Wenn der operierende Arzt die Zustimmung zu einer Schönheitsoperation durch bewusst falsche Aufklärung erschlichen hat, begeht er eine vorsätzliche, rechtswidrige gefährliche Körperverletzung. Dann kann der Patient Anspruch auf Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) haben (Pressemitteilung des LSG-NRW vom 29.09.2008).

Eine Patientin hatte sich zweier kosmetischer Operationen unterzogen. Danach kam es bei ihr zu erheblichen Komplikationen. Sie hatte den Arzt im Vorfeld auf bei ihr vorhandene Vorerkrankungen aufmerksam gemacht. Dieser aber verschwieg der Klägerin, dass wegen dieser Vorerkrankungen die Schönheitsoperationen ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellten. Er tat dies aus finanziellen Gründen, weil er fürchtete, die Patientin werde sonst von einer Operation Abstand nehmen. Hierfür wurde der Arzt mit rechtskräftigem Strafurteil des LG Aachen wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

Die Patienten verklagte das Land Nordrhein-Westphalen auf Haftung nach dem Opferentschädigungsgesetz, dass eine Haftung des Landes für Opfer von Gewalttaten vorsieht. Diese gesetzliche Regelung wurde erlassen, weil der Staat dafür einstehen soll, wenn er trotz des von ihm in Anspruch genommenen Gewaltmonopols seine Bürger nicht hinreichend im Einzelfall vor Gewalttaten geschüzt hat. Das Land NRW lehnte den Antrag der Klägerin jedoch mit der Begründung ab, es habe sich hier lediglich um einen mehrfachen Kunstfehler gehandelt, dem zum einen die für einen Anspruch nach OEG erforderliche feindselige Willensrichtung fehle. Zum anderen sei der Schutz vor Kunstfehlern nicht vom Sinn und Zweck des Gesetzes erfasst.

Das LSG teilt diese Auffassung nicht sondern bejahte vielmehr eine Haftung des Landes. Das LSG stellte fest, dass das Verhalten des Arztes, durch unzureichende Aufklärung der Patientin die (rechtsunwirksame) Einwilligung in die Operationen zu erlangen, eine gravierende Missachtung der Persönlichkeitsrechte der Klägerin darstelle. Der Arzt habe wissentlich die Klägerin daran gehindert, sich in ihrer persönlichen Integrität zu schützen, indem sie nach einer Aufklärung von der Operation Abstand nimmt. Hieraus folge objektiv die nach dem OEG erforderliche "feindselige Tendenz" der Körperverletzung. Daneben finde die einschränkende Auffassung des beklagten Landes, ärztliche Kunstfehler seien nicht vom Schutzzweck des Gesetzes umfasst, im Gesetz keine Stütze.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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