(17.4.17) Das künstliche Aufteilen erbrachter ostheopathischer Leistungen (einstündige Behandlung von Wirbelsäule, Extremitäten, Schädel und Eingeweide) auf einen tatsächlichen Behandlungstermin und einen fiktiven Behandlungstermin, stellt einen strafbaren Abrechnungsbetrug dar. Am tatsächlichen Behandlungstag kann der Arzt lediglich viermal die GOÄ Ziffer 3306 analog abrechnen. Hätte ein Arzt, der einen solchen Abrechnungsbetrug in über 6.000 Fällen begangen hat, in jedem Fall die Approbation wegen Unwürdigkeit verloren, kann er den Approbationswiderruf nicht seinem Anwalt vorwerfen, der ihm zur Vermeidung einer Haftstrafe zu einem strafverfahrensrechtlichen Deal geraten hat (Oberlandesgericht München, Urteil vom 21. September 2016 – 15 U 979/15 Rae).

Hinweis zur Abrechnung:

Am tatsächlichen Behandlungstag kann der Arzt viermal die GOÄ Ziffer 3306 analog abrechnen: Nach Ansicht der Bundesärztekammer sollen derartige ostheopathische Leistungen gemäß § 6 II GOÄ nach der GOÄ Nummer 3306 analog abzurechnen sein, da die osteopathische Behandlung als Bestandteil der manuellen Medizin anzusehen sei. Die Bayerische Landesärztekammer vertritt die Auffassung, dass die Nummer 3306 GOÄ analog grundsätzlich maximal 4-​mal zum Ansatz kommen könne, soweit alle 4 Bereiche (Wirbelsäule, Extremitäten, Schädel und Eingeweide) behandelt wurden.

Nach alledem hat der Arzt anzuerkennen, dass die Möglichkeiten, diese Leistungen abzurechnen, betraglich sehr beschränkt sind. Es ist also auch nicht möglich, diese Leistungen zusätzlich nach Ziffern GOÄ 506 und 515 oder 3305 abzurechnen. 

Hinweis zum Vorgehen beim Vorwurf eines Abrechnungsbetruges:

Er ist immer eine Gesamtlösung anzustreben. Bei einer Gesamtlösung bindet der Anwalt sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Approbations- und Zulassungsbehörden in die Verhandlungen um einen "Deal" ein. So kann unter Umständen verhindert werden, dass der betroffene Arzt zwar durch einen nur mit Gericht und Strafverfolgern abgeschlossenen "Deal" einer Haftstrafe entgeht, gleichwohl aber im Rahmen des sog. berufsrechtlichen Überhanges die Approbation verliert. Es ist immer sinnvoller, eine Gesamtlösung anzustreben. Schwierig wird eine solche aber dann, wenn der Arzt störrisch darauf beharrt, nichts falsch gemacht zu haben und allerlei formale, teilweise arg konstruierte Begründungen für seine auf der Hand liegenden Falschabrechnungen (fiktive Behandlungstermine!) vorbringt. Sicherlich muss der Anwalt den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft etwas entgegenhalten, um eine Verhandlungsmasse aufzubauen. Ziel sollte aber eine einvernehmliche Lösung sein, die ein deutliches "mea culpa" enthält. Ist der Arzt in diesem Punkt aber beratungsresistent, wird es für ihn gefährlich.

Hinweis zur Auswahl des Verteidigers:

Der Rechtsanwalt des vorliegenden Falls war kein Spezialist für Medizinrecht sondern reiner Strafverteidiger. Ein reiner Strafverteidiger sollte einen Arzt beim Vorwurf des Abrechnungsbetruges nur in Kooperation mit einem Medizinrechtler verteidigen. Nur so können die vielfältigen Verbindungen der Rechtsgebiete "Zulassung", "Approbation" und "Strafverfahren" erkannt und berücksichtigt werden. Es nützt dem Arzt wenig, wenn er zwar einer Haftstrafe knapp entgeht, zugleich aber die Approbation verliert und damit zumindest für die Dauer von fünf Jahren nicht mehr ärztlich tätig sein kann. Dem betroffenen Arzt muss aber klar sein, dass eine solche systemübergreifende Verteidigung überaus kostenintensiv und auch risikoreich ist. 

Das Urteil im Volltext:

Tenor

  1. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 10.2.2015, Az.: 4 O 28806/13, wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.342.208,42 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch aufgrund Verletzung eines Anwaltsvertrages.

Der Kläger ist promovierter Arzt und Osteopath, der Beklagte ist Rechtsanwalt.

Im Zeitraum vom 3.1.2000 bis zum 22.5.2003 wurden in der Praxis des Klägers in 6.643 Fällen privat versicherte Patienten von 4 staatlich geprüften Osteopathen behandelt. Die Behandlungen erfolgten jeweils mit einem Zeitaufwand von 1 Stunde sowie in allen vier anatomischen Bereichen (Wirbelsäule, Extremitäten, Schädel und Eingeweide).

In der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sind für osteopathische Behandlungen keine eigenen Gebührenziffern vorgesehen.

Nach Ansicht der Bundesärztekammer sollen derartige Leistungen gemäß § 6 II GOÄ nach der GOÄ Nummer 3306 analog abzurechnen sein, da die osteopathische Behandlung als Bestandteil der manuellen Medizin anzusehen sei.

Die Bayerische Landesärztekammer vertritt die Auffassung, dass die Nummer 3306 GOÄ analog grundsätzlich maximal 4-​mal zum Ansatz kommen könne, soweit alle 4 Bereiche (Wirbelsäule, Extremitäten, Schädel und Eingeweide) behandelt würden (Anlage K 1).

Der Kläger rechnete in allen 6.643 Fällen, in denen er wusste, dass die Privaten Krankenversicherungen der Patienten für die durchgeführten einstündigen osteopathischen Behandlungen nicht den 4-​fachen Ansatz der Ziffer 3306 GOÄ anerkannten, noch einen weiteren fiktiven Behandlungstag ab, an dem keine Behandlung stattfand. Dies deshalb, weil die jeweiligen Privaten Krankenversicherungen lediglich bereit waren, für die tatsächlich durchgeführten osteopathischen Behandlungen von einer Stunde anstelle des vierfachen Ansatzes der Ziffer 3306 GOÄ entweder 2 x die Ziff. 3306 und jeweils 1 x die Ziff. 506 und 515 oder 1 x die Ziff. 3306 und jeweils 1 x die Ziff. 506 und 515 oder 1 x die Ziff. 3306, 1 x die Ziff. 3305 und jeweils 1 x die Ziff. 506 und 515 oder 1 x die Ziff. 3305 und jeweils 1 x die Ziff. 506 und 515 anzuerkennen (vgl. die Darstellung in der Klage auf Seite 4, Bl. 4 d.A.).

Während an der Anmeldung und in den Kalendern der Therapeuten jeweils nur der Tag der tatsächlichen Behandlung eingetragen wurde, wurde in den Patientenkarteikarten der fiktive Doppeltermin mit Rotstift und dem Vermerk "Doppeltermin" gekennzeichnet. Damit war klar, dass an dem zweiten Termin keine Behandlung stattgefunden hatte (vergleiche Anlage K 35).

Im Einzelnen ging der Kläger ausweislich der Anlage K 2 dabei wie folgt vor: Für die tatsächlich erbrachten osteopathischen Leistungen berechnete er zunächst in unterschiedlichen Kombinationen die analog angewandten Ziffern 506, 515, 3305, 3306 und im geringen Umfang auch die Ziffern 1, 5, 7, 252, 266, 268, 410, 420, 490 der GOÄ. Dabei stellte er jeweils diejenigen GOÄ-​Ziffern analog in Rechnung, die nach seinen Erkenntnissen von den jeweiligen privaten Krankenversicherungen seiner Patienten für die von ihm erbrachte Leistung auch erstattet würden. Darüber hinaus stellte er für jeden Termin, an dem für Privatpatienten osteopathische Leistungen erbracht worden waren, die identischen Leistungen ein zweites Mal für einen weiteren, fiktiven Termin in Rechnung, obwohl an diesem fiktiven Termin keine Leistungen erbracht worden waren.

Die Patienten beglichen die Rechnungen des Klägers und reichten sie bei ihren Privaten Krankenversicherungen zur Erstattung ein.

Am 29.9.2003 leitete die Staatsanwaltschaft München I aufgrund der Strafanzeige eines Patienten des Klägers (Anlage B 1) ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Abrechnungsbetruges ein.

Am 21.10.2003 beauftragte der Kläger den Beklagten mit seiner Verteidigung.

Am 15.7.2004 durchsuchte die Staatsanwaltschaft München I die Praxis und Privatwohnung des Klägers (Anlage B 3) und beschlagnahmte Abrechnungsunterlagen des Klägers.

Am 10.3.2008 (Anlage K 29) und 7.4.2008 (Anlage B 10) wurde der Kläger als Beschuldigter vernommen.

Der Kläger änderte seine Abrechnungspraxis in der Folge nicht.

Am 29.5.2009 erhob die Staatsanwaltschaft München I gegen den Kläger Anklage zum Schöffengericht des AG München (Az.: 312 Js 32070/04) wegen Betrugs in 6.643 Fällen (Anlage K 2). Durch das Verhalten des Klägers sei ein Schaden von 150.255,85 € entstanden.

Im Rahmen eines weiteren strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens (Az.: 312 Js 42849/08) gegen den Kläger wegen Abrechnungsbetruges wurden erneut die Wohnung und die Praxis des Klägers am 18.8.2009 durchsucht (Anlage B 13).

Am 22.9.2009 wurde die Anklage im Verfahren 312 Js 32070/04 zugelassen und Termin zur Hauptverhandlung auf den 10.11.2009 bestimmt.

Im Termin vom 10.11.2009 schlug das Gericht eine Verständigung vor, nach welcher bei einem umfassenden Geständnis keine höhere Gesamtfreiheitsstrafe als 2 Jahre verhängt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt würde, wenn der Kläger bei den betroffenen Krankenkassen Schadenswiedergutmachung leisten würde (Anlage K 3).

In der am 9.12.2009 fortgesetzten Hauptverhandlung wurde erneut ein Verständigungsgespräch geführt; der Kläger erklärte sich nach Rücksprache mit dem Beklagten mit der Absprache einverstanden, woraufhin ein Hinweis des Gerichts erging, dass es dem Kläger für den Fall eines umfassenden Geständnisses keine höhere Gesamtfreiheitsstrafe als 2 Jahre zur Bewährung sowie eine Gesamtgeldstrafe von nicht mehr als 500 Tagessätze zu je 100,- € in Aussicht stellte. Daneben stellte das Gericht dem Kläger als Auflage Schadenswiedergutmachung sowie Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 100.000 € in Aussicht.

Der Kläger räumte daraufhin den Vorwurf vollumfänglich ein und es erging ein der Verständigung entsprechendes Urteil samt Bewährungsbeschluss (Anlagen K 5 und K 6).

Die am 9.12.2009 von der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil eingelegte Berufung (Anlage K 7) wurde zurückgenommen und das weitere Ermittlungsverfahren (Az.: 312 Js 42849/08) gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt.

Am 30.6.2010 widerrief die Regierung von Oberbayern die Approbation des Klägers (Anlage K 8). Mit Urteil vom 16.11.2010 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab (Anlage K 9). Die dagegen eingelegte Berufung wies der Verwaltungsgerichtshof zurück.

Die mit Schriftsatz vom 6.2.2012 beantragte Wiederaufnahme des Strafverfahrens (Anlage K 12) wurde am 3.5.2012 vom AG Dachau als unzulässig verworfen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wurde vom Landgericht München II mit Beschluss vom 24.7.2012 als unbegründet verworfen (Anlage K 15).

Die im Hinblick auf den Approbationsentzug vom Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 13.2.2014 verworfen.

Am 2.4.2014 gab der Kläger seine Approbationsurkunde bei der Regierung von Oberbayern ab.

Bezüglich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche verzichtete der Beklagte zunächst bis zum 30.9.2013, dann bis 31.12.2013 auf die Einrede der Verjährung (Anlagen K 50 bis K 53), jedoch nur für den Fall, dass derartige Ansprüche nicht bereits bei Abgabe der Erklärung verjährt waren.

In erster Instanz hat der Kläger vorgetragen,

der Beklagte hätte dem Kläger von einem Geständnis und einem der Absprache entsprechenden Urteil abraten müssen. Bis zum Ende der strafgerichtlichen Verhandlung sei nicht nachgewiesen gewesen, dass den betroffenen Krankenversicherungen durch das Verhalten des Klägers überhaupt ein Schaden entstanden sei. Allein die Aufspaltung der Abrechnung einer tatsächlich erfolgten Behandlung in zwei Termine stelle noch keinen Betrug dar, wenn dem Kläger für seine tatsächlich erbrachten Leistungen ein entsprechender Vergütungsanspruch zugestanden habe.

Der Kläger habe es abgelehnt, die medizinisch notwendige Behandlung von jeweils einer ganzen Stunde nur aus abrechnungstechnischen Gründen in 2 halbstündige Termine aufzusplitten. Der fiktive Doppeltermin habe lediglich dazu gedient, eine angemessene Honorierung für die tatsächlich geleistete Behandlung zu erlangen.

Die Patienten seien von der Abrechnungsmethode des Klägers in Kenntnis gesetzt worden und in materieller Hinsicht hätten die Beträge dem Kläger zugestanden. Ein Schaden im Sinne von § 263 StGB habe nicht bestanden, da eine Schadenskompensation vorzunehmen sei.

Im Übrigen sei der Kläger davon ausgegangen, dass ihm das verlangte Honorar zugestanden habe, so dass er sich über die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils geirrt habe, was er in seinem Schlusswort auch geäußert habe (Anlagen K 5 und K 40). Es fehle daher an der Bereicherungsabsicht.

Der Beklagte habe folglich die Sach- und Rechtslage falsch beurteilt.

Auch habe der Beklagte fälschlicherweise mitgeteilt, dass die entsprechend der Absprache erfolgte Verurteilung keine Folgen für die Approbation haben würde. Richtigerweise habe der Beklagte auf § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO hinweisen müssen. Während der Unterbrechung der Hauptverhandlung am 9.12.2009 habe der Kläger den Beklagten ausdrücklich gefragt, ob er einen Verlust befürchten müsse, was der Beklagte verneint habe.

Der Kläger habe nur deshalb seine Zustimmung zur Verständigung erteilt, weil er davon ausgegangen sei, dass es zu einem Entzug nicht kommen könne.

Auch habe der Kläger im Rahmen seines letzten Wortes im Termin vom 9.12.2009 sein Geständnis widerrufen, was auch das Landgericht München II so gesehen habe (Beschluss vom 24.7.2012 - Anlage K 15). Der Beklagte hätte daher nach dem Schlusswort das Gericht gemäß § 257 c StPO darauf hinweisen müssen, dass die Grundlage für eine Absprache entfallen sei und eine Verurteilung sich nicht auf das Geständnis stützen dürfe.

Schließlich habe der Beklagte den Kläger auch nicht auf die Möglichkeit der Berufung hingewiesen. Das Urteil sei aber falsch gewesen, da weder ein Vermögensschaden noch die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils vorgelegen hätten; auch habe es am Vorsatz des Klägers gefehlt. Die Feststellungen hätten allein auf dem Geständnis beruht, welches der Kläger aber widerrufen habe.

Der Beklagte hat ausgeführt:

Der Kläger habe sich des Abrechnungsbetruges schuldig gemacht, da die GOÄ in den vorliegenden Fällen eine Abrechnung für eine einstündige Behandlung nicht vorgesehen habe, sondern nur für eine halbstündige.

Die GOÄ sehe keine Abrechnung für Termine vor, an denen keine Behandlung stattgefunden habe.

Auch habe der Kläger gewusst, dass seine Abrechnungsmethode problematisch sei, was sich aus seiner Beschuldigtenvernehmung ergebe (Anlage B 10).

Strafschärfend habe sich auch ausgewirkt, dass der Kläger trotz des ersten Ermittlungsverfahrens sowie der erfolgten Durchsuchung weiterhin seine problematische Abrechnungsmethode betrieben habe. Insbesondere vor diesem Hintergrund sei eine Bewährungsstrafe nur bei vollem Geständnis und Wiedergutmachung in Frage gekommen.

Ein Widerruf des Geständnisses sei nicht erfolgt.

Ohne Geständnis bzw. im Fall des Widerrufs wäre es zu einer Beweisaufnahme gekommen, die mit Sicherheit zu einer Vollzugsstrafe geführt hätte. Gleiches habe für die Einlegung der Berufung gegolten, zumal die Staatsanwaltschaft dann weitere Abrechnungsfälle zur Anklage gebracht hätte, was die Erfolgsaussichten der Berufung verschlechtert hätte.

Über die Möglichkeit des Approbationsentzuges sei der Kläger aufgeklärt worden. Der Beklagte habe vor der Anklageerhebung Rücksprache mit der Ärztekammer gehalten und mitgeteilt erhalten, dass ein Entzug nicht unbedingt zu befürchten sei. In einem Gespräch am 15.9.2009 habe er dies so dem Kläger mitgeteilt und dass er, der Beklagte, die Frage aber nicht abschließend beurteilen könne und der Kläger sich an einen spezialisierten Kollegen wenden müsse. Auch außerhalb der am 9.12.2009 stattfindenden Hauptverhandlung sei mit dem Kläger über die Möglichkeit des Approbationsentzuges gesprochen worden, wobei der Beklagte auch hier darauf hingewiesen habe, keine verbindliche Auskunft geben zu können. Da der Kläger zum damaligen Zeitpunkt bereits durch eine auf Medizinrecht spezialisierte Kanzlei beraten worden sei, habe es fern gelegen, dass er als Strafrechtler eine verbindliche Auskunft erteile.

Im Übrigen habe für den Kläger nicht die Frage der Approbation, sondern die Frage einer Vollzugsstrafe im Vordergrund gestanden. Es sei darum gegangen, eine Inhaftierung des Klägers zu vermeiden, da nur so die Möglichkeit bestanden habe, dass der Kläger weiter arbeiten könne.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es keine Pflichtverletzung des Beklagten dargestellt habe, den Kläger nicht von einem Geständnis abgeraten zu haben, da der Tatbestand des Betruges vorgelegen habe und im Übrigen die Chancen des Klägers ohne ein Geständnis bzw. eine Verfahrensabsprache eine Bewährungsstrafe zu erhalten, erheblich vermindert gewesen wären.

Den Tatbestand des § 263 StGB hat es als verwirklicht angesehen, wobei es allerdings die Frage der Täterschaft des Klägers als problematisch erachtet hat. Jedenfalls habe der Kläger aber als Anstifter gehandelt und dies habe im Rahmen der Strafzumessung neben den anderen Gesichtspunkten (Anzahl der Fälle, Gesamtschaden, Nachtatverhalten, Gewerbsmäßigkeit, Geständnis) lediglich geringe Auswirkungen gehabt.

Aufgrund des Abrechnungsmodells des Klägers sei es auch zu einem Vermögensschaden der Versicherungen gekommen, der nicht durch eine Gegenleistung wieder vollständig kompensiert worden sei.

Insbesondere könne ein Schaden nicht mit der Argumentation verneint werden, der Kläger hätte die Leistung tatsächlich erbracht und somit der Krankenversicherung Aufwendungen erspart, die sie bei einer ordnungsgemäßen Abrechnung hätte tätigen müssen. Die GOÄ bestimme den Inhalt der abrechnungsfähigen ärztlichen Leistung und deren Honorierbarkeit abschließend. Dass der Arzt durch die Leistungserbringung von einer Leistungspflicht frei werde, eine erneute Behandlung insofern wirtschaftlich unsinnig wäre, sei für die Schadensbestimmung unerheblich.

Der Kläger habe auch vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht gehandelt Einem Tatbestands- oder Verbotsirrtum sei er nicht unterlegen. Zwar habe der Kläger in seinem Schlusswort vor dem AG München am 9.12.2009 angegeben, ihm sei nicht bewusst gewesen, etwas Unrechtes getan zu haben (Anlage K 5). Allerdings sei das Gericht davon überzeugt, dass dem Kläger bewusst gewesen sei, zu einer solchen Liquidation nicht berechtigt gewesen zu sein. In seinem Schlusswort habe der Kläger eingeräumt, gewusst zu haben, dass er mit seiner Abrechnungsmethode gegen die GOÄ verstoßen habe (Anlage K 5); auch habe er in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 7.4.2008 (Anlage B 10) angegeben, ihm sei klar gewesen, dass die Versicherungen die Rechnungsbeträge für die fiktiven Termine nicht erstattet hätten, wenn sie gewusst hätten, dass es sich um fiktive Termine gehandelt hatte (S. 14 Ersturteil).

Nachdem der Betrugstatbestand verwirklicht gewesen sei, habe der Beklagte dem Kläger auch zu einem Geständnis und einer Absprache raten dürfen. Ohne ein Geständnis sei die Chance einer Bewährungsstrafe schlecht gewesen (S. 15 Ersturteil).

Auch habe der Beklagte den Kläger bezüglich der Frage der Approbation nicht falsch beraten. Auch nach Anhörung des Klägers und der Zeugin R... sei das Gericht nicht hinreichend davon überzeugt, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger angegeben habe, das Strafurteil werde keine Auswirkung auf seine Approbation haben.

Selbst wenn man unterstellte (als Pflichtverletzung), dass der Beklagte geäußert habe, ein Widerruf der Approbation drohe nicht, sei das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger sich bei zutreffender Beratung anders verhalten habe, insbesondere dann kein Geständnis abgegeben hätte (S. 17 Ersturteil). Im Übrigen wäre der Approbationsverlust auch dann eingetreten, wenn der Kläger kein Geständnis abgegeben hätte (S. 18 Ersturteil).

Auch könne das Gericht entgegen der Ansicht des LG München II in seinem Beschluss vom 24.7.2012 (Anlage K 15) keinen Geständniswiderruf des Beklagten in seinem Schlusswort erblicken. Damit sei der Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, auf die Unverwertbarkeit des Geständnisses hinzuweisen.

Auch habe der Beklagte nicht zur Einlegung der Berufung raten müssen, da sich dadurch die Lage des Klägers nicht verbessert hätte.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 10.2.2015 wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.

Der Kläger und Berufungskläger bringt im Berufungsverfahren (erneut) vor:

Ein Abrechnungsbetrug habe nicht vorgelegen, da kein Schaden entstanden sei; das Landgericht habe die Grundsätze der Schadenskompensation verkannt. Der Beklagte habe daher nicht zu einer Verfahrensabsprache raten dürfen, er hätte die Einlegung der Berufung empfehlen und auf die Gefahr des Verlustes der Approbation hinweisen müssen.

Das Landgericht habe festgestellt, dass der Kläger jeweils mit einem Zeitaufwand von 1 Stunde die Patienten an allen 4 anatomischen Bereichen behandelt habe. In der GOÄ seien hierfür keine eigenen Ziffern vorgesehen, der Kläger habe aber nach Auffassung der Bundesärztekammer hierfür gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ nach der Nummer 3306 analog abrechnen können. Nach Auffassung der Landesärztekammer habe der Kläger seine erbrachten Leistungen mit dem viermaligen analogen Ansatz der Ziffer 3306 GOÄ abrechnen können.

Das Landgericht habe festgestellt, dass die vom Kläger tatsächlich erbrachte und in Rechnung gestellte Leistung kompensiert worden sei. Durch die Zahlungen der Privaten Krankenversicherung seien die Ansprüche des Klägers tatsächlich erloschen.

Damit liege eine Schadenskompensation vor. Es müsse eine Gesamtsaldierung erfolgen aufgrund eines Vergleichs des Vermögensstandes vor und nach der Tat unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise. Ein Nachteil liege dann nicht vor, wenn zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet werde. Ein solcher Vermögenszuwachs trete auch dann ein, wenn das Vermögen von einer Verbindlichkeit befreit werde. Entscheidend sei, dass unmittelbar durch die Tat eine Befreiung von dem bestehenden Anspruch eintrete. Erforderlich sei, dass der Handelnde das durch Täuschung Erlangte zu seinem bestehenden Anspruch in Beziehung gebracht habe, um auszuschließen, dass der Schuldner sowohl auf den bestehenden als auch auf den fingierten Anspruch leiste.

Im Übrigen liege ein sogenannter strafloser Beweismittel-​Selbsthilfebetrug vor: Mit Täuschungsmitteln werde eine Zahlung für eine tatsächlich nicht erbrachte Leistung erreicht, gleichzeitig aber eine tatsächlich zu beanspruchende Zahlung fallengelassen.

Eine Schadenskompensation scheide auch nicht deshalb aus, weil der Kläger an dem zweiten Termin keine Leistung erbracht habe und die Versicherung daher auf eine Nichtschuld geleistet und die Gefahr bestanden habe, dass der Kläger seine nicht abgerechneten Leistungen für den ersten Behandlungstag später nochmals geltend machen könnte. Hier habe aber der Kläger seine am ersten Behandlungstag erbrachten Leistungen ebenfalls fakturiert und damit abschließend geltend gemacht.

Bei der Durchführung der Beweisaufnahme wäre der Kläger folglich freigesprochen worden, daher hätte der Beklagten dem Kläger von einem Geständnis und einer Absprache abraten müssen. Die Beweisaufnahme hätte ergeben, dass alle Patienten für eine Stunde an 4 Bereichen behandelt worden seien und dass dem Kläger ein Honorar zugestanden habe, dass mindestens so hoch gewesen sei, wie das tatsächlich geltend gemachte. Hätte der Beklagte auf die Straflosigkeit des Verhaltens des Klägers hingewiesen, dann hätte der Kläger kein Geständnis abgegeben; dies ergebe sich aus Anlage K 45.

Eine weitere Pflichtverletzung liege darin, dass der Beklagte den Kläger am 9.12.09 in der Pause der Hauptverhandlung nicht darauf hingewiesen habe, dass eine Verurteilung wegen Abrechnungsbetruges den Widerruf der Approbation zur Folge habe und dass er sogar versichert habe, dass die Approbation nicht in Gefahr sei.

Die Beweiswürdigung verstoße gegen § 286 ZPO; das Landgericht halte eine Falschinformation durch den Beklagten für wenig plausibel, weil er ein erfahrener Strafverteidiger sei, teile aber nicht mit, woher es diese Feststellung nehme.

Auch habe der Beklagte das Gericht und den Kläger darauf hinweisen müssen, dass eine Verurteilung des Klägers wegen Betrugs ohne vollständige Aufklärung des Sachverhalts gemäß § 244 Abs. 2 StPO durch Vernehmung der Patienten und behandelnden Therapeuten zu der Frage, welche Behandlungen tatsächlich erfolgt seien, nicht möglich sei.

Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger mit Schriftsatz vom 12.5.2015 (Bl. 256 d.A.) in Verbindung mit Schriftsatz vom 11.4.2016 (Bl. 398 d.A.):

1. Das Endurteil des Landgerichts München I vom 10.2.2015 (Aktenzeichen 4 O 28806/13) wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.014.151 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz aus 50.000 € seit dem 24.8.2012, 5% Zinsen über dem Basiszinssatz aus 135.775,25 € seit 31.12.2013, 5% Zinsen über dem Basiszinssatz aus 30.500,- € seit 25.11.2014 und 5% Zinsen über dem Basiszinssatz aus 419.007,77 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger zukünftig noch daraus entstehen wird, dass der Beklagte als Verteidiger des Klägers im Strafverfahren des Amtsgerichts München wegen Abrechnungsbetrug, Aktenzeichen: 1124 Ls 312 Js 32070/04, den Kläger nicht von einem Geständnis und einer Zustimmung zu der vom Gericht vorgeschlagenen Verständigung gemäß § 257 c StPO abgeraten hat, dem Kläger in der Verhandlungspause am 9.12.2004 zwischen 14.35 Uhr und 15.06 Uhr im Strafjustizzentrum Nymphenburger Straße 16 vor der Abgabe eines Geständnisses im Rahmen einer Verständigung gemäß § 257 c StPO auf Frage des Klägers erklärt hat, dass eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren mit Bewährung nicht den Widerruf der Approbation zur Folge hat, und dass er den Klägern nach Erlass des Urteils vom 9.12.2009, Aktenzeichen: 1124 Ls 312 Js 32070/04 nicht dazu geraten hat, gegen dieses Urteil Berufung einzulegen.

Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 20.11.2015 (Bl. 288), die Berufung zurückzuweisen.

Ein Abrechnungsbetrug liege vor, ein strafloser Selbsthilfebetrug scheide aus.

Ein strafloser Selbsthilfebetrug liege schon deshalb nicht vor, weil der Kläger keinen Anspruch auf den 4-​fachen analogen Ansatz der Nummer 3306 GOÄ gehabt habe.

Im Übrigen hätten die Krankenversicherungen diese Maximalwerte nicht akzeptieren müssen, sondern hätten nur den 2 bzw. 3 fachen Ansatz heranziehen können. Daher habe der Kläger seine täuschende Abrechnung auch nur bei den Krankenversicherungen praktiziert, die eine Anwendung des 4-​fachen Satzes nicht anerkannt hätten. Insoweit weist der Beklagte auf die Angaben des Klägers in seiner Beschuldigtenvernehmung (Anlage B 10) hin.

Selbst wenn aber der Kläger einen Anspruch auf den vierfachen Ansatz der Ziffer 3306 GOÄ analog gehabt habe, habe er diesen nicht betrugsneutral durch Inrechnungstellung eines fingierten zweiten Termins durchsetzen können.

Eine Kompensation scheitere daran, dass die Krankenversicherungen nach der GOÄ nur Leistungen erstatteten, die zum angegeben Termin tatsächlich erbracht worden seien. Insoweit komme ein wirtschaftlicher Schadensausgleich nicht in Betracht, weil der Wert der ärztlichen Leistung im Bereich der Erstattung durch die Private Krankenversicherung anhand der GOÄ zu ermitteln sei. Mit fingierten Terminen dürfe nicht der Ausgleich anderweitiger Leistungen erschlichen werden.

Auch die Rechtsprechung zum Beweismittel-​Selbsthilfebetrug bei öffentlichen Aufträgen stehe nicht entgegen. Es fehle schon an der Voraussetzung, dass dem Täter ein Anspruch in der Höhe zustehen muss, für den er sich durch die Täuschung einen Ausgleich verschaffe. Diesen Anspruch habe der Kläger aber gerade nicht gehabt.

Wie der Beklagte zum Thema Approbationsentzug beraten habe, sei im Rahmen der Kausalität unerheblich: Ohne Geständnis wäre der Kläger zu einer noch schärferen Strafe verurteilt worden und es wäre auch zu einem Entzug der Approbation gekommen. Im Übrigen habe der Beklagte stets betont, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handele.

Selbst wenn man einen Beratungsfehler des Beklagten unterstelle, wäre es auch dann zu einer- noch härteren - Verurteilung gekommen, wenn der Kläger nicht gestanden hätte.

Insbesondere sei ein Vermögensschaden eingetreten. Die hypothetische Möglichkeit der Abrechnung mit dem vierfachen analogen Ansatz der Gebührenziffer 3306 GOÄ spiele keine Rolle: Selbst dann, wenn der Kläger einen Anspruch auf einen vierfachen Ansatz für seine Behandlung gehabt hätte, hätte er diesen Anspruch nicht betrugsneutral durch Inrechnungstellung eines fingierten 2. Termins durchsetzen können; eine Schadenskompensation im Sinne einer Gesamtsaldierung beider Termine scheitere daran, dass die Krankenversicherungen nach den Regeln der GOÄ nur Leistungen erstatten (müssen), die zum angegebenen Termin tatsächlich erbracht worden seien. Der Wert des Wirtschaftsguts "ärztliche Leistungen" im Bereich der Erstattung durch Privatversicherungen sei anhand der Regeln der GOÄ zu ermitteln. Es dürften nur Leistungen abgerechnet werden, die an einem konkreten Termin tatsächlich erbracht worden seien. Die GOÄ wirkte insoweit im Rahmen eines wirtschaftlichen Vermögensbegriffs mit rechtlicher Anreicherung als Kompensationsverbot, was die Annahme eines bloßen straflosen "Selbsthilfebetrugs" verbiete.

Der Kläger habe bislang auch nicht substantiiert dargelegt/bewiesen, dass ihm für die 6.643 Fälle jeweils der vierfache Ansatz der GOP Ziff. 3306 analog zugestanden habe, dass dieser Anspruch - weil die zugrundeliegende einstündige Behandlung an 4 anatomischen Bereichen in jedem Falle medizinisch notwendig gewesen sei - gegenüber den Versicherungen in allen Fällen durchsetzbar gewesen sei, dass das daraus resultierende Honorar mindestens genauso hoch gewesen wäre wie dasjenige, dass er mit den damaligen Doppelterminen abgerechnet habe und wodurch er das Inbeziehungsetzen vorgenommen haben wolle. Im Übrigen komme es nach Ansicht des Beklagten darauf nicht an.

Der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des BGH, III ZR 117/06 verfange nicht: In dieser Entscheidung sei es allein um die Frage gegangen, ob ein offener Austausch von Gebührenziffern noch in Betracht kommen könne, wenn über die Forderung bereits in der Berufungsinstanz gestritten werde und einer gänzlich neuen Geltendmachung der Forderung die Einrede der Verjährung entgegenstünde.

Vorliegend gehe es jedoch um eine heimliche, durch Täuschung herbeigeführte Kompensation. Es gehe um die Ausfüllung eines Beurteilungsspielraums der Privaten Krankenversicherungen, bei denen von einem wertneutralen Ausgleich nicht gesprochen werden könne.

Das Berufungsgericht hat Hinweise erteilt (vgl. Bl. 350/351 d.A.).

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und ergänzend wird Bezug genommen auf das Protokoll der Sitzung vom 4.5.2016 (Bl. 405/408 d.A.).

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 12.5.2015 (Bl. 255/281 d.A.), vom 11.12.2015 (Bl. 301/317 d.A.), vom 4.1.2016 (Bl. 333/339 d.A.), vom 12.1.2016 (Bl. 340 d.A.), vom 29.2.2016 (Bl. 353/362 d.A.), vom 4.3.2016 (Bl. 363/364 d.A.), vom 11.4.2016 (Bl. 379/398 d.A.) und vom 25.4.2016 (Bl. 399/404 d.A.) sowie des Beklagten vom 20.11.2015 (Bl. 288/300 d.A.), vom 22.12.2015 (Bl. 318/330 d.A.), vom 20.1.2016 (Bl. 341 d.A.) und vom 21.3.2016 (Bl. 365/378 d.A.) verwiesen.

II.

Die Berufung ist zurückzuweisen, da sich die Entscheidung des Landgerichts als zutreffend erweist, so dass zunächst vollumfänglich auf dessen ausführlich begründete Entscheidung Bezug genommen werden kann.

Ergänzend ist folgendes auszuführen:

1. Eine Pflichtverletzung des Beklagten liegt im Zusammenhang mit der Beratung des Klägers im Rahmen der Verständigung nicht vor.

1.1. Die Verurteilung des Klägers wegen Abrechnungsbetruges durch das Amtsgericht München weist keinen Rechtsfehler auf; der Beklagte durfte dem Kläger zur Abgabe eines Geständnisses und zur Teilnahme an der Verständigung gemäß § 257 c StGB raten.

Nachdem die Verurteilung wegen Abrechnungsbetruges rechtlich zutreffend erfolgte, musste er auch nicht die Einlegung eines Rechtsmittels empfehlen.

1.1.1. Der Kläger hat sich eines - gewerbsmäßigen - Betruges in 6.643 Fällen schuldig gemacht.

a) Aufgrund der bindenden (§ 529 ZPO) und insoweit auch nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts rechnete der Kläger einen Behandlungstermin von einer Stunde Dauer, in dem er die Patienten im Bereich der Wirbelsäule, der Extremitäten, des visceralen Systems und des Schädels bzw. Nervensystems behandelte, in der Weise ab, dass er in seinen Rechnungen am tatsächlichen Behandlungstag eine halbe Stunde ansetzte, hierfür neben anderen GOÄ-​Ziffern zweimal die GOÄ Ziffer 3306 analog anführte, und an einem weiteren - fiktiven - Tag eine weitere halbe Stunde Behandlung anführte, für die er erneut zweimal unter anderem die GOÄ Ziffer 3306 analog ansetzte.

Diese Verfahrensweise praktizierte der Kläger gegenüber den Patienten, deren Private Krankenversicherungen - wie der Kläger wusste - nicht den viermaligen Ansatz der GOÄ Ziffer 3306 analog in einem Behandlungstermin akzeptierten, sondern nur Teilbeträge erstatteten.

Die Patienten waren insoweit vom Kläger auf diese Abrechnungspraxis hingewiesen worden und reichten diese Rechnungen bei ihrer jeweiligen Privaten Krankenversicherung ein.

b) Insoweit besteht auch für den Senat kein Zweifel daran, dass in solchen Fällen des Zusammenwirkens des Klägers mit den Patienten die zuständigen Sachbearbeiter der Versicherungen einem mit Wissen und Wollen des Klägers herbeigeführten Irrtum über das tatsächliche Vorliegen eines zur Kostenerstattung verpflichtenden Versicherungsfalles unterlagen, nachdem sie aufgrund der Täuschungshandlung des Klägers mittels der Patienten/Versicherungsnehmer davon ausgingen, dass an den fiktiv abgerechneten Tagen tatsächlich eine Behandlung durch den Kläger stattgefunden hatte (vgl. hierzu auch BGH, 1 StR 45/11, bei Juris Rn. 68 f.).

c) Bezüglich der fiktiv abgerechneten Tage stand dem Kläger auch kein Zahlungsanspruch gegen die Patienten zu, da er keine Leistung erbracht hatte.

d) Auch die Annahme eines Vermögensschadens begegnet im Ergebnis keinen Bedenken, wobei der Senat folgende Grundsätze der Rechtsprechung zum Abrechnungsbetrug durch Ärzte berücksichtigt hat (vgl. hierzu im Einzelnen den Beschluss des BGH vom 25.1.2012, Az:. 1 StR 45/11):

aa) Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Vermögensschaden i.S.d. § 263 StGB jede durch die Tat verursachte Vermögensminderung zu verstehen, wobei diese nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung auf Grund eines Vergleichs des Vermögensstandes vor und nach der Tat bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise festzustellen ist (vgl. zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 16.6.2014, Az. 4 StR 21/14; Rn. 24 bei Juris).

Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung von Schäden eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 1857/10 Rn. 176).

bb) Ein Schaden liegt nicht vor, wenn zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird. Ein solcher Vermögenszuwachs tritt beispielsweise ein, soweit das Vermögen von einer Verbindlichkeit in Höhe des Verlustes befreit wird (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 444/10 m.w.N.).

cc) Eine Kompensation scheidet hingegen regelmäßig dann aus, wenn sich die Vermögensmehrung nicht aus der Verfügung selbst ergibt, sondern durch eine andere, rechtlich selbständige Handlung hervorgebracht wird (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98).

dd) Maßgeblich für den Vermögensvergleich ist der Zeitpunkt der täuschungsbedingten Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Vermögensverfügung; spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. m.w.N.).

 ee) Die Bewertung des Vermögensschadens erfolgt nach objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Maßgebend für den Vergleich von Leistung und Gegenleistung ist regelmäßig der Verkehrswert (vgl. Cramer/Perron in Schönke/Schröder, a.a.O., § 263 Rn. 109 ff. m.w.N.) oder ein an Angebot und Nachfrage orientierter Marktpreis, der auch nach dem von den Vertragsparteien vereinbarten Preis unter Berücksichtigung der für die Parteien des fraglichen Geschäfts maßgeblichen preisbildenden Faktoren bestimmt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 1 StR 245/09).

ff) Für privatärztliche Leistungen, für die es weder einen Verkehrswert noch einen (objektiven) Markt oder einen von den Vertragsparteien frei zu vereinbarenden Preis gibt, bestimmen die materiell-​rechtlichen Normen zur Abrechenbarkeit der Leistung, namentlich der GOÄ, zugleich deren wirtschaftlichen Wert.

Ist etwa eine Behandlungsleistung zwar erbracht, gilt sie aber als mit einer anderen Leistung abgegolten (vgl. z.B. § 4 Abs. 2a GOÄ), kommt ihr kein eigener wirtschaftlicher Wert zu, mag auch der Patient, hätte er die Leistung alleine bezogen, daraus resultierende Aufwendungen gehabt haben. In dem Umfang, in dem die Rechtsordnung einer privatärztlichen Leistung die Abrechenbarkeit versagt, weil etwa die für die Abrechenbarkeit vorgesehenen Qualifikations- und Leistungsmerkmale nicht eingehalten sind, kann ihr kein für den tatbestandlichen Schaden i.S.v. § 263 StGB maßgeblicher wirtschaftlicher Wert zugesprochen werden (vgl. Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316).

gg) Führt die erbrachte ärztliche Leistung mangels Abrechenbarkeit nicht zum Entstehen eines Zahlungsanspruchs, findet eine saldierende Kompensation nicht statt. Zahlt der in Anspruch Genommene irrtumsbedingt ein nicht geschuldetes Honorar, ist er in Höhe des zu Unrecht Gezahlten geschädigt. Wer eine Leistung unter den jeweils gegebenen Umständen unentgeltlich erlangen oder bereits dafür Geleistetes zurückfordern kann, ohne hierfür Wertersatz leisten zu müssen, ist in Höhe desjenigen Betrages geschädigt, den er täuschungsbedingt gleichwohl hierfür aufgewandt hat.

Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum vertragsärztlichen Abrechnungsbetrug (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02; BGH, Beschluss vom 28. September 1994 - 4 StR 280/94; BGH, Urteil vom 10. März 1993 - 3 StR 461/92; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 8. September 1997 - 2 BvR 2414/94), deren zugrunde liegende Wertung - unbeschadet sozialrechtlicher Besonderheiten - auf den Bereich privatärztlicher Leistungserbringung und Abrechnung übertragbar ist.

hh) Für privatärztliche Leistungen bestimmt die GOÄ den Inhalt der abrechnungsfähigen ärztlichen Leistungen und deren taxmäßige (standardisierte) Honorierbarkeit abschließend. Die Anspruchsvoraussetzungen sind nach den materiell-​rechtlichen Vorschriften der GOÄ fest umschrieben, eine tatbestandliche Schadenskompensation allein mit erbrachter ärztlicher Leistung ist dadurch ausgeschlossen.

Der Leistende wird nicht von einer Verpflichtung gegenüber dem Arzt befreit, eine wirtschaftliche Vermögenssaldierung ergibt daher ein Minus (Hellmann, NStZ 1995, 232; Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316).

Dass der Arzt durch Leistungserbringung von einer Leistungspflicht befreit wird, eine erneute Behandlung "wirtschaftlich unsinnig" wäre (Gaizik, wistra 1998, 329, 332, ebenso Idler, JUS 2004, 1037, 1040; Stein, MedR 2001, 124, 127), ist für die Schadensbestimmung unbeachtlich.

Im Bereich privatärztlicher Liquidation, bei der der behauptete Honoraranspruch nicht schon aus dem Behandlungsvertrag, sondern erst aufgrund der erbrachten Leistungen entsteht, kann eine Zahlung für die Leistungserbringung nicht kausal werden; die Zahlung ist ohne eigenen Vermögenswert, wenn nicht die Rechtsordnung durch Ansprüche eine Korrespondenzbeziehung herstellt.

Lediglich formalrechtliche "Leistungsgewährungsvoraussetzungen", wie sie als Einschränkungen der zum Vertragsarztrecht entwickelten "streng formalen Betrachtungsweise" diskutiert werden (vgl. Volk, NJW 2000, 3385, 3386) oder wie sie im Bereich des Subventionsbetruges zum Tragen kommen können (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05) sind der Abrechnung privatärztlicher Leistungen auf der Grundlage der an die Person des Leistungserbringers (z.B. § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ) oder an die Art und Weise der Leistungserbringung (z.B. § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ) anknüpfenden GOÄ fremd; auch wenn der zahlende Patient die Art der Leistungserbringung oder die Art der Abrechnung genehmigen wollte, bestünde dem Grunde nach ein materieller Anspruch nicht.

ii) In dem dem Beschluss vom 25.1.2012 (Az:. 1 StR 45/11) zugrundeliegenden Fall hat es der BGH gebilligt, dass Osteopathieleistungen, obwohl fehlerfrei erbracht, nicht zur Verneinung des tatbestandlichen Schadens i.S.v. § 263 StGB herangezogen wurden. Die den taxmäßigen Wert der Osteopathieleistungen bestimmenden Regelungen der GOÄ stünden deren Abrechnung durch den Arzt entgegen. Die Leistungserbringung könne, da nicht abrechenbar, nicht zu einem das Vermögen des Patienten belastenden Zahlungsanspruch führen.

Im entschiedenen Fall hatte der Angeklagte Osteopathieleistungen nicht selbst erbracht, sondern durch in seiner Praxis angestellte, nicht approbierte Therapeuten vornehmen lassen und diese dann als eigene in Rechnung gestellt.

jj) Der Senat verkennt nicht, dass der Sachverhalt der zitierten BGH Entscheidung mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht identisch ist (die Therapeuten, die der Kläger einsetzte, waren staatlich geprüft), die dort entwickelten Grundsätze lassen sich aber übertragen:

(1) Ein Anspruch des Klägers gegenüber den Patienten bezüglich der fiktiv abgerechneten Tage bestand nicht, da an diesen Tagen keine Leistungen erbracht wurden und somit auch nicht abrechenbar waren. Insoweit waren auch die jeweiligen Privaten Krankenversicherungen nicht verpflichtet, ihren Versicherungsnehmern die vom Kläger neben anderen Ziffern angesetzten zwei GOÄ Ziffern 3306 analog zu erstatten.

Es kam damit zu einem Vermögensabfluss und einem daraus resultierenden Schaden bei den Versicherungen, denen kein entsprechender Anspruch der Versicherungsnehmer gegenüberstand.

(2) Ein Schaden kann auch nicht dadurch verneint werden, dass man annimmt, der Vermögensabfluss sei dadurch kompensiert worden, dass der Kläger die am fiktiv abgerechneten Tag angesetzten zwei Ziffern der GOÄ 3306 analog an einem vorangegangenen Tag im Rahmen der einstündigen Behandlung erbracht hatte und die Versicherungen daher ihren Patienten diese Leistung nicht erneut erstatten mussten und sich hierfür Aufwendungen ersparen.

(a) Der Schadenskompensation steht zum einen schon entgegen, dass aufgrund der Feststellungen des Landgerichts der Kläger das Aufspalten einer einstündigen Behandlung in zwei halbstündige nur gegenüber solchen Versicherungen praktizierte, von denen er wusste, dass diese das viermalige Ansetzen der GOÄ Ziffer 3306 analog im Rahmen einer einstündigen Behandlung nicht akzeptieren, sondern nur bis maximal dreimal diese Ziffer anerkennen würden.

Insoweit scheitert eine schadensrechtliche Kompensation schon im Ansatz, weil die Patienten des Klägers durch das Aufsplitten des einstündigen Behandlungstermins in einen "echten" und einen fiktiven mehr erstattet erhielten, als ihnen die Private Krankenversicherung bei ordnungsgemäßer Abrechnung des tatsächlichen einstündigen Termins erstattet hätte.

Gegenüber ihren Privaten Krankenversicherungen hätten die Patienten aufgrund ihres Versicherungsvertrages gerade keinen Anspruch auf Erstattung der viermaligen GOÄ Ziffer 3306 analog, sondern nur einen geringeren gehabt (je nach Privater Krankenversicherung einen auf Erstattung des zweimaligen Ansatzes bzw. dreimaligen Ansatzes).

Der Kläger vermengt im Rahmen seiner Argumentation zur Schadenskompensation in unzulässiger Weise die Vertragsverhältnisse zwischen ihm und seinen Patienten und die zwischen der Privaten Krankenversicherungen und ihren Versicherungsnehmern.

(b) Im Verhältnis zu seinen Patienten mag der Kläger zutreffend der Ansicht sein, ihm stehe im Rahmen einer einstündigen Behandlung auch der viermalige Ansatz der GOÄ Ziffer 3306 analog zu; davon zu unterscheiden ist aber der Anspruch des Patienten gegenüber seiner Versicherung, den der Kläger mit seiner fiktiven Abrechnungspraxis manipulierte.

Was der Kläger aus seiner Sicht an Mehrleistungen gegenüber seinen Patienten erbracht haben mag, kompensiert nicht den Schaden, den die Privaten Krankenversicherungen dadurch erleiden, dass sie ihren Versicherungsnehmern etwas erstatten, was diesen aufgrund der Vertragsbedingungen aber so nicht zusteht (zutreffend insoweit auch die Ausführungen im Rechtgutachten Prof. B., S. 25 ff., Anlage B 1). Dass den jeweiligen Patienten gegenüber ihren jeweiligen Privaten Krankenversicherungen mehr als die Erstattung des zwei- bzw. dreifachen Betrages zugestanden hätte und deshalb die Patienten im Rahmen ihres Vertragsverhältnisses mit der Versicherung das erhielten, worauf sie nach den jeweiligen Versicherungsbedingungen auch Anspruch gehabt hätten, hat der Kläger nicht behauptet.

Insoweit hat der Senat schon die nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legen, wonach der Kläger seine Abrechnungspraxis (mittels seiner Patienten) genau gegenüber den Privaten Krankenversicherungen anwandte, von denen er wusste, dass eine Erstattung des vierfachen Betrages der Ziffer 3306 GOÄ analog aufgrund der jeweiligen Versicherungsbedingungen nicht erfolgte.

(c) Insoweit Hegt zur Überzeugung des Senats ein Betrug des Klägers im Sinne des § 263 StGB schon deshalb vor, weil er infolge des Aufspaltens seiner einstündigen Behandlung in einen "echten" und einen fiktiven Behandlungstag, den Versicherungsnehmern gegenüber ihren jeweiligen Privaten Krankenversicherungen zu einem Vorteil verhalf, auf den sie aufgrund ihres Versicherungsvertrages gerade keinen Anspruch hatten. Dadurch entstand bei den jeweiligen Versicherungen ein Schaden infolge der Erstattung einer Behandlung, die sie aufgrund der jeweiligen Versicherungsbedingungen nicht erstatten mussten.

(d) Insoweit stellt sich von vornherein schon gar nicht die seitens des Klägers vertieft dargestellte Problematik des Nichtvorliegens eines wirtschaftlichen Schadens mit der Argumentation, er habe nur das abgerechnet (Behandlung an 4 Extremitäten), was ihm wirtschaftlich auch zugestanden habe. Der Kläger verkennt, dass es nicht um das Verhältnis zwischen ihm und seinen Patienten geht, sondern um das Verhältnis der Patienten zu ihren jeweiligen Privaten Krankenversicherungen.

Die Versicherungen waren aufgrund des Versicherungsvertrages mit dem jeweiligen Versicherungsnehmer gerade nicht zur vierfachen Erstattung der Ziffer 3306 GOÄ analog verpflichtet, sondern nur zu einer zwei- bzw. dreifachen Erstattung, was der Kläger wusste.

Insoweit lag bei der jeweiligen Krankenversicherung ein rein wirtschaftlicher Schaden dadurch vor, dass sie ihrem Patienten etwas erstatteten, worauf dieser nach den jeweils geltenden Vertragsbedingungen nie einen Anspruch hatte.

Die Diskussion um die Frage, inwieweit die Entscheidung des BGH vom 25.1.2012 auf einem verfassungswidrigen rein normativen Schadensbegriff basiert (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 4.1.2016, dort Seite 5, Bl. 337 d.A.), spielt schon im Ansatz keine Rolle, weil hier bei den jeweiligen Versicherungen ein rein wirtschaftlicher Schaden entstand.

(e) Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang auch die Argumentation des Klägers damit, dass seitens der Patienten gemäß den Versicherungsvertragsbestimmungen Arglist gegenüber der Versicherung vorliegen müsse, damit diese nicht zur Leistung verpflichtet sei (Schriftsatz 18.5.2016, dort S. 4, Bl. 417 d.A.).

Entscheidend ist, dass der Kläger gemäß seiner eigenen Einlassung im Strafverfahren wusste, dass bestimmte Versicherungen gegenüber ihren Versicherungsnehmern/seinen Patienten zur viermaligen Erstattung der Ziffer 3306 GOÄ analog nicht verpflichtet waren und er - mittels der Patienten, sei es als undolose Werkzeuge, sei als Mitwissende - die Versicherungen insoweit täuschte, als diese Rechnungen für ärztliche Leistungen seinerseits erstatteten, die sie nicht er statten mussten.

Schon deshalb ist eine Pflichtverletzung des Beklagten nicht zu erkennen, nachdem mit einer Verurteilung des Klägers wegen Betruges gerechnet werden musste.

(3) Aber selbst wenn man diese auf das konkrete Vertragsverhältnis der Patienten mit der Privaten Krankenversicherung bezogenen Erwägungen zurückstellt und eine Gleichwertigkeit der klägerischen Leistung unterstellt (weil er - so die Argumentation des Klägers - ja in Summe an vier verschiedenen Bereichen des Körpers behandelt hatte), also davon ausgeht, dass er in beiden Fällen "ziffernmäßig" viermal die GOÄ Nummer 3306 analog erbracht hätte, fehlt es an der Kompensierung des Vermögensschadens der Versicherung:

(a) Denn nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BGH gibt es für privatärztliche Leistungen weder einen Verkehrswert noch einen (objektiven) Markt oder einen von den Vertragsparteien frei zu vereinbarenden Preis, so dass allein die materiell-​rechtlichen Normen zur Abrechenbarkeit der Leistung, insbesondere die GOÄ, zugleich deren wirtschaftlichen Wert bestimmen.

Führt die erbrachte ärztliche Leistung mangels Abrechenbarkeit nicht zum Entstehen eines Zahlungsanspruchs, kann eine saldierende Kompensation nicht stattfinden.

Genau das war vorliegend aber der Fall: Die am tatsächlichen Behandlungstag erbrachten Leistungen, die der Kläger fälschlich an einem fiktiven Tag und nicht am eigentlichen Behandlungstag abrechnete, waren somit nicht abrechenbar und daher auch nicht saldierbar.

(b) Auch die vom Kläger unter Bezugnahme auf das von ihm in Auftrag gegebene Rechtsgutachten des Prof. S... (Blatt 255/ 281 d.A.) ins Feld geführte Argumentation mit der Nähe der hier vorliegenden Konstellation zum straflosen Beweismittel-​/Selbsthilfebetrug führt nicht weiter, da vorliegend eine solche Konstellation nicht vorliegt:

Der Kläger hatte gerade keinen wertmäßigen Anspruch in Höhe des vierfachen Ansatzes der GOÄ Ziffer 3306 analog am Behandlungstag, den er mit dem fiktiven Ansatz der zweimaligen GOÄ Ziffer 3306 analog hätte kompensieren können: Seine ihm zustehende Leistung am eigentlichen Behandlungstag wurde definiert durch seine Abrechnung mit dem zweimaligen Ansatz der GOÄ Ziffer 3306 analog, womit er "wertmäßig" auch nur eine Leistung in dieser Höhe erbracht hatte (insoweit wollte er bewusst gegenüber seinen Patienten wertmäßig nicht mehr im Wege der Abrechnung geltend machen). Die Krankenkassen mussten nach der GOÄ nur Leistungen erstatten, die zum angegebenen Termin auch tatsächlich erbracht worden waren.

Gerade dadurch unterscheidet sich die hier gegeben Konstellation vom Fall des BGH, 3 StR 444/10, in dem es der BGH für möglich hielt, dass der Gläubiger sich im Rahmen eines Rechtsgeschäfts, auf Grund dessen ihm kein Anspruch zustand (Grundsanierung von Baustraßen im Spätherbst 1997), einen Vermögensvorteil verschaffte, um sich damit für einen aus einem anderen Rechtsgeschäft bestehenden Anspruch (Herstellung einer Baustraße im Frühjahr 1997) zu befriedigen.

(c) Der Kläger hatte mangels Abrechnung am tatsächlichen Behandlungstag gerade keinen Anspruch in Höhe des viermaligen Ansatzes der GOÄ Ziffer 3306 analog, sondern nur in Höhe des zweimaligen Ansatzes, da erst durch seine Abrechnung seine Leistung wertmäßig sich auf diesen Umfang konkretisierte.

Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die von jeweils einschlägigen Abrechnungsvorschriften ausgehenden normativen Schranken einer Schadenskompensation nach rein wirtschaftlichen Maßstäben Grenzen setzen (S. 23 und S. 40 ff. des Rechtsgutachtens Prof. B. (Anlage B 2).

Daher scheitert die Vergleichbarkeit des Anspruchs aufgrund nach der GOÄ mit dem nach der VOB berechneten (so im Urteil des BGH, 3 StR 444/10): Der Anspruch nach VOB bestand in einer konkreten Höhe, hinter der die Leistung des Bauunternehmers stand; bei dem Anspruch des Klägers aufgrund seiner einstündigen Behandlung machte er sich selbst abhängig vom Erstattungsverhalten der Privaten Krankenversicherungen, das der Kläger freilich umgehen wollte. Insofern wollte der Kläger am tatsächlichen Behandlungstag nur zweimal die GOÄ Ziffer 3306 analog ansetzen und insoweit war sein Anspruch - im Gegensatz zum Anspruch nach VOB im zitierten BGH-​Fall - nie in der vom Kläger beabsichtigten Höhe entstanden.

e) Der Kläger handelte auch vorsätzlich und mit rechtswidriger Bereicherungsabsicht:

aa) Für den Schädigungsvorsatz ist es ausreichend, dass der Täter die schadensbegründenden Umstände kennt, was hier unstreitig gegeben ist. Dem Kläger waren die Versicherungen bekannt, die aufgrund ihrer Vertragsbestimmungen lediglich den zweifachen bzw. dreifachen Ansatz der GOÄ Ziffer 3306 analog akzeptierten und erstellte dementsprechend Rechnungen, die einen echten und einen fiktiven Behandlungstag vorsahen, die seine Patienten dann einreichten.

bb) Die Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass es dem Kläger letztlich auf eine für ihn praktikable Abrechnung angekommen sein mag (BGHSt 16, 1, 3 f.; BGH, Urteil vom 15. Mai 1985 - 2 StR 115/85). Entscheidend ist allein, ob er in der Annahme gehandelt hat, eine Erstattung in der geltend gemachten Höhe nicht beanspruchen zu können (BGHSt 3, 160, 162; BGH bei Dallinger MDR 1956, 10; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 7; vgl. auch BGH GA 1966, 52; BGH wistra 1982, 68) bzw. seinen Patienten einen Anspruch gegen ihre Privaten Krankenversicherungen zu verschaffen, auf den diese - wie er wusste - kein Anrecht hatten.

Insofern nahm der Kläger nicht nur billigend in Kauf, dass die Patienten eine Erstattung von ihrer Privaten Krankenversicherungen erhielten, auf die sie keinen Anspruch hatten, sondern wusste dies konkret, da er seine Abrechnungspraxis auf das jeweilige Erstattungsverhalten der Versicherungen abgestimmt hatte.

cc) Dass der Kläger auch die Absicht hatte, seinen Patienten einen rechtswidrigen Vorteil zu verschaffen, ergibt sich für den Senat schon aus der vom Kläger praktizierten Abrechnungspraxis.

Der Kläger wollte ein Honorar in einer bestimmten Höhe erzielen und zugleich erreichen, dass seine Patienten einen entsprechenden Erstattungsbetrag in dieser Höhe auch von ihrer privaten Krankenversicherung erhielten. Weil er wusste, dass bestimmte Private Krankenversicherungen die GOÄ Ziffer 3306 analog für eine einstündige Behandlung nicht viermal akzeptieren würden, splittete er die Behandlung auf und gab fiktive Termine in seinen Abrechnungen an.

Die Alternative wäre gewesen, den Patienten eine ordnungsgemäße Abrechnung nur bezogen auf den tatsächlichen Behandlungstag zu erstellen, wobei es dem Kläger unbenommen war, viermal die GOÄ Ziffer 3306 analog aufzuführen.

Bei bestimmten, dem Kläger bekannten Privaten Krankenversicherungen wären diese Rechnungen aber nur teilweise (bis zum zwei- bzw. dreifachen Satz der GOÄ Ziffer 3306 analog) den Patienten erstatten worden, so dass diese dann gegenüber dem Kläger die Differenz selbst hätten begleichen müssen.

Mit seiner Abrechnungspraxis verschaffte der Kläger damit den Patienten teilweise eine Erstattungsleistung der Versicherung, auf die sie keinen Anspruch hatten, was der Kläger mittelbar im eigenen Interesse auch beabsichtigte.

Der Kläger befand sich also auch nicht in einem Irrtum über das Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils (vgl. insoweit aber die Argumentation des Klägers, Bl. 101 d.A.). Er ging vielmehr bezüglich. des Versicherungsverhältnisses bestimmter Patienten zu ihren Privaten Krankenversicherungen gerade davon aus, dass diesen aus ihrem Vertragsverhältnis keinen Anspruch auf Erstattung der viermaligen Ziffer 3306 GOÄ analog zusteht.

dd) Insbesondere aber unterlag der Kläger nicht einem strafrechtlich relevanten Irrtum:

(1) Er unterlag keinem Tatbestandsirrtum im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB: Danach handelt derjenige nicht vorsätzlich, der bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört. Der Vorsatz einer Tat muss die Umstände des gesetzlichen Tatbestandes umfassen, § 16 Abs. 1 StGB beschreibt den Tatbestandsirrtum als Unkenntnis der Tatbestandsmerkmale (vgl. hierzu Fischer, Strafgesetzbuch, § 16 Rn. 2 ff.). Insbesondere müssen vom Vorsatz umfasst sein das Objekt der Rechtsgutverletzung, die Person des Verletzten sowie der Kausalverlauf.

Danach hat der Senat keinen Zweifel daran, dass der Kläger vorsätzlich handelte und sich nicht in einem gemäß § 16 StGB relevanten Irrtum befand:

Der Kläger ging gerade nicht davon aus, dass er an fiktiven Behandlungstagen einen rechtmäßigen Anspruch geltend machen würde. Er wusste konkret, dass bestimmte Private Krankenversicherungen seine einstündige Behandlung nicht in dem von ihm gewünschten Umfang gegenüber ihren Versicherungsnehmern/ seinen Patienten erstatten würden und fingierte daher einen weiteren, nicht existenten Behandlungstermin. Er wusste auch, dass ein Vermögensschaden eintrat, weil aufgrund seines Vorgehens bestimmte Private Krankenversicherungen ihren Versicherungsnehmern Leistungen erstatteten, die sie nicht erstatten mussten.

(2) Auch unterlag er keinem relevanten unvermeidbaren Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB:

Die Einsicht, Unrecht zu tun, d.h. das verstehende Erkennen der Rechtswidrigkeit der Tat muss vorliegen, damit der Täter sich strafbar macht (vgl. hierzu Fischer, a.a.O., § 17 Rn. 2). Der Täter muss nicht die Strafbarkeit seines Handelns kennen, es reicht das Bewusstsein, Unrecht zu tun. Unrechtsbewusstsein ist somit die Einsicht, dass das Tun gegen die durch verbindliches Recht erkennbare Wertordnung verstößt und liegt bereits dann vor, wenn der Täter mit der Möglichkeit rechnet, Unrecht zu tun und dies billigend in Kauf nimmt (vgl. Fischer, a.a.O., § 17 Rn. 5). Damit § 17 Satz 1 StGB bejaht werden kann, müsste dem Täter die Unrechtseinsicht bei Begehung der Tat fehlen.

Der Senat schließt aus, dass sich der Kläger in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum i.S.d. § 17 StGB befand: Der Kläger war sich der Rechtswidrigkeit seiner Abrechnungspraxis bewusst, was sich aus seinen Einlassungen im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung, aber auch aus seinem letzten Wort im Strafverfahren ergibt (vgl. insoweit die Einlassung des Klägers in seiner Beschuldigtenvernehmung, Anlage B 10: "Ich habe Leistungen aus folgenden Gründen auch an fiktiven Tagen, an denen also keine Behandlung stattfand, abgerechnet: es handelt sich dabei um Fälle, in denen die Versicherungen den bis zu vierfachen Ansatz der Ziff. 3306 nicht anerkennen... Mir war klar, dass die Versicherungen die Rechnungsbeträge für die fiktiven Endtermine nicht erstattet hätten, wenn sie gewusst hätten, dass es sich um fiktive Termine handelt.").

f) Der Senat hat auch keine Bedenken, dass der Kläger in sämtlichen Fällen als Täter verurteilt wurde, da er, auch wenn er alle Patienten von seiner Abrechnungspraxis informiert hatte, nicht nur Anstifter der Privatpatienten war, soweit diese die Rechnungen bei der Versicherung einreichten, sondern aufgrund seiner Tatherrschaft und seines Tatbeitrages (Abklären, welches Erstattungsverhalten die jeweilige Versicherung des Patienten hat; Erstellen einer darauf abgestimmten Rechnung) Täter bzw. - sofern die Patienten den Abrechnungsbetrug des Klägers durchschauten - Mittäter.

1.1.2. Nachdem die Annahme eines Abrechnungsbetruges zutreffend war, durfte der Beklagte dem Kläger zur Abgabe eines Geständnisses und zur Absprache im Sinne des § 257 c StGB raten, soweit es um die Verurteilung wegen Abrechnungsbetrug als solcher ging.

Der Senat sieht insbesondere keine Gründe für die Annahme, dass es für den Beklagten Anhaltspunkte dafür gab, dass der Kläger sich nicht eines (vollendeten) Abrechnungsbetruges strafbar gemacht hatte.

1.1.3. Der Senat sieht auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte dem Kläger deshalb von der Teilnahme an einer Verständigung hätte abraten müssen, weil das Gericht insoweit eine Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren in Aussicht gestellt hatte und er diese für überhöht halten musste.

Dem Kläger war insoweit in der Anklage (Anlage B 2) Betrug in 6.643 Fällen und ein Gesamtschaden in Höhe von 150.255,85 € (Seite 3 der Anklage) zur Last gelegt worden. Es handelte sich um den Vorwurf des gewerbsmäßigen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 und Abs. 3 StGB in 6.643 tatmehrheitlichen Fällen, der als Einzelstrafe einen Strafrahmen von 6 Monate bis 10 Jahre vorsieht. Hieraus war gemäß § 53 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden, die gemäß § 54 StGB über der Einsatzstrafe von 6 Monaten (Abs. 1) liegen musste und unter der Summe der Einzelstrafen (Abs. 2). Im Rahmen der Strafzumessung war gemäß § 46 StGB zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass er sein Abrechnungsverhalten trotz des Eindrucks des gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahrens fortgesetzt hatte, was zu einem weiteren Ermittlungsverfahren unter dem Az.: 312 Js 42849/08 geführt hatte.

Insoweit wäre aus Sicht des Senats, dessen Mitglieder - zum Teil langjährig - als Staatsanwälte tätig gewesen sind und eine Vielzahl von Hauptverhandlungen miterlebt haben, in denen auch Betrugstaten Gegenstand der Verhandlung waren, bezüglich des vorgeworfenen Abrechnungsbetruges eine Freiheitsstrafe im Bereich von deutlich über 2 Jahren auszusprechen gewesen, somit in einem Bereich, in dem sich die Frage der Bewährung von vornherein nicht gestellt hätte (vgl. § 56 StGB, der eine Strafaussetzung zur Bewährung nur bis zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren ermöglicht).

Mit seiner Ankündigung, im Falle eines Geständnisses des Klägers eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren auszusprechen, die zur Bewährung ausgesetzt würde, lag das Schöffengericht am obersten Rand der noch zur Bewährung aussetzbaren Strafe.

Gemäß § 56 StGB mussten hierzu 3 Voraussetzungen bejaht werden, wobei insbesondere die Voraussetzung des § 56 Abs. 2 (Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit, Vorliegen besonderer Umstände), die ab einer Freiheitsstrafe über 1 Jahr vorliegen muss, im Hinblick auf die Vielzahl der Betrugsfälle und die Tatsache, dass der Kläger sein Abrechnungsverhalten auch nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens fortgesetzt hatte, nur schwer zu begründen gewesen wäre.

Für den Beklagten lag die im Rahmen der Verständigungsgespräche seitens des Gerichts in Aussicht gestellte Freiheitsstrafe von 2 Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, daher in einem Bereich, den er nicht für überhöht halten musste, nachdem im Gegensatz zur Ansicht des Klägers bei Durchführung einer Beweisaufnahme gerade nicht mit einem Freispruch gerechnet werden durfte.

Damit durfte der Beklagte dem Kläger auch zu einer Verständigung mit einer in Aussicht gestellten Freiheitsstrafe von 2 Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, raten.

1.1.4. Der Beklagte musste dem Kläger auch nicht deshalb von der Verständigung abraten, weil eine Beweisaufnahme einen Tatnachweis nicht ermöglicht oder andere entlastende Umstände erbracht hätte, so dass mit einer geringeren oder gar keinen Strafe zu rechnen war. Denn auch ohne Geständnis musste der Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger nach Durchführung der Beweisaufnahme verurteilt würde.

Ohne Geständnis hätte das Schöffengericht die Beweisaufnahme durchführen müssen. Zum einen hätte sich das Schöffengericht auf die beim Kläger beschlagnahmten Unterlagen stützen können, um aus ihnen die betroffenen Versicherungen und Patienten zu entnehmen (vgl. Anlage K 35 S. 2 - 4. Absatz von unten, Anlage K 39 S. 2); die Mitarbeiter der Privaten Krankenversicherung ergaben sich auch aus der Anklage, dort "wesentliches Ergebnis der Ermittlungen, E I."

Die Schadenshöhe wäre zunächst ausgehend von der im Ermittlungsverfahren erstellten Auflistung/Tabelle festzustellen gewesen (vgl. nach Anlage K 28), nachdem dort anhand der Angaben und Unterlagen des Klägers die betroffenen Privaten Krankenversicherungen ermittelt worden waren und anhand der einzelnen Rechnungsdaten für die fiktiv abgerechneten Tage jeweils der zu Unrecht angesetzte Erstattungsbetrag ermittelt worden war.

Hierzu hätte das Schöffengericht dann die einzelnen Sachbearbeiter der jeweils betroffenen Versicherungen einvernehmen können, insbesondere auch zu den aufgrund den fiktiven Abrechnungen zu Unrecht erstatteten Beträgen.

Schließlich hätten auch die Angaben des Klägers im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung eingeführt werden dürfen, für die insoweit kein Verwertungsverbot bestand (vgl. § 254 SPO, der nur ein Verlesungsverbot bzgl. nichtrichterlicher Protokolle enthält, nicht aber ein darüber hinausgehendes Beweisverwertungsverbot; vgl. hierzu Meyer-​Goßner, Strafprozessordnung, § 254 Rn. 6 ff.), etwa durch Vernehmung der staatsanwaltschaftlichen Vernehmungspersonen. Auch hieraus hätte sich dann das Vorgehen des Klägers im Einzelnen rekonstruieren lassen.

Bei dieser Sachlage musste der Beklagte davon ausgehen, dass das Schöffengericht - ausgehend von seiner zutreffenden rechtlichen Würdigung des Verhaltens des Klägers als Betrug - nach Durchführung der Beweisaufnahme zu einem Nachweis konkreter Betrugstaten gekommen wäre.

Dass bei diesem Szenario am Ende der Strafverhandlung bei der rechtlich gebotenen Einstufung des Verhaltens des Beklagten als gewerbsmäßiger Abrechnungsbetrug eine Strafe unterhalb der in Aussicht gestellten Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung seitens des Beklagten zu prognostizieren gewesen wäre, hält der Senat für ausgeschlossen.

Insbesondere wäre - wiederum - als entscheidender Strafzumessungsgesichtspunkt das Geständnis des Klägers weggefallen, das im Rahmen des § 46 StGB zwingend zu berücksichtigen war.

Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger auch nach durchgeführter Beweisaufnahme noch ein Geständnis hätte abgeben können; dieses wäre auch zu berücksichtigen gewesen, allerdings nicht in dem Maße, wie ein vor einer Beweisaufnahme abgegebenes Geständnis (vgl. Meyer-​Goßner, a.a.O., § 46 Rn. 50 f.).

Insgesamt durfte der Beklagte nicht davon ausgehen, dass eine Durchführung der Beweisaufnahme bei der rechtlich gebotenen Verurteilung wegen Abrechnungsbetruges zu einer geringeren Strafe führen würde.

1.1.5. Auch wenn hierzu kein konkreter Vortrag des Klägers im Rahmen der ihn treffenden Beweislast gemäß § 286 ZPO vorlag, hat der Senat im Rahmen des Pflichtverletzungsvorwurfs auch in Erwägung gezogen, ob der Beklagte nicht deshalb auf einer Durchführung der Beweisaufnahme bestehen musste, weil eine Einvernahme der Versicherungsmitarbeiter eventuell ergeben hätte, dass die Versicherungen aufgrund der Vertragsbedingungen doch im Einzelfall bis zum 4-​fachen Satz die Ziffer 3306 GOÄ analog erstattet hätten und daher eventuell nur eine Verurteilung wegen versuchten Betruges in Betracht gekommen wäre.

a) Für diese Annahme sprach allerdings von Vornherein nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, weil die Schadensaufstellung nach Anlage K 28 nicht den Eindruck erweckt, "unsauber" ermittelt worden zu sein. Vielmehr zeigt sie akribisch bis in kleinste Beträge auf, an welchem Tag durch welche fiktiven Rechnungen welcher Schaden entstanden war. Dies spricht dafür, dass durch die Ermittlungsbeamten des PP München durch entsprechende Nachfragen bei den betroffenen Krankenversicherungen jeweils konkret der Einzelschaden bzgl. der einzelnen Rechnungen abgeklärt worden war. Für einen Schaden bei den jeweiligen Privaten Krankenversicherungen spricht auch, dass der Kläger sich gegenüber dem Münchener Verein Krankenversicherung, der ihn wegen seiner Abrechnungspraxis auf Zahlung von 15.338,01 € zuzüglich Zinsen verklagt hatte, im Vergleichswege zu einer Zahlung von 15.338,01 € zuzüglich Zinsen verpflichtete (mit einer Erlassregelung bei rechtzeitiger Zahlung auf 11.500,- €; vgl. Bl. 43 d.A.).

Auch hatte der Kläger selbst angegeben, seine Abrechnungspraxis mit der Aufspaltung in einen echten und fiktiven Behandlungstag nur bei den Versicherungen angewendet zu haben, deren Abrechnungspraxis (bis maximal des 2-​fachen bzw. 3-​fachen Ansatzes der Ziffer 3306 analog) ihm insoweit bekannt war.

Insoweit bestand für den Beklagten kein Ansatzpunkt, Zweifel an der Schadensberechnung, insbesondere der Höhe, in der Anklage zu haben, um deshalb die Durchführung der Beweisaufnahme in Erwägung zu ziehen.

b) Selbst wenn man aber den unwahrscheinlichen Fall unterstellt, dass der Beklagte Anhaltspunkte dafür hätte haben müssen, dass die Einvernahme der Versicherungssachbearbeiter in conreto keinen Schaden ergeben könnte (etwa weil sich dann herausstellt, dass doch ein Anspruch der versicherten Patienten auf den viermaligen Ansatz der Ziffer 3306 GOÄ analog bestanden hatte), wäre der Kläger jedenfalls wegen versuchten Betruges zu verurteilen gewesen.

Denn ein solcher - und nicht ein strafloses Wahndelikt - hätte dann vorgelegen, da der Kläger sich nicht über die rechtliche Strafbarkeit an sich geirrt hätte (dann Wahndelikt, vgl. hierzu Fischer, a.a.O., § 22 Rn 49 ff.), sondern über den zugrundeliegenden Sachverhalt (irrige Annahme, dass kein Erstattungsanspruch in Höhe der viermaligen Ziffer 3306 GOÄ analog besteht).

Jedenfalls hätte auch in dieser unwahrscheinlichen Situation ein entscheidendes strafmilderndes Kriterium - nämlich das Geständnis des Klägers gefehlt - was im Ergebnis - trotz der beim Versuch vorzunehmenden Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 22, 23, 49 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe geführt hätte, bei der der Beklagte nicht mit einer Aussetzung zur Bewährung rechnen konnte.

1.1.6. Eine Pflichtverletzung des Beklagten scheidet im Übrigen selbst dann aus, wenn man die klägerischen rechtlichen Überlegungen zur Schadenskompensation im Rahmen des 4-​fachen Ansatzes der Ziffer 3306 GOÄ analog zugrunde legen würde und insoweit einen Betrug verneinen würde.

Selbst wenn der Beklagte im Ausgangspunkt diese Überlegung zugrunde legen hätte müssen, hätte er nicht von einem Freispruch, sondern weiterhin von einer Verurteilung des Klägers wegen Abrechnungsbetruges ausgehen müssen.

a) Bereits im Ermittlungsverfahren hatte die Frage im Raum gestanden, inwieweit neben der Thematik des vierfachen Ansatzes der Ziffer 3306 GOÄ analog eine Strafbarkeit wegen Betruges durch den Ansatz anderer Gebührenziffern an fiktiven Behandlungstagen in Betracht kam. Ausweislich des Vermerks vom 24.4.2007 (Anlage B 7) stand insoweit wegen des Ansatzes der Ziffern 506, 515, 3305 f und 3305 t GOÄ für die Jahre 2000 bis 2003 ein seitens der Staatsanwaltschaft ermittelter Schaden von 200.625,58 € im Raum.

Insoweit hat der Senat am 9.2.2016 in seiner Terminsverfügung (Bl. 350 d.A.) darauf hingewiesen, dass Abrechnungsbetrug nicht nur bzgl. der Ziffer 3306 GOÄ analog im Raum stand, sondern jedenfalls auch bezüglich der in den Rechnungen weiter aufgeführten Ziffern 506 GOÄ (Krankengymnastische Ganzbehandlung als Einzelbehandlung - einschließlich der erforderlichen Massag(en) und 515 GOÄ (Extensionsbehandlung z. B. Glissonschlinge), die der Kläger ebenfalls auf einen echten und einen fiktiven Behandlungstag aufgeteilt hatte, wie die Auswertung Anlage K 28 vielfach belegt. Diese Positionen sind (bei tatsächlicher Leistungserbringung) jeweils einmal im Rahmen einer Arzt/Patienten/Begegnung (Inanspruchnahme der Praxis) berechnungsfähig Schreiben der Bayerischen Landesärztekammer vom 02.11.2004 bei Anlage B 1).

Im Rahmen des § 264 StPO hätte daher das Schöffengericht, selbst wenn es die klägerischen Erwägungen zum fiktiven Ansatz der Ziffer 3306 GOÄ analog geteilt hätte, beurteilen müssen, ob nicht eine Betrugsstrafbarkeit wegen des fiktiven Ansatzes der Ziffern 506 und 515 GOÄ mit einem vergleichbaren Schadensumfang in Betracht kam.

Dass insoweit der Beklagte bzgl. dieser Ziffern davon ausgehen musste, dass ein Freispruch in Betracht kommt und ihm daher ein Pflichtverletzungsvorwurf insoweit zu machen wäre, hat der Kläger im Rahmen des § 286 ZPO nicht näher dargelegt und ist für den Senat auch nicht erkennbar.

Auch deshalb kann der Kläger mit seiner Behauptung nicht durchdringen, der Beklagte habe ihm von einem Geständnis und einer Verständigung abraten müssen, weil er freizusprechen gewesen wäre.

1.1.7. Aus den vorgenannten Gründen stellte es daher auch keine Pflichtverletzung des Beklagten dar, dass er dem Kläger nicht die Einlegung eines Rechtsmittels empfohlen hatte, da die Verurteilung durch das Schöffengericht wegen Abrechnungsbetruges sachlich zutreffend war und auch nicht damit zu rechnen war, dass die Durchführung der Berufung zu einer geringeren Strafe geführt hätte. Ebenso wenig versprach eine Revision Erfolg, nachdem die Verurteilung wegen Betruges rechtlich nicht zu beanstanden war.

1.2. Eine Pflichtverletzung ist auch nicht darin zu sehen, dass der Beklagte nicht den Schlussvortrag des Klägers als Widerruf seines Geständnisses wertete und das Gericht daher darauf hinwies, dass die Voraussetzungen für die Absprache entfallen seien:

1.2.1. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist in der Äußerung des Klägers in seinem Schlusswort (vgl. K 5 und insbesondere Anlage K 40) schon kein Widerruf seines Geständnisses zu sehen. Vielmehr hat der Kläger im Gegenteil dort nochmals den äußeren Tatablauf eingeräumt, insbesondere die Abrechnungen an einem fiktiven Termin, und dass ihm bewusst war, gegen die Gebührenordnung verstoßen zu haben.

Die Äußerung, ihm sei nicht bewusst gewesen, etwas Unrechtes getan zu haben, ist gerade kein Widerruf des vorher eingeräumten Tatgeschehens, sondern eine allgemeine Erklärung, dass er sich keiner Schuld bewusst sei.

1.2.2. Im Übrigen würde es auch - unterstellt man einen Widerruf des Geständnisses und die Pflicht des Beklagten, auf das Entfallen der Grundlage für die Absprache gegenüber dem Gericht hinzuweisen - an einem kausalen Schaden durch den (unterstellten) Beratungsfehler fehlen, da es dann zu einer Beweisaufnahme gekommen wäre, die - wie bereits ausgeführt - aller Wahrscheinlichkeit nach aus Sicht des Beklagten zu einer Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung führen musste.

1.3. Dem Beklagten ist auch keine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Approbationsentzug nachzuweisen:

1.3.1. Das Landgericht ist bezüglich der Frage, ob der Beklagte den Kläger hinsichtlich der Auswirkungen einer strafgerichtlichen Verurteilung auf die Approbation des Klägers falsch oder gar nicht beraten hat, nach Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass es von einer Falschberatung nicht überzeugt sei.

a) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang die Würdigung der Parteianhörungen des Klägers und des Beklagten durch das Landgericht angreift, versucht er lediglich seine Auffassung an die Stelle des Landgerichts zu setzen. Die Würdigung des Landgerichts weist aber keine erkennbaren Fehler auf, wenn es - nach Auseinandersetzung mit beiden Aussagen - den Angaben des Beklagten in dessen Anhörung den Angaben des Klägers den Vorrang einräumt.

Hinzukommt, dass die Beweislast für eine Pflichtverletzung gemäß § 286 ZPO beim Kläger liegt und selbst bei gleichwertiger Beurteilung des Aussagewerts beider Anhörungen das Gericht von einem "non-​liquet" zum Nachteil des Klägers ausgehen müsste.

Keinesfalls ist es aufgrund der klägerischen Argumentation als zwingend anzusehen, dass das Landgericht den Angaben des Klägers denen des Beklagten den Vorrang hätte einräumen und von deren Richtigkeit hätte überzeugt sein müssen.

Dass sich das Gericht von der Richtigkeit der Angaben der Zeugin R... nicht überzeugen konnte, kann der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg angreifen; die Begründung des Landgerichts mit dem Hinweis auf die andauernde berufliche Verbindung der Zeugin zum Kläger bringt die Zweifel des Landgerichts mit nachvollziehbarer Argumentation zum Ausdruck.

b) Soweit der Kläger hier in erster Instanz die Einvernahme des Zeugen Rechtsanwalt S... angeboten hatte und dies auch in der Berufungsinstanz wiederholt hat, war diesem Beweisangebot in der Berufungsinstanz schon deshalb nicht nachzugehen, weil die landgerichtliche Würdigung der Angaben des Klägers und der Zeugin R... unabhängig von der Würdigung der Angaben des Beklagten erfolgte.

Soweit der Kläger hier der Ansicht ist, aufgrund der Angaben des Zeugen S... würde sich der Senat von der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beklagten in seiner Anhörung überzeugen müssen, verkennt dies, dass das Landgericht eine eigenständige Würdigung der Aussage des Klägers und der Zeugin R... vorgenommen hat. Die Angaben des Klägers und der Zeugin waren nicht deshalb unglaubwürdig, weil ihnen die Angaben des Beklagten widersprachen, sondern weil sie als solche schon nicht für ausreichend befunden wurden, um gemäß § 286 ZPO den Beweis durch den beweisbelasteten Kläger als geführt anzusehen.

Mit anderen Worten: Selbst wenn man aufgrund der Angaben des Zeugen S... davon ausgehen müsste, dass der Beklagte ihn nicht wie von ihm behauptet, in den Deal miteinbezogen habe, würde dies nichts daran ändern, das die Angaben der Klägerseite für das entscheidende Beweisthema (Äußerung des Beklagten zur Gefahr des Approbationsentzug in bzw. nach der Hauptverhandlung) -zu dem der Zeugen S... nichts aussagen konnte - nicht ausreichend waren.

2. Selbst wenn man aber zugunsten des Klägers unterstellen würde, der Beklagte habe ihn nicht sachgerecht über die Gefahr des Approbationsentzuges beraten, hätte der Kläger nicht den ihm im Rahmen des § 287 ZPO obliegenden Nachweis erbracht gehabt, dass er dann von einem Geständnis abgesehen und auf der Fortführung des Prozesses bestanden hätte.

2.1. Der Senat ist dabei von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. hierzu insbesondere die Entscheidungen des BGH vom 30.09.1993 Az. IX ZR 73/93, vom 19.01.2006, Az. IX ZR 232/01 und vom 3.12.1999, Az. IX ZR 332/98, bekräftigt im Urteil vom 16.7.2015, Az. IX ZR 197/14):

Der Ersatzpflichtige hat den Zustand herzustellen, der ohne seine Pflichtverletzung bestünde. Deshalb ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Rechtsanwaltes genommen hätten, insbesondere wie der Mandant auf eine dementsprechende Beratung reagiert hätte und wie seine Vermögenslage dann wäre. Grundsätzlich hat der Geschädigte den Ursachenzusammenhang zwischen der Vertragsverletzung und dem Schaden als anspruchsbegründende Voraussetzung darzutun und nachzuweisen, also die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Die Ursächlichkeit einer vom Berater begangenen Pflichtverletzung für einen dadurch angeblich entstandenen Schaden gehört zur haftungsausfüllenden Kausalität, für deren Nachweis die in § 287 ZPO vorgesehenen Beweiserleichterungen gelten. Demnach reicht für die richterliche Überzeugungsbildung eine überwiegende, freilich auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit. Insoweit genügt es, dass der Geschädigte Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für eine Beurteilung nach § 287 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten, wobei an die Darlegung eines hypothetischen Geschehens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen. Im Rahmen von Verträgen mit rechtlichen Beratern gilt die Vermutung, dass der Mandant beratungsgemäß gehandelt hätte, aber nur, wenn im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände eine bestimmte Entschließung des zutreffend unterrichteten Mandanten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre.

Voraussetzung sind danach tatsächliche Feststellungen, die im Falle sachgerechter Aufklärung durch den Berater aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegt hätten (BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 - IX ZR 6/06, WM 2009, 715 Rn. 9 mwN; st. Rspr.).

Die genannte Beweiserleichterung gilt also nicht generell; sie setzt einen Tatbestand voraus, bei dem der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung des Beraters und einem bestimmten Verhalten seines Mandanten typischerweise gegeben ist, beruht also auf den Umständen, die nach der Lebenserfahrung eine bestimmte tatsächliche Vermutung rechtfertigen (BGH, Urteil vom 5. Februar 2009, a.a.O. m.w.N). Um dies beurteilen zu können, müssen bestehende Handlungsalternativen miteinander verglichen werden, die nach pflichtgemäßer Beratung zur Verfügung gestanden hätten. Die Regeln des Anscheinsbeweises sind unanwendbar, wenn unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten unterschiedliche Schritte in Betracht kommen und der Berater den Mandanten lediglich die erforderlichen fachlichen Informationen für eine sachgerechte Entscheidung zu geben hat (BGH, Beschluss vom 18. September 2008, Az. IX ZR 210/06).

Die Vermutung gilt nur, wenn nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung des Beraters lediglich ein bestimmtes Verhalten nahegelegen hätte (BGH, Urteil vom 21.7.2005, IX ZR 49/02, NJW 2005, 2110).

2.2. Danach ist vorliegend kein Raum für die Anwendung des Anscheinsbeweises, da es für den Kläger gerade nicht nur ein einzige vernünftige Alternative, die von ihm behauptete Fortführung des Strafverfahrens gab, sondern eben gerade auch die Abgabe eines Geständnisses und die anschließende Verständigung. Die Ansicht des Klägers, es habe für ihn vernünftigerweise nur den Widerruf des Geständnisses und die Durchführung der Beweisaufnahme gegeben, beruht auf der rechtsirrigen Annahme, am Ende des Strafverfahrens hätte ein Freispruch erfolgen müssen, so dass auch seine Approbation nicht entzogen worden wäre. Dem war aber gerade nicht so (vgl. insbesondere die Ausführungen oben unter Ziffer 1.1.1.), so dass als weitere Alternative gerade auch die Verständigung in Betracht kam.

Der Kläger musste damit - gemäß dem Beweismaß des § 287 ZPO - den Nachweis der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden führen, also dafür, dass er sich bei Hinweis auf die Gefahr des Approbationsentzuges für die Fortführung des Strafprozesses und gegen die Verständigung entschieden hätte.

Es handelt sich hierbei um eine hypothetische Frage, für deren Beantwortung vor allem die Interessenlage von Bedeutung sein kann.

Dabei ist für die richterliche Überzeugungsbildung, weil es sich bei der hypothetischen Entscheidung des Mandanten um eine innere, in seiner Person liegende Tatsache handelt, seine informatorische Anhörung oder Parteieinvernahme nach § 287 Abs. 1 Satz 3 ZPO geboten.

2.4 Durch die Anhörung des Klägers konnte sich das Landgericht mangels einer erheblichen auf gesicherter Grundlage beruhender Wahrscheinlichkeit (BGH Urteil vom 29.05.2013 - VIII ZR 174/12 = NJW 2013, 525 Rz 20 bei Juris) jedoch nicht im Sinne von § 287 ZPO davon überzeugen, dass der Kläger auch bei pflichtgemäßer Aufklärung über die Approbationsfrage zum Widerruf seines Geständnisses und zur Fortführung des Strafverfahrens entschlossen hätte. Insoweit weist die Begründung des Landgerichts keinen Rechtsfehler auf:

Das Landgericht hat auf Seite 17 seines Urteils angenommen, dass - eine fehlerhafte Beratung des Beklagten unterstellt - dieser selbst dann ein Geständnis abgegeben und sich an die Verfahrensabsprache gehalten hätte, wenn der Beklagte ihn auf die Gefahr des Approbationsentzuges hingewiesen hätte. Diese Überzeugung hat es damit begründet, dass dem Kläger ohne ein Geständnis das hohe Risiko einer Vollzugsstrafe gedroht hätte. Insofern hat das Landgericht es nicht als plausibel erachtet, dass der Kläger in Kenntnis der Möglichkeit des Approbationsentzuges kein Geständnis abgelegt hätte, weil er ja - bei Fortführung des Strafverfahrens - zu einer noch härteren Strafe verurteilt worden wäre, die mit noch größerer Gefahr zu einem Entzug der Approbation geführt hätte.

2.5. Dass das Landgericht sich im Rahmen von § 287 ZPO nicht davon überzeugen konnte, dass der Kläger sich bei entsprechendem Hinweis auf den Approbationsentzug zu einem Widerruf des Geständnisses entschlossen hätte, ist nachvollziehbar begründet.

Die klägerische Behauptung, bei einem Hinweis auf die Gefahr des Approbationsentzuges hätte er auf der Fortführung des Strafverfahrens bestanden, basiert auf der falsche Prämisse, dass er am Ende dann freigesprochen hätte werden müssen. Dies ist aber, wie bereits ausgeführt, rechtlich unrichtig. Der Beklagte hätte - pflichtgemäß - dem Kläger mitteilen müssen, dass im Fall der Verständigung die Approbation in Gefahr ist; weiter hätte er ihm aber mitteilen müssen, dass die Approbation bei Fortführung des Strafverfahrens noch viel mehr gefährdet sei.

Dass der Kläger sich dann - obwohl beide aufzuzeigende Varianten den Gefahr eines Approbationsentzuges in sich trugen - dennoch für die Fortführung des Strafverfahrens entschieden hätte, mit der Gefahr einer Vollzugsstrafe, hält der Senat angesichts der im Rahmen der Verständigung in Aussicht gestellten Bewährungsstrafe für unwahrscheinlich.

Nachdem also ein Anscheinsbeweis zugunsten des Klägers nicht anwendbar war, musste der Kläger das Landgericht gemäß § 287 ZPO davon überzeugen, dass er dennoch den Prozess fortgeführt hätte. Dass sich das Landgericht im Rahmen der gebotenen Anhörung des Klägers hiervon nicht überzeugen konnte, weist als solches keinen Rechtsfehler auf. Nur mit einem Geständnis konnte der Kläger zudem die beträchtlichen wirtschaftlichen Folgen eines mehrmonatigen Strafprozesses abwenden (Umsatzausfälle in der Praxis, weitere Diskreditierung bei den Privaten Krankenversicherungen und zusätzliche beträchtliche Verteidigerkosten).

3. Letztendlich würde es auch an einem zurechenbaren Schaden des Klägers fehlen, da er nicht gemäß § 287 ZPO den Nachweis der Kausalität einer unterstellten Pflichtverletzung (mangelnde Belehrung über die Gefahr des Approbationsentzuges) für den Schaden erbracht hat.

Den Schaden will der Kläger damit begründen, dass er bei Widerruf seines Geständnisses und Durchführung des Strafverfahrens freigesprochen worden wäre und es daher nicht zu einem Entzug der Approbation gekommen wäre. Dies wäre jedoch nicht der Fall gewesen. Der Senat ist überzeugt davon, dass das Strafverfahren -wäre es durchgeführt worden - mit einer Vollzugsstrafe geendet hätte.

3.1. Der Senat hat dabei folgende Grundsätze berücksichtigt (vgl. hierzu insbesondere BGH, Beschluss vom 11.3.2010, Az. IX ZR 2/08; Urteil vom 6.5.2004, Az. IX ZR 211/00; Urteil vom 18.11.1999, Az. IX ZR 420/97; Urteil vom 13.6.1996, Az. IX ZR 233/95; Urteil vom 16.6.2005, Az. IX ZR 27/04):

Um die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung eines Rechtsanwalts für den geltend gemachten Schaden festzustellen, ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten.

Ist im Haftpflichtprozess die Frage, ob dem Mandanten durch eine schuldhafte Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ein Schaden entstanden ist, vom Ausgang eines anderen Verfahrens abhängig, muss das Regressgericht selbst prüfen, wie jenes Verfahren richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre (BGH IX ZR 179/07; BGHZ 133, 110, 111; 145, 256, 261; 163, 223, 227; 174, 205, 209 Rn. 9; Fahrendorf in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Anwaltshaftung 7. Aufl. Rn. 801; Fischer in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1062 ff).

Welche rechtliche Beurteilung das mit dem Vorprozess befasste Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hätte, ist ohne Belang. Dies gilt selbst dann, wenn feststeht, welchen Ausgang das frühere Verfahren bei pflichtgemäßem Verhalten des Anwalts genommen hätte (BGHZ 174, 205, 209 Rn. 9).

Vielmehr ist die Sicht des Regressgerichts maßgeblich (BGH, Urt. v. 25.10.2012, Az. IX ZR 207/11, NJW 2013, 540). Im Regressprozess gegen einen Rechtsanwalt ist die Rechtslage - insbesondere auch die höchstrichterliche Rechtsprechung - maßgeblich, welche zum Zeitpunkt der hypothetischen Entscheidung im Ausgangsprozess anzuwenden gewesen wäre (vgl. BGH IX ZR 2/08; BGHZ 145, 256, 261, 263; BGH, Urt. v. 27. März 2003 - IX ZR 399/99, WM 2003, 1146, 1150).

Für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden, also die Frage, wie sich der Vorprozess bei sachgerechter Beratung entwickelt hätte, ist grundsätzlich der Mandant beweispflichtig, wobei für die Beurteilung der Frage, wie sich der Vorprozess bei pflichtgemäßem Vorgehen entwickelt hätte, § 287 ZPO gilt (BGH, Urt. v. 27.01.2000, Az. IX ZR 45/98, NJW 2000, 1572, Rn. 31; Greger in Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 4. Aufl., § 25 Rn. 20, 25 ff.).

Dabei ist auszugehen von dem Sachverhalt, der dem Gericht des Vorprozesses unterbreitet und von diesem aufgeklärt worden wäre.

Die Beweislastregeln des Vorverfahrens gelten grundsätzlich auch für den Regressprozess (BGHZ 133, 110, 111 ff; BGH, Urt. v. 22. November 1983 - VI ZR 36/82, VersR 1984,160, 161; v. 20. November 1984 - IX ZR 9/84, VersR 1985, 146, 147; v. 2. Juli 1987 - IX ZR 94/86, NJW 1987, 3255 f).

Die Frage, ob im Vorprozess weiterer Beweis hätte erhoben werden müssen, ist ebenfalls aus der Sicht des Regressgerichts zu beurteilen. Auch in diesem Punkt kommt es nicht darauf an, was das Gericht im Vorprozess mutmaßlich veranlasst hätte. Maßgeblich ist vielmehr, welche Verfahrensweise dort objektiv geboten war.

Der Umstand, dass im Ausgangsprozess eine weitere Beweisaufnahme hätte durchgeführt werden müssen, führt jedoch nicht zwangsläufig dazu, dass nunmehr alle Beweise nachgeholt werden müssen, deren Erhebung im Ausgangsverfahren geboten gewesen wäre. Andere Maßstäbe für die Beweisaufnahme können sich daraus ergeben, dass der - sachgerechte - Ausgang des Vorprozesses nur noch unter dem Gesichtspunkt Bedeutung besitzt, ob dem Kläger ein Schaden entstanden ist, und der Regressprozess in anderen verfahrensrechtlichen Bahnen verläuft als der Ausgangsrechtsstreit. Der BGH hat dies damit begründet, dass eine Schadensersatzklage als gewöhnlicher Zivilprozess zu führen ist, für den die allgemeinen Regeln - insbesondere die Dispositionsmaxime - gelten. Hat der Anwalt die Interessen seines Auftraggebers im Vorprozess nicht ordnungsgemäß vertreten, gewinnt die Frage, ob der Rechtsstreit bei vertragsgerechtem Verhalten günstiger ausgegangen wäre, in der Regel allein als Voraussetzung für die Entstehung eines Schadens Bedeutung. Dann ist darüber, wie der Prozess hätte enden müssen, nach den Verfahrensgrundsätzen des § 287 ZPO zu befinden (BGH, Urt. v. 2. Juli 1987 - IX ZR 94/86, NJW 1987, 3255; v. 24. März 1988 - IX ZR 114/87, NJW 1988, 3013, 3015). Diese Vorschrift stellt den Richter insbesondere hinsichtlich des Umfangs der Beweiserhebungspflicht freier. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen beispielsweise ein Sachverständigengutachten anzuordnen ist, bleibt danach dem pflichtgemäßen Ermessen des Richters überlassen (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Im Unterschied zu den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO kann er dann von einer weiteren Beweisaufnahme absehen, wenn ihm bereits hinreichende Grundlagen für ein Wahrscheinlichkeitsurteil zur Verfügung stehen (BGH, Urt. v. 9. Oktober 1990 - VI ZR 291/89, BGHR ZPO § 287 Abs. 1 Beweisantrag 1). Das hat für den Geschädigten eine Beweiserleichterung zur Folge, bedeutet aber auf der anderen Seite auch, dass der Richter die Tatsachen nicht weiter aufzuklären braucht, wenn der Nachweis bisher nicht einmal ansatzweise geführt und bereits hinreichend erkennbar ist, dass die noch zur Verfügung stehenden Beweise nicht ausreichen werden, die Behauptung des Klägers mit Wahrscheinlichkeit zu belegen. In diesem Rahmen ist dem Richtereine vorweggenommene Beweiswürdigung erlaubt (zutreffend MünchKomm-​ZPO/Prütting, § 287 Rdnr. 23).

War das Ausgangsverfahren nach den Regeln des Amtsermittlungsprinzips zu führen, bedeutet das nicht zwingend, dass damit auch für das Regressgericht die Frage, wie der Vorprozess hätte enden müssen, nach den Regeln des Amtsermittlungsprinzips zu bestimmen ist (vgl. hierzu BGH, 13.6.1996, IX ZR 233/95). Das anzuwendende Verfahrensrecht richtet sich grundsätzlich ausschließlich und einheitlich nach dem Klagebegehren und ist nicht davon abhängig, aus welchem Rechtsbereich die jeweils zu prüfende Anspruchsvoraussetzung stammt. Jede Gerichtsbarkeit hat ihre eigene Verfahrensordnung, was nur Sinn gibt, wenn allein der Gegenstand des Rechtsstreits die prozessualen Regeln bestimmt, das Herkunftsgebiet der Rechtsfrage, die inzident zu entscheiden ist, darauf also keinen Einfluss hat.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind allerdings dem Kläger günstige Beweislastregeln des Ausgangsprozesses auch im Rechtsstreit gegen den Anwalt anzuwenden. Dies beruht auf der Erwägung, dass es sich um Vorschriften des materiellen Rechts handelt und der Mandant nicht allein deshalb schlechter gestellt sein darf, weil der hypothetische Sieg im Vorprozess nunmehr eine notwendige Voraussetzung für die Bejahung eines Schadens darstellt, den grundsätzlich der Kläger nachzuweisen hat (BGHZ 30, 226, 232; BGH, Urt. v. 9. Dezember 1975 - VI ZR 175/73, VersR 1976, 468, 469; v. 24. März 1988 - IX ZR 114/87, NJW 1988, 3013, 3015).

Dem Geschädigten darf es nicht zur Last fallen, dass die Pflichtverletzung des Rechtsanwaltes Tatfragen in den Regressprozess verlagert, die sonst unter einer günstigeren Beweislastverteilung im hypothetischen Vorprozess gegen den Schuldner zu klären gewesen wären.

Die Beweislast im Anwaltsregressprozess richtet sich daher insoweit nach den Regeln des Ausgangsrechtsverhältnisses zwischen dem Auftraggeber und seinem Schuldner (vgl. BGHZ 133, 110, 115 f; BGH, Urt. v. 18. November 1999 - IX ZR 420/97, WM 2000, 189, 192; Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung 1999 Rn. 1114 m.w.N.).

3.2. Für das vorliegende Strafverfahren, das jetzt durch den Senat zu beurteilen ist, bedeuten diese Grundsätze folgendes:

a) Der Senat geht auf der einen Seite davon aus, dass der im Rahmen des Strafverfahrens geltende in dubio pro reo Grundsatz auch vom Regressgericht zu beachten ist und unter dessen Anwendung zu beurteilen ist, wie der Strafprozess, wäre er fortgeführt worden, ausgegangen wäre. Insoweit ist auch aus der Sicht des Regressgerichts zu fragen, ob im Strafverfahren ausreichend Tatsachenmaterial vorlag und beweisbar war, um unter Anwendung des im Strafverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes zu einer Verurteilung des Klägers zu gelangen.

Für den Senat bedeutet dies, dass der Beklagte insoweit im Rahmen des § 287 ZPO beweisen musste, dass der Kläger zu verurteilen gewesen wäre, insoweit also ausreichend Beweismittel vorhanden gewesen wären und am Ende auch unter Beachtung des in dubio pro reo Grundsatzes der Kläger wegen gewerbsmäßigen Abrechnungsbetruges zu verurteilen war.

b) Auf der anderen Seite führen allerdings die oben genannten Grundsätze nicht dazu, dass der Senat als Regressgericht nunmehr die gesamte Beweisaufnahme des Strafgerichts (unter Beachtung des im Strafprozess geltenden Untersuchungsgrundsatzes, vgl. § 155 StPO) nachholen müsste und etwa die Versicherungsmitarbeiter und Patienten einzeln einvernehmen müsste. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Senat im Rahmen des § 287 ZPO davon überzeugen kann, dass es ausgehend vom im Strafprozess zur Verfügung stehenden Beweismaterial (staatsanwaltschaftliche Vernehmungsbeamte, polizeiliche Ermittlungsbeamte, beim Kläger beschlagnahmtes Beweismaterial) unter Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und in dubio pro reo Grundsatzes zu einer Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe in einer Höhe gekommen wäre, die ebenfalls zum Entzug der Approbation geführt hätte.

3.3. Der Senat ist insofern der Überzeugung, dass der Kläger im Falle eines Nichtgeständnisses und der sich anschließenden Fortführung des Strafverfahrens wegen gewerbsmäßigen Betruges in 6.643 Fällen zu einer sogar noch härteren Strafe, nämlich einer Vollzugsstrafe verurteilt worden wäre.

a) Ein Tatnachweis zu Lasten des Klägers wäre auch ohne dessen Geständnis möglich gewesen, ohne den in dubio pro reo Grundsatz zu verletzen:

Das strafrechtlich relevante Abrechnungsverhalten des Klägers hätte durch die in der Anklageschrift benannten Beweismittel nachgewiesen werden können:

Das Vorgehen des Klägers war dadurch nachweisbar, dass man die Staatsanwälte hätte einvernehmen können, gegenüber denen der Kläger sein Vorgehen eingeräumt hatte (etwa den Staatsanwalt K..., vgl. Anlage B 10). Dieser hätten, gegebenenfalls nach Vorhalt des Vernehmungsprotokolls (was zulässig gewesen wäre, vgl. Meyer/Goßner, a.a.O., § 254 StPO Rn. 8) dessen Angaben wiedergegeben können.

Ein Nachweis wäre weiter möglich gewesen durch die Einführung der beschlagnahmten Praxisunterlagen des Klägers, aus denen sich insbesondere ergeben hätte, an welchen Tagen gegenüber welchem seiner Patienten und in Bezug auf welche Versicherung der Kläger in wieviel Fällen fiktive Behandlungstermine abgerechnet hatte.

Auch die Schadenshöhe wäre ermittelbar gewesen, wobei hier das Regressgericht im Rahmen des § 287 ZPO nicht die Versicherungsmitarbeiter der betroffenen Versicherungen einvernehmen muss, sondern sich auf die Schadensaufstellung aus dem Strafprozess beziehen kann (nach Anlage K 28), aus der sich bezüglich der Ziffer 3306 GOÄ analog ein Gesamtschaden von 150.255,85 € ergibt. Dafür, dass diese Aufstellung nicht korrekt ermittelt worden wäre, insbesondere einen überhöhten Schadensbetrag aufweist, sieht der Senat keine Anhaltspunkte. Die in der Aufstellung genannten Schadensbeträge sind detailliert und zur Überzeugung des Senats jeweils durch konkrete, einzelfallbezogene Rückfragen bei den jeweiligen Versicherungen ermittelt worden.

Die betroffenen Versicherungen und die Anzahl der Fälle ergaben sich aus den eigenen Aufzeichnungen des Klägers, auch der Inhalt der an den fiktiven Tagen in Rechnung gestellten Leistungen, insbesondere die GOÄ-​Ziffern waren ermittelt.

Insoweit hat der Kläger selbst vorgetragen (vgl. Bl. 158 d.A.), dass kein Zweifel daran bestehe, dass die betroffenen Krankenkassen vom Kläger durch die Abrechnung mit fingierten Terminen getäuscht worden seien. Der Kläger habe dies nie verheimlicht. In seiner Praxis seien die Termine, an denen die Patienten nicht behandelt worden seien, mit Rotstift als sogenannte Doppeltermine gekennzeichnet gewesen. Es habe also jeder sehen können, dass die Patienten diesen Tagen nicht behandelt worden sein. Auch gegenüber der Staatsanwaltschaft habe der Kläger dies unumwunden eingeräumt. Er habe darauf hingewiesen, ihm sei klar gewesen, dass die Versicherung nicht bezahlt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass an dem zweiten Termin keine Behandlung stattgefunden hatte.

Die Grundlage für entsprechende Anfragen bei den Versicherungen im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren nach der Höhe der zu Unrecht erstatteten Leistungen lag damit vor, so dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, in der Schadensaufstellung wären Schadenspositionen enthalten, die gar nicht existierten.

Im Übrigen wurde die Staatsanwaltschaft bei Berechnung des Schadens insbesondere was die fiktiven Termine anbelangte durch den Kläger selbst und dessen Mitarbeiterin R... unterstützt, die dem Beklagten eine Excel-​Datei über die ermittelten fiktiven Termine zur Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft zur Verfügung stellten (vgl. Anlage B 17 a). Insoweit ergab sich weiter aufgrund der Angaben des Klägers bereits zu Beginn der Ermittlungen ein Schadensvolumen in einem erheblichen realen Umfang (vgl. Anlage K 44).

Aus dieser Schadensaufstellung ergibt sich weiter auch ein dem Kläger vorzuwerfender Schaden bezüglich weiterer Gebührenziffern, die gemäß § 264 StPO abgeurteilt hätten werden können. Insoweit bestand nicht nur ein Schaden bezüglich der Ziffer 3306 GOÄ analog, sondern auch bezüglich der weiteren Ziffern 506 und 515 GOÄ, die nicht an fiktiven Tagen hätten abgerechnet werden dürfen (vgl. insoweit die Stellungnahme des Verbandes der Osteopathen Deutschland e.V. Anlage B 9, Seite 2). Insoweit hatten die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen einen weiteren Schaden von 200.625,58 € ergeben, der dem Kläger zur Last gelegt werden konnte.

b) Der Senat ist daher davon überzeugt, dass der äußere Sachverhalt auch ohne ein Geständnis und unter Beachtung des in dubio pro reo Grundsatzes hätte festgestellt werden können.

c) Dies hätte unter Zugrundelegung der damaligen Rechtslage und Rechtsprechung zu einer Verurteilung des Klägers wegen gewerbsmäßigem Abrechnungsbetruges geführt.

Dass dieses Verhalten tatbestandsmäßig den Vorwurf des Betruges erfüllte, hat der Senat bereits oben unter Ziffer 1.1.1. ausgeführt.

Auch wenn die Grundsätze zum Abrechnungsbetrug gegenüber Privaten Krankenversicherungen erst durch die Entscheidung des BGH vom 25.1.2012 (Az. 1 StR 45/11) formuliert wurden, so lag dem schon im Jahre 2009 die zutreffende Ansicht zugrunde, dass einem Arzt, der so vorging wie der Kläger, der Vorwurf des Abrechnungsbetruges gemacht werden musste. Die Tatbestandsmerkmale der Täuschung, der Irrtumserregung und der Vermögensverfügung stellt der Kläger selbst nicht in Abrede. Die seitens des Klägers problematisierte Schadensthematik (normativer Schaden - wirtschaftlicher Schaden) stellte sich schon deshalb nicht, weil beim Vorgehen des Klägers den Versicherungen ein klarer wirtschaftlicher Schaden entstanden war. Der Kläger wandte seine manipulative Abrechnungspraxis mit der Aufspaltung in einen echten und einen fiktiven Behandlungstag genau bei denjenigen Versicherungen an, von denen er wusste, dass sie den 4-​maligen Ansatz der Ziffer 3306 GOÄ analog nicht gegenüber den Versicherungsnehmern erstatteten. Aufgrund seiner Täuschung veranlasste er die Versicherungen jedoch mittels seiner die Abrechnungen einreichenden Patienten, den 4-​maligen Ansatz der Ziffer zu erstatten. Genau diese Differenz zwischen (geringerer) Erstattungspflicht aufgrund der Versicherungsvertragsbedingungen und tatsächlicher Erstattung stellt einen rein wirtschaftlichen Schaden der Versicherung dar.

Wäre die Hauptverhandlung fortgeführt worden, so hätte sich auch ohne Geständnis des Klägers die subjektive Betrugstatseite ergeben. Insoweit kann auf die oben unter Ziffer 1.1.1.e) gemachten Ausführungen zurückgegriffen werden.

Dafür, dass eine Einvernahme der Versicherungsmitarbeiter in der Hauptverhandlung zu dem für den Kläger günstigen Ergebnis hätte führen können, dass doch ein Anspruch auf die viermalige Ziffer 3306 GOÄ analog bestanden hätte, hat der Senat keine Anhaltspunkte.

Der Senat hat dennoch im Rahmen seiner Überlegungen zu § 287 ZPO diese Hypothese in Erwägung gezogen. Auch dann hätte das Strafverfahren aber nicht mit einem Freispruch enden können, da dann eine unzulässige Abrechnung bzgl. der anderen GOÄ Ziffern (insbesondere 506 und 515) bestanden hätte, ebenfalls mit der Folge eines hohen Betrugsschadens.

Im Übrigen hätte der Kläger unabhängig davon jedenfalls wegen versuchten Betruges verurteilt werden müssen (s.o. unter Ziffer 1.1.5.).

Auch ist der Senat davon überzeugt, dass bei einer Fortführung des Prozesses der Kläger zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung hätte verurteilt werden müssen (siehe bereits oben unter Ziffer 1.1.3.). Das strafmildernd zu berücksichtigende Geständnis wäre weggefallen und aller Wahrscheinlichkeit nach hätte die Staatsanwaltschaft auch die weiteren Fälle aus dem Verfahren 312 Js 42849/08 zur Anklage gebracht mit der Folge der Bildung einer noch höheren Gesamtstrafe im Rahmen von § 54 StGB. Dass diese Fälle gemäß § 154 StPO eingestellt worden wären ist unwahrscheinlich, da sie nach Einleiten des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger vorgenommen worden waren und erheblich zu Lasten des Klägers sprachen.

Auch in diesem Fall wäre es zu einem Entzug der Approbation gekommen. Auf den exakten Zeitpunkt kommt es unter Schadensgesichtspunkten nicht an (BGH Urteil vom 23.11.2006 - IX ZR 21/03 = NJW-​RR 2007, 569 Rz 32 bei Juris).

Die Berufung war daher zurückzuweisen: Zum einen hat der Kläger dem Beklagten schon keine Pflichtverletzung nachweisen können, zum anderen würde es an einem kausal verursachten Schaden beim Kläger fehlen.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Klägers vom 25.4.2016 vom 18.5.2016 (Bl. 414/419 d.A.), vom 16.6.2016 (Bl. 427/437 d.A.), vom 14.7.2016 (Bl. 460/462 d.A.), vom 18.7.2016 (Bl. 463/465 d.A.) und vom 11.8.2016 (Bl. 475/476 d.A.)) sowie des Beklagten vom 25.5.2016 (Bl. 422/423 d.A.), vom 12.7.2016 (Bl. 455/459 d.A.) und vom 3.8.2016 (472/474 d.A.) boten keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Im Wesentlichen befassen sie sich mit dem zurückgewiesenen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter und wiederholen früheres Vorbringen. Die dort aufgeworfenen Rechtsfragen werden im Rahmen des Urteils behandelt, soweit es für die Entscheidung auf sie ankam.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

2. Die Festsetzung des Berufungsstreitwerts ergibt sich aus §§ 63 II 1, 39 I, 43 I, 47 I, 48 I 1 GKG, 3 ZPO.

3. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung liegen nicht vor, da keiner der gesetzlichen Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) gegeben ist. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalles. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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