(26.8.2022) Ist aufgrund der Gesamtumstände für eine Behörde unklar, ob ein Anwalt tatsächlich von einem Widerspruchsführer bevollmächtigt wurde und fordert die Behörde deshalb die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht von dem Anwalt, so führt die Nichtvorlage der Vollmacht dazu, dass der vom Anwalt eingelegte Widerspruch unzulässig ist (Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 18.7.2022 - 3 B 37.21).

Widerspruch ist mangels Vollmacht unzulässigDer Fall: 

Im vorliegenden Fall datierte die in einem im Jahr 2009 betriebenen Widerspruchsverfahren vorgelegte Vollmacht aus dem Jahr 2008. Außerdem war auch noch eine andere Anwaltskanzlei für den Widerspruchsführer aufgetereten. Deshalb war die Behörde, die den Gebührenbescheid gegen den Widerspruchsführer erlassen hatte, sich nicht im Klaren,. ob der Anwalt, der den Widerspruch eingelegt hatte, tatsächlich ordnungsgemäß bevollmächtigt war. 

Die Behörde forderte den Anwalt deshalb auf, eine schriftliche Vollmacht vorzulegen. Dem kam der Anwalt nicht nach, weshalb die Behörde den Widerspruch als unzulässug abwies. Später reichte der Anwalt eine weitere Vollmacht nach. 

Die Entscheidung:

Das Bundesverwaltungsgericht bestätiget das Recht der Behörde, hier eine schriftliche Vollmacht zu verlangen. Denn die eingereichte erste Vollmacht ließe Zweifel an der wirklichen Bevollmächtigung zu. Der Anwalt habe allerdings auch trotz Aufforderung keine solche Vollmacht vorgelegt. Deshalb sei der Widerspruch unzulässig. Die nachträglich vorgelegte Vollmacht könne diesen Fehler nicht mehr heilen. Das Gericht wies die Klage ab. 

Praxisanmerkung:

Die Vorlage einer so nachgeforderten Vollmacht muss laut dem Bundesverfassungsgericht nicht binnen Wochenfrist geschehen. In der Regel kann und muss eine Behörde auf eine vorgelegte Anwaltsvollmacht auch vertrauen - hier allerdings war die erste Vollmacht veraltet. Ein Anwalt darf einen Antrag (z.B. gegenüber einer Krankekasse) auch grundsätzlich ohne Vorlage einer Anwaltsvollmacht stellen. Hat die Behörde dann aber aus berechtigen Gründen Zweifel an der Bevollmächtigung, so ist es der sicherste Weg, wenn der Anwalt die geforderte Vollmacht zügig vorlegt. 

https://christmann-law.de/blog/1033-rechtsanwalt-kann-auch-ohne-vorlage-einer-vollmacht-wirksam-einen-antrag-fuer-seinen-mandanten-stellen-lsg-bawue-15-10-2019.html

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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