(15.6.2019) Verneint ein gerichtlich bestellter Sachverständiger im Arzthaftungsprozess den vom Mandanten behaupteten Behandlungsfehler und hält der Anwalt des Patienten diese Auffassung für falsch, so stellt sich für den Anwalt die Frage, wie er die Wertungen des Sachverständigen entkräften kann. Sich lediglich darauf zu beschränken, in der Anhörung des Sachverständigen Gegenargumente vorzubringen, erweist sich regelmäßig als nicht zielführend. Hier sind andere Strategien geboten. 

Erfolgreicher ist es dagegen, ein Gegengutachten zu besorgen. Dieses Gutachten kann zum Beispiel kostenfrei beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen beantragt werden. Daneben gibt es die Möglichkeit, ein Privatgutachten zu beauftragen.

Aber selbst dieses private Gegengutachten ist nach meiner Erfahrung für sich genommen oft nicht ausreichend, um die Wertungen des Gerichtssachverständigen zu entkräften. 

Denn die Richter zeigen wenig Willen, den Ausführungen eines Rechtsanwaltes, der selbstverständlich keine medizinischer Fachexpertise besitzt und der - gestützt auf das Gegengutachten im Termin mit dem Sachverständigen diskutiert, Glauben zu schenken. Auch Hinweise des Anwalts auf medizinische Fachliteratur oder Fachveröffentlichung hilft in der Regel nicht weiter. 

Als erfolgversprechend hat er sich dagegen gezeigt, wenn der Anwalt zum Termin einen Gegengutachter mitbringt und diesem die Fragestellung an den Gerichtssachverständigen überlässt. In der Regel entwickelt sich daraus ein interessanter medizinischer Dialog. Nach meiner Erfahrung kann die fachkundige Stellungnahme des Privatgutachters im Termin die Richter durchaus von dem gegenteiligen Standpunkt der Klage überzeugen. 

Darüber hinaus hat es sich als erfolgversprechend und auch notwendig gezeigt, dass der Anwalt des Klägers eine Kopie der Behandlungsakte im Termin bereithält, um diese dem Gerichtssachverständigen zu übergeben. Denn die Gerichtssachverständigen haben nach Abschluss der Begutachtung in der Regel die Behandlungsakten an das Gericht zurück gesendet. Dies führt dazu, dass der Sachverständiger, wenn er auf Details der Behandlungsunterlagen angesprochen wird, regelmäßig ins Schwimmen kommt und nicht sachgemäß zu Vorhaltungen des Klägeranwaltes bzw. Privatgutachters Stellung nehmen kann. In der Regel geht dies aber zulasten des klagenden Patienten. Um diese Entwicklung zu verhindern, ist es geboten, dem Sachverständigen dann die Kopie der Behandlungsakte zu übergeben und um kurze Unterbrechung zu bitten, so dass der Sachverständige sich noch einmal in der Behandlungsakte orientieren kann. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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