28.02.2013 - Wunderliches in der Presse. In der Berliner Zeitung von gestern auf Seite 3 lese ich eine ganzseitige Geschichte über das erbarmungswürdige Ende des Bruders eines Prominenten. Der Vater des an einer Überdosis Heroin Verstorbenen legt dort vor den Augen der Welt die Geschichte seines Sohnes offen. Mag man darüber denken, was man will. Aber dann spricht auch der Arzt des Verstorbenen über dessen Krankengeschichte.

Und was ich da lese, lässt mich erschrecken. Der namentlich benannte Arzt erzählt über die Diagnose. Der Arzt erzählt über die verabreichten Medikamente. Der Arzt gibt Wertungen über seinen Patienten ab. Was ist mit der ärztlichen Schweigepflicht, die nach § 203 Absatz 4 StGB auch über den Tod hinaus gilt? Hat der Arzt etwa eine schriftliche Schweigepflichtsentbindung von den Erben erhalten? Ist die Erbfolge des kürzlich Verstorbenen überhaupt geklärt? Gibt es einen Erbschein?

Wie kann der Arzt es, selbst wenn er eine solche Entbindung erhalten hat, mit dem Berufsethos seines Standes und dem Status als Berufsgeheimnisträger vereinbaren, privateste Details seines Schützlinges nach dem Tod der Presse (!) mitzuteilen? Es wäre schon schlimm genug, wenn er dies im Bekanntenkreis erzählt hätte. Aber dass er es auch noch der Presse mitteilt?

Und hat sich der Verfasser des Artikels Gedanken darüber gemacht, dass er an einer Straftat mitgewirkt haben könnte?

Ich hoffe jedenfalls, dass mein Arzt nach meinem Tode dicht hält.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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