(25.10.2017) Ein niedergelassener Arzt, der für ein brandenburgisches Krankenhaus den Notdienst in einem Rettungswagen erbringt, ist nicht abhängig beschäftigt und daher nicht rentenversicherungspflichtig (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. September 2017 – L 1 KR 404/15). 

Rettungswagen mit Notarzt im EinsatzDer Fall:

Im Streit zwischen dem klagenden Krankenhaus und der beklagten Rentenversicherung steht, ob ein in der Ärzteversorgungwerk rentenversicherter  niedergelassener Arzt, der für ein brandenburgischen Krankenhaus, die Klägerin, den Notdienst erbringt, abhängig beschäftigt ist. 

Träger des Rettungsdienstes ist im vorliegenden Fall das Land Brandenburg. Zur Leistung der Rettungsdienste verpflichtet sind laut Gesetz über den Rettungsdienst im Land Brandenburg (BbgRettG) die Krankenhäuser. Diese setzen dafür Klinikärzte oder externe Ärzte, z.B. niedergelassene Ärzte ein. Mit den niedergelassenen Ärzten schließen die Krankenhäuser dazu Honorarverträge. Dienstherr des Notarztes ist also das Kraneknhaus, das die Notdiesnte für die die Landkreise oder kreisfreien Städte erledigt. Die Rettungswagen stellen die Landkreise. Stationiert sind die Rettungswagen in den Krankenhäusern. Die Notärzte werden also auf Fahrzeugen der Landkreise tätig.

Auf den Statusfeststellungsantrag der Klägerin stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des beigeladenen Arztes als Notarzt bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Dagegen klagte das Krankenhaus. 

Das Sozialgericht verneinte eine abhängige Beschäftigung. Denn der zu diesem gerichtlichen Verfahren beigeladene Notarzt stehe in seiner notärztlichen Tätigkeit für die Klägerin nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und unterliege daher nicht der Versicherungspflicht. Es sei keine Eingliederung des Beigeladenen in die Arbeitsorganisation des klagenden Krankenhauses gegeben. Der Klägerin sei eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung auferlegt, zu deren Erfüllung sie sich Dritter bediene. Eine Eingliederung dieses Dritten in ihren Betrieb sei nicht gegeben. Die Klägerin könne von dem Beigeladenen nur insoweit Dienste verlangen, als dieser sich hierzu freiwillig melde. Die Klägerin habe keine Möglichkeit, den Beigeladenen gegen seinen Willen zur Übernahme eines bestimmten Notarztdienstes heranzuziehen. Nach Annahme einer Notarztschicht sei der Ablauf durch gesetzliche Regelungen – hier das BbgRettG – vorgesehen.

Die Rentenversicherung ging in Berufung.

Die Entscheidung:

Das Landessozialgericht verwarf die Berufung der Rentenversicherung gegen dieses Urteil als unbegründet. 

Eine abhängige Beschäftigung erfordere eine Weisungsgebundenheit des Notarztes und eine Einbindung in den Betrieb des Dienstherren.  

Zum einen sei der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Notarzt selbständig. Auch die Beklagte habe eingeräumt, dass der Beigeladene in seiner eigentlichen ärztlichen Tätigkeit auf dem Rettungswagen grundsätzlich weisungsfrei habe agieren können. Er unterliege nur Empfehlungen der Bundesärztekammer und den gesetzlichen Bestimmungen den Weisungen des Ärztlichen Leiters Rettungsdienst. Der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes sei nicht zur Dienstplaneinteilung oder –änderung berechtigt. Die Empfehlungen seien nicht verbindlich und stellten keine konkreten Vorgaben dar. 

Zum anderen sei der Rettungsdienst nicht in den Krankenhausbetrieb der Klägerin integriert. Im vorliegenden Fall sei der Beigeladene in seiner notärztlichen Tätigkeit nicht in den Dienstbetrieb des Krankenhauses eingebunden. Er sei ausschließlich als Notarzt „außerhalb“ des Krankenhauses auf dem vom Landkreis gestellten Rettungswagen tätig. Die Zuständigkeit des Notarztes beginne mit Beginn des Notfalleinsatzes. Der den Einsatz auslösende Alarm erfolge auch nicht durch die Beklagte (gemeint ist wohl: das klagende Krankenhaus), sondern durch die örtliche Rettungsleitstelle. Die Zuständigkeit des Beigeladenen ende mit der Übergabe des Patienten (nach dem Noteinsatz) an das Krankenhauspersonal, also quasi an der Tür des Krankenhauses. Dabei sei es aber auch nicht zwingend, dass der notversorgte Patient zur Weiterbehandlung in das Krankenhaus der Klägerin eingeliefert wird. Dies ergebe sich ausschließlich aus den medizinischen Notwendigkeiten und nach Maßgabe freier Kapazitäten. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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