorgenannten Personengesellschaften GbR und Partnerschaft eine Kapitalgesellschaft. Sie hat sich als Gesellschaftsform in der Praxis kaum durchsetzen können.

Die Ärzte-GmbH weist eine Fülle rechtlicher Probleme auf, der nur geringe Vorteile entgegenstehen:

Nachteile:

Einige Bundesländer erklären die Ärzte-GmbH in ihren Heilberufs- und Kammergesetzen für nicht statthaft. Sie ist faktisch nicht zulassungsfähig.

Das Tätigkeitsfeld der Ärzte-GmbH bleibt wegen der fehlenden Niederlassung der GmbH praktisch auf die Behandlung von Privatpatienten beschränkt.

Allerdings erstatten die privaten Krankenversicherungen den Versicherten die Leistungen einer Ärzte-GmbH nicht.

Vorteile:

Die Ärzte-GmbH ist insbesondere für junge Ärztinnen und Ärzte zu erwägen, denen das enorme finanzielle Risiko der Gründung einer eigenen Arztpraxis faktisch nicht mehr zugemutet werden kann. So kann eine Ärzte-GmbH gegründet werden, die die räumlichen, sachlichen und personellen Mittel der Arztpraxis anschafft und dem nach außen hin im eigenen Namen auftretenden Arzt zur Verfügung stellt. Die Ärzte-GmbH bietet Vorteile im Bereich der vertraglichen Haftung gegenüber Lieferanten, Personal und sonstigen Dritten, nicht aber in der Haftung gegenüber dem Patienten. Sie bietet (eingeschränkt) Vorteile im Bereich der ärztlichen Werbung.

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V. Der Arzt und das Mietrecht

1. Einführung

Die Anforderungen, die ein Arzt an einen Mietvertrag hat, sind derart spezifisch, dass von der Verwendung eines allgemeinen Formular-Mietvertrages abzuraten ist. Vielmehr muss der Mietvertrag für eine Arztpraxis, sei es eine Einzelpraxis, eine Praxisgemeinschaft oder eine Gemeinschaftspraxis, an die besonderen Bedürfnisse des jeweiligen Arztes individuell angepasst werden.

Die Gesetzeslage sieht vor, dass ein Mietvertrag über Geschäftsräume - soweit nichts anderes vertraglich vereinbart ist - mit einer Frist von einem halben Jahr gekündigt werden. Dies ist für einen Arzt unzumutbar kurz. Der Gewerbemietvertrag muss eine längere, feste Laufzeit haben, um die Investitionen des Arztes in die Räumlichkeiten zu amortisieren und um Planungssicherheit zu gewähren.

Der Vermieter kann auch grundsätzlich die Miete erhöhen, wenn dies nicht vertraglich anders geregelt oder ausgeschlossen ist. Unvorhergesehene Mieterhöhungen stellen aber ein hohes Risiko für den Arzt dar.

Der Mieter ist grundsätzlich nicht berechtigt, Ein- und Umbauten vorzunehmen (etwa durch das Einziehen neuer Wände oder Veränderung der elektrischen Anlagen).

Die gesetzliche Grundform des Mietvertrages sieht auch keinen Konkurrenzschutz vor, so dass der Vermieter grundsätzlich berechtigt ist, andere Räumlichkeiten im gleichen Gebäude an einen weiteren Arzt zu vermieten, der Ihnen als Mieter dann Konkurrenz macht.

Ein Mietvertrag ist grundsätzlich fest mit einem bestimmten Mieter geschlossen, der dann nicht ohne Zustimmung des Vermieters ausgewechselt werden kann, was bei einem Praxisverkauf äußerst hinderlich ist.

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2. Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten

Der Arzt sollte also von dem Gestaltungsspielraum, den ihm das Mietrecht einräumt, Gebrauch machen:

a. Vertragspartner

Soweit mehrere Ärzte in den Räumlichkeiten tätig werden wollen, können diese gemeinsam als Mieter in den Vertrag aufgenommen werden oder aber es kann auch nur einer der Ärzte als Mietpartei fixiert werden. Denkbar ist auch, dass mehrere Ärzte, die sich zu einer Gesellschaft zusammengeschlossen haben (etwa als Gemeinschaftspraxis), den Vertrag als Gesellschaft unterzeichnen. Die Rechtsfolgen sind weitreichend: Gemeinsame Mieter können nur gemeinsam den Vertrag ändern oder etwa kündigen. Die gemeinsame Unterzeichnung eines Mietvertrages will daher gut überlegt sein.

b. Laufzeit des Mietvertrages

Als feste Laufzeit haben sich Zeiträume zwischen mindestens fünf und in der Regel zehn Jahren bewährt. Der Arzt sollte sich bewußt sein, dass einerseits die Miete zusammen mit den Personalkosten den größten Kostenblock in einer Arztpraxis darstellt und daher eine lange Laufzeit auch eine lange und feste Belastung bedeutet, andererseits eine zu kurze Laufzeit die geschäftliche Existenz einer gut laufenden Arztpraxis gefährden kann. Der Arzt sollte sich also im Einzelfall unter Berücksichtigung aller für ihn maßgeblichen Faktoren anwaltlich beraten lassen, welche Laufzeit für ihn günstig ist.

Des weiteren sind Verlängerungsoptionen zu Gunsten des Mieters sinnvoll.

c. Geeignetheit der Räume

Der Arzt muss bereits vor Vertragsschluß prüfen, ob die Räumlichkeiten für den Betrieb einer Arztpraxis geeignet sind und dies auch bleiben werden. Dies kann er sicherstellen, indem in dem Mietvertrag die Nutzung als Arztpraxis angegeben und die vertragsgemäße Beschaffenheit festgelegt werden. In bestimmten Fällen können baurechtliche Vorschriften der Nutzung der Räume durch einen Arzt entgegenstehen. Auch in diesem Falle können bestimmte vertragliche Gestaltungen helfen, das Risiko baurechtlicher Ordnungsmaßnahmen auf den Vermieter abzuwälzen.

Schließlich sollten die Räumlichkeiten und insbesondere die elektrischen und sanitären Anlagen kritisch dahingehend geprüft werden, ob sie den spezifischen Anforderungen für den Arzt entsprechen. Sollte dies nicht der Fall sein, müssen Regelungen über Umbauten und die Übernahme der daraus entstehenden Kosten in den Mietvertrag aufgenommen werden.

d. Miete und Nebenkosten

Der Arzt sollte vor Vertragsschluß prüfen, ob die vom Vermieter vorgeschlagene Miete angemessen ist. Dazu können die ortsüblichen Vergleichsmieten herangezogen werden.

Wertsicherungsklauseln im Vertrag erlauben es, die Miete an die reelle Preisentwicklung anzupassen. Daneben können auch Staffelmieten vereinbart werden, die eine größere Planungssicherheit bieten, aber andererseits auch zu einer Miete führen können, die über der Vergleichsmiete liegt.

Üblicherweise werden die Nebenkosten auf den Mieter abgewälzt. Hier sind eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten denkbar, von einer Pauschale bis hin zu der Übernahme der Nebenkosten durch den Vermieter. In Anbetracht der steigenden Energiekosten ist den Nebenkosten besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Insbesondere ist zu prüfen, ob die im Mietvertrag angesetzten Nebenkosten auch reell sind um zu verhindern, dass sie nicht tatsächlich viel höher sind, als in der Nebenkostenvorauszahlung angegeben und den Mieter unerwartet belasten.

e. Schönheitsreparaturen und Instandhaltungspflicht

Die eigentlich dem Vermieter obliegenden Pflichten zur Instandhaltung der Mietsache und Erbringung von Schönheitsreparaturen werden regelmäßig vom Vermieter auf den Arzt als Mieter abgewälzt. Der Arzt sollte aber eine summenmäßige Begrenzung der Kosten vertraglich vereinbaren lassen.

f. nachträgliche Veränderungen des Mietvertrages

In der Praxis entsteht häufig das Bedürfnis, den Mietvertrag an veränderte Verhältnisse anzupassen, wie etwa Berufsunfähigkeit, Krankheit, den Eintritt eines neuen Partners in die Arztpraxis oder das Ausscheiden eines Mitmieters. Dazu sollten in den Mietvertrag entsprechende Sonderkündigungsrechte und Öffnungsklauseln eingefügt werden.

Daneben kann vereinbart werden, dass der Mietvertrag auch nach dem Ausscheiden eines Arztes mit dem verbleibenden Arzt fortbesteht. Flankierend sollten dann Haftungsbegrenzungen für den verbleibenden Arzt (für die noch offenen Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis) in den Mietvertrag eingefügt werden.

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VI. Arzthaftpflichtrecht/Arzthaftungsrecht

Ein Arzt haftet dem Patienten in zwei Fällen für nachteilige Folgen aus der ärztlichen Behandlung:

Zum einen haftet er bei einem Aufklärungsfehler und zum anderen bei einem Behandlungsfehler.

Das Arzthaftungsrecht ist eine durch Richterrecht geprägte Sondermaterie, die in sowohl in sachlicher als auch in prozessualer Hinsicht besonderen Regeln unterliegt. Deshalb wird hier von einer vertiefenden Darstellung abgesehen. Nähere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier.

1. Aufklärungsfehler

Klärt der Arzt den Patienten vor einem Eingriff nicht, nicht ausreichend oder zu spät über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken und Folgen auf, so kann der Patient Ersatz des aus der Behandlung entstandenen Schadens verlangen. Denn eine fehlerhafte Aufklärung führt dazu, dass die Einwilligung des Patienten in den Eingriff unwirksam ist, weshalb der Eingriff selbst unrechtmäßig wird.

2. Behandlungsfehler

Verstößt der Arzt bei der Behandlung gegen die allgemeinen Grundsätze der ärztlichen Wissenschaft (Stand der Medizin), so ist er dem Patienten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

3. Vermeidung von Haftungsfällen

Die entscheidende Grund für den Patienten, den Arzt in die Haftung zu nehmen und ihn wegen eines Fehlers zu verklagen, ist der Umstand, dass der Patient mit den ihm überlassenen Informationen bezüglich der Behandlung unzufrieden ist und er frustriert ist, weil er keine überzeugende Erklärung für das Geschehene von dem Arzt erhält.

Zwischen Arzt und Patient sollte daher zur Vermeidung späterer Rechtsstreitigkeiten eine ständige, offene Kommunikation geführt werden über die Behandlung, ihre Risiken und den jeweiligen Behandlungsfortschritt, aber auch über Komplikationen.

Patienten sind erfahrungsgemäß, wenn sie die ärztlichen Probleme bei Diagnostik und Behandlung nachvollziehen können, dann auch oft bereit, dem Arzt einen Fehler zu verzeihen. Macht der Arzt aber, sobald er von dem Patienten mit dessen Zweifeln an der Fehlerfreiheit der Behandlung konfrontiert wird, sogleich "dicht", ist der Rechtsstreit vorprogrammiert.

Entgegen einer weitverbreiteten Ansicht in der Ärzteschaft, ist es dem Arzt keineswegs versicherungsrechtlich verboten, sich beim Vorliegen einesd Verdachts eines Haftungsfalles gegenüber dem Patienten zu dem Behandlungsverlauf zu äußern. Er darf lediglich nicht einen Fehler anerkennen, weil er ansonsten den Schutz seiner Haftpflichtversicherung verliert.

Da der Arzt versicherungsrechtlich verpflichtet ist, den Vorwurf eines Behandlungsfehlers sofort an die Haftpflichtversicherung zu melden, verbleibt nur ein kleines Zeitfenster für Gespräche zwischen Arzt und Patient. Die Haftpflichtversicherung übernimmt sodann die Führung des Verfahrens und beauftragt in der Regel Anwälte damit, das Begehren des Patienten um jeden Preis niederzukämpfen. Dieses Zeitfenster sollte daher zur Vermeidung langwieriger und alle Beteiligten belastender Rechtsstreitigkeiten genutzt werden.

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VII. Der Arzt und das Disziplinarrecht/Zulassungsentziehung

1. Das Disziplinarrecht

Das Disziplinarrecht hat die Aufgabe, die vertragsärztliche Versorgung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben in Gegenwart und Zukunft sicherzustellen und die Funktionsfähigkeit dieses Sondersystems zu schützen. Es soll also die Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung zu sichern und Störungen, die durch eine Verletzung vertragsärztlicher Pflichten eingetreten sind, begegnen. Das Disziplinarrecht soll also nicht strafen, sondern präventiv Verstöße verhindern.

Kern des materiellen Disziplinarrechts ist die Vorschrift des § 81 Abs. 5 SGB V (Sozialgesetzbuch 5) in Verbindung mit den auf Grundlage dieser Vorschrift erlassenen Satzungsbestimmungen bzw. Disziplinarordnungen. Der Ablauf des Disziplinarverfahrens ist in SGB X geregelt. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz.

Die Einhaltung der vertragsärztlichen Pflichten wird überwacht und gegebenenfalls geahndet durch die Kassenärztliche Vereinigung, die dafür Disziplinarausschüsse bildet.

a. Einleitung eines Disziplinarverfahrens

Ein Disziplinarverfahren wird eingeleitet, wenn der Verdacht eines schuldhaften Verstoßes gegen spezifisch vertragsärztliche Pflichten besteht. Die insoweit maßgeblichen Pflichten des Arztes ergeben sich u.a. aus

  • dem Satzungsrecht der KVen
  • §§ 72 ff. SGB V (insbesondere Behandlungs- und Dokumentationspflichten eines Vertragsarztes)
  • den Bundesmantelverträgen
  • den Gesamtverträgen auf Landesebene
  • den Richtlinien der Bundesausschüsse für Ärzte und Krankenkassen.

Verstöße des Arztes, die zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens fuhren können sind beispielsweise:

  • eine grundlose bzw. nicht sachgerechte Ablehnung von Patienten (eine drohende Überschreitung einer Budgetgrenze berechtigt nicht zur Ablehnung)
  • Verweigerung der Teilnahme am Notfalldienst
  • vorsätzliche oder fahrlässige Abrechnungsfehler
  • implausible Honorarabrechnungen
  • andauernde Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (von einer „dauernden" Unwirtschaftlichkeit spricht man bereits bei Unwirtschaftlichkeit über mindestens vier Quartale)
  • das Ausstellen falscher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
  • Verstöße gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung, oder die Präsenzpflicht
  • das Drängen eines Patienten zu einer Behandlung gegen Kostenerstattung.

Das für einen Disziplinarverstoß erforderliche schuldhafte Verhalten setzt voraus, dass der Vertragsarzt vorsätzlich oder zumindest durch ein fahrlässiges Handeln oder Unterlassen gegen seine Pflichten verstoßen hat. Der Grad der Schuld ist vor allem für die Auswahl und der Höhe bzw. der Dauer einer eventuell auszusprechenden Disziplinarmaßnahme von Bedeutung.

b. Ablauf des Disziplinarverfahrens

Ein Disziplinarverfahrens verläuft nach folgendem Schema (wobei es entsprechend den jeweiligen Disziplinarordnungen kleinere Abweichungen geben können):

(1) Antrag

Eingeleitet wird ein Disziplinarverfahren in der Regel durch einen förmlichen Antrag der KV. Zuvor muss der KV eine vorwerfbare Pflichtverletzung bekannt geworden sein, z.B. durch eine offene oder anonyme Anzeige eines vertragsärztlichen Kollegen, eine Weitergabe von Informationen durch KV, Abrechnungsprüfungsausschüsse oder die Krankenkassen oder durch die "Anzeige" eines unzufriedenen Patienten. In dem Antrag wird kurz der Sachverhalt geschildert, aus dem der Vorwurf abgeleitet wird. Hierbei müssen die angeblich verletzten vertragsärztlichen Pflichten genannt und die einschlägigen Vorschriften bezeichnet werden. Der Antrag ist nur zulässig, wenn er die Vergehen hinreichend präzisiert.

Der Vertragsarzt ist berechtigt, selbst beim Vorstand der KV die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich zu beantragen. Dadurch kann er aktiv eine Aufklärung der Sache vorantreiben und einer Rufschädigung durch offen oder verdeckt vorgetragene Vorwürfe entgegenwirken.

Der Vertragsarzt kann in jeder Lage des Verfahrens einen Beistand hinzuziehen. Dies kann ein Rechtsanwalt aber auch ein Kollege sein. In der Regel empfiehlt es sich, nach Einsichtnahme in die Disziplinarakte eingehend zu den Vorwürfen schriftlich Stellung zu nehmen. Der betroffene Arzt sollte hier unbedingt anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen.

(2) Prüfungsverfahren

Das weitere Verfahren ist in den einzelnen Verfahrensordnungen nicht einheitlich geregelt. Einige Satzungen sehen ein besonderes Vorermittlungsverfahren vor. In diesem Fall muss der Ausschuss auch entlastende Umstände ermitteln.

Der betroffene Arzt ist zwingend zu den Vorwürfen, die konkret benannt werden müssen, anzuhören. Er kann sich dazu mündlich oder schriftlich äußern. Eine (auch) schriftliche Äußerung ist bereits aus Gründen des eventuell erforderlichen Rechtsmittelverfahrens und der Beweisbarkeit anzuraten.

Der Disziplinarausschuss kann auf Ergebnisse anderer Stellen (z.B. Strafgerichte) zurückgreifen.

Im Übrigen hat der Disziplinarausschuss die erforderlichen Beweise zu erheben. Zu den Beweiserhebungen sind sind der betroffene Vertragsarzt und sein Beistand grundsätzlich zu laden. Sie dürfen den Zeugen oder Sachverständigen Fragen stellen und können eigene Beweisanträge stellen. Diesen Anträgen ist stattzugeben, soweit sie für die Tat- und Schuldfrage oder die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein können.

(3) Eröffnungsbeschluss

Sofern der Disziplinarausschuss feststellt, dass die Anträge auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens unbegründet oder aber unzulässig sind, wird der Antrag zurückgewiesen. Wenn demgegenüber der Sachverhalt genügend geklärt ist und sich daraus ein begründeter Verdacht gegen den Vertragsarzt ergibt, dann wird das Disziplinarverfahren gegen ihn formal durch Beschluss eröffnet. Aus dem Eröffnungsbeschluss muss hervorgehen, welche Pflichtverletzungen dem Vertragsarzt zur Last gelegt werden. Dabei muss deutlich werden, auf welche angeblichen Tatsachen sich der Vorwurf gründet und welche Bestimmungen durch das gerügte Verhalten verletzt worden sein sollen.

Der Eröffnungsbeschluss ist dem Vertragsarzt bekannt zu machen und er ist - zusammen mit Zeugen und Sachverständigen - zur anschließenden Hauptverhandlung zu laden (Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen).

(4) Hauptverhandlung

In der Hauptverhandlung kann der Arzt zu den Vorwürfen Stellung nehmen und Entlastungszeugen vorbringen oder entlastende Unterlagen vorlegen. Der Vertragsarzt und sein Beistand haben auch hier in jedem Stadium der Hauptverhandlung die Möglichkeit, ergänzende Beweisanträge zu stellen.

Nach Abschluss der Beweisaufnahme werden jeweils die Vertreter des Vorstandes der KV, der Arzt und sein Verteidiger gehört und können dort eine abschließende Stellungnahme abgeben (Plädoyer). Nachdem der Arzt das letzte Wort hatte, wird die Verhandlung geschlossen.

(5) Entscheidungsmöglichkeiten

Aufgrund des Ergebnisses der Hauptverhandlung entscheidet der Disziplinarausschuss mit der Mehrheit seiner Stimmen durch Beschluss und in geheimer Beratung aufgrund der im gesamten Verfahren gewonnenen Erkenntnisse, ob die dem Arzt zur Last gelegten Pflichtverletzungen erwiesen sind.

Ein Freispruch erfolgt, wenn in den Augen des Disziplinarausschusses eine Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten nicht vorliegt bzw. nicht erwiesen ist. Eine Einstellung des Verfahrens kommt demgegenüber in Betracht, wenn der Disziplinarausschuss zwar davon überzeugt ist, dass eine Verletzung vertragsärztlicher Pflichten vorliegt, das Ausmaß der objektiven Pflichtverletzung oder das Verschulden des Vertragsarztes sehr geringfügig (z. B. weil der Pflichtverstoß für den Arzt nur schwer erkennbar war) und die Folgen unbedeutend sind oder eine Wiedergutmachung des Arztes erfolgt ist.

Scheiden Freispruch und Einstellung aus, so verhängt der Disziplinarausschuss gemäß § 81 Abs. 5 SGB V eine von vier Disziplinarmaßnahmen. Diese stehen in einem Stufenverhältnis:

1. Stufe: Verwarnung

Die Verwarnung ist die mildeste Maßnahme und wird nur bei sehr geringfügigen Pflichtverletzungen ausgesprochen. Die praktische Bedeutung des Verwarnung ist gering, da in den entsprechenden Konstellationen vielfach eine Einstellung des Verfahrens erfolgt.

2. Stufe: Verweis

Ein Verweis kommt im Wesentlichen bei erstmaligen und leichteren Pflichtverletzungen zum Tragen, wenn davon auszugehen ist, dass der Vertragsarzt den erkannten Pflichtverstoß zukünftig nicht wiederholen wird.

3. Stufe: Geldbuße

Die größte praktische Bedeutung kommt der Geldbuße zu. Sie darf - auch nach der Reform durch das GMG - gemäß § 81 Abs. 5 SGB V höchstens 10.000,00 EUR betragen. Typische Anwendungsfälle sind etwa der dauernde Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder eine unsorgfältige Überwachung des Personals, die keine gravierenden Konsequenzen nach sich gezogen hat. Die KV kann die Geldbuße mit Honorarforderungen des Arztes verrechnen!

4. Stufe: Anordnung des Ruhens der Zulassung bzw. vertragsärztlichen Beteiligung

Diese Maßnahme kommt nur dann in Betracht, wenn eine sehr schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn gewichtige Interessen des Patienten vom Vertragsarzt in vorwerfbarer Weise ignoriert werden (z. B. Behandlungsverweigerung). Auch eine fahrlässige Falschabrechnung fällt in der Regel hierunter.

(6) Rechtmäßigkeit der Disziplinarentscheidung

Voraussetzungen für eine rechtmäßige Disziplinarentscheidung sind:

(aa) In formeller Hinsicht ist insbesondere zu beachten, dass ein Disziplinarbescheid einer schriftlichen Begründung bedarf. Aus der Begründung muss hervorgehen, welche tatsächlichen und rechtlichen Aspekte für die von ihm getroffene Entscheidung maßgeblich gewesen sind. Hierzu gehört, dass der Ausschuss sich mit den zentralen Verteidigungsargumenten des Arztes auch tatsächlich auseinandersetzt. Da es sich bei der Disziplinarentscheidung um eine Ermessensentscheidung handelt, muss zudem deutlich werden, welche Gesichtspunkte für die Ausübung des Ermessens leitend gewesen sind.

Jedoch führt nicht jeder formelle Mangel wie z. B. eine fehlerhafte Begründung oder eine unterbliebene Anhörung dazu, dass eine Disziplinarmaßnahme endgültig rechtswidrig ist und mit Erfolg angegriffen werden kann. Grundsätzlich besteht bei einer Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften die Möglichkeit einer Heilung bis zum Beginn eines gerichtlichen Verfahrens. Der Ausschuss kann also z.B. Gründe "nachschieben".

(bb) In materieller Hinsicht ist zu prüfen, ob die Entscheidung inhaltliche Mängel aufweist. Diese nicht heilbaren Mängel führen dazu, dass die Entscheidung rechtswidrig ist. Hier ist zuerst zu prüfen, ob überhaupt eine schuldhafte Pflichtverletzung gegeben ist. Zentraler Punkt ist hier dann die Frage, ob der Ausschuss das Ermessen bei der Verhängung der Disziplinarmaßnahme ordnungsgemäß ausgeübt hat. Zwar ist die Ausübung des Ermessens gerichtlich nur in beschränktem Umfang überprüfbar. Trotzdem ist die sachgemäße Ermessensausübung zu prüfen, weil in der Praxis eine Vielzahl von Fehlern bei der Ermessensentscheidung auftreten.

Drei Arten von Fehlern sind hier zu unterscheiden: Die Ermessensüberschreitung, die Ermessensunterschreitung und der Fehlgebrauch des Ermessens.

- Eine Ermessensüberschreitung ist gegeben, wenn der Ausschuss eine Maßnahme verhängt hat, die außerhalb des gesetzlich vorgesehenen Rahmens liegt. Von zentraler Bedeutung für den Vertragsarzt ist hier die Frage, ob die Entscheidung das Verhältnismäßigkeitsprinzip beachtet hat. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip wirkt in drei Richtungen:

Erstens dürfen nur solche Sanktionen verhängt werden, die dem Zweck des Disziplinarverfahrens dienen, eine ordnungsgemäße vertragsärztliche Versorgung künftig sicherzustellen. Ist die Disziplinarmaßnahme hierzu aber nicht geeignet (etwa weil sich der betroffene Arzt mittlerweile zur Ruhe gesetzt hat), so ist sie rechtswidrig.

Zum Zweiten darf der Disziplinarausschuss keine schwerere Sanktion verhängen, als sie zum Erreichen des genannten Zwecks nötig ist (so kann z.B. eine Geldbuße ausreichen, um einen Vertragsarzt wieder zur Raison zu bringen, so dass ein Ruhen der Zulassung nicht nötig ist).

Drittens muss die Maßnahme bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände (einschließlich früherer Verfehlungen, Verhalten nach der Tat, Kooperation mit dem Ausschuss, Einkommensverhältnisse) in einem angemessenen Verhältnis zum Ausmaß der Pflichtverletzung und der Schwere der Schuld stehen. Daher ist z. B. eine Anordnung des Ruhens der Zulassung nur dann verhältnismäßig, wenn ein besonders gravierender schuldhafter Pflichtverstoß des Vertragsarztes vorliegt.

- Eine Ermessensunterschreitung ist gegeben, wenn der Disziplinarausschuss gar nicht die ihm offenstehende Palette der Entscheidungsmöglichkeiten durchdacht hat (z.B. der Ausschuss verkennt, dass er den Arzt hatte verwarnen können und wählt sogleich den für den Arzt einschneidenderen Verweis).

- Die dritte und praktisch bedeutsamste Art des Ermessensfehlers ist der Ermessensfehlgebrauch. Diese Fallgruppe erfasst vor allem die Fälle, in denen der Disziplinarausschuss seiner Entscheidung einen falschen oder unvollständigen Sachverhalt zu Grunde gelegt hat oder wenn sachfremde, nicht dem Schutz der vertragsärztlichen Versorgung dienende Motive für die Entscheidung eine Rolle gespielt haben.

Die Ermessensausübung des Ausschusses ist also begrenzt durch die vorgenannten Regeln. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Ausschüsse oftmals Ermessensfehler unterlaufen. Im Zweifel ist daher eine rechtliche Prüfung und nötigenfalls ein Vorgehen gegen den Bescheid angeraten.

c. Rechtsschutzmöglichkeiten

Der betroffene Arzt kann binnen Monatsfrist unmittelbar Anfechtungsklage gegen den ihn belastenden Disziplinarentscheid einlegen beim Sozialgericht. Ein behördliches Widerspruchsverfahren ist vor Klageerhebung nicht erforderlich. Die Klage hat aufschiebende Wirkung. Sie ist gegen die KV selbst gerichtet.

Das Sozialgericht prüft, ob die getroffene Disziplinarentscheidung rechtwidrig oder rechtmäßig ist. Maßgebend ist dabei, ob der klagende Vertragsarzt

tatsächlich die ihm vorgeworfene Verfehlung in schuldhafter Weise begangen hat. Weiter prüft das Gericht, ob der Ausschuss sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat. Liegen Ermessenfehler vor, hebt das Gericht die Entscheidung auf und schickt den Fall zur erneuten Prüfung des Ausschusses an diesen zurück.

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2. Die Entziehung der Zulassung

Ein weiteres Mittel, vertragsbrüchige Ärzte zu sanktionieren ist die Entziehung der Zulassung. Allein die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung erlaubt es dem Vertragsarzt, an der vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlich versicherten Patienten teilzunehmen. Aufgrund des sehr hohen Anteil gesetzlich versicherter Patienten ist es einem Arzt daher ohne eine vertragsärztliche Zulassung in der Regel unmöglich, eine wirtschaftlich erfolgreiche Arztpraxis zu betreiben. Die Entziehung hat also oft das wirtschaftliche Aus des Arztes zur Folge und ist daher weitaus schmerzhafter für den Arzt als eine Disziplinarmaßnahme.

Die Zulassungsentziehung hat zum Ziel, einen Arzt wegen schwerwiegender Verstöße aus der vertragsärztlichen Versorgung auszuschließen. Die Entziehung schützt die vertragsärztliche Versorgung und ist ein Mittel zur Gefahrenabwehr. Auf ein Verschulden des Arztes kommt es - im Unterschied zum Disziplinarverfahren - prinzipiell nicht an. Das Verschulden ist nur insofern bedeutsam, als aus dem Grad des Verschuldens (einfache Fahrlässigkeit, grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz oder gar Absicht) Rückschlüsse auf die Eignung des Arztes zur weiteren Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gezogen werden können.

Das Verfahren der Zulassungsentziehung ist eigenständig und nicht von Beurteilungen in anderen Verfahren (z.B. Straf- oder Disziplinarverfahren) unmittelbar abhängig. Denn im Unterschied zum Strafverfahren dient es ausschließlich der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Versorgung und nicht der Sanktion. Im Zulassungsverfahren wird unabhängig vom Fortgang und dem Ergebnis anderer Verfahren (z.B. Entziehung der Approbation) entschieden.

Eine Zulassungsentziehung darf nur erfolgen, wenn sie verhältnismäßig ist, d.h. wenn sie erforderlich, geeignet und angemessen ist, die vertragsärztliche Versorgung zu schützen. Dabei ist besonderes Augenmerk auf die Frage zu lenken, ob möglicherweise ein Disziplinarverfahren ausreicht, um den Vertragsarzt zu einem künftigen ordnungsgemäßen Verhalten zu veranlassen und die zerrüttete Vertrauensbasis zwischen der KV, den Krankenkassen und dem Arzt wieder herzustellen. Zwar ist ein Disziplinarverfahren nicht notwendig einer Zulassungsentziehung vorzuschalten. Eine Entziehung ohne vorherige mildere Sanktionen (wie etwa einer Disziplinarmaßnahme) kann aber die Zulassungsentziehung unverhältnismäßig und daher unwirksam machen. Hinsichtlich der Einzelheiten zur ordnungsgemäßen Ermessenausübung wird auf die obigen Ausführungen zum Disziplinarrecht verwiesen.

Medizinische Versorgungszentren "haften" für die Vertragsverletzungen ihrer angestellten Ärzte. So kann dem MVZ durchaus die Zulassung wegen Pflichtverletzungen der dort tätigen Ärzte entzogen werden.

a. Voraussetzungen der Entziehung der Zulassung

Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt, § 95 Abs. 6 SGB V.

(1) Gröbliche Pflichtverletzung

In der Praxis am häufigsten ist die gröbliche Pflichtverletzung. Maßgeblich ist, ob die gröbliche Pflichtverletzung darauf schließen lässt, dass der betreffende Arzt nicht zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit geeignet ist. Dies ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn durch die Art und Schwere des begangenen Verstoßes das Vertrauensverhältnis zwischen dem Arzt, der KV und den Krankenkassen derart gestört ist, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint.

Ein strafbares Verhalten ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer gröblichen Pflichtverletzung.

Als gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten kommen insbesondere in Betracht:

  • Abrechnungsmanipulationen (z.B. Abrechnung nicht erbrachter Leistungen, die Abrechnung von Gebührentatbeständen, deren Leistungsinhalt nicht
  • vollständig erfüllt ist, Fehlen der zum Leistungsinhalt gehörenden Dokumentation)
  • Verstöße gegen das Verbot der persönlichen Leistungserbringung
  • fortgesetzte Verstöße gegen administrative Pflichten
  • fortgesetzte Verstöße gegen das Gebot zur wirtschaftlichen Behandlungs- und Verordnungsweise
  • Verlangen privater Zuzahlungen
  • Ständiges Überlassen ärztlicher Behandlungsmaßnahmen an Hilfspersonal
  • Nichterbringung des Fortbildungsnachweises
  • Ausstellung von Blankorezepten

(2) Nichtaufnahme oder fehlende Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit (§§ 32, 19 Ärzte-Zulassungsverordnung)

Übt der Arzt auf Dauer seine ärztliche Tätigkeit nicht aus, ist ihm die Zulassung zu entziehen. Denn die Zulassung bringt dem Arzt nicht nur Rechte, sondern auch die Pflicht, ärztlich tätig zu sein.

Der Arzt, der seine Tätigkeit z.B. wegen Fortbildung, Krankheit oder Verlegung der Praxisräume zeitweilig nicht ausüben kann, sollte - soweit er keinen Vertreter bestellen kann - ein Ruhen der Zulassung beantragen, die bis zu einer Zeit von maximal zwei Jahren gewährt werden kann. Das Ruhen ist in solchen Fällen erforderlich, um eine Entziehung der Zulassung wegen fehlender Ausübung der Tätigkeit zu verhindern.

(3) Tätigkeit trotz Entziehung der Approbation (§ 18 Ärzte-Zulassungsverordnung)

Da Approbation und Zulassung miteinander rechtlich verknüpft sind, führt der bestandskräftige oder sofort vollziehbare Entzug der Approbation sogleich zum Verlust der Zulassung.

b. Ablauf eines Entziehungsverfahrens und Entscheidung

Dem betroffenen Arzt ist der Vorwurf zu eröffnen. Er kann sich sowohl schriftlich als auch in der zwingend erforderlichen mündlichen Verhandlung zu den Vorwürfen einlassen.

Zuständig ist der Zulassungsausschuss ist für die Entziehung der Zulassung.

Anders als das Disziplinarverfahren kann das Verfahren auf Zulassungsentziehung nicht nur auf Antrag der KV, eines Landesverbandes der Krankenkassen oder Ersatzkassenverbandes, sondern auch von Amts wegen durch den Zulassungsausschuss eingeleitet werden. Im Übrigen bestehen starke Ähnlichkeiten zum Disziplinarverfahren. Insbesondere gilt auch im Entziehungsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Die Beweiserhebung ist nicht an ein förmliches Verfahren gebunden. Der betroffene Arzt hat ein Akteneinsichtsrecht.

Der Zulassungsausschuss entscheidet durch einen Verwaltungsakt. Er muss seinen Beschluss schriftlich begründen. Entscheidet sich der Zulassungsausschuss für eine Entziehung der Zulassung, so muss aus dem Beschluss deutlich hervorgehen, welche Gründe den Ausschuss im Einzelnen dazu bewogen haben, die Zulassung zu entziehen. Pauschale Ausführungen und Textbausteine sind dabei nicht ausreichend, vielmehr bedarf es einer konkreten und auf den Einzelfall ausgerichteten Darlegung der Gründe für die Entziehung.

c. Gegenmaßnahmen und Rechtsschutzmöglichkeiten

Der von einem Zulassungsentziehungsverfahren betroffene Vertragsarzt kann in Ausnahmefällen aktiv durch ein Wohlverhalten Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens nehmen, wenn es sich um ein lang dauerndes Verfahren handelt. Dies kann geschehen, indem der betroffene Arzt ernst zu nehmende Anstrengungen unternimmt, um seinen Teil zur Wiederherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung beizutragen (zügige Wiedergutmachung eines Schadens, uneigennützige Mithilfe bei der Aufklärung des Sachverhalts nach der Entdeckung von Verdachtsmomenten, nunmehr tadellose Erfüllung der beruflichen und vertragsärztlichen Pflichten). Ein bloß taktisches Wohlverhalten des Arztes während des laufenden Entziehungsverfahrens hilft dem Arzt dagegen nicht.

Der Arzt kann - und sollte in der Regel - gegen eine ihn belastende Entscheidung Widerspruch beim Zulassungsausschuss einlegen. Der Widerspruch ist - im Gegensatz zum Disziplinarverfahren - erforderlich, wenn der Arzt schließlich gegen den Entziehungsbeschluss vor Gericht klagen will. Der gebührenpflichtige Widerspruch ist zu begründen. Der Widerspruch des Vertragsarztes hat aufschiebende Wirkung. Über ihn entscheidet der sog. Berufungsausschuss. Das bedeutet, dass die Entscheidung bis zum Abschluss des Verfahrens keine Wirkung entfaltet. Allerdings kann die aufschiebende Wirkung kann unter engen Voraussetzungen vom Berufungsausschuss ausgeschlossen werden (etwa wegen eines besonderen öffentlichen Interesses).

Gegen die Ablehnung des Widerspruchs kann der Arzt im Wege des Einstweiligen Rechtsschutzes Klage beim Sozialgericht einlegen. Ist die sofortige Vollziehung der Entziehung nicht angeordnet worden, hat diese Klageerhebung wieder aufschiebende Wirkung, so dass der Arzt seine Tätigkeit zumindest bis zum Abschluß des gerichtlichen Verfahrens fortsetzen kann.

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VIII. Grundfragen des Praxisverkaufs und -erwerbs

1. Einführung

Die ärztliche Tätigkeit beginnt entweder durch Gründung einer eigenen Praxis oder - häufiger - durch Erwerb einer bereits bestehenden Praxis. Da das wirtschaftliche Risiko einer Neugründung sehr hoch ist, erfreut sich der Praxiskauf steigender Beliebtheit. Der Praxiserwerb ist aber gesetzlich reglementiert, d.h. er ist in bestimmen Teilen der freien Disposition von Käufer und Verkäufer entzogen. Darüber hinaus muß der Erwerber sorgsam prüfen, welchen Wert die die zu erwerbende Praxis besitzt und er muß durch bestimmte vertragliche Gestaltungen sicher stellen, dass seine Rechte gewahrt werden.

2. Gegenstand der Praxisveräußerung

Verkauft wird bei einer Praxisveräußerung ein Bündel von Gegenständen und Rechten:

a. materielle Praxiseinrichtung

Dazu gehört zuersteinmal die Praxiseinrichtung, also die "Hardware" der ärztlichen Tätigkeit, wie etwa Praxismobiliar, Untersuchungsgeräte und laufende Verträge (z.B. Mietverträge).

b. ideeller Praxiswert (goodwill)

Der Goodwill ist das Vertrauensverhältnis, das der Arzt im Laufe seiner Tätigkeit zu seinem Patientenstamm aufgebaut hat. Der Erwerber hofft, diesen Goodwill auf sich überleiten zu können, d.h. alle oder zumindest einen wesentlichen Teil dieser Patienten weiter zu betreuen. Er ist theoretisch zu ermitteln, indem man von dem Marktwert der Praxis den Preis der Praxiseinrichtung und weiterer "Hardware" abzieht. Praktisch gesehen ist die Ermittlung des goodwill schwierig. Näheres dazu finden Sie unten unter b. (3) (b).

c. Vertragsarztsitz

Im zulassungsbeschränkten Bereich ist ein wesentlicher Bestandteil des Praxisverkaufs der Erwerb der Zulassung, d.h. des sog. Vertragsarztsitzes. Der Vertragsarztsitz ist eine örtlich gebundene Planstelle, an der ein bestimmter Arzt vertragsärztlich tätig werden darf.

3. Inhalt des Praxiskaufvertrages

In dem Vertrag sollten u.a. Regelungen getroffen werden über:

  • die genaue Bezeichnung/Konkretisierung der Praxis bzw. des Kaufgegenstandes und seiner Eigenschaften (insbes. durch Erstellung eines
  • Inventarverzeichnisses)
  • die Festlegung des Kaufpreises (unterteilt in ideellen und materiellen Wert)
  • die im Rahmen der Kaufpreisermittlung abgegebenen Erklärungen des Verkäufers (z.B. Aussage über Kosten und Umsätze)
  • die Fälligkeit und Sicherung des Kaufpreises (ggf. auch Ratenzahlungsvereinbarungen)
  • Modalitäten der Übergabe der Patientenkartei (insbes. Zustimmung der Patienten unter Beachtung der "Münchener Empfehlungen")
  • das Schicksal der Praxismietvertrages/Abschluss eines neuen Mietvertrages
  • Übergang von Arbeitsverhältnissen des ärztlichen Personals gemäß § 613 A BGB (insbes. schriftliche Erfassung des Ist-Bestandes an Arbeitnehmern)
  • das Schicksal anderer laufender Verträge (etwa Leasingverträge oder Wartungsverträge)
  • Zustimmung des Ehegatten des Praxisveräußrerers Übergabe der Praxis und Gefahrübergang
  • Konkurrentenschutz
  • ggf. Ausschluß von Gewährleistungsrechten insbesondere für gebrauchte Gerätschaften

Die einzelnen Regelungen gereichen, je nach Ausgestaltung, dem Veräußerer oder dem Erwerber zum Vorteil. Es besteht eine weitreichende Gestaltungsfreiheit.

4. Ablauf des Praxisverkaufs

Der Praxisverkauf untergliedert sich in einen öffentlichen Teil (das Nachbesetzungsverfahren) und in einen privaten Teil (die privatrechtliche Praxisübertragung), wobei es zeitliche Überschneidungen gibt.

a. Nachbesetzungsverfahren

Der Ablauf des Nachbesetzungsverfahrens ist in § 103 Absatz 4 und 5 SGB V geregelt. Danach entscheidet im zulassungsbeschränkten Bereich der Zulassungsausschuß über die Vergabe der Praxis an einen bestimmten Erwerber.

Eine Nachbesetzung erfordert dabei, dass die Zulassung eines Vertragsarztes durch Erreichen der Altersgrenze, Verzicht, Tod oder Entziehung endet und die Arztpraxis durch einen Erwerber fortgeführt werden soll.

(1) Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes

Das Verfahren wird durch durch einen Antrag des Vertragsarztes (Praxisinhabers) auf Ausschreibung seines Sitzes durch die KV eingeleitet. Beachten Sie: Nimmt der Vertragsarzt sein Ausschreibungsrecht bei Beendigung der Praxis nicht wahr, so kann der Vertragsarztsitz spätestens nach sechs Monaten verfallen.

Die KV schreibt den Vertragsarztsitz in ihren amtlichen Bekanntmachungen aus und sammelt die bei ihr innerhalb der Bewerbungsfrist eingehenden Bewerbungen. Diese legt sie dann dem Zulassungsausschuß vor.

(2) Verzicht des Praxisverkäufers auf Zulassung

Voraussetzung für eine wirksame Nachbesetzung ist der Verzicht des Praxisinhabers auf seine Zulassung. Problematisch ist dabei, dass die Verzichtserklärung unwiderruflich und grundsätzlich bedingungsfeindlich ist, so dass der Veräußerer Gefahr läuft, seine Zulassung zu verlieren, ohne dass sichergestellt ist, dass der Erwerber sie erhält. So kann es passieren, dass der Kaufvertrag mit dem Erwerber nicht zu Stande kommt und der Veräußerer sich auch nicht mit einem anderen Erwerber einigen kann; er verliert dann in Folge des Verzichts seine Zulassung und kann schließlich die der Zulassung entkleidete Praxis überhaupt nicht mehr verkaufen.

Der Veräußerer hat hier aber auch die Möglichkeit, eine individuell an die unterschiedlichen Verwaltungspraktiken der KVen angepaßte Verzichtserklärung abzugeben, um so das Risiko des ersatzlosen Zulassungsverlusts gering zu halten. Gleichzeitig kann er sich durch bestimmte Gestaltungen in dem mit dem Erwerber geschlossenen Kaufvertrag gegen diese Risiken absichern. Ich berate Sie gerne in diesen Fragen.

Besonderheiten ergeben sich, wenn ein Mitglied einer Gemeinschaftspraxis seinen Vertragsarztsitz veräußert. In diesen Fällen sollte sich der Erwerber frühzeitig erkundigen, welcher der Ärzte in der Gemeinschaftspraxis den Praxissitz zur Ausschreibung angemeldet hat. Wenn nun der Erwerber mit dem verbleibenden Arzt aus der ehemaligen Gemeinschaftspraxis keine neue Gemeinschaftspraxis bildet, so zerfällt die ehemalige Gemeinschaftspraxis in zwei Praxissitze, woraus sich zulassungsrechtliche Probleme ergeben.

(3) Auswahlentscheidung des Zulassungsauschusses

Der Zulassungsausschuss entscheidet auf Grund der Kriterien des § 103 Absatz 4 und 5 SBG V nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen. Maßgeblich sind

  • die berufliche Eignung des Bewerbers,
  • das Approbationsalter,
  • die Dauer der bereits ausgeübten ärztlichen Tätigkeit,
  • ob der Erwerber Kind oder Ehegatte des Veräußerers ist,
  • ob er bei dem Veräußerer angestellt war,
  • ob er Partner der Gemeinschaftspraxis war,
  • und schließlich die Dauer der Eintragung in die Warteliste.

Die einzelnen Merkmale sind gleichwertig. Auch weitere Kriterien können berücksichtigt werden, wie etwa Vertretertätigkeiten des Erwerbers für den Veräußerer oder unter Umständen fachliche Zusatzqualifikationen.

Schließlich prüft der Zulassungsausschuss, ob der Kaufpreis den Verkehrswert der Praxis nicht überschreitet, aber auch nicht unterschreitet. Eine Überschreitung ist nicht zulässig, da andernfalls der Praxisabgeber aus der durch die Zulassungsbeschränkung resultierenden Mangelsituation zu Lasten des Erwerbers Kapital schlagen könnte. Auch würde dann nicht der geeignetste Erwerber den Zuschlag erhalten, sondern im Zweifel immer nur der zahlungskräftigste. Eine Unterschreitung dagegen verstieße gegen die gesetzliche Verkehrswertgarantie, die ein Preisdumping verhindern soll.

Kommt also eine Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber über den Kaufpreis nicht zu Stande, ermittelt der Zulassungsauschuss den Wert durch einen Sachverständigen. Wird der von dem Sachverständigen ermittelte Wert von den Parteien gleichfalls nicht akzeptiert, so ist das Nachbesetzungsverfahren erfolglos geblieben. Hat der Veräußerer dann keine angepaßte Verzichtserklärung (siehe oben) abgegeben, so verliert er die Zulassung.

b. Praxisübertragung

 

(1) Vorbereitung der Praxisübertragung

Es empfiehlt sich, die Nachfolgezulassung frühzeitig vorzubereiten, etwa durch Gründung einer Kooperation für die Zeit des Übergangs. Wichtig ist auch, dass sich der Erwerber frühzeitig in die Warteliste der KV eintragen läßt.

Der Verkäufer muß zur Ermittlung des Kaufpreises und um das Angebot für den Erwerber aufzubereiten, die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen der zu veräußernden Praxis feststellen lassen. Dazu sollte zurückgegriffen werden auf die Hilfe von Sachverständigen für Praxisbewertungen von den Industrie- und Handelskammern oder Steuerberatern.

Ratsam ist weiter eine Kontaktaufnahme des Veräußerers zu einem Vermittler oder zu einer sog. Praxisbörse.

Der Erwerber muß die vom Verkäufer überlassenen Daten unter Zuhilfenahme fachkundiger Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer prüfen.

Schließlich sollte der Erwerber nach Möglichkeit einen schonenden Übergang der Patienten vom Veräußerer auf den Erwerber einleiten. Dazu bieten sich Vertretertätigkeiten des Erwerbers für den Veräußerer, Hospitationen oder auch eine übergangsweise gemeinsame Tätigkeit an. Dadurch können die Patienten den Erwerber kennen lernen. Dies vermindert die Gefahr einer "Abwanderung" der Patienten nach dem Arztwechsel.

(2) Ausarbeitung des Praxiskaufvertrages

Ratsam ist der Abschluß von Vorverträgen, um bestimmte Übereinstimmungen, die zwischen Veräußerer und Erwerber im Rahmen der laufenden Verhandlungen erzielt worden sind, zu dokumentieren, rechtlich abzusichern und so eine erhöhte Verbindlichkeit zu erreichen. So kann bereits festgelegt werden, wer die Vertragsparteien sind und was alles unter den Kaufgegenstand fällt. Der Vorvertrag muss hinreichend bestimmt sein, um eine rechtliche Bindungswirkung zu entfalten. Dazu muss er die wesentlichen Punkte des noch zu schließenden Praxiskaufvertrages beinhalten. Was darunter fällt, hängt vom jeweiligen Einzelfall, also z.B. Größe und Umfang der Praxis, ab.

(3) Bestimmung des Kaufpreises

Die Bestimmung des Kaufpreises ist das Kernproblem der Praxisveräußerung. Zwar gibt es bei allen größeren Industrie- und Handelskammern Sachverständige für Praxisbewertungen. Daneben kann auch ein Wertgutachten der Kassenärztlichen Vereinigung eingeholt werden. Gleichwohl ist im Einzelfall zu prüfen, ob der so ermittelte Wert den Tatsachen entspricht.

Denn es gibt unterschiedliche Bewertungsmethoden, die auch miteinander kombiniert werden können.

Vorweg kann gesagt werden, dass "der" Kaufpreis nicht gefunden werden kann. Erfahrungsgemäß kann aber gesagt werden, das ein Preis, der von dem Käufer vernünftig finanziert werden kann aus den bereinigten Erlösen der Praxis auch der "richtige" Preis ist. Ein Preis kann dann über Fremdkapital finanziert werden, wenn er in einem Zeitraum von vier bis zehn Jahren abbezahlt werden kann aus den Erlösen, von denen das zum Leben erforderliche ärztliche Gehalt (ab 60.000,00 EUR/Jahr brutto) vorweg abgezogen wurde.

Zu den einzelnen Bewertungsmethoden:

(a) Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist die von der modernen Betriebswirtschaftslehre bevorzugte Methode zur Ermittlung des Praxiswerts. Sie ist zukunftsgerichtet, orientiert sich also an der künftigen Entwicklung der Praxis und - im Gegensatz zur Umsatzmethode (siehe unten) - nicht am Bestandswert der Praxis.

Bei der Ertragswertmethode werden - vereinfacht gesagt - unter Zuhilfenahme verschiedener Berechnungsformeln von dem Praxisrohgewinn die Ersatzbeschaffungs- und Reinvestitionskosten sowie der (hypothetische) ärztliche Lohn des Veräußerers abgezogen und auf diese Weise der künftige Gewinn ermittelt.

Das Ertragswertverfahren gilt als genauer aber auch als weitaus komplizierter und zeitintensiver als die Umsatzmethode. Die Ertragswertbewertung verursacht darüber hinaus höhere Kosten als die Umsatzmethode. Allerdings sollte der Erwerber in Anbetracht der erheblichen sachlichen und persönlichen Risiken, die ein Praxiserwerb beinhaltet, im Zweifel das aussagekräftigere Ertragswertverfahren anwenden.

(b) Umsatzmethode

Diese auch "Ärztekammermethode" genannte Bewertungsmethode orientiert sich vorwiegend am Bestandswert, der sich aus dem Wert der materiellen Bestandteile der Praxis und des immateriellen Praxiswertes zusammensetzt.

Diese Bewertungsmethode beruht auf der "Richtlinie zur Bewertung von Arztpraxen der Ärztekammer" von 1987.

Die Bewertung des materiellen Praxiswertes geschieht durch Bestandserfassung (Inventarisierung) mit anschließender Bestimmung des Zeitwertes der Gegenstände. Da bei der Ermittlung des Zeitwertes ganz unterschiedliche Maßstäbe angesetzt werden können, bestehen hier erhebliche Ermessensspielräume. Hier muß der Erwerber vor allem kritisch prüfen, ob die Geräte noch sinnvoll genutzt werden können und ob sie noch zugelassen sind.

Der ideelle Praxiswert (goodwill) beinhaltet den Wert des Patientenstammes und den damit erzielbaren Umsatz. Er wird anhand der bisherigen Umsatzentwicklung der letzten drei Jahre abzüglich eines am BAT orientierten fiktiven Arztlohnes (Oberarzt) bestimmt. Der so ermittelte Zwischenwert wird durch drei geteilt; dies ergibt dann den ideellen Praxiswert, von dem dann aber noch - je nach individuellen Besonderheiten der Praxis - Zu- und Abschläge vorgenommen werden müssen.

Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass die Umsatzentwicklung der letzten Jahre auf dem bisherigen Vertrauensverhältnis zwischen veräußerndem Arzt und den Patienten basiert. Der Erwerber muss also versuchen, diese Patientenbindung auf ihn überzuleiten und auch nach der "Wachablösung" aufrecht zu erhalten. Dies kann er etwa dadurch erreichen, dass er schon vor dem Praxiserwerb bei dem Veräußerer tätig geworden ist, so dass die Patienten ihn kennenlernen konnten.

(c) kombiniertes Verfahren

In der Praxis werden die vorgenannten Bewertungsverfahren regelmäßig kombiniert. So werden der ideelle Wert und der materielle Wert voneinander getrennt ermittelt und dann ein Gesamtpreis gebildet.

5. Vorlage des Vertragsentwurfes an Ärztekammer

Sobald sich die Parteien auf einen Kaufpreis und schließlich auf einen Kaufvertrag geeinigt haben, müssen sie den Vertrag gemäß § 24 MBO-Ä der Ärztekammer vorlegen, damit diese prüfen kann, ob die beruflichen Belange - und damit insbesondere die Angemessenheit des Kaufpreises - gewahrt worden sind.

6. Leistungsstörungen nach Vertragsschluß

Da der Praxiskaufvertrag ein Kaufvertrag ist, unterliegt der Veräußerer der Mängelgewährleistung gemäß §§ 434 ff. BGB, soweit er nicht die Gewährleistung kaufvertraglich beschränkt oder ganz ausgeschlossen hat.

Ist die Praxis als Ganzes oder in Teilen mangelhaft (entweder aufgrund eines Sachmangels - z.B. die verkaufte EDV-Anlage funktioniert nicht - oder eines Rechtsmangels - wenn z.B. ein mitverkauftes Behandlungsgerät gar nicht dem Veräußerer sondern einer Leasingfirma gehörte), so kann der Erwerber Nachbesserung verlangen.

Diese kann der Verkäufer nach seiner Wahl durch Ersatzlieferung (Übergabe einer anderen Kaufsache) oder Nachbesserung (Reparatur) erbringen.

Soweit dies scheitert - in der Regel nach zwei erfolglosen Nachbesserungsversuchen - kann der Erwerber alternativ den Kaufpreis mindern oder - bei erheblichen Mängeln - vom gesamten Vertrag zurücktreten. Daneben kann er Schadensersatz verlangen, etwa für Verdienstausfälle, die entstehen, wenn aufgrund einer defekten Röntgenanlage Behandlungen nicht durchgeführt werden können.

Die Vertragsparteien können die Gewährleistungsrechte vertraglich modifizieren oder ganz ausschließen.

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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