(23.4.2018) Bilden niedergelassene Ärzte angehende Ärzte im Praktischen Jahr aus, indem diese die Ärzte bei der täglichen Arbeit begleiten und beobachten, so sind die Einnahmen aus dieser Lehrtätigkeit nicht steuerbegünstigt nach § 3 Nr. 26 EStG (Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 7.3.2018 – 2 K 174/17).

Fortbildung des ArztesDer Fall:

Die klagenden Ärzte sind in einer Gemeinschaftspraxis niedergelassen. Sie nehmen als Lehrärzte an der praktischen Ausbildung von Studierenden der Medizin teil. Grundlage hierfür ist eine zwischen der Universität A und der Gemeinschaftspraxis der Kläger abgeschlossene Vereinbarung vom 11./23. Februar 2013. Danach weist die Universität den Lehrärzten Studierende zu. Die „Unterrichtung“ von Studierenden erfolgt während der normalen Tätigkeit als Arzt und in den entsprechenden Räumlichkeiten. Kursgegenstand ist das Thema: "Praktisches Jahr der Sektion Medizin der Universität".

Die Gemeinschaftspraxis der Kläger erhielt dafür Entgelte von 6.000,00 € (2014) bzw. 4.000,00 € (2015). Die Kläger begehrten für 2014 in Höhe von 4.800,00 € (2 x 2.400,00 €) bzw. für 2015 in voller Höhe die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 26 EStG.

Das Finanzamt wies dies ab. Es liege keine Lehrtätigkeit im Sinne der Vorschrift vor.

Die Ärzte klagten vor dem Finanzgericht.

Die Entscheidung:

Aber das Finanzgericht verweigerte den Ärzten gleichfalls das Steuerprivileg der Lehrtätigkeit.

Zwar liege eine Lehrtätigkeit vor. Aber die Lehrtätigkeit werde nicht, wie § 3 Nr. 26 EStG dies verlange „nebenberuflich“ ausgeübt. Hauptberuf (Arzt in eigener Praxis) und Lehrtätigkeit (praktische Ausbildung von angehenden Ärzten) gingen ineinander über und seien inhaltlich, zeitlich und organisatorisch nicht voneinander zu trennen. Denn mit der Behandlung der Patienten unter Anwesenheit der PJ´ler werde gleichzeitig Haupt- und Nebenberuf ausgeübt. Insofern sei eine Nebenberuflichkeit zu verneinen.

Praxisanmerkung:

Würden die Ärzte die PJ´ler schulmäßig (im klassischen Frontalunterricht) unterrichten, wäre wohl eine steuerlich Privilegierung der Lehrtätigkeit nach § 3 Nr. 26 EStG zu bejahen.

Das Urteil im Volltext:

Tatbestand

Die Kläger streiten über eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Beide Kläger erzielen als Ärzte im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.

In den Streitjahren 2014 und 2015 nahmen die Kläger als so genannte Lehrärzte an der praktischen Ausbildung von Studierenden der Medizin teil. Grundlage hierfür ist eine zwischen der Universität A und der Gemeinschaftspraxis der Kläger abgeschlossene Vereinbarung vom 11./23. Februar 2013. Danach weist die Universität den Lehrärzten Studierende zu, deren Anzahl in Absprache festgelegt wird. Die Universität beauftragt die Lehrärzte mit der Wahrnehmung von Lehraufgaben nach den Grundsätzen, die für die Erteilung eines Lehrauftrages unter Berücksichtigung der Approbationsordnung gelten.

Die Gemeinschaftspraxis erhielt in den Streitjahren für diese Tätigkeit 6.000,00 € (2014) bzw. 4.000,00 € (2015). Die Kläger begehrten für 2014 in Höhe von 4.800,00 € (2 x 2.400,00 €) bzw. für 2015 in voller Höhe die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 26 EStG.

In den geänderten ESt-​Bescheiden 2014 und 2015 vom 8. März 2016 bzw. 10. August 2017 erkannte das Finanzamt diese Steuerbefreiung nicht (2014) bzw. nur bei dem Ehemann in Höhe von 2.000,00 € (2015) an.

Die hiergegen gerichteten Einsprüche wies das Finanzamt mit Entscheidung vom 18. August 2017 als unbegründet zurück:

Im hier strittigen Fall liege keine pädagogische Ausbildertätigkeit vor. Gemäß der Vereinbarung vom 23. März 2013 (gemeint wohl: Februar) sei Gegenstand des Vertrages die praktische Ausbildung von Studierenden. Die Tätigkeit sei auch beschränkt auf den Kreis des Ausbildungskonzepts „Praktisches Jahr der Sektion Medizin der Universität“. Es handele sich dabei um die praktische Tätigkeit als Lehrarzt, die in direktem Kontakt zur Tätigkeit des Arztes stehe und die medizinischen Maßnahmen bei der Patientenbehandlung betreffe. Es liege auch keine abgrenzbare Tätigkeit als Ausbilder vor. Die „Unterrichtung“ von Studierenden erfolge während der normalen Tätigkeit als Arzt und in den entsprechenden Räumlichkeiten. Die zeitliche Komponente werde von den Klägern nur als gering eingestuft. Nach den Angaben im Schreiben vom 24. November 2016 habe sich - außer im Monat August - jeweils ein Studierender am Montag, Dienstag und Donnerstag ganztägig und am Freitag halbtags in der Praxis befunden. Ausgenommen seien Hausbesuche in der Mittagszeit und abends nach der Sprechstunde (also nur Tätigkeiten des Lehrarztes im privaten Bereich der Patienten). Die Tätigkeit als Lehrarzt befasse sich hier mit der praktischen Umsetzung des bisher theoretischen Wissens in die Praxis. Diese Ausbildertätigkeit falle nicht unter die begünstigten Tätigkeiten im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG. Eine Lehrtätigkeit im Zusammenhang mit einer beruflichen Ausbildung im herkömmlichen Sinne sei nicht gegeben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Kläger Folgendes ausführen:

Die Beantwortung der Subventionsfähigkeit durch § 3 Nr. 26 EStG, d.h. der Sinn und Zweck dieses Paragraphen, sei entscheidend für die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen im vorliegenden Sachverhalt. Die entscheidenden Kriterien für die Definition der steuerfreien Einnahmen seien durch folgende Begriffspaare bestimmt:

- Einnahmen aus der Ausbildertätigkeit zum Zwecke der Ausbildung,

- Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten.

Die streitigen Kriterien seien Ausbildungstätigkeit und nebenberufliche Tätigkeit. Die Auslegung bzw. Ausprägung der oben genannten Kriterien sei anhand des Gesetzes und hier durch Auslegung von Sinn und Zweck des Gesetzes und von der Beabsichtigung des Gesetzgebers, welche Tätigkeiten hier gefördert werden sollten, bestimmt. Im vorliegenden Fall solle tatbestandsrechtlich der Standort A gefördert werden, indem die Universität A durch die Sicherstellung der praktischen Ausbildung der PJ’ler, d.h. der Medizinstudenten, auch im Fortbestand gesichert werden könne und die praktische Ausbildung unter Hinzuziehung von niedergelassenen Ärzten umgesetzt werden könne. Zu diesem Zweck würden niedergelassene Ärzte in freier Praxis hinzugezogen, um die Ausbildungszwecke der Studierenden im Rahmen des Medizinstudiums zu erreichen. Zu diesem Zweck seien die Abgrenzungskriterien für die oben genannte Definition nach § 3 Nr. 26 EStG im Hinblick auf die Ausbildungstätigkeit der Ärzte in freier Praxis und im Hinblick auf die nebenberufliche Tätigkeit dieser Ausbildungstätigkeiten hin zu überprüfen. Bei einer Ausbildertätigkeit müsse es sich weder um eine theoretische Lehrtätigkeit, noch um eine pädagogische Lehrtätigkeit handeln. Die Ausbildung von PJ’lern soll die Berufsausbildung der Studierenden ergänzen und um praktische Tätigkeiten vervollständigen. Die Definition einer Ausbildertätigkeit als rein pädagogische und/oder als rein theoretische Lehrtätigkeit sei nicht zweckdienlich im Sinne der Zielerreichung dieser Vorschrift. Eine räumliche Trennung von so genannter Haupttätigkeit zur so genannten Lehrtätigkeit könne in diesem Fall ebenfalls nicht erfolgen, da die Ausbildung der studierenden PJ’ler im Rahmen der freien Niederlassung gerade Sinn und Zweck sei und somit weder räumlich noch zeitlich getrennt werden könne. Die Ausbildungstätigkeit der Kläger sei eindeutig zu bejahen. Ob im vorliegenden Fall auch das zeitliche Argument für die Abgrenzung einer Nebentätigkeit als geeignetes Tatbestandsmerkmal heranzuziehen sei, sei fraglich. Die Studierenden seien in den Tagesablauf einer Allgemeinarztpraxis eingebunden, hierin bestehe gerade die Ausbildungstätigkeit. Die vorgesehenen und vom Bundesfinanzhof (BFH) bisher vertretenen Kriterien einer exakten zeitlichen Abgrenzung als rein quantitative Unterscheidungsmerkmale zwischen der hauptberuflichen Tätigkeit und der so genannten nebenberuflichen Tätigkeit stellten im zu beurteilenden Sachverhalt kein zielführendes Abgrenzungskriterium dar. Die bislang vorgenommenen überwiegenden Abgrenzungskriterien im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung der Nebenberuflichkeit auf 50 % oder auf 33 % der hauptberuflichen Tätigkeit erscheinen nicht zielgerichtet, um im vorliegenden Fall die Nebenberuflichkeit der als Lehrärzte tätigen Kläger abzugrenzen von der hauptberuflichen Tätigkeit. Die zeitbezogenen Abgrenzungskriterien stellten sich überwiegend in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen als geeignete Kriterien dar. Das zeitliche Argument allein könne aber bei nicht vorliegenden abhängigen Beschäftigungsverhältnissen, und um die handele es sich bei den freiberuflich tätigen niedergelassenen Allgemeinärzten, nicht herangezogen werden. Es sei stattdessen zu überprüfen, welche eindeutigen Abgrenzungskriterien bzw. Orientierungshilfen geeignet sein könnten, um auch im streitigen Fall den Sinn und Zweck der Vorschrift nach § 3 Nr. 26 EStG für die Nebenberuflichkeit abzugrenzen von der hauptberuflichen Tätigkeit. Die Kläger seien von der Qualität ihrer Tätigkeit im Bereich der Heilbehandlung der in die Praxis einbestellten Patienten und in die Notfallsprechstunden „einfallenden“ Patienten tätig. Die Tätigkeit der Kläger betreffe die Anamnesen, die Diagnosen sowie die Heilung der Patienten. Die Bereitschaft der niedergelassenen Vertragsärzte und Privatärzte zur zusätzlichen Ausbildung der Studierenden der Universität A sei eine zusätzliche - und eben gerade nicht als Hauptzweck anzusehende - Tätigkeit der Ärzte in freier Praxis. Damit diese die mühselige Tätigkeit auf sich nehmen würden, neben dem hohen Patientendurchlauf und den hohen Anforderungen der Patienten auch einen Auszubildenden quasi „mit an die Hand“ zu nehmen, habe die Universität A entsprechende Verträge mit niedergelassenen Ärzten abgeschlossen. Neben der universitären Ausbildung sei die praktische Ausbildung genauso wichtig und müsse auch im Rahmen der Ärzteschaft in A ermöglicht werden. Die Körperschaft der Universität A, die Forschung und Lehre vermittele, sei durch praktische Ärzte zu ergänzen. Das Zeitkriterium der niedergelassenen Ärzte allein könne nicht das Alleinstellungsmerkmal für die Beurteilung einer nebenberuflichen Tätigkeit sein, da sich das zeitliche Argument nicht als objektives, leicht abzugrenzendes Kriterium darstellen lasse. Vielmehr sei es im Sinne der Förderung des Gemeinwohls, die Forschung und Lehre durch die Ärzte in freier Praxis zu fördern und das Engagement der Ärzte in freier Praxis zu honorieren durch die entsprechenden Aufwandsentschädigungen im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen. Das geeignete Abgrenzungskriterium für die Nebenberuflichkeit könne in diesem Fall nur das Tätigkeitsspektrum der Ärzte sein. Das Zeitelement sei irrelevant und sei nicht geeignet für die Beurteilung von solchen nebenberuflichen Tätigkeiten, die eben nicht neben hauptberuflich abhängigen Beschäftigungsverhältnissen durchgeführt würden. Das Kriterium der Steuerbefreiung für die Aufwandsentschädigungen sei als notwendiges Tatbestandsmerkmal im Hinblick auf die zu fördernde Sozialzwecknorm zu definieren. Die Sozialzwecknorm sei die ehrenamtliche Tätigkeit und das ehrenamtliche Engagement, das hier überwiegend durch die Ärzte in freier Tätigkeit erbracht bzw. geleistet werde. Die Hauptberuflichkeit - die Heilung und die Behandlung der Patienten - werde hier eingesetzt und genutzt, um gleichzeitig PJ’ler mit einzubinden und sie in die Praxis genau dieser freien beruflichen Tätigkeit einzuweisen. Das Kriterium, auf das hier zur Definition der Nebenberuflichkeit abzustellen sei, sei einzig und allein die Haupttätigkeit und damit der Sinn und Zweck des Arztes in freier Praxis im Unterscheidungsmerkmal zwischen der hauptberuflichen Tätigkeit und der von den Ärzten eingegangenen nebenberuflichen Ausbildungstätigkeit der PJ’ler. Da die Ärzte nicht geregelte Arbeitszeiten, insbesondere durch die nicht vorhersehbaren Hausbesuche etc. und durch das nicht vorhersehbare Patientenaufkommen im Hinblick auf Notfallsprechstunden und Notfallreservezeiten hätten, könne das zeitliche Kriterium als einheitliches Kriterium nicht angewendet werden für die Abgrenzung. Die Universität A sei als Körperschaft zum Zwecke der Ausbildung und Lehre ganz eindeutig zur Erzielung ihrer staatlichen Zwecke auf nebenberufliche Mitarbeit angewiesen. Diese könne zweckmäßigerweise bei selbstständigen Ärzten nicht am Kriterium des zeitlichen Aspektes festgemacht werden.

Auf Nachfrage des Berichterstatters haben die Kläger mit Schriftsatz vom 30. Januar 2018 ergänzend die Modalitäten geschildert, unter denen die PJ´ler in den Praxisablauf eingegliedert sind.

Die Kläger beantragen,

1. den ESt-Bescheid 2014 vom 8. März 2016, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. August 2017, dahingehend zu ändern, dass die festzusetzende ESt auf 86.175,00 €, der festzusetzende Solidaritätszuschlag auf 4.205,08 € und die festzusetzende Kirchensteuer auf 6.681,39 € herabgesetzt wird;

2. den ESt-Bescheid 2015 vom 10. August 2017, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. August 2017, dahingehend zu ändern, dass die festzusetzende ESt auf 91.706,00 €, der festzusetzende Solidaritätszuschlag auf 4.795,67 € und die festzusetzende Kirchensteuer auf 1.854,00 € herabgesetzt wird.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt erwidert wie folgt:

Die Berücksichtigung des begehrten Freibetrages bei dem Kläger im Streitjahr 2015 sei irrtümlich erfolgt. Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 3 Nr. 26 EStG nicht erfüllt. Es fehle an einer klaren Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebentätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BFH könne eine Tätigkeit dann nicht als Nebentätigkeit angesehen werden, wenn beide Tätigkeiten unmittelbar zusammenhängen würden. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang werde insbesondere dann angenommen, wenn beide Tätigkeiten gleichartig seien und die Nebentätigkeit unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt werde. Denn immer dann, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich einen Hauptberuf ausübe, könne Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 26 EStG nur für solche Tätigkeiten beansprucht werden, die sich von der hauptberuflichen Tätigkeit deutlich abgrenzen lassen würden (Urteil des Finanzgerichts Köln vom 23. September 1986, V K 485/85, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1987, 16 und Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 8. August 1989, VII 578/87, EFG 1990, 222). Eine räumliche Trennung sei nicht möglich, da die Lehrtätigkeit im normalen Arbeitsalltag stattfinde. Auch bezüglich der zeitlichen Komponente sei eine Abgrenzung Haupt- und Nebentätigkeit nicht klar definierbar. Die Lehrtätigkeit erfolge im Rahmen der praktischen Tätigkeit als Arzt und sei organisatorisch in den Ablauf des Praxisalltags eingebunden. Sie sei damit als Teil der Haupttätigkeit zu sehen. Die von den Klägern angeführte Stärkung des Standortes A durch Sicherstellung der praktischen Ausbildung der Medizinstudenten der Universität sei nicht als Definition für den Begriff der nebenberuflichen Ausbildung im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG geeignet. Die praktische Ausbildung der Studenten erfolge bei und während der normalen Berufstätigkeit als Arzt. Sie sei als Teil der beruflichen Tätigkeit zu sehen, es liege keine Nebentätigkeit im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG vor.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Verwaltungsakte sind nicht rechtswidrig und verletzen die Kläger daher nicht in ihren Rechten; eine Änderung kommt somit nicht in Betracht (§ 100 Abs. 1, 2 Finanzgerichtsordnung –FGO-​).

Das Finanzamt hat zu Recht eine (weitere) Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG abgelehnt.

Nach § 3 Nr. 26 EStG in der in den Streitjahren 2014 und 2015 geltenden Fassung sind Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 2.400 Euro im Jahr steuerfrei. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

Allerdings sieht der Senat - wohl entgegen der Auffassung des Beklagten - die strittige Tätigkeit der Kläger als „Ausbildungs“-​Tätigkeit an. Denn das Tatbestandsmerkmal der Tätigkeit (hier: als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, oder eine vergleichbare Tätigkeit) wird von der BFH-​Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH-​Urteil vom 17. Oktober 1991 IV R 106/90, BStBl II 1992, 176) in seiner pädagogischen Ausrichtung definiert. Ausbilder, Übungsleiter und Erzieher haben miteinander gemeinsam, dass sie auf andere Menschen durch persönlichen Kontakt Einfluss nehmen, um auf diese Weise geistige und leibliche Fähigkeiten zu entwickeln und zu fördern (vgl. BFH-​Urteil vom 23. Januar 1986 IV R 24/84, BStBl II 1986, 398). Diese Voraussetzung sieht der Senat bei der Anleitung der PJ´ler durch die Kläger bezüglich einer praktischen Anwendung ihres theoretischen Wissens als gegeben.

Die Universität A gehört auch zu dem Kreis der Auftraggeber einer begünstigten Tätigkeit im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG (vgl. hierzu Schmidt/Levedag, EStG, § 3 RNr. 92).

Es liegt aber keine „Nebentätigkeit“ vor.

Der BFH beurteilt die Frage der Nebenberuflichkeit anhand der ausgeübten Tätigkeiten als solcher und sieht bisher grundsätzlich den Zeitaufwand als entscheidendes Kriterium für die Unterscheidung zwischen haupt- und nebenberuflicher Tätigkeit an. Die Feststellung, ob eine der in § 3 Nr.26 EStG genannten Tätigkeiten nebenberuflichen Charakter hat oder nicht, lasse sich danach nur in Abgrenzung zu einer der Art nach vergleichbaren, als Hauptberuf ausgeübten Tätigkeit treffen. Ein zuverlässiges Unterscheidungsmerkmal sei der jeweilige zeitliche Aufwand. Nehme dieser einen Umfang ein, der üblicherweise für einen Vollzeiterwerb erforderlich ist, könne es sich nicht um die Ausübung eines bloßen Nebenberufs handeln. Der Wortlaut des § 3 Nr.26 EStG lasse erkennen, dass Tätigkeiten gemeint seien, die üblicherweise neben einer Vollzeitbeschäftigung ausgeübt werden könnten. Hieraus ergebe sich, dass nur eine Tätigkeit, die den zeitlichen Rahmen des vergleichbaren Hauptberufes deutlich unterschreite, i.S. des § 3 Nr.26 EStG nebenberuflich sein könne. Angesichts der Tatsache, dass eine Teilzeitarbeit in Form von Halbtagsarbeit, die - gemessen an einem Vollerwerbstätigen - die Arbeitskraft des Steuerpflichtigen immerhin noch zu 50 v.H. bindet, als Ausübung eines Hauptberufs angesehen werden müsse, sei im Interesse einer einheitlichen Handhabung von einer nebenberuflichen Tätigkeit i.S. des § 3 Nr.26 EStG dann auszugehen, wenn die zu beurteilende Tätigkeit den Steuerpflichtigen vom zeitlichen Umfang her - im Verhältnis zum Vollerwerbstätigen - nur zu 33 1/3 v.H. in Anspruch nimmt (BFH-​Urteil vom 30. März 1990 VI R 188/87, BStBl II 1990, 854).

Darüber hinaus wird eine weitere Beschäftigung für denselben Arbeitgeber als Teil einer nichtselbständigen Haupttätigkeit angesehen, wenn zwischen beiden Tätigkeiten ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang mit einem bestehenden Dienstverhältnis ist (nur) anzunehmen, wenn beide Tätigkeiten gleichartig sind, der Steuerpflichtige mit der Nebentätigkeit eine ihm aus seinem Dienstverhältnis - faktisch oder rechtlich - obliegende Nebenpflicht erfüllt oder auch in der zusätzlichen Tätigkeit der Weisung und Kontrolle des Dienstherrn unterliegt (ständige Rechtsprechung, zuletzt Beschluss des BFH vom 11. Dezember 2017 VI B 75/17 juris mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Diese vorgenannten Kriterien stehen der im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Tätigkeit als Nebenberuf nicht entgegen. Denn der für diese Tätigkeit erforderliche Zeitaufwand überschreitet offensichtlich nicht die Drittelgrenze und es handelt sich auch nicht um eine Tätigkeit für denselben Arbeitgeber.

Dennoch liegt nach Ansicht des Senats keine begünstigte Nebentätigkeit vor, denn es fehlt an einer inhaltlichen, zeitlichen und organisatorischen Trennung der „hauptberuflichen“ Tätigkeit als Arzt und der „nebenberuflichen“ Tätigkeit als Lehrarzt. Inhaltlich und zeitlich überschneiden sich die Tätigkeiten, da mit der Behandlung der Patienten unter Anwesenheit der PJ´ler gleichzeitig Haupt- und Nebenberuf ausgeübt werden. Hierbei handelt es sich auch um den wesentlichen Inhalt des „Nebenberufs“, da sich gerade in der konkreten Behandlung des Patienten die Umsetzung des theoretischen Wissens eines Arztes in der praktischen Tätigkeit zeigt. Auch organisatorisch sind die Tätigkeiten als Arzt und Lehrarzt derartig eng miteinander verzahnt, dass äußerlich eine Trennung nur im geringen Umfang erfolgt. Diese besteht einzig in dem Umstand, dass der Kläger oder die Klägerin mit den PJ´lern zusätzlich zu den Unterweisungen während der Behandlung der Patienten Vor- und/oder Nachbesprechungen durchführt. Der Hauptteil des „Nebenberufs“ wird aber quasi en passant zum „Hauptberuf“ durchgeführt.

Da eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG nicht in Betracht kommt, braucht der Senat nicht zu entscheiden, welche Bedeutung der Umstand hat, dass die Vergütung der Universität A nicht an den einzelnen Arzt gezahlt worden ist, sondern an die aus den Klägern bestehende Gemeinschaftspraxis. Da nach den Angaben der Kläger hauptsächlich der Kläger die PJ´ler betreut hat und nur im Falle seiner Verhinderung und/oder gleichzeitiger Anwesenheit eines Blockpraktikanten auch die Klägerin, könnte jedenfalls zweifelhaft sein, ob der Freibetrag sowohl für den Kläger als auch für die Klägerin zu gewähren wäre.

Da eine Verböserung zu Lasten der Kläger ausgeschlossen ist (vgl. Gräber/Ratschow, FGO, § 96 RNr. 51), bleibt die - aus Sicht des Senats rechtswidrige - Steuerbefreiung der Einnahmen des Klägers in Höhe von 2.000,- EUR im Streitjahr 2015 bestehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Beschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Frage einer Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG bei sich überschneidenden Tätigkeiten ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.

Die Entscheidung konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 90 Abs. 2 FGO).

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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