(13.10.2017) Weiterbildungsassistenten dürfen nicht für die Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs eingesetzt werden. Ein übergroßer Praxisumfang nach § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV liegt bei einer Hausarztpraxis nicht schon dann vor, wenn die Fallzahlen des Vertragsarztes das Doppelte des Fachgruppendurchschnitts überschreiten. Erst ab einer Überschreitung des Zweieinhalbfachen des Fachgruppendurchschnitts ist dies der Fall. Eine Honorarberichtigung erfordert überdies, dass die Beschäftigung der Weiterbildungsassistentin der Aufrechterhaltung der übergroßen Praxis i.S.d. § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV dient - beweisen muss dies die Kassenärztliche Vereinigung (Sozialgericht Berlin, Urteil vom 13. September 2017 – S 83 KA 423/14).

Korruption unter Ärzten führt zu HonorarrückforderungenDer Fall:

Streitig ist die Honorarkürzung von rund 30.000 Euro gegen eine Hausärztin aus Berlin-Kreuzberg, die einen Weiterbildungsassistenten beschäftigt und deren Fallzahlen rund doppelt so hoch sind wie der Fachgruppendurchschnitt.

Die KV meint, der weiterbildende Arzt müsse genug Zeit haben, um neben der Praxistätigkeit den Assistenten auch weiterbilden zu können. Ab einem im Vergleich zur Fachgruppe doppelt so hohem Praxisumfang (bezogen auf die Fallzahlen) habe er eben keine ausreichende Zeit mehr zur Anleitung und Überwachung des Weiterbildungsassistenten.

Die Beschäftigung eines Assistenten darf nämlich nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dienen, § 32 Absatz 3 Ärzte-ZV.

Die Entscheidung:

Das SG gab der Hausärztin Recht und verneinte einen übergroßen Praxisumfang und damit die Berechtigung zur Honorarkürzung. 

Diene die Beschäftigung eines Weiterbildungsasistenten der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs, so liege ein Verstoß gegen § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV vor. Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarforderung ergebe sich dann aus § 106a Abs. 2 SGB V (heute: § 106d Abs. 2 SGB V).

Die Voraussetzungen für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung sei hier jedoch nicht erfüllt. Die Praxis der Klägerin habe schon keinen „übergroßen Praxisumfang“ i.S.d. § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV. Nach Auffassung der Kammer lasse sich dem hier maßgeblichen Urteil des BSG vom 28.09.2005 (AZ.: B 6 KA 14/04 R ) nicht entnehmen, dass für die Prüfung des übergroßen Praxisumfangs, in welchem auf Fallzahlen abgestellt wird, auch schon das Doppelte des Fachgruppendurchschnitts ausschlaggebend sein kann. Das Urteil sei insofern mißverständlich.

Wenn man – wie die Beklagte dies bislang praktiziert – einen festen Grenzwert für alle Fallkonstellationen und Fachgruppen der Prüfung des übergroßen Praxisumfangs zugrunde lege, sei bei einem Vergleich der Fallzahlen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BSG der Grenzwert bei 250% des Fachgruppendurchschnitts anzusetzen.

Dies zugrunde gelegt, führe die Klägerin ihre Praxis nicht in einem übergroßen Umfang. Im Quartal IV/2012 lag die Fallzahl der Klägerin bei 1.990,00. Die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe betrug 859,76. Das Zweieinhalbfache davon liegt bei 2.149,40. Im Quartal I/2013 lag die Fallzahl der Klägerin bei 2.252,00. Die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe betrug 909,32. Das Zweieinhalbfache davon liegt bei 2.273,30.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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